Zusammenfassung und Diskussion der Bücher II bis IV

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Anm: In den eckigen Klammern sind die Seitenzahlen ausgewiesen. Die erste Zitation ist die platonische. Nach dem Strichpunkt folgt die Seitenangabe der Reclamausgabe zitiert nach: "Platon: Der Staat (Politeia.) Stuttgart: Reclam. 2000"


Buch II

Sokrates Auftreten im II Buch unterscheidet sich wesentlich von der Rolle, die er im I Buch einnimmt. Er ist nun kein Nicht-wissender mehr, der versucht die Positionen seiner Dialogpartner durch Fragen zu destruieren. Vielmehr nimmt er eine Meisterposition ein und unterrichtet seine Dialogpartner darin, was Gerechtigkeit ist.

Gesprächspartner: Glaukon

Seine Meinung über die Gerechtigkeit ähnelt jener des Trasymachos. So geht auch Glaukon davon aus, dass der Ungerechte gelobt und der Gerechte geächtet wird.

3 Kategorien von Gütern

Zuallererst teilt Glaukon drei Kategorien von Gütern ein:

1. Güter, die wir wegen ihres Seins begehren. Diese Güter sind für den Menschen kein Mittel zur Erfüllung eines Zweckes, sondern sind ein Zweck an sich. Ein Beispiel ist die Freude daüber ein Gut zu besitzen.

2. Güter, die wir einerseits seiner selbst willen und andererseits wegen den Zwecken, die sie für uns erfüllen, lieben, wie unsere Sinnesorgane.

3. Güter, die uns Mühe bereiten und deren Zwecke wir begehren, wie die Anstrengungen die wir auf uns nehmen, um von einer Krankheit zu genesen.

Sokrates ordnet die Gerechtigkeit der zweiten Art der Güter zu. Glaukon dagegen der dritten Form. [357a-c;124]

Das Wesen der Gerechtigkeit bei Glaukon

Das Wesen der Gerechtigkeit bestimmt Glaukon folgendermaßen: Das eine Extrem ist es Ungerechtigkeit zu erleiden, dies sieht er als das größte Übel an. Das andere Extrem ist es ungerecht zu handeln ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dies sieht Glaukon als das größte Glück an. In der Mitte zwischen diesen beiden Polen liegt die Gerechtigkeit. Sie wird durch die Inhalte der Gesetze und Verträge repräsentiert. Aus dieser Festellung leitet Glaukon eine Definition der Gerechtigkeit ab, die antiplatonisch ist, und dem Standpunkt des Trasymachos verwandt ist, da Gerechtigkeit in ihrem Sinne nur dem Schutz der Schwächeren dient und die Stärkeren daran hindert ihre eigenen Interessen durchzusetzen. [358e-359b;126]

Die Gygeserzählung

Gyges war Hirte im Dienste von Kroisos, dem Herrn von Lydien. Eines Tages, während er sich auf seinem Weideplatz aufhielt, öffnete sich vor ihm die Erde. Er stieg in den Spalt hinab und traf auf ein hohles Roß aus Erz mit kleinen Türen. Im Hohlraum des Pferdes befand sich ein überlebensgroßer, toter Mann. An seinem Finger trug der Unbekannte einen goldenen Ring. Gyges nahm den Ring an sich und kletterte wieder hinauf. Als die Hirten zum Zwecke der monatlichen Berichterstattung an den Herrscher zusammenkamen befand sich auch Gyges unter ihnen. Im Verlauf des Treffens drehte er zufällig am Ring, den er seitdem er ihn entdeckt hatte stehts an seinem Finger trug, sodass der Stein des Ringes ins Handinnere zeigte. Daraufhin wurde er unsichtbar. Die anderen Hirten sprachen nun über ihn als wäre er nicht anwesend, was Gyges verwunderte, und so drehte er den Ring erneut, wodurch er wieder sichtbar wurde. Langsam wurde Gyges die Kraft des Ringes bewusst. Daraufhin fasste er den Beschluss die Fähigkeiten des Ringes nicht ungenutzt zu lassen und begab sich zum Königspalast. Dort angekommen verführte er die Königin, verschwor sich mit ihr gegen den König, tötete ihn und ergriff die Macht. Nach Glaukons Auffassung vom Wesen der Gerechtigkeit würden der Gerechte, wie auch der Ungerechte, wenn sie einen solchen Ring hätten, der ihnen Straffreiheit garantieren würde, ihn für die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen gebrauchen. Folgerichtig ist Gerechtigkeit also kein Gut, sondern ein Zwang. [360c;128]

Gegenüberstellung eines ungerechten und eines gerechten Menschen

Um zu einer genauen Bestimmung der Gerechtigkeit zu gelangen stellt Glaukon einen vollkommen ungerechten und einen vollkommen gerechten Menschen gegebüber. Der Ungerechte ist dadurch definiert, dass seine ungerechten Taten niemand aufdeckt und, dass er innerhalb der athenischen Gesellschaft hoch angesehen ist, da „[es] der Gipfel der Ungerechtigkeit ist, gerecht zu scheinen, ohne es zu sein.“ [361a;128] Der vollkommen Gerechte dagegen ist ein edler Mensch, der von seiner Umgebung als absolut ungerecht angesehen wird. Diese Bürde soll seine Gerechtigkeit prüfen.

