Integration (JsB - Migration)

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Definition

Integration bezeichnet einen komplexen und vielschichtigen Begriff. Aus soziologischer Sicht bezeichnet man hier zum einen den Zusammenhalt eines gesellschaftlichen Systems und zum anderen die Einbindung und die Aufnahme von Migranten oder Minderheiten in die Gesellschaft.

Professor Dr. Friedrich Heckmann, tätig als Professor für Soziologie an der Universität Bamberg und Mitbegründer des EFMS (Europäisches Forum für Migrationsstudien), unterteilt den Begriff und das Wirkungsfeld der Integration in folgende vier Bereiche. Er unterscheidet zwischen einer strukturellen, kulturellen, sozialen und identifikativen Integration. Unter den Bereich der strukturellen Integration bezeichnet er den Zugang und den Erwerb von Rechten und in weiterer Folge eine Eingliederung in den Bereichen Arbeit , Bildung, Gesundheit, Politik und Wirtschaft. Hier geht es somit um den Abbau von Hindernissen auf politischer Ebene und um einen erleichterten Zugang zur Staatsbürgerschaft, wie auch um eine Angleichung an den Rechtsstatus. Als kulturelle Integration definiert er die Anpassung der Migranten an die jeweilige Kultur. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die Entfaltung des kulturellen Reichtums für alle Bürger in der Gesellschaft auf demokratischen Grundwerten basiert, womit eine klare Trennung von Integration und Assimilation gegeben werden soll. In der sozialen Integration spiegelt sich der Prozess sozialer Kontakte wieder. Darunter versteht man beispielsweise Mitgliedschaften in diversen Vereinen, Freundschaften im Arbeitsumfeld, in der Nachbarschaft oder auch bei Freizeitaktivitäten. Die identifikative Integration definiert Aspekte und Ebenen der neuen Akzeptanz, Zugehörigkeit und Identifikation mit dem neuen Lebensort als auch den Pflichten und Möglichkeiten an der Mitgestaltung auf allen Ebenen in der Gesellschaft. (vgl. http://www.braunschweig.de/gesellschaft_soziales/integration/was_ist_integration.html)

Integration von Migranten stellt sich somit als vielschichtiger Prozess in der Gesellschaft dar, welcher die Bemühungen sowohl von Migranten als auch die der Aufnahmegesellschaft mit einschließt, und von einer partizipatorischen Entwicklung und Bewegung von Migranten ausgeht, damit der Integrationsprozess erfolgreich verläuft.

"Integration umfasst einerseits die Möglichkeit zur Partizipation im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und zivilen Bereich der Aufnahmegesellschaft, andererseits aber auch die individuellen Bemühungen der Migranten." (Integrationspraktiken in Österreich, S.8)


Ausmaß von Integration

Die Integration von Migranten in eine Gesellschaft erfordert sowohl die Anstrengung als auch die Bereitschaft der Aufnahme- sowie der Einwandererbevölkerung. Damit ist zum einen die Bereitschaft zur Kommunikation miteinander als auch der Wille zur Veränderung und Entwicklung hin zu einer integrativen Gesellschaft notwendig.

"Man verbindet mit Integration oftmals den Begriff der Assimilation, da mit dem Assimilationsbegriff vor allem eine negative Bedeutung verknüpft wird, die impliziert, dass den Migranten etwas aufoktoryiert wird, ..." (Integrationspraktiken in Österreich S.18) Integration versteht sich nicht als Anpassung einer Minderheit an die Mehrheit. Ebenso wenig geht es um ein Aufdrängen von Werten und Vorstellungen einer dominianten Gesellschaft. Integration bezeichnet eine von beiden Seiten wirkende Form der Anpassung und Annäherung.

Für einen sogenannten „Multikulturalismus“ liegt es in der Entscheidung der Migranten, ihre Kultur und Sprache weiterzuleben und die Gesellschaft mit ihrem Potential zu bereichern, ebenso wie sie an der Vielfalt der Aufnahmebevölkerung Gewinn finden können.

Dieser Idee, dass Integration ein Prozess ist, der die Aufnahmegesellschaft ebenso involviert wie die Migranten selber, hat sich auch das Konzept der Interkulturellen Pädagogik verschrieben.

Indikatoren für Integration

Folgende Bereiche spiegeln sowohl die Möglichkeiten und Ebenen als auch Problempunkte einer erfolgreichen Integration wider. Sie zeigen verschiedene Faktoren an, die eine Eingliederung und Aufnahme in die neue Gesellschaft ermöglichen als auch erschweren können.

