Zusammenfassung 8.Mai

Aus Philo Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche

Rückblick und Vorschau

Die vorige Stunde spannte den Bogen von Platon zu Wittgenstein, die einander zwar nicht sehr mochten, deren Denkweisen jedoch Parallelen aufweisen. Es wurden Überlegungen angestellt zu den Bedingungen des Höhlenausgangs – auch im Kontext erwähnt wurde die „Trueman-Show“ - und dem Malteserkreuz, dessen Gestalt und Handhabung schon dargelegt wurde, jedoch die philosophische Untermauerung heute in dieser Stunde erläutert werden soll. Weiters soll erwähnt werden, dass gerade das Thema dieses Kurses „Bildung und Datenbanken“ durch die Arbeit mit dem PhiloWiki und die Möglichkeit der damit verbundenen Diskussion zu den behandelten Inhalten auf der Plattform um einen Aspekt reicher wird. Durch die Teilnahme an solch einer Diskussion ist natürlich der Einstieg in die Datenbanken angesichts des Themas von Bildung gewährleistet. Weiters soll vorweg gesagt werden, dass diese Vorlesung die wichtigste dieses Semesters ist, da erstens die Parallelen zwischen den Überlegungen Platons und denen Wittgenseits in seinem Werk „Tractatus Logico Philosphpicus“ eruiert werden, und zweitens wird versucht zu legitimieren, warum eine Interpretation Wittgenstein anhand von Platon gewählt wurde.


Von Platon zu Wittgenstein oder: Von Golfspielern und Crashtestdummies

Vorweg soll erwähnt werden, dass es zu Platon mehr zu sagen gibt, als hier in der Vorlesung eingegangen wurde, und weiters sollen Wittgensteins Gedankengänge mit der Funktionsweise von Datenbanken in Verbindung gebracht werden. Weiters soll die zugrunde liegende Theorie behandelt werden, die es so attraktiv macht, Platon und Wittgenstein in dem bestimmten Themenbereich Lernen und Bildung gegenüber zustellen und ihre Gemeinsamkeiten zu eruieren. Um zu sehen, wo die beiden Modelle divergieren, soll diese Grafik als Hilfestellung dienen. [[1]]


Nach Platons Auffassung befinden sich die Menschen in einer Erfahrungswirklichkeit und werden von Platon aufgefordert, sich kritisch mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen und hinterfragen. Sie sollen nach dem Wesen der Dinge, nach dem Wahren und dem Gerechten fragen. Wenn sie sich nicht mit ihrer derzeitigen Situation der Unwissenheit zufrieden geben, ist es ihnen möglich den Aufstieg aus der Höhle/zur Wahrheit zu wagen. Um diesen Lernprozess beschreiben zu können, muss im Zuge dessen auch eine Dimension der Ähnlichkeit und der Zeit vorausgesetzt werden.


Um beispielsweise Golfspielen erlernen zu können, muss man eine Vorstellung von dem Sport haben. Wird jedoch Rugby als Golfspielen erachtet, wird es nicht möglich sein Golfspielen zu erlernen. Wenn jedoch zuvor Information eingeholt wird, was Golfspielen genau ist, dann gibt es die Ähnlichkeitsrelation, dass das eine mit dem anderen etwas zu tun haben muss. Also die Vorstellung muss etwas gemein haben mit dem wohin man unterwegs ist, auch wenn man es noch nicht erreicht hat. Diese Annäherung an das Ziel setzt diesen Zusammenhang zwischen Vorstellung und Anzutreffendem voraus. Der Grund, warum Platon durchaus entscheidend gemacht hat für unsere Gesellschaftsumstände, ist der, dass authentifizierte Ziele vorherrschen, die zum Beispiel Golfspielen definieren und Richtlinien dafür festlegt. Lernprozesse werden also gesteuert von Idealvorgaben und Maßstäben, die jeweils Kriterien und Qualitätskontrollen vorgeben. Kurz zusammengefasst: Die Voraussetzung für die platonische Aufsteigerphilosophie ist die Kombination von Ähnlichkeit und der Festlegung des Ziels. Das würde somit heißen, dass Aufsteiger die prototypisch Lernenden sind. Will man als Teil der Gesellschaft gesehen werden und sich Integrieren, so müssen die Basissozialisierungsanforderungen der Gesellschaft eingehalten und befolgt werden. An die vorigen Stunden anschließend, heißt das im Kontext, aus der Schaulust zu einer Attitüde kommen, die auf höhere Ziele aus ist. Durchaus muss zwischen dem philosophischem und beruflichem Aufstieg differenziert werden. Der erstere beruht auf Kriterien der Vernunft, mit denen der Aufstieg gewagt wird und somit einer anderen Qualität entspricht.