Das Resultat der Gegenüberstellung ist, dass der Gerechte geächtet wird und, dass ihm Leid zugefügt wird. Der Ungerechte dagegen wird von seinen Mitbürgern als edler, tugendhafter Mensch angesehen. Aus seinem gesellschaftlichen Stand zieht er seinen persönlichen Nutzen, ohne dabei ertappt zu werden. Neben den Menschen sind ihm auch die Götter gewogen, weil er ihnen aufgrund seines Ansehens und seines Reichtums Opfer bringen kann. Die Darstellung Glaukons beruht auf dem Gegensatz vom Schein der Gerechtigkeit und dem Sein des Ungerechten, der auf Aischylos zurückgeht.

Gesprächspartner Adeimantos

Er kommt Glaukon zur Hilfe und versucht dessen Position zu verteidigen.

Thema: Poesie

Sein Bezugspunkt ist die Poesie. Die Dichter, die er namentlich nennt sind Hesiod, Homer und Musaios. Dabei hält Adeimantos folgende Charakteristika der Dichtkunst fest:

1. Dichter preisen die Tugend der Gerechtigkeit, aber betonen dabei, dass sie mühevollen Einsatz erfordert.

2. Die Ungerechtigkeit dagegen ist den Gesetzen zufolge schändlich, aber leichtetr zu erwerben und gewinnbringender für den Einzelnen.

3. Die Ungerechten genießen aufgrund ihres Reichtums ein höheres gesellschaftliches Ansehen als die Gerechten.

4. Die Ungerechten reinigen sich von ihren Untaten durch Opferbringungen für die Götter. Zusammenfassend will Adeimantos damit ausdrücken, dass es den Dichtern an Sittlichkeit fehlt. [364a-365a;132f]

Gegenüberstellung von Sein und Schein

Ein Text von Pindar fasst die Gegenüberstellung von Sein und Schein sehr gut zusammen. Zentrale Punkte sind:

  • Der Schein der Gerechtigkeit bring mehr Vorteile als gerecht zu sein.
  • Die Ungerechten bedienen sich ihrer Rehtorik und der Gewalt, um sich den Gesetzen zu entziehen.
  • Der Zorn der Götter kann durch Opfer besänftigt werden.
  • Auch der Bestrafung im Jenseits kann man durch Opfer entgehen. [365b-366a;133ff]

Zusammenfassung der Reden von Glaukon und Adeimantos

Die Frage, die Adeimantos und Glaukon in den Raum stellen, ist, weshalb man sich um Gerechtigkeit bemühen sollte, „wenn man hochbegabt an Leib und Seele, reich und edler Herkunft ist?“ [366c;135] Die Menschen sind nicht aus freien Grunde gerecht, sondern sie handeln gesetzeskonform, weil sie aus Motiven, wie Angst, Schwäche oder Alter, nicht ungerecht handeln können. Sobald ein Mensch, wie Gyges, die Möglichkeit hat ungerecht zu handeln ohne Konsequenzen befürchten zu müssen macht er es auch.

Das Problem, dem wir uns gegenübersehen ist, dass die bisherigen Ausführungen über die Gerechtigkeit sich nicht mit dem Wesen der Gerechtigkeit, sondern nur mit ihren Handlungskonsequenzen befasst haben. Denn die Gerechtigkeit ist das höchste Gut der Seele, während die Ungerechtigkeit ihr größtes Übel ist.

Der Fehler liegt in der Erziehung, die dies den Kindern nicht vermittelt, da sonst jeder selbst sein bester Wächter wäre und es keine Ungerechtigkeit auf der Welt gäbe.

An dieser Stelle übernimmt Sokrates das Gespräch.

Der ideale Staat nach Sokrates

Sokrates schlägt vor, um bei der Suche nach der Gerechtigkeit weitere Fortschritte zu erzielen, dass die Untersuchung von der Mikroebene des einzelnen Menschen auf die Markoebene eines gesamten Staates gehoben wird. Grundlage dieses Vorschlags ist, dass es eine Analogie zwischen der Gerechtigkeit des Einzelnen und jener der Allgemeinheit gibt. [369a;138]

Leiprinzip des sokratischen Staatsideals

Der Ursprung des Staates ist, dass der Einzelne zum (Über)leben die Gemeinschaft benötigt. Der Leitgedanke, der uns auch im weiteren Verlauf der Politeia immer wieder begegnen wird, ist, dass jeder Mensch eine bestimmte Begabung besitzt. Ein Mensch ist ein talentierter Schuster, ein anderer ein guter Bauer, etc. Wenn der Mensch auf sich alleine gestellt ist und alle seine Grundbedürfnisse selbst befriedigen muss, so führt er alle diese verschiedenen Tätigkeiten nur mittelmäßig aus. Kann das einzelne Subjekt sich aber auf die eine Fähigkeit konzentrieren, die seiner speziellen Begabung entspricht, so führt er diese Arbeit sehr gut aus. Platons idealer Staat basiert auf einer Arbeitsteilung, die sich an den Fähigkeiten der einzelnen Staatsbürger orientiert.

