Transkript 15.06.12

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Einleitung

Diese letzte VO beschäftigt sich mit dem 3. Abschnitt dessen, was Wittgenstein im Big Typscript kompiliert hat. Ich werde das auch zum Anlass nehmen, einen Faden weiterzuspinnen, der diese VO auch durchzieht, nämlich die Illustration von Ideen und Gedanken Wittgensteins durch Querverweis auf hochschulpolitische Ereignisse. Gestern hat es wieder eine Senatssitzung gegeben. Es ist nicht ganz unumstritten zugegangen, obwohl Sie nichts in den Medien davon... zumindest hab ich nichts gehört; es hat noch einmal Protestaktionen gegeben der Studierenden der Internationalen Entwicklung. Sie haben den Zugang zu dem Gebäude, in denen die Sinatssitzungen stattfinden sollten, blockiert, in der Schenkenstrasse. Eine Anzahl von etwa 50 Studierenden. Die Blockierung des Eingangs ist nicht sehr schwierig gewesen, mit acht Studierenden, die sich mit ineinander verschränkten Armen dorthin gestellt haben. Ich habe mit den Studierenden in diesen zwei Stunden, die die Sitzung verschoben wurde, dann auch diskutiert, und werde Ihnen aus dieser Diskussion Beispielsätze vortragen zur Behandlung, zur Diskussion im Kontext dessen, was Wittgenstein in diesem dritten Abschnitt über das Verstehen sagt. Wittgensteins eigene Überschrift zu diesem Abschnitt heißt: Das Verstehen als Korrelat einer Erklärung. Die weiteren Unterabschnitte kommen von mir und folgen meinem Projekt, die ungegliederte Abfolge von Bemerkungen aufzugliedern, aufzuarbeiten, aufzubereiten in einen philosophischen Gedankengang, den es möglich ist, da drinnen zu sehen.

Das Verstehen erfordert zwei Sprachen

Die erste Unterüberschrift ist eine, die Wittgenstein so nicht wählt, aber die schon hinweist auf den entscheidenden Punkt, der hier zu diskutieren ist, und der auch für das Verstehen einen Aspekt bringt, den wir bisher so nicht diskutiert haben, nämlich: Das Verstehen erfordert zwei Sprachen. Das ist etwas, das aufs erste vielleicht ein wenig sonderbar klingt. Wenn jemand das absichtlich missverstehen wollte, so könnte die Rückfrage sein: Also nur ein Gespräch, das in Deutsch und Englisch verfasst wird, oder abgehalten wird, nur das der Ort von Verstehen ist? Können sich nur fremdsprachig redende Leute verständigen? Das kanns ja wohl doch nicht sein. Das ist auch nicht so gemeint. In einer pointierteren Art und Weise deutet das aber wohl auf etwas hin: Dass die sprachliche Kommunikation von zwei Personen immer etwas davon hat, dass wir – wie man sagen würde – aneinander vorbei reden, oder aneinander vorbei reden können; dass wir uns nicht gegenseitig einigen auf etwas, das wir verstehen könnten.

Sprachliche Äußerungen können z.B. so etwas sein wie Sprechchöre. Am Anfang ein bisschen schwierig, und dann findet man rein, und kriegt den richtigen Rhythmus und dann hat man so einen richtigen Sprechchor. Warum sind wir da, und so was ähnliches. Es ist eine sprachliche Äußerung, das ist aber nicht eine Location, eine Überlegung, so ein Vorkommen, wo man von Verstehen reden würde. Das ist sozusagen eine Kundgabe, das ist so ähnlich wie Pfeifen, mit Hilfe von sprachlichen Mitteln. Natürlich ist es vom Pfeifen unterschieden, insofern es auch einen deutbaren Inhalt hat, aber das Absingen von Sprechchören gehört nicht in den Phänomenbereich rein, von dem wir hier reden: dass nämlich Sätze artikuliert vorgetragen und verstanden werden können.