Wittgenstein hingegen lehnt dieses Lern- und gesellschaftliche Aufsteigermodell, welches mit Zielen, dem Wahren und Guten operiert, völlig ab. Nun zur Erklärung der oben angeführten Skizze. Die linke Abbildung zeigt den den Wahrheitsbegriff in der klassischen Philosophie. Der Mensch wird aufgefordert sich diesem anzunähern und den Zielen anzugleichen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch die Literatur zu den christlichen Heiligen von der klassischen Philosophie geprägt ist und das Verlassen der Höhle, der Aufstieg zum Wahren, Guten, Schönen, in der christlichen Literatur als Aufstieg zu Gott erachtet wird. Die christliche Deutung der platonischen Struktur wird in diesem Falle sehr deutlich und die Bedeutung des Hohen wird gemäß ihrer Idee davon abgeändert. Vaclav Havel, der während politischer Unruhen, meinte, dass es darum gehe in der Wahrheit zu leben. In der Wahrheit zu leben, als eine Formulierung gegen Repression, gegen politische Systeme, die die Entfaltung des Menschen blockieren, jedoch gleichzeitig voll in das hineingeht, die eine eigentlich eins zu eins christliche Formulierung ist.


Isomorphie und die analogia entis oder: wenn du denkst es geht nicht mehr...

Die Wahrheit im Tractatus, und somit auch die des 20.Jh. im Zusammenhang mit der sprachanalytischen Philosophie und der Wissenschaftstheorie, ist eine andere als die von Platon vorgeschlagene. Wahrheit ist nicht der Prozess des Sich- Annäherns diesen Hochzielen, sondern Wahrheit ist etwas, das wir etablieren als eine Relation zwischen Sätzen und Sachverhalten. Erfahrungswirklichkeit heißt dann soviel wie, über die Welt in der wir leben sprechen und Wahrheit lokalisiert sich nicht in der höheren Ebene, sondern im Umgang mit Sätzen. Diese gewissen, überprüfbaren Kriterien sind ein Versuch systematisches Wissen zu erlangen. Die Ähnlichkeit im platonischen Sinn ist bei Wittgenstein die Strukturähnlichkeit oder auch Isomorphie, die zwischen dem wie die Sätze und die Sachverhalte der Welt aufgebaut sind. Im Tractatus verbindet die Wahrheit also in einer Ähnlichkeitsrealtion Sachverhalte und Sätze. Im platonischen Modell ist das zentrale Wort für diese Ähnlichkeit – zwischen Vorstellung und dem zu Erreichendem - die analogia entis (= die Ähnlichkeit, analoge Beschaffenheit alles Seienden). Doch auch im Tractatus sind klassisch platonische Elemente enthalten. So gibt es ebenso Urbilder, die wie bei Platon die logische Form der Welt vorgeben, mit dem Unterschied, dass sie bei Wittgenstein nicht erreichbar sind. Die analogia entis wird also durchschnitten und die Ähnlichkeit zeigt sich in den Sätzen. Hier sei an die Tradition der negativen Theologie erinnert, die besagt, dass von dem Höheren, von Gott nicht gesprochen werden darf, wie von den einzelnen Dingen. Wittgenstein ist also nur eine Variante dieser negativen Theologie, die besagt, dass nur von Gott gesprochen werden kann, wenn man alles negiert, was man sagen möchte, da Gott anders ist als die schönste Idee. Am Ende des Tractatus formuliert Wittgenstein, dass es an dieser Stelle nicht mehr weiter gehen wird und somit auch nicht weiter gegangen werden soll. Dies ist die Stelle, an der Wittgenstein den platonischen Zusammenhang durchschnitten hat.