Der „Staat der Schweine“

Im ersten Staatsentwurf von Sokrates entsteht der Staat entlang der menschlichen Grundbedürfnisse, wie Nahrung, Wohnung und Kleidung. Diese natürliche Konzeption des Staates beruht auf Arbeitsteilung. Alle Bürger des Staates sind gleich insofern als, dass der Staat durch seine Verteilungskompetenz die Ungleichheit zwischen den Menschen ausgleicht. [369e-370a;140]

Nach der Befriedigung der Grundbedürfnisse sind die weiteren Künste, die in einem Staat entstehen, die Viehzucht, die Handwerkskunst, der Handel, der die Produktion von Überschüssen erfordert, und die Seefahrt. [370c-371a;141] Im nächsten Schritt wird Geld als Tauschmittel im Binnenhandel eingeführt. Weiters entstehen neue Berufsstände. Kaufleute werden für die Distribution der Waren am Markt benötigt und minderqualifizierte Arbeitskräfte für die Optimierung der Produktion.

Dieser rudimentäre Staatsentwurf beruht auf der Koordinierung der „natürlichen“ Fähigkeiten der Individuen innerhalb eines Kollektivs. Auf diese Weise beantwortet sich auch die Frage nach der Gerechtigkeit in einem solcherart beschaffenen Staat. Der einzelnen Mensch ist unvollkommen und ist bei der Befriedigung seiner Bedürfnisse somit notwendigerweise auf seine Mitmenschen angewiesen. Diese von Natur aus gegebene Abhängigkeit ist das Wesen der Gerechtigkeit. [371e-372a;143]

Glaukon nennt diese Staatsvorstellung „Staat der Schweine“ [372c;144], da es in dieser ersten Form des Staates keine höheren Künste und kein einheitliches Rechtssystem gibt. Für Sokrates stellt er dennoch den wahren und gesunden Staat dar.

Der „üppige Staat“

Diese Konzeption des Staates, die auch die Befriedigung nicht-notwendiger Bedürfnisse miteinschließt, erfordert eine zahlenmäßig größere Bevölkerung, da nun neue Berufsstände, wie Dichter, Schauspieler, Tänzer, Juweliere, Erzieher, Amen, Zofen, Friseure oder Köche, entstehen. [373a,b;144f]

Die größere Bevölkerung führt dazu, dass das Staatsgebiet zu klein und, dass die Expansion über die eigenen Staatsgrenzen hinweg erforderlich wird. Dies führt zum Krieg mit anderen Staaten. Aufgrund dieser Entwicklung wird die Schaffung eines Heeres notwendig, wobei Sokrates gemäß seines Leitprinzips, das jeder Mensch eine spezielle Fähigkeit besitzt, für ein Berufsheer eintritt. [373d,3;145]

Der Wächterstand

Die Wächter nehmen eine wichtige Rolle im Staat ein, da sie für den Schutz der Bevölkerung zuständig sind. Damit sie dieser Aufgabe entsprechen können, müssen sie richtig erzogen und trainiert werden.

Charakter der Wächter

Um den Charakter eines Wärters zu bestimmen vergleicht Sokrates einen edlen Wachhund mit einem edlen Jüngling. Aus dieser Gegenüberstellung gelangt er zu folgenden wichtigen Charaktereigenschaften: Ein Wächter muss

a) wachsam sein

b) stark sein

c) hartnäckig sein

d) vernünftig sein

e) über einen sanft-verträglichen und mutvollen Charakter verfügen: Dies ist die Haupteigenschaft der Wächter, wobei sich die beiden Pole die Waage halten müssen. Auf der einen Seite darf ein Wächter nicht zu mutvoll sein, da er sonst nicht nur Feinde angreift, sondern auch die eigene Bevölkerung attackiert. Auf der anderen Seite darf er nicht zu sanft sein, weil er sonst seiner Schutzfunktion nicht mehr nachkommen kann. Ein Wächter muss sich der Bevölkerung gegenüber Verhalten, wie ein Hund zu seinem Herrchen. Ein Hund greift seinen Herren und dessen Freunde niemals an, sondern stets nur seine Feinde. Dasselbe Gespür muss ein Wächter entwickeln.

f) philosophisch-wissensliebend sein: Das richtige Gespür für die sich ständig verändernde Unterscheidung von Freund und Feind erfordert von einem Wächter kontinuierliche Wissbegier. [375a-376b;147ff]

Erziehung der Wächter [376c-412b] Sie baut auf zwei Eckpfeilern auf:

1. Gymnastik (körperliche Ausbildung) 2. Kunst der Musen (geistige, musikalische und literarische Ausbildung)

Die geistige Erziehung beginnt vor der körperlichen Ausbildung.

Die Kunst der Musen

A)Erzählungen

Inhalt

Erzählungen sollen ab dem frühesten Kindesalter der Formung der Seele dienen. Die Erzählungen müssen anhand der Kriterien, die Wächter später erfüllen müssen, zensiert werden. So dürfen schändliche Taten, die nicht geahndet werden, und Kriege zwischen den Göttern nicht enthalten sein, da Wächter sonst die Achtung vor ihren Mitmenschen verlieren würden. [377a-c;151]

Sokrates lehnt die Dichtung von Homer und Hesiod ab. Ihre Geschichten sind erdichtet, weil die Götter darin schlecht dargestellt werden, und in einem schlechten Stil geschrieben.[377d-378e;151ff]Dies ist nicht akzeptabel, da die Götter den Wächtern als Vorbilder dienen sollen. Sie müssen also tugendhaft und tadellos dargestellt werden.


