PROTOKOLLE - MuD09 - Gruppe1 - 01.12.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Maria Varga
- 2 Gerald Lederer
- 3 Sophia Mallmann
- 4 Kim Dinh, Clara Maier, Alexandra Vogt
- 5 Frank Fetzer
- 6 Buchberger, Agnes
- 7 Magdalena Neuhauser
- 8 Böhm Sascha
- 9 Pöckl Manfred
- 10 Sophie Haas
- 11 Adrien Feix
- 12 Fedja Pivodic
- 13 Weger, David
- 14 Steinwendner Wolfgang
- 15 Bernhard Zarzer
- 16 Michael Brunner
- 17 Alexander Hlavac
- 18 Martin Krauk
- 19 Johannes Rubbert
- 20 Scherhaufer, Stefan
Maria Varga
– Protokoll zur Vorlesung vom 26.11.2009 / Prof. Dr. Violetta Waibel
Frau Prof. Waibl vermittelte einen Überblick, was lesen heißt, wie man an philosophische Texte herangehen kann und sie verstehen lernt. Es ist wichtig, sich auf Texte einzulassen. Das Erlernen der Notationen einer Schrift bringt weitere Erfahrungen. Geschriebene Worte haben größere Macht als gesprochene. Über Strukturen werden weitere Inhalte vermittelt. Das eigene Tun verändert die Art und Weise wie wir lesen. Es ist auf die Intertextualität zu achten (versteckte Texte aus anderen Werken), auf die Methodologie eines Werkes und die innere Struktur einer Dialektik. Die Sprache der Philosophie musste erst erfunden werden (Christian Wolff). Erarbeitung spezifischer Terminologien eines Autors, dh. den Umfang von Worten, die eine Theorie trägt. Die Bedeutung eines Begriffs ist von Autor zu Autor verschieden. Systematisches Verstehen von Texten (begründet, zusammenhängend); Reibungen soll man bestehen lassen; denken in Stückwerken. Architektonik (Kant) ist die Kunst der Systeme: fragmentarisch, durchgehend, als ein systematisches Ganzes. Frau Prof. Waibl nannte eingangs die Philosophie eine Buchwissenschaft. Beziehen wir nicht das meiste Wissen, das wir ansammeln – egal welche Disziplin gemeint ist, aus Büchern? Wie kommt ausgerechnet die Philosophie zu dieser eigenartigen Bezeichnung?
Gerald Lederer
Prof. Violetta Waibel:
Philosophie als Buchwissenschaft. Buchwissenschaft - lesen als Notwendigkeit; Kulturtechnik. Verschiedene Arten des Lesens: einerseits eine Unterscheidung von synchronem (hist.gleichzeitigem) und diachronem (hist. überschneidendes, überlappendes [zB heutzutage Aristoteles]) Lesen. Weiters: 5 Arten des Lesens: 1. ABC: Verstehen der Zeichen bzw. Worte 2. Textliches Lesen: Verstehen eines Textes, nicht bloß Aneinanderreihen der Worte. 3. Philologisches Lesen: Verstehen des Textes sowie dessen Bedeutung durch die Anerkennung des geschichtlichen Rahmens des jeweiligen Textes, dessen Eigenarten in Wortwahl, Grammatik usw. aufgrund der Kenntnis der jeweiligen Zeit sowie weitere Schriften des Autors. 4. Philosophisches Lesen: Verstehen des Textes sowie kritische Überprüfung im logischen Sinn, d.h. Durchschauen der Argumentationsstruktur aufgrund logischer Kentnisse. 5. Künsterlisches/ ästhetisches Lesen:?
Lesen sei ein dialogisches Verfahren eines Gespräches unter Abwesenden; es ermöglicht so auch diachrone Gespräche. Im Lesen liege sowohl die Fähigkeit, etwas zu finden, als auch, etwas zu erfinden.
Hinweise auf die Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes und damit einhergehend die mögliche Macht des Geschriebenen. Weiters: Schwierigkeit im Hinblick auf die Bedeutung einzelner Worte und deren unterschiedliche Verwendung bei verschiedenen Philosophen (ich komme nicht daran vorbei, hier an Wittgenstein zu denken obwohl der so gar nicht in das Gebiet von Prof. Waibel passen will). Sie spricht von der Notwendigkeit genauer Definitionen bei empirischen Begriffen; Exposition bei Apriorischen. Vorsicht: Subjektivität bei einzelnen Begriffen und daher auch bei ganzen Definitionen (Definition generell unabschließbar und somit immer nur vorübergehend zu verstehen) - Kant.
Angela Strohberger, Hubert Rieger, Helmut Eder, Marian Weingartshofer==
Methoden und Disziplinen der Philosophie – Prof. Waibel – Vorlesung vom 26. 11. 2009
Unter besonderer Berücksichtigung von Teil I Ihrer Vorlesung, nämlich
I: Philosophie ist eine Buchwissenschaft. Nicht nur, aber auch. Bücher verlangen gelesen zu werden. Was heißt lesen?
1.ABC
2.Sätze und Texte verstehen
3.Philologisches Lesen und Verstehen (historisch, synchron und diachron)
4.Philosophisches Lesen und Verstehen (systematisch, synchron und diachron)
5.Ästhetisch emotionales Lesen und Verstehen (von Kunstwerken) - wird ausgeklammert
versuchen wir, am Beispiel von Textstücken von Kant, die Waibel in Ihrer Vorlesung zur Illustration verwendet hat, nämlich: Kritik der reinen Vernunft, A 1781/ B 1787; A 832/833, B 860/861; B XXXVI/XXXVII, zu illustrieren, welches Resultat die von Waibel vorgenommen unterschiedlichen Vorgehen von „lesen und verstehen“ ergeben könnte:
Des weiteren haben wir unsere Gedanken sowohl zur Vorlesung von Frau Waibel, als auch zur Ringvorlesung im Allgemeinen in einigen Anmerkungen am Ende zusammengefasst.
1. Das ABC Lesen
Ein charakteristisches „ABC lesen“ - im Sinne von Waibel - lässt unter Umständen ein lesen dieses Textes zu, wird aber wegen Unverständnis des Inhalts mit großer Wahrscheinlichkeit nicht beendet.
2. Sätze und Texte verstehen und lesen
Bei den vorliegenden Texten von Kant – wahrscheinlich bei den meisten Texten von Kant – wird es schwer fallen, sie allein durch Kenntnis der deutschen Schrift und Sprache zu erfassen. Man kann wohl die Thematik erkennen und Grundzüge der Argumentation nachvollziehen. Im vorliegenden Beispiel etwa das Thema der Systematik und der Wissenschaft und deren unbedingten Zusammenhang, für Kant. Kurz, man kann im besten Fall das Gesagte nachvollziehen, nicht aber nachempfinden, bzw. verinnerlichen. Somit hat man nur einen sehr bedingten Zugang zu Texten. Man hat nach der Lektüre eine Ahnung von dem Gelesenen, kann jedoch die Gedanken für sich weder nutzen noch weiterentwickeln. Man bleibt passiver Konsument von Gedanken. Auch die Arbeit mit Wörterbüchern, die Frau Waibel dem 2. Punkt zuordnet, ist hier unbedingt nötig (lateinische Begriffe, Fremdwörter).
Schwierigkeiten beim bloßen Verstehen: Schon das grammatische entziffern der Sätze ist oft ein großer Aufwand. Zudem bereitet das bloße Alter der Sprache des Textes so manche Schwierigkeit.
3. Philologisches Lesen und Verstehen
Wenn wir Frau Waibel folgen, dann ist eine mögliche Interpretation, dass das philologische Lesen rein formale und kontextuelle Aspekte des Textes und das philosophische Lesen erst den eigentlichen Inhalt behandelt.
Oder:
Man fasst den Unterschied zwischen philologischem und philosophischem Lesen folgendermaßen auf (fortgesetzt unter Punkt 4.):
Durch die Einordnung eines Textes in die Wissenschaft (Philosophie) und die jeweilige Zeit und die bewusste Entscheidung, ihn im Hinblick auf diese Faktoren zu lesen, entsteht ein neues, engeres Verhältnis zwischen Text und Leser. Schon die Erwartung ist eine andere: Man hofft, den Text und seine Aussage zu verstehen und einen persönlichen Gewinn zu erlangen. Man eignet sich vor der intensiven Lektüre ein Vorwissen an, in diesem Fall zu Kants Philosophie, der Aussage seines Buches „Kritik der reinen Vernunft“ und seiner speziellen Terminologie. Fragen, die man in diesem Zusammenhang für sich klären muss, sind zum Beispiel: Was versteht Kant unter dem Begriff einer Idee? Was bedeutet für Kant „a priori“? Nachdem man diese Dinge verstanden hat, kann man aus der Lektüre dieser Texte Erkenntnis gewinnen und verinnerlichen. Man bleibt zwar noch bloßer Konsument, jedoch wird das Konsumierte aktiv zu eigenem, historischem Wissen gemacht. Man versteht und verinnerlicht die Aussagen um sie später abrufen zu können. Konkret: Man weiß, was für Kant Vernunft bedeutet und warum für Kant alles zusammenhängen muss und ein System bildet.
Ein Beispiel für nach Waibel synchron philologisches Lesen:
Ein Zeitgenosse Kants, Johann Heinrich Lambert, den Waibel in ihrem Vortrag ebenfalls erwähnt und zitiert, schreibt im Unterschied zu Kant in einer für uns viel leichter verständlichen Sprache.
Ein Beispiel für diachron philologisches Lesen:
Dazu hilfreich wäre einmal eine Worterläuterung (Kant selbst spricht ja in der Kritik der reinen Vernunft davon, dass Definitionen von Begriffen in der Philosophie nicht hilfreich sind) der von Kant verwendeten Termini: z. B.: Vernunft; Verstand und Abgrenzung von einander; Erkenntnis; Prinzipien; Zweck <-> Ziel; (System der) Metaphysik; Transzendentalphilosophie. Auch und gerade, weil diese Termini möglicherweise heute, durch Erkenntnisse in der Psychologie, der Neurobiologie und anderer Erfahrungswissenschaften mit neuer Bedeutung versehen sind, bzw. aufgefächert wurden. So z. b. kommt das Wort „Bewusstsein“ kaum in Kants Texten vor, dieser Begriff aber scheint heute in anderen Wissenschaften eine maßgebliche Bedeutung für die Erklärungsmodelle des menschlichen Verhaltens einzunehmen, ohne genau definieren zu können, was darunter verstanden wird.
4. Philosophisches Lesen und Verstehen
Der wichtigste Punkt hierbei ist für uns, dass die Leseintention (oder auch Leserintention) von der Autorintention verschieden sein kann. Voraussetzung für das philosophische Lesen ist natürlich das philologische Lesen. Wie Heinrich immer sagt: Man muss Dinge erst verstehen, bevor man sie kritisieren kann. Doch eben das tut man dann in diesem Punkt: Texte und Aussagen kritisch betrachten und hinterfragen. Konkret an diesem Beispiel hieße das, sich zu fragen, ob Kants Argumentation für die Notwendigkeit und die natürliche Existenz von zusammenhängenden Systemen schlüssig ist. Im zweiten Schritt muss man die Entscheidung fällen, ob man selbst davon überzeugt ist, oder diese Vorstellung ablehnt. Lehnt man sie ab, gilt es Argumente dagegen zu finden. Indem man sich auf diese Art mit einem Text auseinander setzt, erfährt man den größtmöglichen Nutzen: Bereicherung des eigenen Wissens durch Kants Standpunkt und Entwicklung der eigenen Persönlichkeit durch die Bildung eines eigenen Standpunktes.
5. Ästhetisch emotionales Lesen und Verstehen (von Kunstwerken)
Im Gegensatz zu Philosophen wie Sartre, Camus, Foucault etc. glauben wir, sowohl auf Basis der drei ausgewählten Textstellen aus Frau Waibels Vortrag als auch im Allgemeinen nicht, dass Kants Intention eine emotional ästhetische war.
Anmerkungen zur Vorlesung
Wir finden, dass gerade bei einer Einführungsvorlesung besonderes Augenmerk auf die Didaktik des Vortrages gelegt werden sollte. Wir finden, dass die Didaktik bis jetzt bei allen Vorträgen, mit Ausnahme des Vortrages von Herrn Kusch, nicht ideal war.
Wir finden dass ein Vortragstext nicht zur visuellen Präsentation geeignet ist sondern, dass sich eine solche auf eine Darstellung der wesentlichen Thesen beschränken sollte.
Generell finden wir, war das Niveau des Vortrages zu hoch und die Thematik zu spezifisch für eine Einführungsvorlesung.
Uns ist durch Frau Waibels Kategorisierung der Unterschied zwischen philologischem und philosophischem Lesen nicht klar geworden.
Wir hätten uns gewunschen, dass ihre Einteilung des Lesens anhand einer kurzen philosophischen Textpassage illustriert und diskutiert wird.
Abgesehen von Frau Weibels Vortrag möchten wir noch eine Anregung machen: In sehr vielen Lehrveranstaltungen der Studieneingangsphase wird auf unterschiedlichste Gesichtspunkte von Kant Bezug genommen. Deshalb glauben wir, wäre es zielführend die Grundzüge und Thesen von Kants Werken einführend dargestellt zu bekommen. z.B in Form eines Proseminars in möglichst kleinen Gruppen.
Zum Thema lesen
Gmeäss eienr Stduie von eienr elgnihscen Unveirtsiät mahct
es nihcts aus, in weclher Rihenefgole die Bhcusbaten in
eniem Wrot agnoerdent snid, das enizig wigitche ist, dass
der estre und lztete Bhcusbate am rchitiegn Paltz snid.