Wittgenstein und die „Bildung zum Guten“ oder „Wie Unglückliche die Welt sehen"

Um die authentische Wittgenstein Auffassung und seinen Zugang zur „Bildung zum Guten“ Thematik deutlich zu machen, werden einige Gedanken Moritz Schlicks an dieser Stelle vorgestellt. Schlick sagte, es gebe in der theologischen Ethik zwei Auffassungen vom Wesen des Guten. Die, dass alles gut ist, weil Gott es will, und die, dass Gott das Gute will, weil es gut ist. Seiner Meinung nach ist die erstere, die anfangs vielleicht flach und oberflächlich erscheint, die tiefere Deutung, da sie sagt, dass das Wesen des Guten nichts mit Tatsachen zu tun hat, und daher auch durch keinen Satz erklärt werden kann. Es hat wenig Sinn, wenn uns der Weg zum Guten vorgegeben wird und uns gesagt wird was wir tun sollen, um das Hohe zu erreichen, denn mit der Fähigkeit unseres Verstandes und unserer Lebensführung werden wir selbst dorthin finden. Gelungen wird die Sozialisierung dann sein, wenn wir es verinnerlicht haben - das ist die Tiefe des Guten. Beim Lernprozess unterwerfen wir uns dieser vorgegebenen Ziele und versuchen sich ihnen anzunähern. Später wird noch genauer auf Hegel eingegangen, der diese Vorgangsweise, dass Bildung etwas damit zu tun hat, dass wir sich auf etwas fremdartiges einlassen und versuchen uns dem anzupassen, kritisiert.


Auch Wittgenstein ist der Auffassung, dass dieser Weg, dass wir beispielsweise durch Training sich unserem Ziel nähern und das herausbringen können, was wir seinen möchten, in Wirklichkeit der falsche sei. Du begibst dich nämlich dann unter eine Fremdherrschaft, also unter dem Einfluss von einer Gegebenheit, einer Strukturvoraussetzung. Im Tractatus gibt es also eine Welt, die beschreibbar ist und Bedingungen, die die Welt gestalten. Diese Bedingungen können jedoch nicht mit der Sprache beschrieben werden, mit der die Welt beschrieben wird. Er sagt: Die Welt des Glücklichen ist eine andere als die Welt des Unglücklichen. Als Verdeutlichung kann man's vielleicht mal sagen: Die Landschaft bleibt dieselbe und das Wetter schwenkt komplett um. Die Änderung des Wetters, die Änderung von Tag und Nacht, was verfügbar ist von der Struktur der Landschaft her. Ähnlich sind die Aussagen zu Religion und Ethik. Man soll/muss ethisch leben, aber die ethnischen Fragen hängen damit zusammen, dass wir ein solches Oberkommando haben, welches wir mit unseren Mitteln nicht verstehen können. Dieses ist in dem manifestiert, was es gibt.


Tractatus und Datenbanken oder: wenn Miami verschwindet

Die Urbilder oder auch ethischen Vorbilder zeigen sich, sind in der Form des gegebenen enthalten, aber man sie nicht diskutieren oder sich ihnen annähern. Der Bildungsprozess besteht darin, dass einem etwas vorgezeigt wird und man selbst versucht dieses vorgezeigte sich anzueignen. Das Ziel dieser Vorlesung ist es im weiteren die Welt der Bildung in Beziehung zu setzten mit der Welt der Datenbanken. Diese Subtraktion der Akkomodationsprozesse, die dieses Abblenden des Verhältnisses zwischen dem, was Sie erkennen und was Sie sagen, und den Bedingungen, denen das unterliegt, wie die Welt ist, in der Sie leben, die Sie erkennen und von der Sie sprechen, dieses Abblenden, dieser Schnitt zwischen der Struktur und den Aktionen, die sie unter Voraussetzung dieser Struktur zur Verfügung haben ist eine der zentralen Basic- Voraussetzungen von Datenbanken.


Damit eine Datenbank erst funktioniert braucht sie eine klare, festgelegte Struktur, die aber auch geändert werden kann. Die Welt der Datenbank, mit der sie interagieren, muss konstant bleiben (zB. Flug nach Miami gebucht, doch plötzlich gibt es in der Datenbank Miami nicht mehr). Um diese Welt, die von der Datenbank vorgegeben wird, zu ändern, muss man einen Sprachausdruck verwenden, den die Datenbank auch kennt. Dieses Prinzip beruht darauf, dass die nötigen Voraussetzungen, um Änderungen durchzuführen zu können, erfüllt werden müssen, was aber gleichzeitig die Beschränkung der Datenbanken markiert. Gerade diese Überlegungen im Tractatus zeichnen seine Größe aus und lassen es zu einem der bedeutensten philosophischen Werken des 20.Jh. werden. Diese Form, die nun in Datenbanken zum Vorschein tritt, wurde im Tractatus als Muster dessen entworfen, wie Philosophie das Leben anschauen soll, nämlich: Welt akzeptieren unter bestimmten Bedingungen, Welt auch beschreiben zu können unter bestimmten Bedingungen, aber nicht in der Lage zu sein, diese Form von Prozess, von Änderungsprozess mit hinein zu nehmen.


