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− | ==Hannes Hentschke''' Di 27.10.==
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− | 3. Ringvorlesung am 22.10.09
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− | Gerhard Gotz leitet seine Lesung mit einer kurzen Zusammenfassung des ersten Teils seines Vortrags ein und bringt den Begriff der „radikalen Differenz“ zur Sprache. Die „radikale Differenz“ besteht, weil der Mensch einerseits aus sinnlicher Wahrnehmung, andererseits aus der Reflexion über diese Wahrnehmung, konstituiert ist. Der Mensch fände wegen der sublimen Verknüpfung von Wahrnehmung und Denken nie zur Entscheidung eine praktische Handlung tatsächlich auszuführen. Gotz hat versucht dieses Manko im Zuge seiner Lesung zu entschärfen.
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− | Können wir praktisch die Unsicherheit unseres Handelns, die durch die scheinbar endlose Reflexion vorliegender Inhalte entsteht, bewältigen?
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− | Diese Frage mit einer kurzen und schlichten Antwort abzuwürgen wäre ein Fehler, denn man muss sich hier vorsichtig einer zumindest vorläufig gültigen Aussage nähern. Der Mensch verfügt über Triebe, die ihm die eigenen Unzulänglichkeiten vor Augen führen, indem sie zum Einsatz kommen müssen. Diese Triebe können durch exogene Bedrohung (Kälte, natürliche Feinde,…), oder von inneren Bedürfnissen, angekurbelt werden. Die Gefahr der persönlichen Bedürfnisse besteht darin, dass die Außenwelt die Mittel, welche nötig sind, um das jeweilige Bedürfnis zu stillen, möglicherweise nicht zur Verfügung stellt respektive überhaupt zu bieten hat.
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− | Wir haben durch die Reflexivität, die Möglichkeit sinnliche Antriebe in größere Zusammenhänge, wie zum Beispiel die Gesellschaft und den der Gesellschaft zugrundeliegenden Normen einzugliedern, wodurch eine Relativierung der Triebe passiert. Im Gesamten unseres Wissens schrumpft der Stellenwert der Sinnlichkeit. Wir als Menschen können aufgrund unserer Reflexivität nicht ausschließlich unmittelbar handeln. Wir handeln immer aus einer gewissen Überlegung heraus, wobei natürlich anzumerken ist, dass Leistungen des vegetativen Nervensystems nicht als Handlungen zu definieren sind. Durch die Reflexion, wird unmittelbarer Zwang in Handlungsmöglichkeiten umgewandelt. Spontane, sinnliche Empfindungen werden relativiert und es wird abgewogen, ob man dem ersten Affekt trauen soll, oder nicht. Obwohl in dieser Phase nur der reflexive Teil des Menschen offensichtlich tätig ist, muss die Sinnlichkeit der Spontanität, welche im Gesamten des reflexiven Wesens ruht, erhalten bleiben, weil es sonst keinen Inhalt gäbe über den sich die Reflexion hermachen könnte.
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− | Um aus dem Rad der Reflexion auszubrechen, müssen wir wählen WANN? WIE? WO? und überhaupt erst OB? wir Bedürfnisse stillen beziehungsweise Handlungen setzen.
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− | Um diesen Fragewörtern näherzurücken, müssen wir aus einer Unzahl zu einer relevanten Anzahl von Handlungsmöglichkeiten gelangen, was uns jedoch auch nur mit diesen Fragewörtern gelingen kann. Man muss aufhören alle Möglichkeiten relativ und neutral nebeneinanderzustellen. Es muss, um aus diesem Dilemma der Orientierungslosigkeit einen vorläufigen Ausweg zu finden, ein Zweck der möglichen Handlung gefunden werden. So kann man die Zahl der Möglichkeiten reduzieren, denn der Zweck bestimmt die Art der Mittel (die relevanten Möglichkeiten) die zur Erreichung seiner selbst in Fragen kommen. Ein Zweck ist als Handlungsgrund zu erkennen und als solcher selektiert er Handlungsmöglichkeiten. Durch die Reflexion, der auch jeder Zweck unterzogen werden kann, ist es auch wieder möglich, dass der gerade noch oberste Zweck überdacht wird und zum Grund eines anderen Zwecks wird. Kein Zweck ist der letzte, oberste Zweck, deshalb ist kein Zweck notwendig/zwingend, dafür ist jeder Zweck möglich.