2 Leitprinzipien für den Inhalt der Erzählungen

Sokrates formuliert zwei zentrale Leitmotive für die Inhalte der Erzählungen:

1.Gesetz: Gott ist das Gute, das immer zum Glück führt, und somit am Schlechten nicht schuld.

Die Menschen dürfen Gott nicht für ihr Unglück verantwortlich machen. In diesem ersten Gesetz wird die Idee des Guten als höchstes Sein der platonischen Ideenlehre verarbeitet. [380c;155]

2.Gesetz: Das göttliche Sein ist unwandelbar.

Dadurch hebt Platon den Gegensatz von Sein und Schein auf, da es nur ein einheitliches und gutes Sein gibt. Einen Eckpfeiler der Ideenlehre, dass das reine Sein in den Ideen ewig ist, drückt Platon in diesem Gesetz aus. Aus dieser Vorschrift folgt, dass Gott keinen Grund besitzt Unwahrheiten zu erzählen. Da er als ewiges und immaterielles Sein nicht durch Zeit und Raum veränderbar ist, also sowohl den Anfang als auch das Ende der menschlichen Geschichte kennt, muss er nicht aus Angst oder Schwäche Trugbilder erzeugen. [380d-382e;155-159]

Das Ziel ist die Ausbildung von gottesfürchtigen Wächtern, die durch die bereits frühe Kenntnis des Guten selbst göttlich werden. [386c;160]


Buch III

Fortsetzung des zweiten Buches: A) Erzählung

Inhalt

Weitere Kriterien, die Erzählungen inhaltlich erfüllen müssen:

  • Tapferkeit und keine Todesfurcht: In Erzählungen muss das Jenseits positiv dargestellt werden, damit Wächter sich dieseitiger Repressionsmechanismen mehr fürchten als den Tod. [387b;162] Ein weiterer Effekt dieses Kriteriums ist, dass die Wächter keine Angst vor dem Tod haben, ist, dass persönliche Unglücksfälle, wie der Tod eines Sohnes oder der Verlust von Geld, ihren Charakter nicht aus dem Gleichgewicht bringen können. [387e-388a;163]
  • zuviel lachen ist untersagt
  • Besonnenheit: Ein besonnener Mensch zeichnet sich dadurch aus, dass er sich, einerseits, dem Herrscher gegenüber stets untertänig verhält und andererseits, seine eigenen Begierden und Lüste kontrolliert. [389d,e;166]
  • Unbestechlichkeit und keine Habgierigkeit: Ein Wächter soll für seine Dienste nichts Übermäßiges fordern, weil er weiß, dass der Andere keine Wahl hat als seiner Forderung nachzugeben. [390d;167]

Sokrates merkt noch an, dass der Gebrauch der Lüge nur den Staatsführern zum Nutzen des Staates erlaubt ist. Sowohl gegenüber den Bürgern, als auch gegenüber den Feinden.

Form

3 Grundformen der Erzählungen Sokrates unterscheidet drei Grundformen der Erzählungen:

1. DRAMA & KÖMODIE – unmittelbare Rede

2. LYRIK - mittelbare Rede

3. EPOS – Mischung der beiden Redeformen [394b,c;172f]

Die Unterscheidung der einzelnen Formen erfolgt entlang der Art und Weise der Wiedergabe oder Nachahmung der Redeweise. In der unmittelbaren Rede ahmt der Dichter die Redeweise einer Figur nach. In der mittelbaren Rede ahmt er keine andere Person nach, sondern spricht in seinen eigenen Worten. [392d,e;170; Vgl. Anmerk. 30, S511f]

Nachahmung (Mimesis)

Das zentrale Prinzip der Erzählform ist die Nachahmung. Sokrates überlegt sich nun, wie die Figuren beschaffen sein sollen, die die Wärter nachahmen. Andere Figuren, als tapfere, vernünftige, ehrfurchtsvolle und freie Männer, sollen in den Erzählungen nicht enthalten sein. Diese Forderung beruht wiederum auf dem Leitgedanken des sokratischen Staates, das jeder Mensch eine bestimmte Fähigkeit besitzt. Deshalb sollen nicht zu viele verschiedene Rollen in den Erzählungen vorkommen, damit die Wächter nicht abgelenkt werden.[395c;174]

Die unmittelbare und mittelbare Rede unterscheiden sich in ihrer Rhythmik und Tonart. Der Dichter verwendet in der unmittelbaren Rede alle Tonarten und alle Rhthmiken, die ihm bekannt sind. Während er in der mittelbare Rede, die einem Vortrag gleicht, eine Tonart und eine Rhythmusform verwendet. [397b,c;177]


B) Gesang und Lied

An dieser Stelle des Dialogs übernimmt Glaukon, der sich als Musikexperte ausweist, für kurze Zeit wieder einen aktiven Part im Dialog.