Bilder im Tractatus oder: Obama und Ahmadinejad gehen in eine Philovorlesung...

In diesem Abschnitt wird anhand von Traktatzitaten versucht zu verdeutlichen, warum das Malteserkreuz mit seinem Kippeffekt eine so wesentliche Rolle in Bezug auf den Aufbau des Tratatus einnimmt und zweitens, warum das mit Platon direkt zusammenhängt, und drittens, inwiefern, aufbauend auf diesem Malteserkreuz Beispiel, verstanden werden kann, wie Wittgenstein im Tractatus sich die Welt zurechtlegt, inklusive eines Urbildes, und inklusive eines mit diesem Urbild verbundenen globalen Platonismus.


Anhand der Passage am Ende des fünften Buches „Der Staat“ von Platon, soll, wie bereits schon früher erwähnt, die prinzipielle Konstellation, dass es Schaulustige gibt, die den schönen Dingen hinterher laufen. Doch wie weiß man was schön ist? Bei Platon wird eine Dualität zwischen schön und hässlich und dem Wissen, dass das zwei Werte sind, die einander antagonistisch entgegenstehen, dargestellt. Wenn ich sozusagen das weiß, dann bin ich in der Lage Dinge zu beurteilen. Diese Dualität von Begriffen ist erst dann verständlich, wenn die wesentliche Voraussetzung, nämlich das es eine Dualität zwischen wahr und falsch ist, vorhanden ist. Diese Wahrheitsdualität ist bei Platon selber ein wesentlicher Faktor in der Beschreibung, wenn man mit vielen verschiedenen Sätzen auf eine Zielvorstellung, auf das, worum es geht, auf das Schöne, kommt. Da es viele verschiedene Inhalte gibt, die Schönheit darstellen, wie z.B. Musik, Malerei, etc., sind dies unzertrennlich mit der Dualität gekoppelt. Sie sind gekoppelt an ein Ja-Nein, Plus-Minus und bestehen immer aus einem Inhalt und einer Entscheidung.


An dieser Stelle soll direkt der Zusammenhang mit dem Tractatus dargestellt werden. Auch dieser besagt, dass die Wirklichkeit durch den Satz vollständig beschrieben werden muss und man nur zur Erkenntnis kommt, indem man verschiedenste Inhalte einem Plus-Minus-Verfahren unterzieht. Doch das Erzeugen von Ähnlichkeitsmustern alleine ist keine Behauptung, wie das gegebene Beispiel mit dem Fotograf, der immer die selben Fotos von dem Klassenzimmer schießt und dann erscheint auf einem Foto ein Barack Obama, der mithilfe eines Programms hineingeschnitten wurde. Es läuft darauf hinaus, dass man viele Ähnlichkeitsmuster erzeugen kann, doch das es zusätzlich anderer Beweise/Mittel bedarf, die einen besagten Zustand auch als wahre Begebenheit bestätigen zu können. Das ist der Punkt, wo sich die Darstellungskomponente mit der Beurteilungskomponente im Traktat zusammentut.


Elementarsätze I oder: Was ist ein Malteserkreuz?