Die Frage ist nun: Welche Bedingungen muss man anführen dazu, dass das stattfinden kann; dass wir einander mit Sätzen verständigen können. Und da ist eben so ein Moment von: Ein Satz den ich höre, ist mir fremd. Ein Satz, den ich höre ist nicht so, dass ich ihn einfach nachplappere (also wie ein Baby, das hört etwas und plappert was Schönes nach, oder man summt etwas, oder repetetiv, gedankenlos sagt man etwas vor sich hin, oder man sagt was im Gleichschritt im Chor – das sind nicht die Zusammenhänge von denen wir hier reden), sondern ein Konfrontiertwerden mit einer sprachlichen Äußerung, die an uns eine Herausforderung stellt. Die Herausforderung von dem Typus – erinnern Sie sich – jemand hat eine Geste und ich frag mich: Was hast du jetzt mit dieser Geste gemeint? Hast du gemeint, ich soll herkommen, ich hab geglaubt du sagst mir das. Oder, wenn Sie es mit Sprache haben wollen: Hast du etwas gesagt, oder hast du nur vor dich hergermurmelt; wolltest du mir etwas sagen? So ähnliches. Diese Herausforderungen. Die These ist jetzt die, dass die richtige Beschreibung dafür darin besteht, dass man sagt: Wir gehen von zwei Sprachen aus. Von zwei Arten von Sprachen. Ich werde Sie hineinführen in diese Idee auf zwei verschiedene Arten und Weisen.

Ein Vorgriff: Verbindung von Wittgenstein mit Quine & Davidson

Die Gavagaistory von Quine

Bevor ich sie hineinführe vielleicht noch einen kurzen Vorgriff darauf, wo das bei Wittgenstein verankert ist. Da muss ich jetzt selber schauen. Er schreibt das an einer Stelle. . . . Es ist an einer Stelle von einer zweiten Sprache die Rede, aber wo hab ich das jetzt . . . Find ich nicht. Wir werden noch drauf kommen, zum Teil.

Der erste Punkt der Hinführung den ich machen möchte, ist etwas, was ich in der VO noch nicht bisher so gemacht habe, nämlich, den Gedankenkomplex von Wittgenstein in Beziehung setzen zu späteren philosophischen Entwicklungen. Es wäre aber an dieser Stelle sehr naheliegend und hilfreich sich klar zu machen, dass in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Wittgenstein schon auf einer Spur war und diese Spur vorgezeichnet hat, die in den 50er Jahren bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts in der Philosophie extrem wichtig und einflussreich gewesen ist, und das ist eine Spur, die genau das Verstehen von Ausdrücken mit der Hilfe von zwei Sprachen diskutiert hat. Und weil das sozusagen eine allgemeinere, für mich auch in der Philosophie sehr zentrale, Stellung hat, möchte ich Ihnen das kurz vorstellen, um es Ihnen möglich zu machen auch das darauf zurückzubeziehen was Wittgenstein sagt. Ich sage Ihnen zwei Namen, die sich mit diesem Zwei–Sprache–Zugang zum Verstehen verbinden und sehr wichtig geworden sind: Das eine ist Willard Quine und Donald Davidson. Das ist nicht ganz zufällig dass ich auf die zwei jetzt zu sprechen komme, weil die Vorlesung des nächsten Studienjahres wird über Quine und Davidson gehen, ich mache sozusagen da weiter. Nur wenn Sie das wissen wollen: Es gibt Videos, es gibt eine Videodokumentationsserie von Gesprächen mit Quine und Davidson und verschiedenen Philosophinnen und Philosophen, und die werde ich zum Anlass nehmen über Quine und Davidson näher etwas zu sagen. Insofern schlage ich hier, zunächst einmal, die Brücke in ein nächstes Studienjahr.