Der Rset knan ein vllöiegs Druhecniadenr sein, man knan es
imemr ncoh perlolmobs leesn.
Deis pasesirt, weil wir nchit jeedn Bchutsaben ezinlenn,
sndoren das gnzae Wort lseen.
Nciht sheclhct, oedr?
Sophia Mallmann
Prof. Dr. Violetta Waibel Philosophie ist auch eine Buchwissenschaft, die verlangt gelesen zu werden. Was heißt lesen? 1. ABC 2. Gang der Schule, Texte verstehen lernen 3. Studium: Philosophisches Lesen und Verstehen (historisch, synchron, diachron) 4. Philosophisches Lesen (systematisch, synchron, diachron) 5. Ästhetisch emotionales Lesen und Verstehen (z.B.:Kunstwerke)
Lesen ist eine hochkomplexe Kulturtechnik. Es ist eine faszinierende sowie anspruchsvolle Angelegnheit. Philosophie ist ein synchron geführtes Gespräch der Geister einer Zeit. Ihre Ressourcen bezieht sie auch und nihct zuletzt aus der Diachronie der Geshcichte der Philosophie. Um sich auf das Gespräch der Philosophie einzulassen muss man zuerst Zuhören und Lesen lernen. Es eröffnen sich Kontexte und neue Fragen. Der Text selbst fördert uns.Es gibt nicht die Geschichte der Philosophie, jede Zeit erfindet ihre Geschichte der Philosophie durch die Gehalte und die Art des Gesprächs, dass sie führt. Man findet und erfindet die Sichtweise und Perspektive.
1.ABC: Das erste mal lernen wir lesen, wenn wir uns als Kinder das ABC aneignen. Das ist jedoch noch sehr weit von philosophischer Erfahrung entfernt. Unterschied von Sprechen und Lesen: Sprechen: Füchtigkeit, Lesen: Wiederholbarkeit. Das geschriebene erhält ein viel größeres Gewicht. 2. Sätze und Texte verstehen: In ihrem inneren Verlauf verstehen. --> Ansammlung von Wissen: Lesen, das den Inhalt erfassen will. Das eigene Tun verändert sehr stark die Art und Weise wie wir lesen (z.B.: wenn man ein Tagebuch schreibt) 3.Philosophisches Lesen und Verstehen: Text als Textsorte mit spezifischen Intentionen und Stilebenen, nihct nur in der Literatur(Lyrik,Epik,Dramatik)sondern auch in der Philosophie. Intertextualität: synchron(Querachse der Zeit), diachron(Längsachse der Zeit); implizit, explizite Referenz auf andere Autoren. Historisch, d.i. zeitgeschichtliche Bezüge, biographische Einflüsse. Autorintention: Gedruckte Werke; handschriftlich überlieferte Werke, ganz oder als Fragment. Jede Übersetzung ist immer auch eine Interpretation (Wer hat übersetzt?, In welcher Zeit?) 4.Philosophisches Lesen und Verstehen: Was will ein Text? Titel, Kapitel- Überschriften Komposition, innerer Strukturaufbau Argumente, Textsrategien Methodologie: Mathematische Methode, Dialekt, Transzendentalphilosophie(Kant, Fichte) Phänomenologie: sehr wesentlich und hilfreich Jede Dialektik ist auch eine andere Dialektik. Was ist nun die innere Struktur einer Dialektik? Phänomenologie ist auch nicht Phänomenologie. Wo ist hier der innere Zusammenhang?
Kim Dinh, Clara Maier, Alexandra Vogt
Zunächst rein methodische Erläuterung der Beschäftigung mit philosophischen Texten.
Abgrenzung von drei Ebenen des Textverständnisses, wovon die ersten beiden in der Regel automatischen vom interessierten Leser vollzogen werden, Waibel ging dann näher auf die dritte Ebene, das philosophische Verstehen eines Textes, ein.
Erste Ebene: reines Textverständnis (sprachlich, etc.) und Textanalyse
Zweite Ebene: Kontext des Textes, historische Einordnung, auch Bewertung historischer und zeitgenössischer Relevanz, Geistesgeschichtliche Entwicklung zum vorliegenden philosophischen Text hin und Entwicklung aus dem Text heraus. Kenntnis über die Qualität der Übersetzung, der Ausgabe (wenn keine Bewertung dieser möglich, so wenigstens ein Bewusstsein darüber, dass diese Einfluss auf den vorliegenden Text haben können)
Dritte Ebene: Den Text in Bezug auf seinen Autor verstehen, seine Terminologie, sein System (das System seines Denkens, welches dem Text zu Grunde liegt, aber auch des speziellen Systems, welches er für den Text wählte). Hierzu ist es wichtig, sich die äußere Strukturierung des Textes anzusehen und sie zum Inhalt in Bezug zu setzen (wenn man davon ausgehen kann, dass der Autor diese bewusst gewählt hat und sie nicht von einem Verleger kam). An dieser Stelle muss man sich fragen, ob ein anderer Geist überhaupt fähig ist, ein anderes Denksystem ausreichend nachzuvollziehen, da jeder in gewissem Grad durch sein eigenes System behindert ist (bewusst oder unbewusst, die Organisation des eigenen Denkens ist vermutlich großteils unbewusst).
Waibel betonte auf dieser Ebene das Einlassen auf den Text und den Autor. Natürlich ist die Kenntnis über Quellen und Ideen, die der Autor in dem Text (explizit und auch ohne darauf hinzuweisen) behandelt wichtig, Sie rät jedoch, sich nicht im Nachlesen von Verweisen und anderen Quellen zu verlieren, sondern beim Ursprungstext zu bleiben und zu versuchen, die anderen Texte, auf die der Autor Bezug nimmt, so wie der betreffende Autor zu verstehen, seine Thesen über die anderen Ideen, Texte nachzuvollziehen. Dieser Ansatz ist besonders im Sinne ihrer Ausführungen über Systeme sinnvoll, da man so versucht, so unvoreingenommen wie es einem Geist mit einem anderen System möglich ist, zu sein. Später ist es dann sinnvoll, diese nachzulesen und sich eine eigene Meinung zu bilden, ob der Autor die anderen Quellen so verstanden hat, wie man sie vielleicht selbst versteht.
Wir können Waibels Ansatz sehr gut nachvollziehen, weil man eine Autorenabsicht immer nur subjektiv deuten kann und auch „Experten“ über einen Denker/Autor etc. vielleicht durch umfangreiches Studium verschiedener Meinungen über die Absicht dessen der wirklichen etwas näher kommen, aber letztendlich immer eine subjektive Auslegung bieten können. Dieses Problem ist natürlich im Alltag, in Gesprächen etc. genauso präsent wie bei der Lektüre von Texten. Wie oft muss man bei einer Unterhaltung nachfragen, wie jemand etwas meinte, obwohl es für die betreffende Person völlig selbstverständlich war.
Mit einem etwas sensibilisierten Bewusstsein für die Verschiedenheit in der Organisation des Denkens lässt sich dieses Problem zwar auch nicht beheben, aber vielleicht fällt es so leichter, das subjektive Verständnis eines Textes als solches wider zu geben, ohne Anspruch darauf, die Intention des Autors zu transportieren.
Frank Fetzer
Prof. Dr. Waibel stellt in ihrer Vorlesung fest, dass Philosophie eine Buchwissenschaft ist, die gelesen werden muss. Lesen ist eine hochkomplexe Kulturtechnik. Waibel gliedert das Lesen in Ebenen. So wird auf der ersten Ebene bloßes Textverständnis erreicht. Die Buchstaben bekommen die Bedeutung von Sprache.
Auf der zweiten Ebene wird der Text verstanden. Der Text ist eine Ansammlung von Wissen. Das Geschriebene wird wichtiger.
Bei der dritten Ebene, dem philosophischen Lesen und Verstehen geht um Verständnis der konkreten Intention des Textes. Es geht um das Verstehen des Textes in Hinblick auf den Autor und sein Denken. Waibel erwähnt, dass im deutschen Idealismus die Idee aufkam, einen Text nicht nur von den Buchstaben her, sondern seinem Geist nach zu erfassen. So sind die Umstände der Entstehung, Übersetzung, Lebensumstände des Autors etc. bei der Lektüre zu berücksichtigen um das Werk im Sinne des Autors verstehen zu können. Anmerk.: Der Autor Arno Schmidt schrieb einmal sinngemäß, er stelle sich dem Leser gerne sehr genau vor, damit der wisse, durch was für eine Brille der Autor geschaut habe und so das Subjektive des Textes leichter erkennen und gewissermaßen vom Text abziehen könne, so das der reine Text übrig bliebe.
Letztendlich muss man sich immer die Frage stellen: Was will ein Text? Was ist die Absicht des Autors.
Buchberger, Agnes
Violetta Waibel spricht in ihrem Vortrag über das Lesen. Im Laufe des Vortrags gibt sie den Studierenden immer wieder Hinweise, was sie beim Lesen philosophischer Texte für wichtig hält. So z.B. macht es ihrer Meinung nach einen Unterschied, ob man Texte laut oder leise liest. Liest man sie laut, eröffnet sich wiederum eine neue Dimension. Außerdem betont sie, dass es zwar wichtig ist, Querverbindungen und Hintergründe beim Lesen mitzudenken, es jedoch von Vorteil ist, sich anfangs v.a. auf den ursprünglichen Text zu konzentrieren.
Eine sehr interessante Aussage fand ich, dass sie das Lesen von Texten als dialogischen Prozess betrachtet, als „Finden“ und „ERfinden“.
Ich will hier jedoch nicht näher auf die Aussagen des Vortrages eingehen, sondern bloß einige Punkte erwähnen, die ich mir gut als Anstöße für Diskussionen vorstellen könnte.
- „DIE Geschichte der Philosophie im eigentlichen Sinn gibt es nicht.“ (Waibel)
Stichworte hierzu: historischer Kontext, Subjektivität, Relativität, etc.
- Texte lesen als dialogischer Prozess.
Stichworte: finden und ERfinden, Lese- vs./und Autorintention, etc.
- Begriffsdefinitionen vs. Worterläuterungen
Stichworte: a priori, situativ, Kant – Mathematik, etc.
- die Macht des geschriebenen Wortes vs. die Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes
- System vs. Fragmente, Einheit vs. Widersprüche/ Reibungen
Stichworte: Architektonik (Kant), Systembegriff, Struktur, Lambert – System – Gleichgewicht (Kontinuum? Veränderung? Reproduktion?)
Dies sind natürlich bloß einige Punkte, an denen man anknüpfen könnte.
Magdalena Neuhauser
Ring-Vo am 26.11.09, Violetta Waibel
In der Vorlesung wurde die Philosophie als Buchwissenschaft dargestellt, "nicht nur, aber auch". Diese Aussage hat mich zu der Frage gebracht, ob es wohl auch Philosophie ohne das Studium anderer Philosophen oder deren Werke gäbe. Selbst Kant schreibt in seinem Werk "Prolegomena zu einer jeden Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können" folgendes: "Ich gestehe frei: die Erinnerung des David Hume war eben dasjenige, was mir vor vielen Jahren zuerst den dogmatischen Schlummer unterbrach,..." (Vorrede [12-14] , Reclam S. 11).
Bedeutet das, dass es in der heutigen Zeit undenkbar ist, eine Philosophie aus dem Nichts zu schaffen, und dass wir immer nur bereits Gedachtes verbessern, kritisieren, umändern oder im widersprechend etwas Neues entwickeln können?
Weiters hat Frau Prof. Waibel in ihrer Gliederung des Lesens (als Philosoph lernt man 5 Mal im Leben das Lesen) den 4. Schritt als "Philosophisches Lesen" bezeichnet. In diesem ginge es um das Textverständnis, um ein Nachvollziehen. Ich fand es etwas irritierend, diese Art des Lesens als Philosophische zu bezeichnen. Bloßes Nachvollziehen ist noch lange keine philosophische Handlung, sonst wäre ja jeder Mathematiker oder Physiker, der eine Formel nachvollziehen kann ein Philosoph. Das philosophische Denken besteht doch vor allem darin, in neuen Zusammenhängen zu denken und unabhängige, eigenständige Schlüsse zu ziehen?! So wie sie das philosophische Lesen beschrieb, würde es viel mehr einer Textanalyse gleichen, in der ein Text entschlüsselt und sein Inhalt erfasst werden soll. Oder wäre genau diese Art des Lesens für Frau Prof. Waibel philosophisches Lesen?
Worin ich ihr voll und ganz Zustimme ist die Wichtigkeit, die sie in der genauen Erläuterung der Begriffe sieht. Viele Philosophen verwenden die gleichen Begriffe in einem völlig anderen Zusammenhang und meinen ganz Unterschiedliches damit. Deshalb ist es meiner Ansicht nach unabdingbar Begriffen wie Funktion, Sinn, Bedeutung, usw. genau zu klären, damit deutlich wird, wovon eigentlich die Rede ist.
Böhm Sascha
Protokoll der RVO vom 26.11.2009.
„Philosophie ist eine Buchwissenschaft und Bücher verlangen gelesen zu werden“, mit diesen Worten leitete Fr. Prof. Dr. Waibel ihren Vortrag ein. Doch was bedeutet eigentlich Lesen:
1) Lernen des ABCs ist die Grundvoraussetzung für das Lesen. Dies kann einmal im Leben passieren aber auch öfter, wenn man beispielsweise neue Sprachen, wie Altgriechisch oder Sanskrit, später hinzulernt. Der wesentliche Unterschied des Lesens zum Sprechen besteht darin, dass letzteres Flüchtigkeitscharakter besitzt während das geschriebene Wort wiederholbar ist und deshalb größere Bedeutung hat.