Bei Wittgenstein nimmt der Elementarsatz eine wichtige Rolle ein, da er diejenige Sprachfigur ist die ausschließlich dadurch charakterisiert ist, dass diese beiden Bedingungen - Darstellungskomponente und Beurteilungskomponente – stattfinden. Einerseits: ist die Welt vollständig fixiert? - Auf Ja oder Nein fixiert. In einem Elementarsatz soll nicht das Gesamtbild der Welt dargestellt werden, sondern nur ein Ausschnitt davon. Doch möchte man eine Weltbeschreibung wissenschaftlich – methodologisch aufbauen, so benötigt man für den Anfang feste Fundamente, die nicht mehr hinterfragt werden müssen. Die Idee jedoch sauber von Null an die Welt zu konstruieren, ist keinesfalls eine leichte Aufgabe. Doch es ist möglich seit dem Beginn der Neuzeit (seit der Descartesschen Meditation) und Wittgensteins Beschreibungsform fällt mit Sicherheit in dieses Basis-Rekonstruktions-Programm der Weltbeschreibung – es muss also Elementarsätze geben. Auf Grund der Tagebucheinträge von Wittgenstein zu dieser Zeit, sieht man, dass er selbst sehr unsicher ist, was die Elementarsätze sind und hat Schwierigkeiten sie sich vorzustellen. Sein letztlicher Entschluss, dass es sie geben muss, ist vor allem Voraussetzung dafür, dass er den Traktat überhaupt schreibt. Er führt ihn als generelles Prinzip an, kann jedoch kein Beispiel geben. Die Charakteristik des Elementarsatzes ist einfach darzulegen: Er beschreibt einen Abschnitt der Welt auf Ja-Nein, Wahr-Falsch (Im Nachhinein verstehen sie jetzt die Operation mit dem Malteserkreuz; Ist es ein Malteserkreuz? Ja-Nein. Es gibt Strukturähnlichkeit, was noch lange nicht heißt, dass es ein Malteserkreuz ist, sondern nur eine visuelle Form davon). Zusammengefasst, die Elementarsätze geben Ihnen eine Weltstruktur, die Sie dadurch, dass Sie sie beurteilen in den Status einer Sachbeschreibung, einer Weltbeschreibung versetzen.


Exkurs zu Hegel oder: Von der Kunst des Switchens

Auch Hegel stellte Gedankenspiele zu dem Phänomen Elementarsätze an – Anfang der „Phänomenologie des Geistes“. Somit fällt auch Hegel in die descartessche Tradition. Er beschreibt diese fundamentale Gegebenheiten der Elementarsätze als sinnliche Gewissheit. Faszinierend ist jedoch seine Idee, dass die sinnliche Gewissheit nicht nur dieses Hier uns Jetzt ist, sondern die sinnliche Gewissheit ist immer auch ein Beispiel der sinnlichen Gewissheit. Wenn nämlich der Inhalt, die bestimmte Konstellation weggenommen wird, bleibt nur noch so ein abstrakter Begriff wie „wahr“ übrig. Wenn sie diesen nun auch noch weiter abstrahieren, so bleibt nichts anderes, als schwarz-weiß, + -, was de facto nichts über die Wirklichkeit sagt. Das heißt hier besteht die Möglichkeit zu switchen, auszutauschen. Um diese Tatsache nun in der Erkenntnistheorie anwenden zu können, muss man die Möglichkeit zu Switchen verbinden mit den jeweils richtigen Inhalten, die nichts anderes können als switchen.


Kurz erwähnt sei noch, dass auch es auch in Wittgensteins Arbeit einen dialektischen Aspekt gibt. Nämlich den des Umkippens von wahr auf falsch anhand des schwar-weißen Malteserkreuzes. Wenn das weiße Malteserkreuz dasjenige ist, das existiert, dann gibt es das Komplement, das Inverse, das nichtweiße Malteserkreuz, das an dieser Stelle das schwarze Malteserkreuz ist, ist an der Stelle quasi die negative Tatsache, die an dieser Stelle nicht besteht, wenn das weiße Malteserkreuz als die positive Tatsache besteht. Aber ich enthalte mich der weiteren Überlegungen diesbezüglich. [[2]]


Elementarsätze II oder: Wo die Bücher hingehören

Elementarsätze haben jedoch noch eine weitere entscheidende Besonderheit: Sie sind (müssen) von einander unabhängig (sein). Man kann sie sich als kleine Single Units vorstellen, die man mithilfe von logischer Operationen (und, oder, dann, wenn,...) zusammenhängen kann. Es ergibt sich eine Kette, ein verflechtetes Netz, das als komplexe Beschreibung der Welt verwendet wird.


Nun soll auf die zentralplatonische Voraussetzung des Tractatus hingewiesen werden. Die zweite spannende Beobachtung ist die, dass Elementarsätze Zusammenstellungen von Namen sind. Diese Abbildungen, sich ergebenden Muster sind nicht graphischer Natur, sondern Sprachmomente, -elemente, eben Zeichenausdrücke und insbesondere so etwas wie Namensausdrücke. Diese Sprachausdrücke und deren dazugehöriger Inhalt, die Sachverhalte verhalten sich wie eine Isomorphie. Und wie kann diese Isomorphie realisiert werden? Die Sprachausdrücke sind selbst so etwas wie eine Zeichensprache. Elementarsätze sind nicht nur Namen, sondern haben auch eine Struktur. Wenn man diese Namen zusammenstellt, also die Namen in ein Verhältnis zueinander bringt, so ergibt sich eine Konstellation, die etwas darstellt von der Welt.