Bereich Familienstruktur, soziales und kulturelles Umfeld

Dieser wesentliche Teil gliedert sich in den Aufbau der Familiensituation. Man spricht hier von der Haushaltsgröße, der Anzahl der darin wohnenden Generationen und den damit einhergehenden Generationskonflikten. So besteht ein Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Generation. Denn die zweite Generation, oder auch jugendliche Migranten, kennen nicht wie ihre Eltern die sogenannte Heimat, wodurch sie den Begriff des Aufbruches aus dem Heimatland und den Gedanken an Rückkehr anders definieren. Ein weiterer Konfliktpunkt kann die fehlende gemeinsam gelebte Sprache mit den Eltern sein. Als Beispiel bezeichnen Jugendliche mit türkischen Wurzeln ihr gebrochenes Türkisch als „hybrid – Türkisch". (VGL. Nghi Ha S.58) In dem Zusammenhang gibt es wissenschaftliche Studien aus der Migrantenkinderforschung, die aus den Kulturkonflikten der Generationen die Schlussfolgerung ziehen, dass es zu Identitätsprozessproblemen kommen kann. Andererseits sind Gegner dieser Forschung, die in ihren Studien die Thematik aus einer anderen Perspektive betrachten und von einem dynamischen Kulturbegriff ausgehen, der Meinung, dass man Rassismus und auch Sexismus als eine gesellschaftliche Tatsache berücksichtigen muss. (Als eine Vertreterin ist hier Prof. Dr. Ursula Neumann zu nennen)

Bereich Sprache, (Aus-)Bildung, Arbeitsmarkt und Beschäftigung

Sprache nimmt eine Schlüsselposition ein, denn sie macht Integration möglich. Daher sind alle Formen der Sprachförderung, wie beispielsweise Frühförderungskurse aber auch Muttersprachenförderung ein wesentlicher Faktor für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund.
Das Erlernen der neuen Sprache macht Kontakte und den Zugang zur Umwelt erst barrierenfrei. Eine zentrale Voraussetzung sind abgestimmte Maßnahmen auf politischer Ebene und eine Synergie in den Bereichen der Migration, sowie Integration als auch Schule und Beschäftigungsmöglichkeiten am Arbeitsmarkt von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Daher nimmt die (Aus-) Bildung der Jugendlichen eine bedeutende Rolle für deren Zukunft ein. Diese Bildungsmöglichkeiten machen eine Integration in der Gesellschaft erst erreichbar und als Ergebnis ist eine Chancengleichheit gegeben.

Partizipation in Form von sozialen Kontakten und politischem Interesse

Soziale Kontakte wie Mitgliedschaften und Aktivitäten in Organisationen oder Vereinen nehmen einen wichtigen Stellenwert an der Beteiligung und Einbindung in der Gesellschaft ein. Diese Verbindungen führen zu Anschluss und Integration im System, ebenso wie ein Wahrnehmen der eigenen Möglichkeiten in der Gemeinschaft. Dadurch wachsen das Gemeinschaftsgefühl, das Interesse und das Verstehen der jeweils anderen Kultur. Zu diesen Kontakten zählt man unter anderem die Beteiligung an Elternverbänden, Bürgerversammlungen, die Teilnahme an Interessensvertretungen von Migranten und Mitgliedschaften in politischen Parteien.

Fazit: Chancengleichheit schaffen

Das Ziel der modernen Gesellschafts-, Integrations- und Migrationspolitik ist eine gleichgestellte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. So ist es als Aufgabe der Integrationspolitik zu sehen zu entscheiden, welche Potentiale und Ressourcen vorhanden und gefördert gehören, als auch die demografische Entwicklung zu beobachten und vor allem in sprachliche Entwicklung und Bildung, Arbeit und Ausbildung zu investieren. Dies bedeutet, die Zugänge zu Bildung, Arbeit und Ausbildung, Wohnen und sozialen Angeboten als auch zu politischen und kulturellen Angeboten chancengleich offen zustellen. Vordergründig ist dies die Aufgabe der Politik, doch das Gelingen geht Hand in Hand mit der Kooperation der Zivilgesellschaft, dem Engagement des Einzelnen und Migrantenorganisationen.