2) Der zweite Moment ist das Verstehen von Sätzen und Texten. Es geht darum Zusammenhänge zu verstehen und Wissen anzusammeln. Dies nennt Prof. Dr. Waibel das „vorwissenschaftliche Verständnis“.
3) Das philologische Lesen und Verstehen (historisch; synchron und diachron) ist der dritte Moment. Hier gilt es zu unterscheiden ob es sich um geschlossene Abhandlungen, Haupt- oder Nebenschrift eines Autors, Werk im Rahmen eines größeren Ganzen, Vorlesungen, Briefzeugnisse oder einen im Nachlass überlieferten Text handelt. Beispiele hierfür sind das „Opus posthum“ von I. Kant, das nur ein im Nachlass überliefertes Fragment ist und von vielen Seiten behauptet wird es passe nicht zu seinen Kritiken. Oder die „Fichte Studien“ von Hardenberg, welche aus fingierten Briefen besteht. Es ist auch zu bemerken dass das Beziehen eines Autors auf andere Autoren immer Subjektivität beinhaltet.
4) Vierter Moment ist das philosophische Lesen und Verstehen (systematisch; synchron und diachron). Hier gilt es folgende Fragen zu stellen: Was will ein Text? Was ist die Intention des Autors? Welche Argumente und Textstrategien bringt der Autor hervor? Wie verhält es sich mit der Methodologie (Mathematische Methode, Dialektik, Transzendentalphilosophie, Phänomenologie,…)? Es ist wichtig zu erkennen ob ein Text historisch oder systematisch von Relevanz ist. Philosophen stellen gerne das (scheinbar) selbstverständliche in Frage. Augustinus schrieb in seiner Abhandlung über die Zeit: „Was ist Zeit? Ich weis es, muss ich es erklären, weis ich es nicht mehr“. Um philosophische Systeme nachvollziehen zu können, ist es notwendig sich die richtige Terminologie (Begriffe, die wesentlich eine Theorie/These tragen) anzueignen. Wichtige Schlüsselwörter werden von den meisten Autoren unterschiedlich genutzt (z.B. Sein, Substanz, Realität). Die philosophische Sprache ist daher nicht ganz eindeutig, so definierte etwa Spinoza die Substanz ganz anders als Hegel. Häufig wird in der Philosophie auch von Definitionen gesprochen. Bei Kant hat die Definition folgende Bedeutung: „ Den ausf. Begriff eines Dinges innerhalb seiner Grenzen ursprünglich darstellen“ (Kr.V). Dies soll heißen, dass weder empirische Begriffe (z.B. Gold), noch apriorische Begriffe (z.B. Substanz, Ursache oder Recht) eine angemessene Definition zulassen. Bei empirischen Begriffen kommt es auf die Hinsichten an, weshalb eine knappe Definition nicht hilfreich ist. Bei apriorischen Begriffen ist es besser von Expositionen zu sprechen, als von Definitionen. Spinoza beginnt jedes Buch seiner Ethik mit einer Definition: „Unter Substanz, verstehe ich das, was…“ (Spinoza; Ethik I, Def. 3). Die Betonung liegt hierbei auf „verstehe ich“, weshalb Spinoza mit seinen Definitionen nur einen subjektiven und keinen objektiven Anspruch stellt. Ein weiterer Punkt des philosophischen Verständnisses ist die Systematik (Zusammenhang als Kriterium der Wissenschaftlichkeit). Kant brachte in diesem Zusammenhang den Begriff Architektonik (Kr.V), d.i. die Lehre des Wissenschaftlichen in unserer Erkenntnis und gehört notwendig zur Methodenlehre. J.H. Lambert beschrieb in seiner Systematologie das System als jedes Ganzes, das kein Chaos, Gemische, Haufen, Zerrüttung oder Klumpen ist. Es gab für ihn fünf Kriterien um ein System zu bestimmen: Es muss bestehen aus a) Teilen, b) verbindenden Kräften, c) einem gemeinsamen Band, d) einer oder mehreren Absichten/Zwecken (die aus dem Ganzen erkennbar sind), e) einem Gleichgewichtszustand von Systemen.
5) Das fünfte Element ist das ästhetische und emotionale Lesen und Verstehen. Auf diesen Punkt ist Prof. Dr. Waibel jedoch nicht mehr näher eingegangen.
Pöckl Manfred
MuD, Ringvorlesung Prof. Violetta Waibel am 26. 11. 2009
'Philosophie als Buchwissenschaft, als Wissenschaftssytem und als Kunstform'
Wir lernen bis zu fünf Mal das Lesen in unserem Leben:
1. ABC
2. Satze und Texte verstehen
3. Philologisches Lesen und Verstehen (historisch, synchron und diachron)
4. Philosophisches Lesen und Verstehen (systematisch, synchron und diachron)
5. Ästhetisch emotionales Lesen und Verstehen (von Kunstwerken)
Wenn ich ein derartiges „Ranking“ sehe, stellen sich mir sofort die Fragen: „Warum gerade fünf Mal? Ist die Liste vollständig? Gibt es eine andere Reihungsmöglichkeit? Muss/Soll man das Lesenlernen überhaupt reihen?“
Nun, ich finde eine differenzierte Betrachtungsweise des Lesens als legitim und sinnvoll. Die genannte Reihung finde ich nachvollziehbar. Es fehlt allerdings ein ganz großer Bereich des Lesens: das Unterhaltungslesen. Wenn ich einen Kriminalroman lese, so müssen die Punkte 1. und 2. erfüllt werden. Die Punkte 3.-5. spielen so gut wie gar keine Rolle, und doch geht es um weit mehr als das Verstehen eines Textes: um Unterhaltung. Gemessen am Buchmarkt ist das sicher der größte Teil des Lesens.
Prof. Waibel ging in einem Nebensatz auf den Unterschied von Sprechen und Lesen ein, und meinte: „Beim gesprochenen Wort herrscht Flüchtigkeit, Wiederholbarkeit beim Geschriebenen. Das Geschriebene erhält ein größeres Gewicht als das fliehende gesprochene Wort.“
Das ist sehr verknappt und auch falsch. Gegenbeispiele:
a. Eine unmissverständliche Ermahnung oder ein herzliches Lob eines Elternteils gegenüber dem Kind, egal ob es lesen kann oder nicht. Schriftlich wäre so was wahrscheinlich ein Lachnummer.
b. Das Machtwort oder annerkennende Worte eines Chefs gegenüber seiner versammelten Belegschaft. c. In unserem IT-Zeitalter die massenhaften und oft auch „sinnlosen“ mails, blogs oder sms. Die sind zwar gespeichert und wiederholbar, haben aber trotzdem kein Gewicht. etc. etc.
Wirklich interessant wurde es beim Punkt 4. Philosophisches Lesen und Verstehen
Es wurden verschiedene Methodologien erwähnt, aber nicht erklärt (Mathematische Methode, Dialektik, Transzendentalphilosophie, Phänomenologie). Eine kurze Begriffserklärung in der Übung wäre sehr hilfreich.
Am interessantesten fand ich die Abhandlung zum Thema Definition. Als Naturwissenschafter bin ich gewohnt mit Definitionen zu arbeiten. Kant sagt nun, dass es in der Philosophie keine Definitionen gibt, sondern nur Worterläuterungen. Eine Definition zu geben heißt für Kant, »den ausführlichen Begriff eines Dinges innerhalb seiner Grenzen ursprünglich darstellen« (Kant, KrV A 727, B 755). Weder von empirischen Begriffen wie Gold, noch von apriorischen wie Substanz kann es eine angemessene Definition geben. Empirische Begriffe sind wesentlich von ihrer „Hinsicht“ geprägt und sie sind „unabschließbar“, da die Erkenntnis über einen empirischen Begriff nie abgeschlossen werden kann. Eine Definition ist somit nicht möglich. A priorische Begriffe sind ebenso unabschließbar, weil wir nicht apodiktisch sagen können, was zu einem Begriff hinzu zählt. Eine Abhandlung in dieser Hinsicht zu Raum und Zeit gibt er in der KrV. Spinoza war sich dieses Problems ebenso bewusst und gab daher am Beginn seiner Bücher zu Ethik stets eine „Definition“ (im Sinne von Kant aber Erläuterungen) zu den wichtigsten Begriffen im Werk.
Philosophie als Wissenschaft und System
Dieser Teil der Vorlesung war schwierig zu verstehen. Zum einen dadurch, dass viele Originalzitate verwendet wurden, ohne sie näher zu erörtern, und zum anderen hatte Prof. Waibel die anberaumte Zeit überschätzt und flog im Eiltempo über diese Zitate hinweg.
Die Zitate von Kant und Wolff zum Systembegriff konnte ich nur ansatzweise nachvollziehen („System als Einheit von mannigfaltigen Erkenntnissen unter einer Idee“) und kann sie daher nicht kritisieren.
Die Ausführungen von J. H. Lambert dazu sind etwas „griffiger“ und daher möchte ich diese zitieren und und in Frage stellen: 5 Kriterien zur Bestimmung eines Systems laut Lambert:
Es besteht
1. aus Teilen, unter denen
2. verbindende Kräfte wirksam sind, ferner gibt es
3. ein gemeinsames Band, das die Teile zu einer Ganzheit fügt, und schließlich müssen
4. eine oder mehrere Absichten (oder Zwecke) des Ganzen erkennbar sein
5. ein weiteres wichtiges Kriterium ist der Gleichgewichtszustand von Systemen
Den Punkten 1.-3. kann ich gut zustimmen. Beim Punkt 4. verstehe ich nicht, was unter der Absicht oder dem Zweck verstanden wird. Ein Beispiel wäre hilfreich. Punkt 5. möchte ich widersprechen. Ich denke hier an chemische oder physikalische Systeme. Die können sehr wohl ins Ungleichgewicht geraten. Es können Reaktionen und Veränderungen ablaufen und trotzdem bleibt es ein System – zumindest in meinem Sinne. Für mich ist Veränderbarkeit und System kein Widerspruch.
Sophie Haas
Professorin Waibels Vortrag könnte man als Anleitung dafür Verstehen einen philosophischen Text so zu lesen, das er möglichst nahe an die Autorintention herankommt. Dafür muss man sich nach dem ABC und dem Sätze und Texte verstehen unbedingt philologische Tugenden aneignen. Um welche Textart handelt es sich, welche inter- und innertextlichen Bezüge wurden gemacht, welche Intentionen lassen sich durch Satzbau, Wortwahl (…) erkennen? Ebenso kann die Erfahrung des Erlernens einer neuen Sprache (auch Notation der Musik), Kodifizieren und Dekodifizierung der Zeichen, die Auffassungsgabe der Muttersprache erhöhen. Erst dann macht die Annäherung an philosophische Texte Sinn.
Diese Texte müssen immer im Kontext betrachtet werden. Wie wurde der Text veröffentlicht? Wurde er mit der Absicht geschrieben veröffentlicht zu werden, oder handelt es sich um Briefe an Privatpersonen, um Selbstverständigungsversuche? Welche Referenzen wurden gemacht? In welcher gesellschaftlichen Kontext erstand das Werk? (Zensur, Abhängigkeitsverhältnisse) Wie waren die Lebensumstände des Autors? Waibel rät die Terminologie des jeweiligen Autor/in vorher wie Vokabeln zu lernen, nur so der Begriff im Wandel der Zeit überhaupt eingeordnet werden. Hier geht Waibel kurz auf Kant ein, für den Begriffe zwar a priori gegeben sind, allerdings Begriffsmomente erst durch Erfahrung möglich sind.
Geschichte der Philosophie
Waibel stellt die These auf, dass es keine Geschichte der Philosophie gibt. Dennoch kann für Waibel ein Text nur eine Richtung vorgeben, addiert man Relativität und Subjektivität dazu erhält man das erst das Leseverständnis. Es handelt sich hierbei um ein zurückschauen, dass ein vorausschauen unterstützt.
Meine eigenen Ausführungen möchte ich auf das subjektive Verständnis der/des Leserin beschränken. Ein Text, der an die breite Öffentlichkeit gerichtet ist, stellt sich der Herausforderung seinen Inhalt möglichst der Intention des Autors gemäß zu transportieren. Er muss sich dem Mittel der Sprache, der Schrift begnügen. Er verlässt sich darauf Allgemeinbegriffe zu verwenden oder prägt durch Allgemeinbegriffe neue Begriffe. Hier stellt sich mir die Frage, wie der Autor seine Intention möglichst präzise transportieren kann? Welche Mittel kann er dafür einsetzen? Wie viel Vorwissen kann er von seinem Zielpublikum erwarten? Durch die Voraussetzung von Vorwissen wird der Leserinnenzugang beträchtlich verengert. Ein Autor muss das Risiko eingehen, dass sein Werk missverstanden wird, nein!, ein Autor muss voraussetzen, dass sein Buch nicht nach seiner Intention aufgefasst wird.
Adrien Feix
- Zusammenfassung
Für Waibel ist Philosophie "eine Buchwissenschaft", die Auseinandersetzung mit den Texten (also lesen) ist also fundamental. Über das Erlernen der Zeichen die die Sprache ausmachen hinaus, unterscheidet sie drei Stufen des Lesens: Die erste ist das sinnerfassende Lesen, die zweite ("philologisch") impliziert zusätzlich dazu den historischen ("diachron und synchron lesen") Kontext sowie die Autorintention zu begreifen, und die dritte ("philosophisch") auch noch den internen Aufbau, die Struktur des Textes, sowie die ihm zugrundeliegende Methode.
