Interpretieren oder Verändern? (Vorlesung, Füllsack, 2006/07): Unterschied zwischen den Versionen

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nimmt seit dem 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle ein. Sowohl das Interpretieren als auch das darauf basierende Verändern bauen auf individueller Perspektive auf. Das Individuum ("unteilbar") deutet, zweifelt, interpretiert, ist Subjekt und Identität. Ihm gegenüber steht das Objekt Gesellschaft, das zentrale Objekt gerade der Sozialphilosophie.
 
nimmt seit dem 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle ein. Sowohl das Interpretieren als auch das darauf basierende Verändern bauen auf individueller Perspektive auf. Das Individuum ("unteilbar") deutet, zweifelt, interpretiert, ist Subjekt und Identität. Ihm gegenüber steht das Objekt Gesellschaft, das zentrale Objekt gerade der Sozialphilosophie.
Das Individuum ist mehr als die Summe seiner Teile. Nach Descartes ("cogito ergo sum.")ist das Individuum/Subjekt das einzige über alle Zweifel Erhabene.
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Das Individuum ist mehr als die Summe seiner Teile. Nach Descartes ("cogito ergo sum.") ist das Individuum/Subjekt die einzige über alle Zweifel erhabene Erfahrungstatsache.
Freilich, die Sprache und somit alle Begrifflichkeiten sind sozial bedingt, das Denken aber ist immer individuell.
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:Einwände zu Descartes:
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:- Das Zweifeln Descartes' ist nicht konsequent genug. Die faktische Existenz eines wahrnehmenden und denkenden Individuums ist damit noch lange nicht bewiesen, bloß das sein von irgendetwas. Wer sagt, dass das, das denkt, tatsächlich ich bin. Besser wäre: "Cogito ergo est."
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:- Um zweifeln zu können sind bereits Sprachsysteme und Begrifflichkeiten notwendig.
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Freilich, die Sprache und somit alle Begrifflichkeiten sind sozial bedingt, das Denken ist aber immer individuell.

Version vom 24. Oktober 2006, 15:17 Uhr

Organisatorisches zur Vorlesung

Grundlagen

Die Vorlesung geht vom 11. Feuerbach-Axiom von Karl Marx aus (MEW Bd.3):

"Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert. Es kömmt drauf an, sie zu verändern."


Philosophen haben ein menschliches Anliegen, die Welt zu verändern, sowie eine Vorstellung, wie diese aussehen sollte. Verbessern heißt dabei, ihren Ist-Zustand zu verändern und setzt voraus, dass es einen Unterschied zwischen dem Sein der Welt und dem Sollen gibt. Ein Problem ist aber, dass jemand der den ist-Zustand feststellt, diesen bereits durch seine Anwesenheit verändern kann. Bei einer beobachteten Menschengruppe, die man verändern will, kann man nicht wissen, inwiefern sie sich anders verhält als sonst, nur da man als Beobachtender oder Beobachtende anwesend ist. Dadurch kann man keine völlige Sicherheit über den ist-Zustand haben, in diesem Falle. Man bezeichnet das in der Ethnologie als den Einfluss der Ethnologie auf ihr Feld. Sozialphilosophie im Unterschied zur Klassischen Philosophie behandelt diese Spannung zwischen Sein und Sollen. Die Bearbeitung dieser Spannung, der Versuch der Veränderung des Ist-Zustandes, unterliegt immer Dynamiken und Pfadvorgaben. Als Beispiel dafür wurde in der Vorlesung das QWERTY-Phänomen genannt.