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− | Der Zweck an sich ist kein unmittelbarer Antrieb. Er bewegt sich einerseits in der Metaebene zu den vorhandenen Handlungsmöglichkeiten, doch andererseits ist er auch im Medium der Möglichkeiten befindlich. Hier sind wir am Punkt angelangt zu sagen:“Wir brauchen einen höheren Zweck und wieder und wieder.“, denn bislang ist nicht mehr als eine Hierarchie unter den Zwecken entstanden, die sich ins Unendliche weiterspinnen würde.
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− | (Wir dürfen aber nicht vergessen, dass auch die Handlung nicht stringent oder absolut ist. Denn der Begriff der Handlung kann ebenso wie jeder andere unter die Lupe genommen und überdacht werden bevor er ausgeführt wird.)
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− | Dem Zweck ist die Möglichkeit und der Möglichkeit ist die Wirklichkeit des “ICHs“ vorausgesetzt. Das „ICH“ müsste somit auf die Wirklichkeit zurückgreifen und sie als Maßstab zur Auswahl relevanter Handlungsmöglichkeiten heranziehen. Doch wie wir wissen ist das „ICH“ in sich differenziert, was den Zugang zur dahinterliegenden Wirklichkeit nicht erleichtert. Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Unmittelbarkeit und der Reflexivität. Das Spannungsverhältnis der zwei nicht fusionierbaren Komponenten des „ICHs“ liegt der, dadurch sehr schwierigen Handlungswahl zugrunde.
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− | Gotz hat den Egoismus als ein dem Menschen eigenes Phänomen angeführt, um diese innere Spannung im Menschen zu verdeutlichen. Im Egoismus gerät das Lustprinzip des Individuums in Zusammenprall mit dem Realitätsprinzip der Allgemeinheit. Die Unmittelbarkeit im Egoisten setzt sich ein Ziel: höchstmöglicher Lustgewinn und optimierte Vermeidung von Unlust. Die Reflexivität im Egoisten muss nun in den Dienst der Unmittelbarkeit treten um dieses Ziel zu erreichen (Jeder Zweck benötigt Mittel zur Erreichung seiner selbst). Dadurch, dass sich die Reflexivität in den Dienst der Unmittelbarkeit stellt ist klar, dass Egoismus nur beim Menschen möglich ist, da beim Tier Reflexivität in der Form nicht vorhanden ist. Beim Tier ist die Unmittelbarkeit Mittel zum Selbstzweck. Das „ICH“ (die Unmittelbarkeit) des Egoisten ist sein höchster Zweck, was nicht bedeutet, dass das für die anderen reflexiven „ICHs“ auch gilt, was zeigt, dass der Egoismus allgemein gesellschaftlich keine haltbare Lebensform präsentiert. Da der Egoist reflektiert, wird er über kurz oder lang auch über sich selbst, über seine sinnliche Unmittelbarkeit und die darin enthaltene Reflexivität stolpern und entdecken, dass er die Ansprüche seiner Unmittelbarkeit, aus egoistischen Gründen, herunterschrauben muss. Er lebt nämlich in einer Umwelt in der er nicht so agieren kann wie er will, weil sich die anderen Menschen nicht als Mittel zum Zweck des Egoisten sehen. Unabhängig davon, wie weit es dem Egoisten gelingt die anderen als Mittel für sich selbst zu gewinnen (durch Gewalt,…), so ist der Körper des Egoisten immer noch existent, der nicht als Mittel zum höchsten Zweck verwendet werden kann, weil darin die Lust münden soll.
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− | Weg vom Egoisten der sich selbst zum höchsten Zweck macht, leitet Gotz über zur Idee eine Ideologie zum höchsten Zweck zu machen. Reflexivität ist quasi die Allgemeinheit des „ICHs“. Daraus abzuleiten ist der Vorschlag, die Einigung auf gemeinsame Werte als höchsten Zweck zu sehen. Eine Schwachstelle der „Ideologie als höchsten Zweck“ ist die Tatsache, dass jede Ideologie auf Axiomen basiert, welche nicht hinterfragt werden. Es werden argumentative Lücken emotional geschlossen indem sie nicht zur Sprache gebracht werden. Außerdem haben es Ideologien so an sich, dass sie sich gegenseitig relativieren und sich so zugleich zu einfachen Möglichkeiten herabsetzen.