Sie wendet sich dann ebendiesen Merkmalen, die erst in der letzten Stufe des Lesens erkannt werden, zu. Anhand von Philosophen wie Kant, Spinoza, Wolff, Fichte und Lambert gibt sie eine Einsicht in ihren Definitions- und Systembegriff. Für Waibel, wie für Kant, definiert man keine Begriffe (im mathematischen Sinn), sondern man präzisiert allenfalls einen bereits existierenden Alltagsbegriff ("Worterläuterung"). Zum Abschluss führt sie Lamberts ("Systematologie") wesentliche Kriterien für das Vorhandensein eines Systems an.
- Anmerkungen
Über die scheinbare Notwendigkeit intertextuellen Lesens.
Anscheinend sind die verschiedenen Etappen in der Lesefertigkeit notwendig um Philosophie zu betreiben. Man nehme zum Beispiel historisches Wissen: Wie soll man Kant richtig verstehen ohne Descartes, ohne Hume, ohne Rousseau gelesen zu haben? Und wie könnte man Rousseau ohne Hobbes und den Calvinismus sinnerfassend lesen können? Unmöglich, behauptet Waibel.
Und doch ist es möglich. Unsere ersten philosophischen Werke haben wir ohne Vorwissen gelesen, und womöglich auch noch verstanden! Man braucht, um Ideen zu verstehen, (vorausgesetzt die notwendige logisch-reflexive Fähigkeit wurde zuvor in der Kindheit erlernt) kein Vorwissen; Denn Philosophie hat Anspruch auf Nachvollziehbarkeit, und ein Werk, dass es nicht schafft, verkommt zum gebildeten Kommentar, nicht ohne Belang, aber nicht mehr wirklich philosophisch. Philosophie mit deren Analyse (historisch, soziologisch...) zu verwechseln ist ein Fehler: Wissen um die Philosophiegeschichte ist zum Philosophieren nicht hilfreicher als die die Schützen aller Tore der Rapid-Matches in den letzten zwanzig Jahren auswendig zu kennen. Es ist nicht uninteressant, aber bleibt pedantisch akkumuliertes Wissen, und hilft im Grunde nicht, um Ideen zu verstehen, außer der Autor stellt künstliche Barrieren auf, verschlüsselt sein Werk, sodass nur Wissende es entschlüsseln können.
Die Frage der Definitionsmöglichkeit in der Philosophie zeigt, dass es sich um eine Laienwissenschaft handelt. Wie Kant richtig feststellt, verwendet man sich beim Philosophieren Begriffe, die schon im Sprachgebrauch existieren, präzisiert nur den genaueren Sinn des Ausdrucks (und setzt dabei ein allgemeines nicht-philosophisches Sprachverständnis voraus). Würde es eine reelle Definitionsfreiheit geben, könnte man z.B. "Seele" als "Körper" umdefinieren (und vice versa) und nur Eingeweihte würden den Text richtig verstehen (wie es in der Mathematik der Fall ist: Der Sinn eines Satzes wird erst durch die Definition gegeben). Die Allgemeinverständlichkeit, die Kant damit impliziert, ist meines Erachtens das grundlegendste Prinzip der Philosophie. Gelehrtes Wissen (und somit "philologisches" und "philosophisches" Lesen) ist nur notwendig wenn dieses Fundament nicht respektiert wurde, nicht umgekehrt.
Fedja Pivodic
Ringvorlesung: Methoden und Disziplinen der Philosophie WS 09/10
8. Einheit am 26.11.2009: Violetta Waibel:
Waibel behandelte in ihrer Vorlesung unter anderem die verschiedenen Arten des Lesens philisophischer Texte und Systembildung in der Philosophie. Besonders interessant fand ich eine Aussage zu Beginn der Vorlesung interessant: „Wie und welche Texte gelesen werden ist immer auch ein Erfindung des Zeitgeistes eine Frage des Zugangs zur Philosophie zu einer bestimmten Zeit.“ und weiter: „Der Text gibt natürlich ein Verständnis vor und wenn ich ihn rekonstruieren möchte, so fordert er von mir auch ihn möglichst genau zu lesen. Aber ich denke, es gibt immer einen Rest an Subjektivität, einen Rest an Relativität, der den Text eben zu dem Text macht, den ich interpretiere.“
Ich hatte den Eindruck, dass Waibel der Interpretation von philosophischen Texten große Bedeutung beimisst und dabei davon ausgeht, dass es viele verschiedene Arten gibt solche philosophischen Texte zu lesen. Dabei sind, wie sie in der Vorlesung sagt, Interpretationen durch die den „Zeitgeist einer Periode“ bestimmt und können besser oder schlechter sein als andere. Ich stoße mich an einer solchen Sichtweise der Philosophie. Ich glaube, dass Philosophen vor allem deshalb Texte verfasst haben, weil sie ihre Gedanken festhalten und mit einem breiteren Publikum teilen wollten. Daher gibt es eine richtige Interpretation und zwar jene, der der Autor zustimmen würde. Man sollte also beim Lesen vor allem versuchen den Gedankengang des Verfassers nachzuvollziehen. Mir schien, dass Waibel philosophische Texte wie die Noten eines Musikstücks betrachtet, die je nach Mode gerade so oder so interpretiert werden können, wobei bestimmte Interpretationen richtiger oder besser sind. Ich glaube, dies ist nicht auf die Philosophie übertragbar. Man kann zwar philosophische auch Texte so lesen, wie man Musik hört oder interpretiert, um etwa Inspiration oder Vergnügen zu finden. Dabei wären auch verschiedene Interpretationen zulässig, aber ich glaube nicht, dass dies Gegenstand von Waibels Vorlesung war.
Weger, David
Ring-VO Violetta Waibel, 26.11.2009
Dies ist ein Versuch sich der Ring-VO auf experimentelle Weise anhand analoger Zitate durch ein ad hoc erstelltes Florilegium zu nähern. Da eine Wiedergabe des Inhalts nicht gefordert wurde begnüge ich mich teilweise mit kurzen Anmerkungen. Die Parallelen zu dem Vortrag sollten weitgehend explizit sein und die Idee ist, dass die selbst gesammelten Zitate so erforderlich auch für sich sprechen können. Nicht alle Exzerpte stellen den Anspruch der Wissenschaftlichkeit, der Urheber eines Abschnittes scheint sich sogar bewusst dagegen zu stellen. Auch ist das Folgende nicht völlig kongruent mit meinen eigenen Ansichten und folgt mitunter mehr der Aufgabenstellung - Fragen aufzuwerfen oder wie Frau Waibel sagen würde „Reibungen sichtbar zu machen“. Es handelt sich hierbei natürlich nur um Beispiele die ich anhand meines aktuellen Wissenstandes zur Philosophie wählen konnte, es besteht ganz und gar kein Anspruch auf Vollständigkeit oder auch nur darauf, die wichtigsten Entwicklungen herausgenommen zu haben. Hier geht es vor allem um eigene Assoziationen zu dem Vortrag die eben nur im Bereich des Vertrauten gefunden werden können.
Zunächst zu den Ursprüngen der europäischen Tradition der Philosophie in annähernd chronologischer Reihung:
„Von Anaximanders Philosophie ist in eigenen Worten nur ein einziges Fragment überliefert. Dabei handelt es sich um den ersten erhaltenen griechischen Text in Prosaform.“
Wikipedia.de: Anaximander, Version: 1. November 2009 um 01:56 Uhr (Diese Aussage steht analog zu der Beschreibung in dem als Nächstes angeführten Buch, hervorgehoben soll die Verwendung der Prosaform in der Philosophie sein, weniger die Frage nach ihrem grundsätzlich originären Auftreten.)
„Während Anaximander und Anaximenes in Prosa schrieben und Pythagoras seine Lehren nur mündlich im Kreise der Anhänger offenbarte, bedient sich Xenophanes wieder – und sogar auch schriftlich – der poetischen Form. Er war ein Dichter. [...] Der Hexameter war nicht nur Vehikel der epischen Dichtung im engeren Sinne (er wurde auch für Grabinschriften und Widmungen verwendet), sondern z.B. auch des Götter-Hymnus, in dem die Geschichte eines Gottes, manchmal im Zusammenhang mit dem Kult erzählt wurde.“
Mansfeld: Die Vorsokratiker I, Stuttgart 1983, S. 204
„Heraklit gilt schon im Altertum als dunkel und schwer verständlich. Er redet oft in Bildern, die zwar ansprechen, aber doch auch Rätsel aufgeben. Seine Ausdrucksweise ist gehoben, feierlich und entzieht sich des öfteren dem genaueren Zugriff des Interpretierenden. Fast jeder seiner Sätze bildet ein geschlossenes, für sich interpretierbares Ganzes. Als Fragmente sind durchweg, aber nicht ausschließlich, derartige Sätze überliefert; ....“
Mansfeld: Die Vorsokratiker I, Stuttgart 1983, S. 231
„... Parmenides von Elea schrieb kurz nach 500 v. Chr. in gedrängter, manchmal ungelenker Sprache ein Gedicht in Hexametern, mit dem er die Philosophie auf eine neue Ebene hob.“
„Der Tatsache, dass die philosophischen Lehren in Form einer göttlichen Offenbarung vorgetragen werden, kommt eine durchaus ernsthafte Bedeutung zu. Es gibt, auch außerhalb der griechischen Literatur, genügend Beispiele solcher Offenbarungen, von Hammurabis oder Moses‘ Gesetzen und Hesiod, der den Stoff seiner Theogonie und seine dichterische Gabe von den Musen des Helikons empfing, bis hin zu den Büchern Mormons des Joseph Smith. Es handelt sich hier jedoch nicht immer um eine bloße Formel, sondern um etwas weit Bedeutsameres, das seinerseits zu einer Formel herabsinken kann: um eine Deutung nämlich des dem menschlichen Subjekt selbst letztlich unerklärbaren Vorgangs der eigenen Kreativität.“
„Die Rede der offenbarenden Göttin ist kaum den Erzählungen des Mythos, sondern eher einer in Versen verkleideten trocken-wissenschaftlichen Abhandlung vergleichbar.“
Mansfeld: Die Vorsokratiker I, Stuttgart 1983, S. 284, S. 288, S. 289
Der Stil verändert sich, zu Platon siehe auch ein weiteres Zitat am Ende:
„Alle Spätwerke Platons zeichnen sich durch Neigung zu langen Perioden, gekünstelten Wortstellungen und manierierten Umschreibungen aus, bei denen sich nicht selten der Eindruck einstellt, der Autor habe das Verständnis bewusst erschwert, um seine Leser zu intensivem Nachdenken über den Inhalt gleichsam zu zwingen.“
Paulsen, Rehn: Platon, Timaios. Stuttgart 2003. Nachwort S. I
„Bei der Lektüre des Discours fällt zunächst der ungezwungene, literarisch-persönliche Stil auf. Descartes berichtet über sich selbst, und entsprechend werden die Gedankengänge nicht in der abstrakten Form einer philosophisch-theoretischen Abhandlung, sondern in der lebendigen ersten Person Singular entwickelt. Dieser Stil verfehlt(e) seine Wirkung nicht. So schreibt Constantin Huygens in einem Brief an Descartes über den Discours: ‚Sie erklären sich mit der größten Klarheit, Kraft, Anmut und Lebendigkeit, die vorstellbar ist.‘ (Brief an Descartes vom 24. März 1637) Descartes ist im Text präsent, sein dargelegtes Denken bzw. die Darlegung der Entwicklung seines Denkens hat Ereignischarakter. Der Stil einer intellektuellen Autobiographie ist jedoch nicht neu. Ebenso wenig ist der Discours das erste philosophische Werk, das auf Französisch und nicht, wie zu Descartes‘ Zeiten üblich, auf Lateinisch geschrieben wurde; und auch die Abkehr von der Scholastik hin zu einer neuen Wissenschaft wurde von einigen Denkern bereits vollzogen. Das Neue des Discours ist, wie J.-M. Beyssade feststellt, dass hier alle drei Momente zugleich auftreten.“
Ostwald: Descartes, Bericht über die Methode. Stuttgart 2001, S.183-184
Kant (siehe auch Ring-VO, Hauptbeispiel hier: Kritik der reinen Vernunft):
„Die Rezensionen sind durchweg wohlwollend und – wenn überhaupt von nennenswertem Umfang – lediglich ziemlich neutrale Inhaltsreferate ohne wirklich kritische inhaltliche Stellungnahme. Die spärliche Kritik bezieht sich zumeist auf die Komplexität der Kantischen Sprache. Johann Christian Lossius ist dabei der Ansicht, das Werk wäre eventuell verständlicher geworden, wenn Kant es in lateinischer oder französischer Sprache abgefaßt hätte. Er beklagt sich über den ‚langen und angehäuften Periodenbau‘ und gibt mit leicht polemischen Unterton den Lesern einen Hinweis zur Bewältigung dieser Schwierigkeiten: ‚Um nur erst den Wortverstand dieser Schrift zu finden, muß man sich zuvor eine Nomenklatur über den Gebrauch gewisser Terminologien des Verfassers verfertigen, und sodann mit diesen in der Hand das Buch lesen.‘“ (Uebersicht der neuesten Philosophischen Litteratur von Johann Christian Lossius. Erstes Stück. Gera 1784, S. 51-70)
Pollok: Kant, Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können, Hamburg 2001, S. XLI-XLII)
„Doch auch Kant empfand es als ‚Kränkung, fast von niemand verstanden worden zu sein‘, und äußerte die ‚Besorgniß [...], daß ich die Gabe mich verständlich zu machen in so gringem Grade, vielleicht in einer so schweren Materie gar nicht besitze; und alle Arbeit vergeblich aufgewandt haben möchte.‘“ (Kant an Schultz (26. August 1783), AA X 350 f.)