Die 3 Bestandteile des Liedes

1. WORT Für die Liedtexte gelten die zuvor für Erzählungen aufgestellten Kriterien. [398d;179]

2. TONART oder HARMONIE Hierbei liegt das Hauptaugenmerk des Sokrates darauf die schwächlichen, weiblichen Tonarten zu identifizieren und auszuschließen. Zentral ist, dass die Tonarten a) kriegsgeeignet sind, um die Wächter „aufzurütteln“ und b) friedensgeeignet sind, um die Besonnenheit der Krieger in Friedenszeiten zu fördern. Am Ende des Auswahlverfahrens erweisen sich die dorische und die phrygische Tonart als die einzig zulässigen Harmonien. Weiters sind nicht alle Instrumente dem Charakter eines jungen Wächters zuträglich. Erlaubt sind die Lyra, die Kithara und die Syriux. [398e-399e;179f]

3. RHYTHMUS Der Rhythmus ist in der Antike in Bezug auf das Leben der Menschen zu denken, das durch ihn eine gewisse Ordnung erhält. Ein guter Rhythmus zeichnet einen guten Stil aus, während ein schlechter Rhythmus auf einen schlechten Stil hindeutet. In diesem Zusammenhang ist die Prämisse zu verstehen, dass Rhythmus und Wort, also Stil und Inhalt, imme aufeinander verweisen und in einer guten Erziehung aufeinander abgestimmt sein müssen. Aus dem Zusammenspiel dieser beiden Komponenten des Liedes lässt sich der Charakter der Seele ablesen. Wobei ein guter Charakter, der das Ziel des auszubildenden Knaben ist, das Resultat eines guten Rhythmus und einer edlen Haltung ist. [399e-401a;181f]

Die musikalische Erziehung ist außerordentlich wichtig, da über die Musik Einfluss auf die Seele genommen werden kann. Der Rhythmus und die Harmonie gelangen durch sie in die Seele und formen in ihr den Geschmack. Durch die musikalische Erziehung lernt der Jüngling nämlich bereits vor der vollen Entfaltung der Vernunft zwischen dem Guten und dem Schlechten zu unterscheiden. [401d-402a;183]

2. Eckpfeiler: Gymnastik

Dies ist der zweite Eckpfeiler der Erziehung. Der Körper muss wie der Geist seit dem Kindesalter trainiert werden. Der Körper wird als die Basis angesehen, die ein guter Geist vervollständigt. Ohne einen gut ausgebildeten Körper ist die musische Erziehung wertlos. [403d;186]

Neben der körperlichen Fitness umfasst dieser Bereich der Erziehung noch die richtige Ernährung und den Geschlechtsverkehr. Das zentrale Prinzip in diesen beiden Gebieten ist die Askese. Die Ernährung soll einfach und besonnen sein, wobei stets darauf zu achten ist, dass Krankheiten vermieden werden. Weiters sollen sich die Jünglinge in sexueller Enthaltsamkeit üben. [403e-404e;186ff]

Abschließende Anmerkungen zur Erziehung der Wächter

  • Das Ziel der gesamten Erziehung ist die Ausbildung der Seele. [410b;195]
  • Die Harmonisierung von musischer und gymnastischer Erziehung bildet einen besonnen und mutigen Menschen aus.[411e-412a;197]
  • Öffentliche Veranstaltungen, wie Tänze oder Wettkämpfe, müssen an die Grundsätze der Erziehung angepasst werden. [412b;198]

Das Verhältnis zwischen Herrscher und Beherrschten

Die Herrscher des Staates gehen aus dem Wächterstand hervor. Die Kriterien für ihre Auswahlt sind a) ein angemessenes Alter und b) ein Verantwortungsgefühl gegenüber den Interessen des Staates. Es qualifiziert sich derjenige für die Herrscherposition, der die Staatsinteressen zu seinen eigenen macht. Ein Auswahlkriterium ist also die vollständige Identifikation mit dem Staat. [412c,d;198]

Um die am besten geeignete Person auszuwählen werden die Wächter von ihrer Kindheit an beobachtet. Die gesamte Erziehung kann also auch als Eignungstest verstanden werden. [412d-413d;199f]

Jene Wächter, die nicht zum Herrscher ernannt werden, sind die Helfer des Herrschers und vollstrecken seine Befehle. Ihre Funktion ist mit jener einer Leibgarde zu vergleichen. [414b;201]

Unterkunft und Versorgung der Wächter

Der Wächterstand ist innerhalb des Staatsgefüges eine besonderer Gesellschaftklasse, weil er nichts zur Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bewohner beiträgt. Wächter erzeugen also nicht, wie zum Beispiel Bauern oder Schuster, ein bestimmtes Produkt und erhalten im Tausch dafür andere Produkte. Die Leistungen der Wärter sind nicht materiell bewertbar, was es für sie unmöglich macht am Handel teilzunehmen. Die Frage die Sokrates nun aufwirft ist, wie die Wärter zu Unterkunft, Nahrung, Kleidung, etc. gelangen. Verschärft wird diese Problematik noch dadruch, dass die Wächter als perfekt ausgebildete Soldaten die eigene Bevölkerung unterwerfen können. Damit dies nicht geschiet und sie ihren Zorn nur gegen die Feinde richten ist es notwendig, dass die restliche Bevölkerung ihnen die zum Überleben notwendigen Güter zur Verfügung stellt.