Beispiel: Der Ausdruck TB ist eine Konstellation zwischen Namen. Das T könnte für Tisch stehen und das B für Buch das auf dem Tisch liegt. Es scheint als wäre das eine Struktur eines möglichen Elementarsatzes. Doch diese Annahme ist insofern falsch, weil die Elementarsätze, wenn es richtig ist, nichts miteinander zu tun haben dürfen. Es kann nur eine Konstellation von zwei Sinneseindrücken, Chunks sein, doch in dem Moment in dem ich „Buch“ sage, kommen Kenntnisse, Vergleiche mit anderen Büchern hinzu. Solch eine Art von Begriffen dürfen in einem Elementarsatz nicht vorkommen, sondern nur zum Beispiel, der eine Chunk liegt auf dem anderen Chunk. Dieser Frage, wie kommt der Begriff in diese Beschreibung komme, gingen schon Sokrates und Platon nach. Und wie kann ein Chunk beispielsweise von einem Buch unterschieden werden? Weiters ergibt sich die traditionelle Fragestellung, um Chunks mit ähnlicher Struktur erkennen können, wie kann ich in Sätzen mit Begriffsausdrücken operieren? Eine Kompetenz des Begriffgebrauchs ist nötig. Wittgenstein führt hier im Traktat die Urbilder ein und meint, dass diese für die Allgemeinheit stehen müssen. Auch diese Allgemeinheit stellt dieses Abstraktionsprodukt dar, welches es auch bei Platon vorkommt als Idee und in der Philosophie immer wieder die Frage auf wirft: Wie komme ich auf Allgemeinheiten? Wittgensteins Antwort auf diese platonische Frage ist die, dass es lauter von einander unabhängige Elementarsätze gibt, in denen sich das Urbild abzeichnet. Wenn wir jetzt lauter kleine Ereignisse damit beschreiben, wie etwa Bücher, dann stellt sich bei all diesen Einheiten eine Gemeinsamkeit heraus, nämlich ein bestimmtes Zeichen, dass in a all diesen Einzelbildern ist. Das ist im Traktat die Idee der Satzvariablen.


Wenn man jetzt beispielsweise viel Schnappschüsse ansieht und auf jedem Foto ist ein und die selbe Person abgebildet, die Fotos jedoch von einander unabhängig. Worin besteht jetzt diese Allgemeinheit und wie kann man sie erkennen? Wittgenstein beantwortet diese Frage mit der simplen Begründung, dass die Allgemeinheit einfach darin besteht, dass überall die selbe Figur abgebildet ist und das da ein Art Urbild dahinter ist, dass sich zeigt. Dies ist Wittgensteins Antwort auf das Abstraktions- und Begriffsproblem. D.h. Begriffe sind nichts anderes als das, was all den Features gemeinsam ist, die auf eine bestimmte Art und Weise in Sätzen vorkommen – das Sich-Zeigen also. Im Zusammenhang mit dem Lernprozess will Wittgenstein nun sagen, dass du es nicht lernen kannst die Ähnlichkeiten zu sehen, sondern du musst sie sehen. Wittgenstein geht es einzig und allein um die Spannung zwischen der dem, dass es diese Konstanz gibt, und dem, dass wir die einzelnen Instanzen dieser Konstanz sehen.


In einer Datenbanksprache kann man sagen: Ein Buch ist ein Datentyp. Und was ist ein Datentyp? Ein Datentyp ist eine Modellierung der Welt durch ein Datenmodell, und in dieser Modellierung der Welt kommt vor: ein Slot, und in diesen Slot lassen sich nur Bücher einfügen. Doch wie erkennt man was Bücher sind? Wittgenstein sagt nur, dort müssen Bücher rein. Alles was dort drinnen steht ist „Bücher“. Wenn Sie da etwas hinein tun, was keine Bücher sind, dann fällt das Ding zusammen, das wollen wir nicht, wir wollen eine vernünftige Welt, aber die Definition dessen, was an dieser Stelle stehen kann, ist sozusagen koextensiv mit dem, was dort alles drinsteht.