„Aufgrund der schwachen Reaktion und der Mißverständnisse seiner Kritik hatte Kant den Eindruck, daß auch noch zwei Jahre nach dem Erscheinen keiner, der das Buch überhaupt zur Kenntnis genommen hatte, dessen wesentliche Aspekte erfaßt hätte. Christian Garve schreibt dies bestätigend an Kant: ‚Ich erkannte bald, da ich das Werk anfing zu lesen, [...] daß diese Lecture [...] für mich zu schwer sey. Ich gestehe Ihnen, ich weiß kein Buch in der Welt, das zu lesen mir soviel Anstrengung gekostet hätte [...].‘“ (Garve an Kant (13. Juli 1783), AA X 329)
„Die Dunkelheit der Darstellung, ‚[...] die auf einem Wege, der noch ganz unbetreten ist, anfänglich unvermeidlich ist [...]‘ (KrV A 98), wollte Kant nun mit den Prologomena endgültig beseitigen, indem er ‚nach vollendetem Werke‘ eine Kurzfassung, den Grundriß der Kritik, vorlegte. Die Prolegomena sollten eine Erleichterung sein, [....]“
Pollok: Kant, Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können, Hamburg 2001, S. XVII-XIX)
Die Definition/Worterläuterung vorab:
„Hat Lysias am Beginn seiner Liebesrede uns gezwungen, die Liebe als ein bestimmtes Wesen aufzufassen, so wie er es selbst wollte, und erst darauf alles aufbauend die folgende Rede vollendet?“
Hildebrandt: Platon, Phaidros. Stuttgart 1957, S. 69 (Definition und Wissen um diese verkörpern hier Macht in der Redekunst und implizieren zugleich, dass der Redner das „wahre“ Wesen des Begriffes kennt).
Wider den Szientismus:
„Was wir lernen bleibt für unser Leben belanglos, soweit wir es nicht verinnerlichen können. Und gerade hier liegt die Tragik unserer Philosophie. Was ein aufregender Lebens- und Denkinhalt für jeden Menschen hätte werden können und müssen, wurde [...] zum trockenen [...] Lernstoff verdorben. Schuld daran sind natürlich auch viele Philosophen selbst wie zum Beispiel Kant und Hegel, die den größten Teil ihrer genialen Werke so beinern schrieben, daß ein Uneingeweihter nach dem dritten Satz abschalten muß. Das war nicht immer so. Bei den alten Griechen gab es eine Blütezeit, in der Philosophie allgemeines Lebens- und Gedankengut war.“
Lauxmann, Der philosophische Garten. München 1994, S. 14
Ad Platon und Zitat I zur Entwicklung von Oralität und Literalität:
“[...] According to Ong the Greeks of Homer's age relied on such formulaic uses of language to aid in the retention of knowledge. Without writing, if thoughts were not expressed in easily remembered forms and were not constantly repeated, they would be lost. Ong then explains that Eric Havelock, in Preface to Plato, extended Parry's conclusions to include the entirety of ancient Greek culture. In Ong's words, Havelock shows how "Plato's exclusion of the poets from his Republic was in fact Plato's rejection of the pristine aggregative, paratactic, oral-style thinking perpetuated in Homer in favor of the keen analysis or dissection of the world and of thought itself made possible by the interiorization of the alphabet in the Greek psyche."
Walter J. Ong, Orality and Literacy: The Technologizing of the Word. New York, 1988, Reviewed by Art Bingham (Artikel zugänglich über http://www.niu.edu/index.shtml)
Zitat II zur Entwicklung von Oralität und Literalität, ein Beispiel aus der Kunst:
„Prosa bleibt von diesen Entwicklungen bis auf wenige Ausnahmen unberührt. Warum? Der gedruckte Text, die Erzählung, l’histoire – das ist nicht »nur« Kunst, das ist unsere Geschichte. Tatsächlich sind unsere heiligen Gebote nicht als Bilder verordnet worden, wurden unsere Verfassungen nicht gesungen und neuere Gesetzestexte nicht [....]“
„Alle kriegen eine Broschüre oder ein ausgelesenes Buch und werden ermuntert, es zu zerschnippeln oder zu zerreißen oder zu lochen. [...] Ihre Gesichter sagen: Darf ich das? Und das nicht wegen den Bücherverbrennungen.
Sie haben einfach mehr Ehrfurcht vor Druckwerk als vor allen Göttern und Autoritäten zusammen.“
Daniela Kulla, Keine Ehrfurcht vor der heiligen Schrift. In: Jungle World Nr. 37, 1. September 2004 (Ein Artikel über die Cut-Up Technik in der Literatur nach der Tradition des William S. Burroughs und Brion Gysin im Vergleich zur gängigen Neuaufbereitung und Neuanordnung von Werken in Bild und Musik.) Stichwort des Vortrages: Bücher sind heilig.
Die Sprache der Griechen kommt also zunächst aus ihren Mythen, emanzipiert sich jedoch bald und steht nicht nur inhaltlich sondern auch stilistisch teilweise sicherlich auch bewusst in einer Spannung zu diesen. Descartes Werk dürfte auch aufgrund der Weise in der es geschrieben wurde so bahnbrechend sein und wäre in dieser Form anders vielleicht gar nicht möglich gewesen. Kant ist schon zu Lebzeiten eine Herausforderung – dies gilt fairerweise aber natürlich auch für viele der Philosophen vor ihm – und ist sich dessen wohl bewusst. Wenn Lauxmann ihn dafür kritisiert so tritt hier insbesondere ein differenzierter Anspruch an die Philosophie zutage: Wissenschaft versus Nähe zum Subjekt. Dieses liegt Kant zwar auch am Herzen, allein am eigenen Zugang und dem Zugang des gemeinen Mannes zu ihm scheint es tatsächlich zu scheitern. Förderlich mag hier eine schonendere Heranführensweise an Kantisches Gedankengut sein, wie dies – so ich denn richtig informiert bin – unter anderem in Vorlesungen des Gerhard Gotz der Fall ist. Allerdings: Wenn Lauxmann behauptet Philosophie im alten Athen wäre allgemein leicht verständlich gewesen so scheint dies durch das weiter oben im Text angeführte Zitat zu Platons Schreibstil im Timaios widerlegt zu werden.
Wie förderlich für die Auseinandersetzung ist ein komplizierter Schreibstil tatsächlich bzw. wie wichtig ist ein guter Stil? Angeführt sei hier das Beispiel des Aristoteles. Von ihm sind (vermutlich) sehr viele anspruchslos formulierte Vorlesungsschriften erhalten die ihm später auch den Beinamen „Stotterer“ eingebracht haben dürften. Dennoch ist der bedeutende Einfluss des Aristoteles keinesfalls von der Hand zu weisen.
Dass die verbale Behandlung philosophischer Inhalte im Studium mitunter zu kurz kommt scheint leider evident. Für die Ring-Vorlesung gibt es zwar geleitete Diskussionsgruppe, viele weitere (zumindest annähernd) ebenso gut besuchten Vorlesungen bleiben jedoch „Ein Professor versus 150 Studenten Einbahn Vorträge“. Inwieweit dies durch Lektüre kompensiert werden kann ist fraglich da – wie Platon ebenfalls im Phaidros andeutet – eine geschriebene Rede (bzw. ein Buch) leider keine Fragen beantworten kann. Ironischerweise ist natürlich genau dies heute auch ein Punkt der den passiven Leser beim Studieren seiner Dialoge mitunter frustrieren kann.
Ein von Frau Waibel angesprochener Punkt ist das Erlernen von Altgriechisch, welches ich tatsächlich für sehr faszinierend halte (dies gilt natürlich auch für Latein, wobei hier eben kein neues Alphabet erlernt werden muss). Leider fehlt es mir derzeit an Ideen wie dieser Vorgang konkret systematisch zu reflektieren sein könnte.
Steinwendner Wolfgang
Prof. Waibel startet mit der einbegleitenden Aussage: „Philosophie ist eine Buchwissenschaft“ – auch wenn sie das umgehend relativiert auf „nicht nur aber auch“:
Lesen ist eine hochkomplexe Kulturtechnik, „Philosophie ist synchron geführtes Gespräch der Geister einer Zeit“.
Aus dem Niedergeschriebenen, aus dem Text eröffnen sich immer wieder neue Perspektiven und Fragen, deshalb ist (auch) die Beschäftigung mit der Geschichte der Philosophie sinnvoll und notwendig. Das auch dann, wenn beim Lesen immer ein Rest Subjektivität (Stellenwert der persönlichen Interpretation) bleibt. Die Ressourcen aus der Befassung mit Texten entstehen aus diachronischer (in der Achse der Zeit) oder synchroner (gleiche Zeit) Betrachtung. Es ist zwischen „historischer“ und „systematischer“ Herangehensweise zu unterscheiden.
Eine Geschichte der Philosophie im engsten Sinn gibt es nicht, weil jede Zeit ihre eigene Geschichte abhängig vom jeweiligen Zeitgeist erfindet (Siehe z. B. Kant, Hegel, Fichte - deutschen Idealismus).
Für das Verstehen und Interpretieren von Texten ist die philologische Vertrautheit mit den Eigenheiten von Text und Autor wichtig. Das gilt nicht nur für die Struktur von Texten sondern für die „Lautgestalt“. Entscheiden ist nicht der Buchstabe sondern der Geist, der hinter den Texten steht. Auch der Sprachrhythmus kann Auskunft über den kognitiven Gehalt geben. Jeder Text verlangt Lautgestalt und Öffentlichkeit- auch Kant sollte man laut lesen.
Prof. Waibel beschreibt fünf Phasen des Lesen - und Verstehen- Lernens von philosophischen Inhalten:
Das schulische „ABC- Urerlebnis“ wird noch einmal erlebt, wenn man z.B. altgriechisch, kyrillisch, die Notation von Musik… lernt. Sprache hat Flüchtigkeit in sich, die Wiederholbarkeit des geschriebenen Wortes, das Lesen, hat größeres Gewicht.
Sätze und Texte verstehen lernen ist das erste schulische Ziel, die Ansammlung von Wissen durch Lesen, das Inhalt erfassen will, ist für das vorwissenschaftliche Verständnis vonnöten. mit Zu beginn des Studiums ist das mit philologischem Anspruch lesen und verstehen lernen philosophischer Texte wesentlich. Ebenso die Unterscheidungsfähigkeit zwischen geschlossenen Abhandlungen, Nebenschriften, fingierten Texten, Fragmenten, Vorlesungsnachschriften etc.. Desgleichen Fähigkeit zum Umgang mit Intertextualität (synchron/ diachron), Referenz auf ande-re Autoren (implizit/ explizit), historische Aspekte (zeitgeschichtliche Bezüge, biograph. Einflüs-se). Berücksichtigen, dass jede Übersetzung immer auch Interpretation in sich birgt. Waibel empfiehlt, „sich zum Kennenlernen zunächst auf einen Autor einzulassen“
Für Philosophisches Lesen und Verstehen ist die Beachtung weiterer Ansprüche notwendig: - Was will ein Text? (Titel, Kapitelüberschriften) - „Komposition“ - Art der Argumente, Textstrategien
- Methodologie (Mathem. Methode, Dialektik, Transzendentalphilo. (Kant, Fichte…), Phä-nomenologie (Hegel, Husserl…) - … Leserintention und Autorenintention kann unterschiedlich sein. Auch im Verständnis von Begriffen gibt es in der Sprache der Philosophie große Unterschiede zur Alltagssprache. (z. B. Raum, Zeit, Freiheit…) „Die Sprache der Philosophie musste erst erfunden werden“. (Wesentlicher Beitrag: Christian Wolff).
Philosophische Schlüsselbegriffe werden von den meisten Autoren unterschiedlich gebraucht (Substanz, Sein, Realität…). Waibel: „Terminologie ist wie Vokabeln zu lernen, um dann in tieferes Verständnis eindringen zu können“.
Definition als allgemeinverbindlicher Begriffserklärung: funktioniert weder bei empirischen Begriffen (Gold..) noch bei apriorischen Begriffen (Substanz, Ursache, Recht…). Kant lehnt deshalb Definitionen in der Philo ab, er spricht von Worterläuterungen („empirische Begriffsbildung ist nie zu Ende, es kommt immer etwas Neues hinzu“). Anders Spinoza, bei ihm gibt es Definitionen- die in Wirklichkeit aber auch zumeist Worterläuterungen sind.
Zuletzt geht Prof. Waibel auf das Thema „Systematik“ – auch im Sinne systematischer Organisation des Studiums ein. Sie stellt dem als Gegenteil „Stückwerk, Fragment…“ gegenüber. Dazu verweist sie auf Kant, Kritik der reinen Vernunft, A 832/833: Kant nennt die Kunst der Systeme Architektonik, Erkenntnisse dürfen keine „Rhapsodie“, sie müssen ein System aumachen. Das Ganze müsse „gegliedert und nicht gehäuft“ sein, es könne innerlich aber nicht äußerlich wachsen, „wie in tierischer Körper, dessen Wachstum kein Glied hinzusetzt, sonern, ohne Veränderung der Proportion, ein jedes zu seinen Zwecken stärker und tüchtiger macht.“ Anmerkung: Kant hat mittels Kategorien systematisiert.
Abschließende Aussage von Prof. Waibel: So soll auch das Lehrgebäude aufgebaut sein, sonst zerfällt es in einen ungeordneten Haufen.