Was hat es damit auf sich? Es gibt eine ganz berühmte, kleine Story, an der die Philosophie großes Interesse gefunden hat, die massiv und ausführlich diskutiert worden ist. Jahrezehntelang kann man sagen. Und das ist die Gavagaistory. Die Quine sich einfallen hat lassen in Word & Objects. Kennen Sie die Gavagaistory nicht? Dann kann ich Sie mit einer Neuigkeit konfrontieren. Die Gavagaistory ist die folgende: Sie sind eine Sprachforscherin und arbeiten im Urwald. Sie sind auf der Spur eines Stammes, dieser Stamm hat noch keinen Kontakt mit irgendwelchen externen Personen gehabt. Es ist ein Amazonasstamm, der sein Leben dort führt und das erste Mal entdeckt wird, von so einer Sprachforschungsgruppe, von einem Projektteam, und die stehen jetzt dort und die hören die Leute etwas sagen. Was? Keine Ahnung. Nicht die geringste Ahnung. Radical Translation ist der Name dafür. Aus keinerlei Voraussetzungen einen Weg zu finden, wie man ein Verständnis . . . wie man Verstehen kann, was die sagen. Es ist also eine Radikalisierung dessen, womit wir uns die ganze Zeit in der Vorlesung beschäftigt haben. Nämlich: Sie bekommen etwas, Sie haben eine Vorlage, und diese Vorlage, das haben wir mehrfach schon gesagt, kann Quatsch sein. Das kann irgendwas sein, das kann ein Zufallsprodukt sein. Es kann so sein, dass Sie eine Vorlage haben, und Sie glauben: Da muss was drinstehen. Das steht aber nichts drinnen. Das ist etwas, was Sie in die Sache hineingelegt haben, da kann man nichts herausholen davon. Oder aber es ist codiert, oder aber Sie glauben, Sie verstehen, was da ist, das ist es aber nicht, weil etwas ganz Anderes dahintersteht. Das heißt also die Radikalisierung dieser Versuchsanordnung: Dass Sie sich ausgesetzt sehen einer Zeichenproduktion, und der Frage: Was mach ich jetzt damit? Wie soll ich das verstehen? Wie kann ich das verstehen?

Die Spezifikation dieses Szenarios ist nun, dass Quine sagt: Gut. Wir machen das noch ein bisschen konkreter. Wir stellen uns nicht einfach nur vor, dass die da so stehen, sondern wir stellen uns vor: Was kann da passieren?

Also Sie stehen im Urwald auf einer Lichtung. Auf dieser Lichtung stehen die Stammesangehörigen und die Forschungsgruppe. Und es hoppelt ein Hase von rechts nach links. Der taucht da einfach auf, ist kurz zu sehen, und ist schon wieder weg. Und die Gewehrspersonen, oder eine Gewehrsperson sagt: "Gavagai!" Aha. Was soll das? Wissen wir zunächst einmal auch nicht. "Gavagai". Das kann heißen: Verdammt nochmal, ich muss nach Hause gehen. Oder: Ist es schon 12 Uhr? Weil um 12 Uhr kommt der Hase immer. Oder: Ich hab Hunger. Oder: Das ist doch nett. Oder: Wow. Es kann alles heißen. Und das Problem ist aber, was heißt es, und wie kommt man an die Sache heran, was es heißen könnte. Und die Richtung . . . und Quine hat dieses Beispiel auch quasi so erdacht, dass er sagt: Es ist ja offensichtlich im Laufe der Sprachwissenschaft gelungen, dass wir Radical Translation stattfinden lassen. Es ist ja nicht so, dass es unmöglich ist, es kann ja gehen. Wie könnte es gehen, und welche philosophischen Schlussfolgerungen, Konsequenzen können wir daraus ziehen, dass es gehen kann? Quines Antwort darauf ist zu sagen: Es wird nicht anders möglich ist, alsdass ich eine Analogie zur Grundlage mache. Ich beginne damit: Was würde ich denn sagen, in einer solchen Situation? Ich versetze mich in die Situation eines Native Speakers und sage: In einer solchen Situation, wenn mich jemand auch noch beobachtet dabei, was würde ich denn dann sagen? Ich kenne den genaueren Kontext nicht, den kann ich nicht dazuphantasieren, aber wenn ich hier stehen würde, würde ich z.B. sagen: Ah! Hoppla, ein Hase! Das ist schon mal eine Hypothese. Schau, da ist eine Hase. Ein Hase. Oder: Da läuft ein Hase. Das ist eine Hypothese die ausgeht, von einer Sprachkompetenz der Person, die dort eine Untersuchung führt – das ist die erste Sprache – und die jetzt das folgende macht: Die von der Konstruktion her der anderen Seite unterstellen, dass die auch sprechen, und dass das, was sie da sprechen, dasselbe ist, was sie auch sagen.

Das ist hochriskant, das ist keinenfalls selbstverständlich. Aber der Witz ist der: Man kann nicht anders anfangen. Wenn ich in solch eine Lage komme, muss ich dort anfangen, dass ich dieselben Voraussetzungen für die andere Person mache wie für mich selbst, plus der Vermutung, dass das nicht ganz stimmen wird. Dass ich da noch Korrekturbedarf habe.