Die Ausstattung, die sie erhalten, soll maßvoll sein. Genug um nicht vom Reichtum von ihren eigentlichen Aufgaben abgelenkt zu werden und genug um nicht über die eigenen Bürger herzufallen.

Die Wächter dürfen über keinen eigenen Besitz verfügen, auch Geld dürfen sie keines besitzen. [415d-417b;203ff]

Ärzte und Richter

In Zusammenhang mit der Thematik der Enthaltsamkeit kommt Sokrates auf den Berufstand des Arztes und jenem des Richters zu sprechen, da sich ein schlechtes Erziehungsmodell daran zeigt, dass Zügellosigkeit und Krankheit im Staat vorherrschend sind.

Zusammenfassung des Themas

Das Thema des letzten Teils des III Buches der Politeia sind die verschiedenen Formen der Entartung. Hierbei sind Ärzte für die Pflege des kranken Körpers und Richter für die Pflege des kranken Geistes verantwortlich. Anzumerken ist, dass in einem gesunden Staat Ärzte niemals überflüssig werden, weil selbst der gesündeste Körper krank werden kann, es aber für Richter im perfekten Staat aufgrund der tadellosen Lebensweise der Bürger keine Verwendung mehr gibt.

Kritik an den Ärzten

Sokrates kritisiert den Berufsstand der Ärzte scharf, da er der Ansicht ist, dass viele von ihnen Krankheiten noch verschlimmern anstatt sie zu heilen. Generell spricht er sich gegen das langwierige Auskurieren von Krankheiten aus. Diese Kritik basiert wiederrum auf den Leitgedanken des sokratischen Ideals, dass jeder Büger innerhalb des Staates eine bestimmte Funktion zu erfüllen hat. Somit ist es unzulässig, dass sich ein Subjekt sein gesamtes Leben lang mit der Heilung seiner Krankheit befasst, da dies dem Allgemeinwohl nicht dienlich ist. Sokrates denkt seine Vorstellung von einer asketischen Lebensweise radikal zu Ende und sagt, dass ein Kranker, der keine Hoffnung auf eine schnelle Heilung hat, den Tod einer langfristigen Behandlung jederzeit vorzieht. [405e-406c;189f]

Die Geschichte vom Zimmermann

Ein Beispiel für Sokrates Vorstellung vom idealen Umgang mit Krankheiten ist die Geschichte des Zimmermanns: „Wenn ein Zimmermann krank ist, antwortete ich, dann bittet er den Arzt um ein Heilmittel, das er austrinken will, um die Krankheit loszuwerden, oder er will es durch Abführen, Schneiden oder Brennen erreichen. Wenn man ihm aber eine lange Kur vorschreibt, etwa einen Filzhut auf den Kopf zu tragen oder derartiges mehr, dann würde er rasch sagen, er habe keine Zeit für die Krankheit und keinen Vorteil von solch einem Leben, immer nur auf die Krankheit zu achten und seine eigentliche Arbeit zu vernachlässigen. Und dann jagt er den Arzt davon, kehrt zur gewohnten Lebensweise zurück und lebt, wenn er gesund wird, sein Leben weiter; übersteht es aber sein Körper nicht, dann stirbt er und ist aller Sorgen los!“ [406d,e;190]

Tötungsgebot

„Ärzte und Richter sollen die Bürger, die an Leib und Seele wohlgeraten sind, betreuen, die anderen aber nicht. Wer siech am Körper ist, den sollen sie sterben lassen, wer an der Seel mißraten und unheilbar ist, den sollen sie sogar töten!“ [410a;194]

Charakterisierung eines guten Arztes

  • Er muss sein ganzes Leben dem Studium der Heilkunst widmen
  • Er muss über einen wachen Geist, aber einen kränklichen Körper verfügenn um die Beschwerden der Patienten nachvollziehen zu können. Um einen Menschen heilen zu können muss der Arzt über eine gute Seele verfügen, diese muss gesund bleiben. Sein Körper spielt nur eine sekundäre Rolle.
  • Er muss die Gesellschaft von Kranken suchen.

Charakterisierung eines guten Richters

  • Er muss, im Gegensatz zum Arzt, der praktischer Erfahrung bedarf, über eine reine, gerechte Seele verfügen, die unvoreingenommen ist.
  • Der erste Punkt ist deshalb so wichtig, weil die richterliche Seele ein Urteil über eine andere Seele fällt.
  • Da Richter meist naive Menschen sind, dürfen sie erst im hohen Alter diesen Beruf ausüben. Als junge Menschen ist ihre Seele noch nicht erfahren genug, um zwischen Betrug und Wahrheit zu unterscheiden.


Buch IV

Das vierte Buch startet mit der Frage, ob nicht die Wächter als höchstentwickelter Stand, der den ganzen Staat in seinen Händen trägt, auch einen besonderen Vorteil, großes Glück erhalten sollen. Der Begriff Glück steht hier für Genuss, Festgelage, Gold, Silber, Bezahlung für ihre Tätigkeit, die Möglichkeit zu schenken und Reisen zu machen und zu opfern, etc.