Integrationsangebot in Österreich

Folgende Darstellung soll einen Einblick in die Herangehensweise Österreichs zur Thematik der Integration von Migranten darstellen. Der eben genannte Bereich ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich weit fortgeschritten, da in Österreich keine zentrale politische Kompetenz dafür vorhanden ist. Dabei greifen die jeweiligen Bundesländer bei ihren integrativen Maßnahmen auf einen theoretischen Integrationspraktikenkatalog zurück.


Maßnahmen des Bundes

Das Bundesministerium für Inneres/Der Europäische Flüchtlingsfonds

Das Bundesministerium für Inneres übernimmt eine wesentliche Rolle in der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. Im Jahr 2004 wurde von den europäischen Gemeinschaften der Europäische Flüchtlingsfonds vorläufig für den Zeitraum von 2005 bis 2010 errichtet. Gemeinsame Ziele des Fonds sind in erster Linie Solidarität und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Asylbewerbern, Flüchtlingen und Vertriebenen. Der Europäische Flüchtlingsfonds sieht seine Aufgabenbereiche und Förderungsdimensionen in den Möglichkeiten der Maßnahmen von Aufnahmebedingungen und Asylverfahren als auch in der Integration und in gegebenen Fällen der Rückführung von Fremden.

In weiterer Verantwortung trägt das Bundesministerium für Inneres die generelle Zuständigkeit im Bereich Migration. Dies gliedert sich in die Durchführung von gesetzlichen Grundlagen, Rechtsmittelverfahren, Fachaufsicht über tätige Behörden wie Konsulate und Botschaften, das Erstellen von Erlässen, Auskunftserteilung und Beratung wie auch statistische Erhebungen. Das Bundesministerium für Inneres wirkt auf nationaler und im Rahmen der EU Ebene an der Gesetzgebung von Migrationsangelegenheiten mit und es ist befähigt in diesem Rahmen Gutachten zu erstellen.

(vgl. http://www.bmi.gv.at)

Weitere Zuständigkeit des Bundesministeriums für Inneres:
http://www.menschenrechtsbeirat.at/cms/
http://www.ubas.gv.at (Unabhängiger Bundesasylsenat)

Der Österreichische Integrationsfonds

Der Österreichische Integrationsfonds wurde 1960 gegründet. Durch sein besonderes Bemühen um die Integration von Migranten erhielt der Fonds am 1. Oktober 2003 seinen aktuellen Namen „Österreichischer Integrationsfonds – Fonds zur Integration von Flüchtlingen und Migranten“.
Die Finanzierung des Fonds wird durch das Bundesministerium für Inneres und das UNHCR, The UN Refugee Agency, gesichert. Das Angebot des Fonds ist bemüht, Themen und Bereiche wie Wohnen und Finanzielles abzudecken. Dies findet unter anderem in Form von Angeboten wie Integrationswohnhäusern, Wohnraumbeschaffung, Mietzinszahlungen auf Zeit, Stipendien, Beihilfen und auch zinslosen Krediten statt.
Seit 2002 ist der Österreichische Integrationsfonds an der Umsetzung der Integrationsvereinbarung mittätig. Seine Aufgaben liegen hier in den Bereichen der Informationsweitergabe, Prüfung und Evaluierung von Sprachinstituten. Das Ziel dieser Vereinbarung ist das Ermöglichen des Erwerbs der deutschen Sprache, um sich gesellschaftlich, kulturell wie auch wirtschaftlich in das Leben einzubinden. Der Spracherwerb wird als wichtiges Handwerk gesehen, wodurch man ein spezielles Angebot für Mütter mit Babys umgesetzt hat. Für die Dauer des Kurses werden fachkräftige Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder geboten.

(http://www.integrationsfonds.at)

Das Bundesministerium für Soziales, Generationen und Konsumentenschutz

Das Bundesministerium für Soziales, Generationen und Konsumentenschutz übernimmt keinen definitiven Part zur Thematik der Integration von Migranten ein.
Jedoch fließen in bestimmten Tätigkeitsbereichen des Bundesministerium wie unter anderem „Menschenrechte“, „Gender Mainstreaming“ und „allgemeine soziale Angelegenheiten“ Aspekte und Einblicke über die soziale Lage von Minderheiten wie Migranten und Präventionsmöglichkeiten mit ein.