Und Sie können sich jetzt Testanordnungen vorstellen, in die das Ganze sich weiterentwickelt. Also dass man sagt z.B.: Naja, dass ich irgendeinen Beleg dafür habe, dass das was mit Hasen zu tun hat, werde ich wohl schauen müssen, was sie das nächste Mal sagen, wenn ein Hase vorüberkommt. Werden sie da wieder dasselbe sagen? Oder wenn ich einen Hasen einfange, ihnen den Hasen dann zeige, und die sagen dann auch "Gavagai", dann engt sich das schon ein. Und durch die Einengung wird es möglich, eine größere Treffsicherheit zu erzeugen. D.h. ich versuche, in der Phänomenvielfalt die es gibt, und mit der ich umgehen muss, eine Spezifikation zu finden, die eine solche Anknüpfung, eine solche Verbindung von Ausdrücken in der eigenen Sprache und in der fremden Sprache als möglich erscheinen lässt. D.h. ich versuche zB herauszubringen: Ist es so, dass das was wir "Hase" nennen, bei ihnen etwas mit "Gavagai" zu tun hat? Das ist der erste Weg. Und Quine – das wird uns jetzt in unserem Kontext nicht so beschäftigen, aber für die Erklärung dessen, warum es so wichtig geworden ist in der Philosophie, ist es sinnvoll es dazuzusagen – hat das dann in der Richtung weitergedacht: Selbst gegeben selbst, dass wir in der Lage sein würden, das "Gavagai" einigermaßen stabil zu verbinden mit "Hase" oder auch mit "da läuft ein Hase", gegeben das gelingt uns, werden wir in diesem Setting niemals in der Lage sein zu unterscheiden, ob sozusagen die logische Detailstruktur, die logische Feinstruktur dessen, was die mit "Gavagai" sagen, ob da jetzt z.B. dahinter steht, eine Vorstellung wie: Es gibt diese einzelnen Tiere, und eines von diesen einzelnen Tieren hoppelt da vorbei. Oder aber ob sie eine Vorstellung haben, von: Gott hat den Hasen geschaffen, und Gott hat uns jetzt einen Hasen geschickt. Oder aber ob sie die Vorstellung haben – und das ist ein berühmter Trick sozusagen – wichtig am Hasen sind eigentlich die Ohren und der Schwanz, weil die sind z.B. Trophäen, und wenn sie sagen "Gavagai" sagen sie: Da sind unabgetrennte Hasenteile, da sind sozusagen Ohren und ein Schwanz zusammen bei einem Tier dabei, und die sind jetzt da. Also diese verschiedenen Deutungen sind alle verträglich mit dem, was sie sehen.

Und die Quinsche Bemerkung diesbzgl. ist jetzt, dass er da sagt: Ganz abgesehen davon, wie viele sinnliche Eindrücke wir gewinnen, die uns die Grundlage für einen solchen Übersetzungsvorgang abgeben – wenn wir noch so viel sammeln – können wir nicht entscheiden, ob die meinen, dass ein einzelnes Hasentier vorbeihoppelt, oder ob sie damit sagen wollen: Gott hat uns wieder einen Hasen geschickt. Oder eine unabgetrennte Summe von Hasenteilen ist hier jetzt sichtbar. Alle diese Deutungen haben dieselbe sinnliche Grundlage und das nennt er Ontological Indeterminacy. Das ist sozusagen die Unterbestimmtheit des ontologischen Inhalts dessen was wir über die Welt sagen, und wie wir uns die Welt organisieren. Die Unterbestimmtheit gegeben: Die Summe von empirischen Impulsen.

Das lässt sich in der Philosophie sozusagen kräftig ausbauen. Wo haben wir, im Reden miteinander, Basis unter den Füßen? Quine geht in die Richtung zu sagen: Die Basis, die wir gerne und leicht anerkennen, nämlich dass wir dasselbe sehen, das ist zwar gut genug, um eine gewisse Art von Passung zu erlauben, aber über diese Passung kommen wir nicht hinweg. Wir kommen nicht dorthin, dass wir sagen können: Wir wissen jetzt genau, was der mit diesem Satz meint. Dieses Meinen bleibt unbestimmt. Bleibt unbestimmt durch den sinnlichen Promtex. [?]