Sokrates erwidert: Ziel ist nicht, das Glück des Einzelnen zu maximieren, sondern das gesamte Glück des Staates zu maximieren, dass dann auf den Einzelnen zurückwirkt. Die üppig lebenden Wächter wären keine Wächter mehr, sondern würden sich mit ihrem Reichtum und ihren Sinnesfreuden beschäftigen, jedoch nicht mehr mit ihrer Aufgabe, die ihren Anlagen und ihrer Natur entspricht. Erfüllt jeder diese Aufgabe, dann kommt ihm wiederum von Natur aus sein Anteil an Glück zu

Aufgaben der Wächter

Sowohl Reichtum, als auch Armut im Staat vermeiden. Beide sind der Arbeitsleistung jedes Standes abträglich. Der Handwerker/Bauer etc. wird träge, unwillig und abgelenkt, wenn er reich ist bzw. leidet Mangel an Dingen, die für die Erfüllung seiner Aufgabe im Staatsganzen notwendig sind.

Den Staat wachsen zu lassen, aber ihn auch so klein wie nötig zu halten. Er soll seine Einheit nicht verlieren. Dadurch ist er den anderen „Staatenvielheiten“ jedenfalls überlegen.

Jeden Bürger in denjenigen Stand zu bringen, der seiner Natur nach zu ihm passt, unabhängig vom Stand seiner Eltern, und ihm die Aufgabe zu geben, zu der er auf Grund seiner Natur befähigt ist. So ist auch der Einzelne eine Einheit und keine Vielheit verschiedener Rollen/Aufgaben. Bildung und Erziehung. Auf Konservative Weise. Die Werte sollen erhalten bleiben. Das gute Verhalten soll möglichst auf Basis dieser Erziehung hervorgerufen werden und so wenig wie möglich durch nachträglichen Zwang in Form von Gesetzen. Ein guter Charakter verwaltet am besten den Staat. Dazu sollen die Menschen schon ab dem Kindesalter, die richtigen Spiele spielen und die richtigen Lieder hören. (besonders der Musik schreibt Platon eine große politische Kraft/Gefahr zu)

Einen Staat mit vielen Gesetzten und schlechtem Charakter seiner Bürger vergleicht Sokrates hier mit Kranken, die nicht einsehen wollen, dass all die Kuren und Heilmittel ihnen nicht helfen, wenn sie nicht ihren ungesunden Lebensstil ändern. Es werden immer neue Gesetzt eingeführt, sie werden beständig geändert und doch wird man nie einen gesunden Zustand des Staates dadurch erreichen. Die einzigen Gesetzte sollten die der religiösen, überlieferten Praktik sein.

Krieg. Das Wächterheer ist durch seine Erziehung u.s.w. überlegen (Siehe Fußnoten: Es gab hauptsächlich Bürgerheere – Die Soldaten waren reich, nicht spezialisiert, nicht auf Pflichtbewusstsein und Loyalität getrimmt) Außerdem bieten die Soldaten die Kriegsbeute möglichen Verbündeten als Anreiz an, da sie selbst keinen Gebrauch für das Geld haben. So schafft sich der Staat viele Verbündete.

Die Vier Teile des Guten und ihr Vorkommen im Stat (vgl. Schema in fußnote28 der reclam Ausgabe)

[Diese Vierheit bleibt immer bestehen, findet man nur drei Teile, muss der vierte auch irgendwo versteckt sein]:

Weisheit (Einsicht): Kenntnis über die Staatslenkung, dass den obersten der Wächter zukommt. Nur die Kleinste Gruppe von Fachleuten im Staat kann dieses höchste Wissen haben. Ist der Staat so eingerichtet, dass diese Gruppe von weisen herrscht, kommt Weisheit auch dem Staat als Ganzes zu.

Tapferkeit: ist eine Unauswaschbarkeit gewisser Vorstellungen aus der Seele. Die Erziehung hat genau das Ziel die richtigen Vorstellungen so in der Seele zu verankern, dass der Erzogene sie bei keiner noch so großen Versuchung oder bei noch so großem Leid über Bord wirft.

Besonnenheit: Gemeinhin Selbstbeherrschung. Wie kann man sich selbst Beherrschen? Herrschaft des besseren Teils der Seele über den Schlechteren. Der bessere vernünftige Teil ist immer kleiner als der triebhafte. Ebenso ist es im Staat: Der große untere Stand ist von einer Vielzahl von Leidenschaften, Lüsten und Schmerzen beherrscht, während nur der kleine oberste Stand seine Vernunft über die Triebe herrschen lässt. Da aber im Staat, wie in der Seele des Besonnenen, der kleine vernunftgeleitete Teil über die große Triebhafte Masse herrscht, ist der Staat im Ganzen besonnen. Harmonie: Da dies die Ordnung der Machtverhältnisse betrifft umspannt die Besonnenheit den ganzen Staat. Es gehört auch zur Besonnenheit, dass der Beherrschte Teil seine Knechtschaft akzeptiert.


Diese drei fanden sich, nun fehlt noch die Gerechtigkeit.