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− | Wenn es die Ideologien nicht sind, dann ist es vielleicht das Wissen als solches, das als übergeordneter Grund über allen Reflexionen dasteht. Doch das scheint auch eher unwahrscheinlich, weil das Wissen nicht der Grund, sondern nur ein Teil der „radikalen Differenz“ ist. Das Denken kann sich immer ausschließlich zu relativen Wertsetzungen durchringen, das heißt, dass es nie zur wirklichen Handlung übergehen kann. Es ist sozusagen eine negative Freiheit in der sich die Reflexion befindet. Sie hat zwar alle erdenklichen Möglichkeiten, nur die eine nicht: eigenständig aus dem Rad der Reflexion herauszutreten. Die Unmittelbarkeit kann durch die Reflexivität aufgelöst werden, doch die Reflexivität sieht sich nicht imstande einen Zweck zu setzen. Das „ICH“ benötigt eine Größe die sich über der „radikalen Differenz“ findet. Diese Größe kann Wille genannt werden!
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− | Der Wille ist das Handlungsprinzip. Er kann Denkgesetze zwar nicht außer Kraft setzen, er kann sie aber abstufen und Prioritäten setzen. Obwohl er eine übergeordnete Größe ist und reflexiv tätig ist, hat er unmittelbaren Antrieb in sich, der ihn dazu bringt sich durchzuringen und Entscheidungen zu fällen. Der Wille besitzt die individuelle Kraft die Komponenten der „radikalen Differenz“ aufeinander zu beziehen und eine Brücke zwischen ihnen zu schlagen, was zur Handlung führt. Diese Fähigkeit setzt aber Reflexion voraus. Bei jeder Entscheidung die der Wille fällt, muss er sich selbst zugunsten des von ihm gesetzten Zwecks einschränken. Er ist von Unmittelbarkeit und Reflexivität abhängig, was zur Aussage führt, dass es nie einen völlig freien Willen geben kann. Nun wissen wir, dass der Wille die Macht der Wertsetzung besitzt, das heißt, dass er die Reflexion unterbricht und entscheidet ob gehandelt wird oder nicht.
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− | Doch an dieser Stelle wirft sich die Frage auf:“Wie sollen wir handeln? und woran soll sich der Wille halten?“
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− | Der Wille kann sich nur an sich selbst wenden, denn der Wille kann den Quell der Wertsetzung nur in sich selbst finden. Er hat keine Bezugspunkte denen er trauen könnte. Auch wenn er die „radikale Differenz“ bewältigen kann, hat er nicht die Option zu verlangen ohne sie zu sein, weil sie ihm in jeder seiner Tätigkeiten vorausgesetzt ist. Der Wille kann die tatsächliche Wirklichkeit zwar mitgestalten, kann aber nicht der Grund dafür sein. So wie der Wille nicht der Grund der Wirklichkeit sein kann, genauso kann er auch nicht sein eigener Grund sein. Er ist wie schon vorhin erwähnt nicht mehr als das Prinzip des Handelns, das bedeutet, dass es auch noch über dem Willen einen absoluten Grund geben muss.
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− | Wie darf man sich eine absolute Ebene vorstellen? -Sie muss alles einschließen; Im Rahmen des Sinns einer Sache, müssen alle Diskrepanzen ausgeschlossen werden können. Bei dieser Frage jetzt nach weiteren Antworten zu suchen, wäre jedoch verhängnisvoll und würde jedweden Rahmen, eines möglichen Protokolls über die Vereinbarung reflexiver Überlegung und praktischer Handlung, sprengen.
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− | Abschließend hat Gotz noch einen Hinweis gegeben, wie man Philosophie nach dem dargelegten Gedankengang nach definieren könnte. Er bezeichnet sie als universale Grundlagenwissenschaft mit praxisbezogener Zielsetzung. Die Philosophie ist nicht nur unter dem Gebot der allgemeinen Gültigkeit, sondern auch unter dem Gebot der absoluten Begründung zu praktizieren.
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− | Als abschließenden zusammenfassenden Satz will ich die stichhaltige Aussage von Gotz stellen, dass egal aus welchem Glauben wir handeln, der Wille immer verantwortlich ist und dem immer ein absoluter Grund zugrunde liegt.
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