(vgl. http://www.bmsg.gv.at)

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

Entscheidend für eine erfolgreiche Integration ist die Arbeitssituation. In diesem Zuge wurde 1998 eine spezielle Integrationsmaßnahme mit dem Grundsatz „Integration vor Neuzuzug“ geschaffen. Ziel ist es, langjährig in Österreich wohnenden Ausländern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. So wird das Integrationsverständnis des AMS, Arbeitsmarktservice, als gleichgestellte Arbeitsvermittlung erklärt und unterstützt durch spezielle Instrumente wie Sprachkurse und Beratungsstellen zur Verbesserung der Arbeitschancen von Migranten in Österreich. Ein Beispiel dafür war der Schwerpunkt im Jahr 2004: die Umsetzung von Integrationskursen für Arbeitslose mit nichtdeutscher Muttersprache.

(vgl. http://www.bmwa.gv.at)

Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur nimmt seit 1. März 2007 Teilbereiche des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur wahr. Dazu zählt die Förderung von sprachlicher und kultureller Vielfalt an österreichischen Schulen. Das Ministerium unterteilt hier im Wesentlichen die Bereiche Deutsch als Zweitsprache, Förderung der Erstsprache und interkulturelles Lernen.
"Kinder mit anderer Erstsprache als Deutsch sind unabhängig von Staatsbürgerschaft, Aufenthaltsdauer und Aufenthaltsstatus grundsätzlich in den Klassenverband integriert." (Integrationspraktiken in Österreich, S.70)
Dies fördert sowohl die soziale Kompetenz als auch den Spracherwerb der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Dadurch werden der schulische Erfolg, das Zusammenleben mit den Schülern und auch das Selbstbewusstsein gestärkt.
Das Konzept des interkulturellen Lernens soll Toleranz, gegenseitiges Verständnis und den Abbau von Vorurteilen fördern. Weitere Informationen zu dieser Thematik unterstützt das Referat für interkulturelles Lernen.

(vgl. http://www.bmukk.gv.at)

Bibliographie

  • Amesberger, Anton (2000):
http://www.ikf.ac/pdf/Integrationsindikatoren_Kurzfassung.pdf, Zugriff am 1.6.2007
  • Bendel, Petra (2005): Migration, wann war das.
http://www.bpb.de/themen/OQUHFC,0,0,Wann_war_das.html, Zugriff am 6.5.2007
  • Institut für Kulturpolitik (Hg.) (2004): Globalisierung, Migration und Identität.
http://www.kupoge.de/kulturorte/global.pdf, Zugriff am 1.6.2007
  • IOM (Hg.) (2005): BM.I Integrationspraktiken in Österreich. Wien
  • Oberlechner, Manfred (Hg.) (2006): Die missglückte Integration? Wege und Irrwege in Europa. Wien, Braumüller
  • Papalekas, Johannes (Hg.) (1995): Nationale Identität im kulturellen Spannungsfeld. Nation - Konstitution - Migration. Köln, Universitätsseminar Wien '95, Institut für Wirtschaft und Politik
  • Postel, Verena (2004): Die Ursprünge Europas. Migration und Integration im frühen Mittelalter. Stuttgart, Kohlhammer
  • Weiss, Karin u.a. (2001): Junge Flüchtlinge in multikultureller Gesellschaft. Opladen, Leske und Budrich.
  • WVB, Kein Nghi Ha (2004): Ethnizität und Migration Reloaded.

Weiterführende Links

Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände http://www.bagiv.de
Bundeszentrale für politische Bildung http://www.bpb.de
Netzwerks Migration in Europa http://www.network-migration.org
Focus Migration http://www.focus-migration.de
Migration und Bevölkerung http://www.migration-info.de
Nationaler Kontaktpunkt Österreich im Europäischen Migrationsnetzwerk http://www.emn.at
Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Migrationspolitik http://migration.verdi.de
Migration online http://pro-qua.de.migration-online.de
Asylkoordination Österreich http://www.asyl.at
Österreichisches Forum für Migrationsstudien http://oefm.org
Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien http://www.imis.uni-osnabrueck.de
Institut für Europäische Integrations Forschung http://www.eif.oeaw.ac.at
Ausländer.at - Jeder kann mitmachen http://www.auslaender.at
Migration online austria / Verein Multikulturell http://www.migration.cc
Migrare - Zentrum für MigrantInnen OÖ http://www.migrare.at/cms
Migrationsrecht Net http://www.migrationsrecht.net
Projekt Connecting People http://www.asyl.at/connectingpeople
Soho in Ottakring - Projekt: "Living Books" http://www.sohoinottakring.at


                                                                 Autorin: Manuela Scheffel (2007)

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