Sokrates findet eine Spur: Grundvorraussetzung dafür, dass die drei genannten Tugenden walten können, ist, dass jeder die Aufgabe durchführt, die seiner Naturanlage entspricht und nichts Fremdes tut. Die drei genannten Tugenden gibt es nur durch eine gewisse natürliche Ordnung, ein natürliches Recht: die Dreiteilung der Stände und die Verteilung der Aufgaben gemäß der Anlagen jedes Einzelnen.+ Hier ortet er noch eine zusätzliche Kraft/Tugend neben den eben besprochenen. Vielleicht ist diese die Gerechtigkeit. jedem das Seine. (Vgl. Rechtssprechung – Jeder soll das eigene Behalten und nichts fremdes besitzen) Nachdem die Gerechtigkeit im Staat vorerst erkannt scheint, versucht Sokrates diese Auffassung der Gerechtigkeit umzulegen auf den Einzelnen und zu prüfen, ob sie haltbar ist.

Er nimmt eine Ähnlichkeit an, man müsse auch im Einzelnen eine Dreiteilung wie im Staat annehmen. Diese These kann überprüft werden, wenn man untersucht, ob verschiedene Teile einer Seele nach Verschiedenem streben können bzw. gegen Verschiedenes Ablehnung empfinden können, oder ob nur die Seele insgesamt Begehren oder Ablehnen kann.

Ein Durstiger kann seinem Durst entsagen. Es gibt zumindest diese erste Unterteilung zwischen einem triebhaft-Begehrenden Seelenteil und einem denkend-Vernünftigen. Mutvoller Zorn, der auf den ersten Blick selbst als Trieb erscheint, stellt sich bei genauerer Betrachtung als etwas heraus, dass die Triebe kontrollieren kann. Wo die Seele gespalten ist und mit sich selbst streitet kommt Zorn auf und unterwirft die Triebe, es ist zwar etwas aufbrausendes, triebhaftes, dass aber der Vernunft hörig ist. Es fällt auch nicht mit der Vernunft zusammen, da es gelegentlich von ihr angewiesen muss, wohin es seinen Trieb richtet. (Vgl.: Hund).

Dieser Teil entspricht den Helfern, der denkend-vernünftige den Wächtern und der Erwerbsstand entspricht dem triebhaften Begehren.

Aufgrund der nun überprüften Ähnlichkeit in der Struktur des Staates und des Einzelnen, gilt beim einzelnen Menschen, was beim Staat gilt (Durch richtige Erziehung kann der vernünftige Teil herrschen, die Triebe ordnen sich unter. Auch gegen Feinde von Außen ist er am besten gewappnet u.s.w.). Ein solcher Mensch muss gerecht sein. Um sich noch über die landläufige Meinung abzusichern überlegt Platon, ob es denkbar wäre, dass ein solcher Charakter stiehlt, seine Eltern nicht ehrt, Verrat und sonstiges Ungerechtes begeht. Da dies nicht denkbar ist, kommt Platon endlich zum Ziel, zur Definition von Gerechtigkeit:

Jeder Teil eines gerechten Menschen oder Staates erfüllt die ihm zukommende Aufgabe in Herrschaft und Gehorsam. Gerecht heißt einem natürlichen Recht gehorchen, einer gewissen Ordnung der Machtverhältnisse, die sich daraus ergibt, dass jeder Teil die für ihn geeignete Aufgabe innehat.

Zuerst muss diese innere Haltung im Menschen sein, dann äußert sie sich in den Äußeren Handlungen und Urteilen, an denen man Gerechtigkeit bisher festmachte (Neue Definition).

Betrachtung der Ungerechtigkeit

Aufstand eines Teiles der Seele gegen das natürliche Recht. Herrscht dessen, was nach der Natur zum Gehorsam bestimmt ist, und Knechtschaft dessen, was zum Herrschen bestimmt ist. Dies ist Ungerechtigkeit und gleichzeitig Zügellosigkeit, Torheit u.s.w., Schlechtigkeit im Allgemeinen.

Parallele zu Gesundheit und Krankheit

Rechtes tun bewirkt Gerechtigkeit, Unrechtes tun Ungerechtigkeit, genauso wie ungesund wird, wer ungesunde Tätigkeiten verfolgt u.s.w. Gesundheit oder Krankheit beruht ebenfalls auf der richtigen oder falschen Ordnung der Herrschaft im Leib.

Dadurch kann auch die Frage, ob das gerechte Leben, sei es auch geheim und ungeehrt, oder das ungerechte, aber ungestrafte, Leben vorteilhafter sei. Denn wenn der Körper krank ist und dem Verfall ausgesetzt ist, wenn sein inneres Recht nicht der Natur entspricht, dann geht es der ungerechten Seele (die „eigentliche Lebenssubstanz“) ebenso. Eine ungerechte Seele ist auf Dauer nicht Lebensfähig.

Gute Lebensgewohnheiten (gesunde, gerechte, besonnene etc.) führen zur Vollendung der Seele. Es gibt eine vollendete Form des Lebens und viele Missbildung. Ebenso unterscheidet er zwischen einer guten Staatsform, der eben Besprochenen, der Herrschaft des kleinsten Teils (Also Monarchie/Aristokratie) und mehreren schlechten Formen.