Sozialphilosophie
knüpft an die Ideen der Klassischen Philosophie an, fügt aber eine weitere Dimension hinzu, die soziale Dimension.
Die Vorstellung einer besseren Welt wird so eine sozial bedingte Vorstellung, da sie immer von allen bisherigen Ideen und Veränderungen ausgeht.
Die Vorstellung der besseren Welt entsteht dabei nicht individuell in Abschottung, sondern ist das Ergebnis eines Prägungsprozesses, verschiedene Werte sind von frühester Kindheit an sozial vermittelt, durch Sozialisation, Kulturation etc. seitens der Familie, den Freunden, den Mitschülern, Mitstudenten etc.
So sind denn auch die Individuen nicht völlig individuell vorstellbar.

All diese Merkmale prägen das Bild des Individuums in der Sozialphilosophie.


Polykontexturalität
meint die in neuerer Zeit durch die Vielfalt der Wissensstände und allgemeine Dynamisierung des Wissenschaftsprozesses entstehende Pluralität von Kontexten. Waren etwa noch im Europäischen Mittelalter Wissen und Wissenschaft statische Begriffe, die in ihrer Relevanz von der Institution Kirche definiert wurden, so werden die Grenzen, die Wissen immer zieht, indem es auch das Nichtwissen definiert ("Omnis determinatio est negatio" Spinoza), heute permanent verschoben. Unter anderem verschiedene Auffassungen und Herangehensweisen (gerade in der Philosophie) schaffen jene Wissensvielfalt, die für den Begriff Polykontextualität wesentlich ist und natürlich auch dem Vorhaben der Veränderung Schwierigkeiten bereitet.
Sowohl der content als auch der context befinden sich in steter Veränderung. Im Laufe eines Versuchs können sich die Bedingungen desselben ändern (etwa das Ich, die individuelle Wahrnehmung oder auch wissenschaftliche Erkenntnisse...) und es findet damit eine Rekonfiguration des content und des context statt . Dies muss für das Vorhaben der Veränderung beachtet werden.
Die Polykontexturalität birgt vor allem eine epistemologische (erkenntnistheoretische) Problematik. In einer sich immer mehr spezialisierenden (Wissenschafts-)Welt basieren Fragestellungen in einem wachsenden Ausmaß auf einem hoch differenzierten Problembewusstsein, welches nur von Spezialisten in dem jeweiligen Gebiet entwickelt werden kann. Alle anderen haben nicht mehr die Voraussetzungen, die jeweiligen Problemlagen zu verstehen oder zu erkennen, was im weitern zu einem Unverständnis bzw. fehlender Akzeptanz mit der Beschäftigung dieser Probleme führt.
Ein simples Beispiel hierfür ist die Müllproblematik. Wenn jemanden nicht klar ist, dass das Hinauswerfen von Platikflaschen aus dem Zugfenster negative Folgen für die Umwelt haben wird, weil in der Gesellschaft noch kein Umweltschutzbewußtsein besteht, so wird er den Hinweis, dass dies nicht die beste Idee war, nicht verstehen.

Das

Individuum

nimmt seit dem 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle ein. Sowohl das Interpretieren als auch das darauf basierende Verändern bauen auf individueller Perspektive auf. Das Individuum ("unteilbar") deutet, zweifelt, interpretiert, ist Subjekt und Identität. Ihm gegenüber steht das Objekt Gesellschaft, das zentrale Objekt gerade der Sozialphilosophie. Das Individuum ist mehr als die Summe seiner Teile. Nach Descartes ("cogito ergo sum.") ist das Individuum/Subjekt die einzige über alle Zweifel erhabene Erfahrungstatsache.

Einwände zu Descartes:
- Das Zweifeln Descartes' ist nicht konsequent genug. Die faktische Existenz eines wahrnehmenden und denkenden Individuums ist damit noch lange nicht bewiesen, bloß das sein von irgendetwas. Wer sagt, dass das, das denkt, tatsächlich ich bin. Besser wäre: "Cogito ergo est."
- Um zweifeln zu können sind bereits Sprachsysteme und Begrifflichkeiten notwendig.

Freilich, die Sprache und somit alle Begrifflichkeiten sind sozial bedingt, das Denken ist aber immer individuell.