Die Ausführungen von Prof. Waibel waren für mich in sich schlüssig und ein persönlicher Gewinn- weil auch pragmatisch im Sinne von handwerklich hilfreich. Ich erkenne in den technishen und systembezogenen Hinweisen auch für mich einigen Nutzen.
stw
Bernhard Zarzer
Gleich zu Beginn des Vortrags wurde erklärt, dass man lesen öfter im Leben lernt. Die Vortragende verglich dies mit gehen lernen. (Zuerst kleine Schritte, dann laufen, tanzen usw.). Beim Lesen ist das ähnlich und wurde von ihr so unterteilt: das ABC 2. Schule, mit Hilfe des ABCs Texte lesen lernen 3. Studium: Philosophisches Lesen und Verstehen (historisch, synchron, diachron) 4. Philologisches Lesen (systematisch, synchron, diachron) 5. Ästhetisch emotionales Lesen (z.b. Kunstwerke) Zu Erstens: Wenn wir in de Schule das Lesen erlernen ist dies weit von einem philosophisch oder emotional verstehenden Lesen entfernt. Jedoch machen wir die Erfahrung die Zeichen zu verstehen und, dass diese besser im Gedächtnis bleiben als gesprochene Worte, die sich gleich verflüchtigen. Zu Zweitens: Bei diesem Abschnitt lernen wir schon Texte auf ihr Inhalte hin zu lesen. Dabei bekommen wir die Möglichkeit Wissen an zueignen und unseren Schreibstil zu formen. Zu Drittens: Dabei kommt man in ein Stadium des Lesens, bei dem man den Stil und die Intention des Autors genau in Betracht zieht. Dabei werden, speziell auch in der Philosophie, historische und biographische Fakten miteinbezogen oder andere Autoren, die diesen Text geprägt haben könnten usw. Wenn man auf die Philosophiegeschichte eingeht, sollte man beachten, dass diese subjektiv gestaltet ist. Jede Zeit macht ihre eigene und bildet andere Zusammenhänge. Zu Viertens: Hier wird nun noch genauer auf die Intention eingegangen, indem man die Struktur, Textstrategie, Komposition und die Art des Textes (ob Fragment, Haupt- oder Nebenwerk, Werk innerhalb einer Reihe) analysiert. Ebenso wichtig ist die Methodologie, die grob eingeteilt sich auf die mathematische Methode, Dialektik, Transzendentalphilosophie, Phänomenologie betrifft. Diese Methoden sind jedoch von Autor zu Autor verschieden angewandt und verstanden
Michael Brunner
Möglichkeiten der Philosophie in der Textrezeption und ihre Architektonik
Michael Brunner über die Ring-Vorlesung vom 26.11.2009, Violetta Waibel
Da nun im Rahmen der Übungen verdeutlicht wurde, dass die rein wiedergebende Verarbeitung der Ring-Vorlesung überwunden und durch Strukturierung und Problematisierung ergänzt werden sollte, ist dieses „Protokoll“ als essayistische, produktive Erörterung auf der Basis der Vorlesung zu verstehen. Dass die dargelegten Gedanken keineswegs auf philosophische Vollständigkeit und Haltbarkeit pochen, sondern als blauäugiger Versuch gelten dürfen, soll trotz bescheidener Selbsverständlichkeit dessen noch ausgesprochen werden.
A. Die Philosophie und der Text als ihr Medium. Der Text als Geschichte.
Sowie der Fechter dreimal das Gehen lerne, müsse der Philosoph , wenn ihn seine Dispositionen des Geistes, sowie seine Offenheit, sein Interesse, zu einem machen, fünfmal lernen zu lesen. Und das Lesen als Verstehen. Er muss also ein gewisses Herantreten an einen Text sich zu eigen machen, er muss ein Verhältnis prägen, in welches er zu seinen Inspirationsquellen treten möchte. In dieser Überlegung jedoch liegt bereits eine Vorerschließung impliziert, nämlich wie ist das schriftliche Zeugnis als Text in seiner Funktion zu verstehen, wie zu nutzen, wie seine Entwicklung und seine Möglichkeit zu bewerten. Wie ist mit seiner Historizität umzugehen, ist er wirklich eine Quelle der Inspiration, welche auf idealer fünfter Stufe „ästhetisch, emotional“ (Waibel) gelesen werde? Den Text also in seinem Dasein und unabhängig jeder argumentativen Bewertung als Leistung und Potenz des Denkens nehmen, ihn als Variante des Möglichen zu pragmatisieren, seinem Beispiel etwas abzugewinnen versuchen, ihn zu nutzen. Die Vorlesende Waibel nennt auch die Stufen drei und vier, welche die allgemein so gekannten Kulturtechnik Lesen wissenschaftlich ergänzten. Das philologische Lesen und das philosophische Lesen. In ihrem Verständnis dieser beiden Textvestehensformen, besonders aber aus besagter fünfter Stufe lässt sich eine Betrachtung der philosophischen Produktion ableiten, welche nun dargelegt werden soll.
I. Vernetzung der Zeugnisse, Philosophie als Gespräch
Philosophie sei ein synchron geführtes Gespräch zweier Geister einer Zeit. Innerhalb von „Ballungsräumen“ der Philosophie, welche Waibel als Antike und den deutschen Idealismus exemplarisch dargestellt sieht, kann mit Gedanken gespielt werden, können Argumente direkt ausgetauscht werden, kann Philosophie als argumentatives Balancieren des Abstrakten direkt, synchron nämlich ausgeübt werden. Nicht nur in den Dialogen Platons, der sophistischen Methode, dem Wirken des Sokrates selbst, hat Philosophie durch chronologische Aktualität der Diskussion geglänzt, tut es heute noch und jeher in Forschung und Lehre. Im Zuge einer medialen Revolution nun aber hat der Text etwas erlangt, was das Denken und die Zivilisation um Dimensionen wohl erhöht hat. Das Denken hat sich von der Zeit gelöst und sich in einen Raum seiner Möglichkeiten gestellt, worin nun die Varianten des Gedachten als Berichte ihrer Produzenten sich dem Gespräch bieten. Das Denken hat die Geschichte genutzt bevor man sie begreift, sie hat sich ein Feld geschaffen, dessen Grenzen und Funktionen unverstanden sind. Die Philosophie sei nun also ein diachron geführtes Gespräch aller Geister, die in diesen Raum drängen, und aller Möglichkeiten, die dem überzeitlichen Verstehen offen stehen. „Das Herantreten an Texte der Tradition eröffnet neue Perspektiven“, so Waibel, und dies gilt es im systematischen Erbarbeiten von Textgehalten zu nutzen. Dabei stehen uns die Türen möglicher Zugänge in Unzahlen offen. Das Verständnis, welches der Text selbst dabei vorgibt, gilt es also zu isolieren, dabei aber mit Respekt vor der Relativität des Isolierten dem Text selbst einen Wert zuzusprechen, der der reinen Informationsübergabe von einstmals Gedachtem erhaben ist, der sämtliche Zweifel am Gehalt übersteht, der die mögliche Unvereinbarkeit des Bezeugten mit der eigenen Gedankenwelt durch seine Überwertigkeit umgehen kann. „Der Rest von Subjektivität und Relativität“ der nach allen freilich unschätzbar notwendigen historischen, philologischen und philosophischen Erschliessungsprozessen übrig bleibe, ist zu beachten, kann aber in seiner erschütternden Wirksamkeit, denn so klein ist dieser Rest möglicherweise nicht, gedämpft werden, wenn nämlich ein Wert des Zeugnisses des Denkens existiert, der nicht das absolute Verstehen voraussetzt, der keine gefährliche Einordnung und Bewertung des im Text Gesehenen verlangt. Was also bleibt vom Text, wenn sein Gehalt nicht un-bedingt verstanden werden muss, wenn die Philosophie aber trotzdem nicht als bloßer „Vorrat von Meinungen“ sich unterschätzen soll? Waibel meint, der Text dürfe nicht auf seine Inhaltsvarianten reduziert werden, sondern auch die Textstruktur, die Begrifflichkeit, die Verbindungen, den Prozess gelte es zu beachten. Die Öffentlichkeit sei außerdem wonach der Text des Philosophen verlange, die Texterarbeitung im Gespräch, der dialogische Prozess, den das Wissen von ihm erlaubt. Waibel meint damit das Gemeinsamdenken von „objektivem Gehalt und Neu-Erschaffen“, das Vorgefundene neu zu erfinden. Den Text gilt es also aus seinem stagnierenden Dasein zu befreien. Durch Hernahme seiner Möglichkeiten und Varianten ist damit eine gemeinsame Basis des Denkens und der Diskussion geschaffen, die Tradition wird der verbindende Faktor. Dies könnte das Erhabene sein, dies könnte der Grund sein, weshalb der bloße Gedanke in zwar Wiederholbares, doch Stagnierendes und Unvollständiges herabgewürdigt wird, weshalb die Wissenschaft die Kommunikation historisch denkt, weshalb das Vertrauen darauf, dass die Möglichkeiten des Denkens mit der Zeit in ihrer Vollständigkeit fortschreiten, als Grundvertrauen bestehen darf. Wer einmal vorbildlich gedacht hat, vieles berücksichtigt hat, alles versucht hat, dient in diesem anderen Wert als Sockel des Neuanfangs, des Neuanfangs jedes Einzelnen, dies kann wohl der Einzelne erhoffen vom Verstehen fremdes Gedachten. Keineswegs erübrigt es sich aber das elementare Selbstverständnis des Textes und seines Autors, seine individuelle Leistung , seine Markierungen zu erkennen. Seine impliziten und expliziten intertextuellen Verweise, seine Nebenschwingungen zu berühren, die Herkunft und das Ziel der Gedanken nachzuvollziehen. Denn gerade die Vernetztheit und Verwiesenheit muss begriffen werden, die bedingungslose Abhängigkeit in der Artikulation und die bedingungslose Unabhängigkeit der Gedanken selbst, welche keinem Denker als „Eigentum“ zugesprochen werden dürfen, muss dem Text hinzugefügt werden, das ist die Leistung des lesenden Philosophen. Nicht zuletzt habe „jede Zeit ihre Geschichte der Philosophie.“ Eine historische Spannung, eine methodologische Verpflichtung, Textstrategien, Terminologie bleiben als eigentlich individuelle Leistung der Tradition übrig, wenn ich wage auf diesem Wege fortzuschreiten. Dies ist unter dem Begriff der Systematik noch zu betrachten.
II. Kants a priori und der Rest als Leistung der Philosophie
Die Vortragende bezeichnet die Begriffe, die Kant apriorisch nennen würde, als „typisch philosophisch“. Damit ist gemeint, das seien die Begrifflichkeiten und das Verständnis von ihnen, welche nicht näher durchdrungen werden könnten, um welche eigentlich das philosophieren sich drehe, wo die Empirie und die formale Logik nicht greifen, vor allem aber, deren Existenz als solche undurchschaubar ist. Diese seien von der Erfahrung unabhängig und würden diese erst ermöglichen. Muss sich also der Philosoph, der Wert darauf legt Wahrliches zu wissen, und das Wissen explizit diesem Einfluss kongruent zu vermitteln, das Feld mit der empirischen Wissenschaft teilen? Oder hat er die diskursive Wahrheit als höheren Wert einzuordnen, um sich nicht zu verfangen in der Widersprüchlichkeit, sondern durch diese zu hoffen auf den Höhepunkt des gleichzeitigen Wissens:
III. Philosophie und ihr historischer Bezug. Denken und Zeit.
Wenn es dem Denken also gelungen sei sich von der Zeit zu lösen, muss mit der Zeit die Geschichte gemeint sein. Und mit der Geschichte die Gleichzeitigkeit ihrer Diskurse. Wenn es also als Fortschritt begriffen werden kann(dies ist bei weitem nicht geklärt), dass der Diskurs, das wechselseitig gehaltene Wissen von Gedachtem also, über die Gleichzeitigkeit hinaussieht und sich durch Vermittlerformen über die ganze Geschichte erstreckt und abgesehen von unüberbrückbaren Barrieren der Geistesausformung, wie Jaspers beschrieb, einen Raum besetzt und unendliche Möglichkeiten zu Verfügung in Aussicht stellt, dann muss dieser Fortschritt doch ein Ideal besitzen oder ein Ziel(der Geschichte). Welches wäre es? Wer vermittelt es? Wenn so wie so die erkenntnistheoretische Möglichkeit vorausgesetzt werden muss, dass jeder Begriff einer immer weiteren Bestimmung fähig ist: Was fehlt scheint doch deutlich. Zum einen kann keiner wagen Vorgefundenes als absolut verstanden anzusehen, es scheint also schon der vermeintliche Fortschritt am Fallen zu sein, da man die Möglichkeiten nie in ihrer Eigentlichkeit wird nutzen können, sondern schlicht in möglichen Varianten des Verständnisses. Das heisst hier selbst tun sich die Möglichkeiten erneut auf, verzweigen sich und bilden erneut ein unüberblickbares Netz, das zu verfolgen irgendwann gänzlich absurd scheint. Wie ist dem beizukommen? Die Philosophie muss nicht glauben, eine Möglichkeit als die wahre isolieren zu können, da sie entdeckt, dass das Netz aller Möglichkeiten sowohl in ihrem historischen Kanon angedeutet aufscheint, als auch im Verständnis des noch so einzelnen „Einzelgedanken.“ Zum anderen und hier scheint das Ideal sich im Einwand doch schon aufzutun entsteht das Problem der Synchronität. Es ist unmöglich im Bewusstsein des Einzelnen, auf welches es nun dauernd ankommt, ein gleichzeitiges Bewusstsein alles Möglichen zu erzeugen. Und dies Unmögliche scheint das Ideal schon zu sein. Ein kollektives, denkendes Bewusstsein, die Wissenschaft, die Philosophie muss es also als ihr Ideal ansehen, Möglichkeiten des Gedachten in möglichst großer Vollständigkeit im Diskurs zu bewegen , in der Luft der gleichzeitigen Existenz zu halten, um damit dem Einzelnen das gleichzeitige Gewahrsein maximaler Variantenzahlen zu ermöglichen, sich in ihnen zu bewegen. Es ist nicht ernstlich zu erhoffen, dass jede hinzugefügte Variante, selbst in der absolutesten Gleichzeitigkeit ihrer Existenz, und wo , wenn nicht in der Gleichzeitigkeit überschneiden sich Existenzen, eine volles Sinnvolles ergäben. Es bleibt Genügsamkeit zu achten, nämlich in allen Varianten zu entdecken, dass sie solche nicht sind, dass es nicht auf ihr variiertes ankommt, sondern ihren Wert des schlichten Daseins und Gedachtseins, und ihrer völlig ruhigen Gleichheit in dieser Existenz. Die Phänomenologie hat einen solchen Wert vorgedacht, wollte aber immerhin noch die „Mannigfaltigkeit der Varianten“ in ihrer Deckung zu einer „Wesensschau“ führen. Die Frage nach der Vernetzung und Ordnung der Varianten des Gedachten, führt zu der Frage welche konkrete methodische Leistung der Philosoph erbringen muss. Die Frage des Systems.
B. System: Die Architektonik des Denkens
Die Forderung nach einem aus Prinzipien zusammenhängenden, begründenden wie begründeten Denken, solle „Spannungen und Reibungen stehen lassen, statt diese zu glätten.“ Beinahe im Sinne der romantischen Kunstkritik, auch mit Hegel und Adorno, weist Frau Waibel auf den Mangel, das Fehlen, als zum Ganzen des Denkens gehörig. Denn wer würde denn, wenn sich kein Mangel auftäte schon denken, sehnen und suchen? Ist der Bau des Systems in der Philosophie von vornherein also ein Scheinideal, eine bloße Möglichkeit der äusserlichen Begründung, muss das Verständnis des philosophischen Systems nicht eher sein Einzelnes wieder herauslösen, ist die Systematik das Künstliche am Denken? Immerhin repräsentiert ein System maximal die Prinzipien, die im intentional vorgegeben sind(vgl. Waibel), aber nie beweist eine schlüssige Systematik, eine bahnreiche Spirale, Vollständigkeit oder Stabilität seiner einzelnen Teile. In Rückgriff auf Kant bedient sich die Vortragende Waibel einer Bestimmung des methodischen Systems, welche in dessen Charakter viele Einsichten liefert. Nun deshalb soll diese Schrift im Gegensatz zum ausführlicher behandelten Begriffs der Systematizität Johann Heinrich Lamberts behandelt werden.
I. Die Architektonik der reinen Vernunft: Kritik der reinen Vernunft , der transzendentalen Methodenlehre drittes Hauptstück. Immanuel Kant
Der Begriff des Systems soll nun anhand überschriftlich erwähnter Schrift dargelegt werden. Die Architektonik sei hierbei „die Kunst der Systeme.“ Die Lehre also des Szientifischen in unserer Erkenntnis überhaupt. Sie sei der Methodenlehre zugehörig. Das System selbst sei „ die Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse unter eine Idee.“ Die Idee ist hierbei schon zu Beginn als dasjenige eingeführt, welches die „Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse“ ermöglicht. Die Idee scheint dabei als genau das möglicherweise (erkenntnistheoretisch) künstliche auf, welches das System in meinen Augen als eine künstliche methodische Auferlegung der allgegenwärtigen Mannigfaltigkeit erscheinen lässt. Die Idee kennzeichnet Kant als den „Umfang des Mannigfaltigen“ sowie der Ordnung des Vielen untereinander, welche durch den Vernunftbegriff a priori bestimmt sei. „ Daß ein jeder Teil bei der Kenntnis der übrigen vermißt werden kann“, sei die Kennzeichnung des Zwecks und der Form des Ganzen. Die Idee, welche die Einheit des Zwecks verantworte, sei also die Ursache für die Beziehung jener Teile unter einander, vermisst werden müssen bei der Kenntnis des Einen die Anderen also nach Kant nur dann, wenn sie sich von der Idee ergreifen lassen. Allein in dieser Beziehungen ließen sich nach Kant die wesentlichen Zwecke „unterstützen und befördern.“ Keineswegs gibt Kant die Stütze der Idee als Vernunftbegriff von der Form des Ganzen preis, erlaubt es also nicht zu sagen, das Produktive des Denkens sei die Anerkennung alles Mannigfaltigen als Möglichkeit, oder als Ideal der gleichzeitigen Gewahrnahme aller Varianten als Möglichkeit oder womöglich gar allein der Tatsache des Denkens überhaupt. Dass das System, die Idee, nicht äusserlich wachsen könne, nur in ihrer inneren Ausprägung, da sie sich a priori der Vernunft verdankt, verhindert einen jeglichen Vorstoß für ein un-bedingtes Verständnis von je Gedachtem. Das was Kant in der Folge als Schema bezeichnet, ist das, wonach sich im Grunde die Qualität des Philosophen, das Verständnis von ihm, seine Be-und Verwertbarkeit bemessen kann. Wenn ein solches Schema als Folge einer Idee und nicht einer empirischen Zufälligkeit entspringe, sei die Einheit eine architektonische, im anderen Falle eine technische. Der Denkende, insbesonders der wissenschaftliche, hat die Aufgabe die Idee im Schema aufscheinen zu lassen, er müsse sie sich dazu nun aber selbst erst als solche deutlich machen können. Den Begriff des Fortschritts fasst Kant als Schreiten auf jene „in uns versteckte Idee“ zu auf, indem zunächst Erkenntnisse wie „Bauzeug“ gesammelt würden, und in Folge derer technischer, d.h. zufällig empirischer, Zusammensetzung endlich „die Idee in hellerem Lichte“ erblickt werden könne, also „ein Ganzes nach den Zwecken der Vernunft architektonisch“ entworfen werden könne. Allein die menschliche Erkenntnis selbst sei ein System, und dessen Verhalten gemäß der Idee wird von Kant gedacht. „Die Vollendung des Geschäftes“ wäre „lediglich die Architektonik der reinen Vernunft zu entwerfen.“ Was Kant nicht deutlich beachtet ist: wann ist eine solche Vollendung zu schaffen? Ist es jetzt schon wie er sagt „nicht einmal sogar so schwer“ die Systeme, welche wiederum einem System gehorchten, aus „dem bloßen Zusammenfluss aufgesammelter Begriffe“ zu bilden? Es bleibt jedenfalls offen, inwiefern eine solche Architektonik praktisch zur jetzigen oder jeder anderen denkenden Zeit zu bauen sei. Denn die Zeit als Faktor, der bestimmt ob eine Erkenntnis jetzt vorhanden ist, ein Begriff jetzt gesammelt ist, bleibt ausgespart. In der Folge widmet sich Kant dem durch Elisabeth Nemeth vorgetragenen Problem der historischen und der Vernunfterkenntnis, dem des Schul-und Weltbegriffs der Philosophie.
II. Kommentar zu I.
Das System in philosophisch-wissenschaftlichem Sinn, welches als Würdigungsgrund von Leistunden des Denkens, als Rezeptionsschlüssel philosophischer Traditionen immer schon erblickt und angestrebt wird, ob es nun da sei oder nicht, ist nicht eindeutig zu identifizieren als äußerlich methodische Verpackung, auch nicht als Schema einer Idee. Das System jedenfalls schließt in seiner besten Ausführung(die schwer möglich scheint), das in ihm mannigfaltig Gedachte ab, und kann wahrlich nach Kant äußerlich nicht mehr wachsen. Wenn also im System jedes verwendbare Einzelne, als Variante eines zu denken Möglichen, sich gegenseitig balanciert, scheint dieses System tatsächlich das Mannigfaltige unter einer Idee vereint haben. Aber bestätigt das nicht möglicherweise gerade den Verdacht, dass alles zu denken Mögliche im Grunde keiner Idee bedarf, sondern die Tatsache des Gedachten und seiner Mannigfaltigkeit schon sich selbst genügt, wenn sich die Idee aus seinem Auftreten doch nicht ergibt?
vgl.: Karl Jaspers, "Vom Ursprung und Ziel der Geschichte"; Immanuel Kant, "Kritik der reinen Vernunft", "Kritik der Urteilskraft"; Hrsg. H. Vetter,WB der phänomenologischen Begriffe: "Eidos", "Reduktion";Regenbogen, Mayer, WB der phil. Begriffe: "a priori";
Alexander Hlavac
Ring-VO Violetta Waibel, 26.11.2009
Ist Philosophie, eine Buchwissenschaft?
Prof. Dr. Weibel beschrieb die Philosophie in erster Linie als Buchwissenschaft dar, die gelesen werden soll. Das geschriebene Wort erhält seinen besonderen Wert durch seine Wiederholbarkeit.
Jedoch erfordert das Verstehen eines Textes die Kenntnis des Zeitgeistes, der Geschichte, des Kontextes und das Aufbaus.
Schrift ist ein Code und lesen dementsprechend Decodifizieren, also ein Übersetzten. Jede Übersetzung erfordert Interpretation bei der Probleme bei Begriffen und Bedeutungen auftreten können.
Im Folgenden versuche ich die beherrschende Rolle des Lesens in der Philosophie abzuschwächen.
Wie bei Gotz bereits gehört muss laut Kant zwischen „Philosophie lernen“ und „Philosophieren lernen“ unterschieden werden. Wären das Lesen eher ersterem zugeordnet werden kann ist doch Philosophieren mehr die Tätigkeit und Fähigkeit des einzelnen ohne die jemals ein philosophischer Gedanke hätte aufgeschrieben werden können.
Eben diese Fähigkeit zu kultivieren gilt es und dafür sind Bücher gewiss nicht ausreichend sonst könnte ein Philosophiestudium getrost auf Hörsäle verzichten und in die Bibliothek verlegt werden. Das Gespräch, das Fagen stellen ist ein aktiver Prozzes, der viel schneller und gezielter zur Erweiterung von Wissen und Aneignung von Gedanken führt.
Wahrnehmung, logisches Denken, Erinnerung und Zeugnisse sind laut Martin Kusch unsere Wissensquelle, wobei Bücher zu den Zeugnissen gehören. Zeugnisse haben jedoch den Nachteil, dass wir nie sicher sein können, ob wir ihnen trauen können, es sei den wir Prüfen sie. Im Falle eines philosophischen Textes durch logisches Denken.
Und wieder ist die Fähigkeit des einzelnen gefragt.
Die Fähigkeit zu Philosophieren ist in jedem angelegt, doch Schritt für Schritt ausgebaut werden. Der Erwerb dieser Eigenschaft erfordert das Auseinandersetzten mit philosophischen Fragen, egal ob im Gespräch, beim Nachdenken, oder Lesen.
Das Denkvermögen und die Neugier sind es, die Philosophieren sowohl ermöglichen, als auch vorantreiben! Die ersten Philosophen gelten bis heute als die größten Denkern und das, ohne eine mit heute vergleichbaren Auswahl an Büchern zur Verfügung gehabt zu haben.
Sprache ist der Grundstein der Schrift, existiert und entwickelt sich unabhängig von ihr. Sprache erst lässt Schrift entstehen.
Text müssen Interpretiert werden, also wird der Code der Worte wieder in Sprache übersetzt. Sprache jedoch erlernen wir in erster Linie nicht durch Bücher sondern im Interagieren im sozialen Umfeld. Erst wer (eine) Sprache beherrscht ist in der Lage Bücher zum Ausbau derselben zu nutzen. Also nimmt Sprache eine Zentrale Rolle innerhalb der Philosophie ein, Text ist nur ein Medium neben dem (ebnso wiederholbaren) gesprochenen Wort.
Da in der Philosophie nach der Wahrheit, also allgemeingültigen Aussagen, gesucht wird, wäre es gerade für philosophische Texte doch wünschenswert zeitgeist- und kontextunabhängig zu sein. Eine Aussage die so unklar ist, dass man sich erst in den Autor hinein versetzen muss ist augenscheinlich so subjektiv, das ihr keine Allgemeingültigkeit zukommen kann, bzw. als in unzumutbarer Weise verfasst gelten muss.
Natürlich ist eine Berücksichtigung der Terminologie zuzugestehen, da der Autor die sprachliche Entwicklung nicht absehen kann (z.B. der Wandel des Seelenbegriffs), jedoch ist die von Sinnverlust oder Fehlinterpretation stets gegeben, ein Problem, das bei mündlich Weitergegebenem kaum auftritt, da Missverständnisse sofort behoben werden können.
Bedenklich jedoch, dass diese Textkritik als Text vorliegt...
Martin Krauk
Ring-Vorlesung vom 26.11.2009, Violetta Waibel
Frau Prof. Waibels erste Aussage ist die, dass die Philosophie - unter anderem - eine Buchwissenschaft ist. Sie schließt daran an, indem sie das Lesen selbst thematisiert und eine Struktur der Verschiedenen Arten des Lesens präsentiert. Sie bringt das Beispiel des Fechters, der viermal im Leben das Gehen lernt -> so wie der Fechter lernt der Philosoph fünfmal im Leben das Lesen.
Die Fünf Stufen des Lesens sind:
1) Das Erlernen der notwendigen Zeichen (Alphabet).
2) Verständnis für Sätze und Texte und Erkennen ihres informativen Gehaltes.
[Ich finde man hätte die ersten beiden Stufen auch zusammenfassen können, da das das Niveau ist, das man im Normalfall in der Schule erreicht.]
3) Philologisches Lesen und Verstehen (historisch, synchron und diachron): D.h. Verständnis des Textes auf Basis seiner (z.B. historischen) Herkunft vor allem in Form von Bewusstsein für grammatikalische und semantische Eigenheiten, die sich nicht direkt aus dem alltäglichen Sprachgebrauch des Lesers erschließen lassen.
4) Philosophisches Lesen und Verstehen (systematisch, synchron und diachron): D.h. Erkennen von Argumentationsstrukturen; richtiger Umgang von Begriffen im Hinblick auf Textherkunft und Autor; Kritik am Text durch logisches Hinterfragen; vielleicht auch: zielgerichtetes Lesen, also Herangehen an den Text in Bezug auf konkrete Fragen;
5) Ästhetisches Lesen im Sinn von emotionales Verständnis für Kunstwerke.
Mit Christian Wolff erklärt Frau Prof. Waibel, dass die philosophische Sprache erst erfunden werden musste. Das Bewusstsein für die Eigenart der Verwendung von Sprache in philosophischen Texten ist für mich ein sehr wichtiger Faktor und der erste Schritt zu Stufe 4 des Lesens. Weiter wurde besprochen, wie Begriffe in der Philosophie eingeführt und benutzt werden. So gibt es laut Kant keine "Definition" eines Begriffes, sondern nur eine Worterläuterung, da eine Definition für einen empirischen Begriff ihn abschließen würde, was nicht zulässig ist. Auch apriorische Begriffe können nicht endgültig definiert werden. Bei Spinzoza hingegen wird der Begriff "Definition" durchaus verwendet, was wiederum schön veranschaulicht, wie verschieden Begriffe von verschiedenen Philosophen benutzt werden.
Johannes Rubbert
Philosophie ist AUCH "Buchwissenschaft" geschriebenes ist nachhaltiger (????, nichtschriftkulturen sind oft stabieler)
was ist ein Buch
vs. usb-stick/notitzzettel vs. rede, märchen, überlieferung
bibliometrie
Hilfreich:
laut lesen historisches zuordnen strukturierung beaschten, erarbeiten bezüge zu anderen werken, philosophen termonologie (verschieden wortbedeutungen in verschiedenen werken) beachten
Scherhaufer, Stefan
Waibel im ästhetischen Prozeß lesen
Nach Univ.-Prof. Mag. Dr. habil. Violetta Waibels chronologischer Auflistung der Lese-entwicklung steht das „ästhetisch emotionale Lesen“ an letzter Stelle und übersteigt somit die philosophische Leseart, d.h: im Hinblick auf philosophische Kompetenz nicht unbedingt notwendig ist. Ihr voraus gehen:
1. das Erlernen des Alphabets und der Sammlung von Buchstaben zu einem Wort damit
2. Sätze verstanden und logische Wortfolgen kreiert werden können, wodurch das Fundament für
3. das philologische Lesen von u.a. literarischen Texten gebildet wird, was nun Anlass zum Lesen einer Metasprache des Texts gibt,
4. das Philosophisches Lesen, dasjenige, welches auf Herkunft, Struktur und folglich auf den Bedeutungshorizonts des Texts sensibilisiert wird.
5. Das ästhetisch emotionale Lesen gilt nach Prof. Waibel zum einen als Bedingung für ein Verständnis von Kunstwerken und zum anderen vermag es die Lautgestalt von Gesprochenen zu analysieren. Letztere Funktion des ästhetisch emotionalem Lesen sei intuitiv unterstellt, weil im Vortrag nicht näher darauf eingegangen wurde.(Trotzdem kommt der letzteren Funktion im Folgenden eine entscheidene Rolle zugute, da die Analyse von Lautgestalt im wiederholenden/immitierten Vollzug der Inhalt des Gesagten sich in differenzierter Weise erschließt als in jener des formalen philologischen Lesens.)
Prof. Waibel betont, dass diese letzte Stufe in der chronologischen Entwicklung der Lesekompetenz „erreicht werden kann“, dies aber nicht zwingend notwendig sein muß - wir versuchen nun die äshtetisch emotionale Leseart hinsichtlich ihrerer additiven und kontingenten Funktion in Angriff zu nehmen:
Im Folgenden wird versucht, einen Faden zwischen den Polen der 3. und 5. Stufe aufzuspannen, um von dort zur jener philosophischen Leseart zu gelangen, die es vermag, das Offene im Feld des Unsagbaren zu lesen.
Das klingt nach einer transzendentaler Verwobenheit - um diese zu entwirren, beziehe ich mich auf ein konkretes Themengebiet: das ästhetische Lesen in der „Lehre der Philosophie“ bzw. in der Ausbildung, Schule und Universität. Dabei rekurriere ich auf zwei Texte aus dem Sammelband „Ästhetik im Prozeß“ (Rupp, Gerhard (Hrsg.) (1998): Ästhetik im Prozeß. Opladen/Wiesbaden (Westdeutscher Verlag)), und zwar: „Gerhard Plumpe: Ästhetische Lesearten oder Die Überforderung der Literatur durch die Philosophie“ (S.27-53), sowie „Gerhard Rupp: Ästhetik als ‚schönes Denken‘ in Schule und Universität: Der Weg des szenischen Spiels.“ (S.103-143) In erstgenannter Abhandlung werden philologisches, philosophisches und ästhetische Lesearten ineinander verwoben, laut Waibels Aufzählung wäre eine philosophische Hermeneutik der Philologie möglich, weil die philosophische Leseart hierachisch über und chronologisch nach der philologischen steht. Dass eine solche metasprachliche Auslegung der Literatur von Philosophen lebhaft und vielfältigt praktiziert wurde und permanent wird, ist aus der philosophischen Leseart ersichtlich. (Willkürliche Beispiele: Heideggers Faible für Hölderlin und Hebel, letzteren affizierte ebenso Wittgenstein, Nietzsches oszillierende Identität zwischen Literat und Philosoph, vgl. Kierkegaard, Adornos Versuche über eigene Poetik usw, Deleuze‘ Begeisterung für Kafka, Beckett etc., Proust im Ganzen, und vor allem in der Postmoderne die Verschmelzung von Literat und Philosoph: Sartre, Blanchot, Bataille... etc.)
Wie aber steht es hinsichtlich dieser Verwobenheit mit der ästhetischen Leseart in der Philosophie bzw. von Seiten der Philosophie? Wir gehen von der 3. Stufe aus und sehen, daß wir sofort in die 5. springen um in diese 4. zu gelangen: „Die Literatur imponiert ihrer ästhetischen Beobachtung, weil sie „Wahrheiten“ zu verbergen scheint, deren Bergung der Philosophie behilflich ist, ihre „Wahrheit“ zu finden und zu illuminieren. Dem philosophischen Blick zeigt der literarische Texte daher Seiten, die niemand sonst hätte entdecken können und die der Dichtung erst ‚Tiefe‘ geben. Solche ‚Subtexte‘ sind solange stumm, bis die Philosophie sie zur Sprache bringt. Ganz in der Tradition dieser ästhetischen Hermeneutik glaubte noch Adorno, daß sich die ‚verschwiegene Antwort der Kunstwerke nur der Philosophie offenbare‘.“ (S.36) Die zu stellende Frage bezüglich der Aktualität ästhetischer Lesearten literarischer Texte in Hinblick auf philosophische Kompetenz lautet demnach: „Wie muß man lesen, um der schweigenden Tiefe der Literatur eine Stimme zu geben?“ (S.36)
Um inhaltich nicht zu weit von Prof. Waibels Vortrag abzuweichen, sei nun auf ein Zitat von Kant hingewiesen, indem er philosophische Kompetenz in die philologische Leseart hineinträgt. In der folgenden Erläuterung beantworten wir die eben gestellte Frage und kommen so zur Relevanz des ästhetischen Lesens der Dichtung in Hinblick auf die Philosophie:
„Der Dichter wagt es, Vernunftideen [...] (sic.) vermittelst einer Einbildungskraft [...] (sic.) in einer Vollständigkeit sinnlich zu machen, für die sich in der Natur kein Beispiel findet.“ „(V, 314) nach Kant Bd.5 der Akademieausgabe“ S.38
„Die entscheidene Pointe Kants liegt dabei darin, daß die poetische Imagination der ‚Idee‘ eine sinnliche Evidenz der Anschauung zu geben vermag, an der jede begriffsorientierte Rekonstruktion scheitern muß. Die bereits das ästhetische Urteil kennzeichnende Balance von Sinnen und Rationalität, Natur und Geist, wiederholt sich in dem (genialen) Vermögen des Dichters zu ‚ästhetischen Ideen‘, die kein Philosoph verlustfrei reformulieren könnte, weil sie - und nur sie - der ästhetischen Einstellung die Natur so darbieten, als sei sie vernunftkompatibel.“ Nun sind wir an einem Punkt gelangt, wo wir mithilfe ästhetischer Lesekompetenz Philologie soweit lesen lernen, dass diese das Unsagbare der Philosophie zu Verständlichem transzendiert.
Gleichermaßen haben wir nun den Begriff der Leseart gedehnt, indem wir dem bloßen Sammeln (legein) von Buchstaben eine hermeneutische Um-Zu-Struktur unterstellt haben, mithilfe derer wir vermögen, die Gesamtheit eines Texts zu „erschließen“, d.h. aus-zu-legen.
Die ästhetische Leseart ist für die Philosophie von äußerster Relevanz, weil sie philosophisch Unsagbares in dichterischer Sprache zu „ent-decken“ vermag.
Inwieweit die „äußerste Relevanz“ auf den gemeinen Begriff von Philosophie zutrifft, ist diskutierbar. Ebenso steht das angesprochene Argument als unhaltbar dem Inhalt des Vortrags gegenüber, weil der Grund für den angeführten Widerspruch rein formal angezeigt wurde und den Verlauf der Vorlesung nicht weiter beeinflußt hat.
Wir haben also die Relevanz der 5. hinsichtlich der 4. und 3. Stufe geprüft. Wie steht es um die 2. (gar 1. bezüglich der Lautgestalt von Sprache)? Diese Frage wird in Bezugnahme auf den zweiten ausgewählten Text nunmehr grob angedeutet: Rupp illustriert an Fallbeispielen aus dem schulischen Literaturunterricht die lebendige ästhetische „Leseart“ von Prosa, Lyrik und Drama und schließt damit die „emotionale Leseart“ mit ein. Die Aufbereitung eines Dramas lädt die Klasse ein zu einer aktiven Nachahmung, zu einem nach-vollziehenden Akt des „Texts“ (szenisches Spielen), wodurch sich der Inhalt in Selbst- und Mit-erfahrung erschließen läßt. Bei dieser aktiven intersubjektiven Leseart handelt es sich um einen komplexen Vorgang, den wir - um Verwirrungen zu vermeiden - schlicht unter „ästhetisch emotionalen Lesen“ fassen und nur knapp auf positive Folgen in dem ästhetisch didaktischen Diskurs eingehen.
In Rupps Text sagt ein Schüler: „Das Spielen ist für mich wie ein Tor- ein Tor zum Text und zu mir selbst.“ (S.106), aus diesem Zitat lassen sich zwei Definitionen ableiten bezüglich des ästhetisch und emotionalen Lesens ableiten: „1. Das (szenische) Spielen erschließt den literarischen Text (und zwar in allen Gattungen und allen Formen). Es faßt nicht nur den dramatischen Text als Partitur auf, der erst in der Rezeption ‚erklingt‘, sondern auch die Erzählung, die durch die Aufgabe der szenischen Umsetzung verstanden wird, und das Gedicht, das durch seine (szenische) Rezitation nachvollzogen wird. Durch die Aufgabenstellung des szenischen Spielens wird jeder literarische Text als Material aufgefaßt, das zu rekonstruieren ist. Damit entgeht der Literaturunterricht nachhaltig dem lehrerzentrierten freien Unterrichtsgespräch: Das Erspielen ist ein Weg, eine Form der inszenierenden Interpretation des Werks im Unterschied zur verbalen (direkten) Analyse und Interpretation. [... und zweitens] Das szenische Spielen erschließt den literatischen Text und das eigene Ich gleichermaßen einem wechselseitigen Prozeß. In Prozesse szenischen Spielens geht nicht nur die Textwahrnehmung in einem ganzheitlichen Sinn ein, die alle Kräfte des Verstehens und des Fühlens mit einschließt. [...] Im szenischen Spielen lernen Schüler etwas über sich und über den Text.“ (S.107)
Ähnlich wie beim platten Begriff vom philosophischen Lesen ist der Referent des Lesers kein Text sondern die Struktur eines Textes, analog verhält sich zu diesem scheinbar formlosen Lesen das ästhetisch emotionale Lesen, hier wird in der Lautgestalt von Wörtern gelesen (ästhetisch) und zwar aus der eigenen und fremden Person (emotional).
Die Kategorisierungen von „ästhetisch“ und „emotional“ treffen nicht nur auf diese beiden Faktoren zu, vollkommen außer Acht gelassen wurde zB das Lesen von Kunstwerken.
Mit den Beispielen des soll lediglich auf die maßgeblich bildende Komponente in der Lese-bildung hingewiesen werden.
Literaturquellen: RUPP, Gerhard (Hrsg.), (1998): Ästhetik im Prozeß. Opladen/Wiesbaden (Westdeutscher Verlag), v.a.: PLUMPE, Gerhard: Ästhetische Lesearten oder Die Überforderung der Literatur durch die Philosophie (S.27-53), RUPP, Gerhard: Ästhetik als ‚schönes Denken‘ in Schule und Universität: Der Weg des szenischen Spiels. (S.103-143)