Weiterführung von Davidson

Davidson hat darauf aufgebaut und hat über Übersetzung diesbzgl. noch weitergearbeitet und das Folgende gesagt – und das passt jetzt noch mehr zu Wittgenstein und führt uns vom Kontext her in das Big Typescript wieder zurück. Was tun wir eigentlich, wenn wir dem Verfahren folgen, dass wir sagen "Gavagai" heißt "Ein Hase läuft vorbei."? Wir formulieren einen Satz und zwar einen Behauptungssatz. In unserer Sprache behaupten wir etwas. Und für unsere Fälle wissen wir, wir sagen: Wir verstehen das, wir wissen, was wir behaupten. Was bedeutet das? Wir haben eine Analyse dieses Satzes, welche den Satz in bestimmte Teile zerlegt und es uns gestattet, die einzelnen Teile so zu verwenden, in unserer Sprache, und so zu erklären – Verstehen hängt mit Erklärung zusammen – einzelne Teile des Satzes so auseinanderzunehmen und so zu erklären, dass sie in unsere Sprache passen. Also wenn mich jemand fragt: "Du hast gerade gesagt ein 'Hase' läuft vorbei. Was meinst du mit 'Hase'?" Dann bin ich, wenn ich den Satz verstehe, und wenn ich ihn behaupte, verpflichtet, dieser Person, wenn ich sie ernst nehmen, zu zeigen: Hase? Du hast noch nicht gesehen, was ein Hase ist? Schau mal. Das ist ein Esel, das ist ein Känguruh und das ist ein Hase. Oder ihm zu sagen: Hase, du weißt doch.. das sind diese braunen Dinger, die über das Feld laufen im Frühling, und die immer die Eier bringen. Das ist sozusagen die Kompetenz, die ich zeige, wenn ich in der Lage bin, zu behaupten: Hier läuft ein Hase vorbei.

Nun. Von der anderen Seite her kann ich diese Kompetenz nicht voraussetzen, weil ich noch gar nicht weiß, ob es ein Satz ist und wie dieser Satz aufgebaut ist. Und ich kann nicht von dem anderen erwarten, dass er mir das alles erklärt. Was ich aber tun kann, und was quasi das hypothetische Forschungsprogramm ist, das Davidson genauer beschreibt, ist zu sagen: Ich gehe auf die Suche nach Sprachäußerungen, die Behauptungen sein können; ich unterstelle dass das Behauptungen sein können. Ich gehe auf die Suche, ich zeichne diese Quasi–Behauptungssätze auf. Diese Behauptungen werden geäußert in bestimmten Umweltkontexten, die muss ich auch mit dazu nehmen, und dann versuche ich das, was ich da gekriegt habe, zu analysieren. So, wie wenn Sie ein fremdsprachiges Manuskript haben, und z.B. wenn Sie einen lateinischen Text haben. Sie sollen den lateinischen Text übersetzen. Da ist es auch ausgesprochen wichtig, zu wissen, wo die Sätze sind. Sie sind hoffnungslos verloren, wenn Sie eine Seite lateinischen Text haben, ohne Interpunktion (im Normalfall). Sie haben keinen Anhaltspunkt. Sie müssen auch mit der lateinischen Übersetzung so etwas ähnliches tun, nämlich erst einmal zu fragen: Wo fängt denn der Satz an, und wo hört der Satz auf? Warum ist das so? Weil unsere Sprache, mit der wir es schaffen miteinander zu reden, so organisiert ist – abgesehen davon dass Sie auch mal schreien, oder irgendwelche unartikulierten Laute, oder unzusammenhängende Bemerkungen von sich geben – dass sie in solchen kleinen Units kommt. Units, die man auseinandernehmen kann. Wo man sagen kann: Sag mir nicht alles auf einmal, ohne jede Unterbrechung, sondern sag mir mal Was ist das erste. Denn wenn du mir sagst was der erste Satz ist, kann ich den mal feststellen und sagen: Gut, das hast du jetzt gesagt. Jetzt versuch ich mal zu überlegen. Lateinischer Satz, wenn das der Satz ist (Sie wissen das, Sie kennen das, wir kommen zurück in die Volksschule): Was ist der Satzgegenstand und was ist die Satzaussage? So einfach das ist, so zentral und elementar, so hilft uns das hier gut, denn wenn Sie eine fremde Sprache übersetzen wollen, wollen Sie wissen: Worum geht es da und was wird gesagt?

Sie haben nun also diese satzartigen Äußerungen und Sie operieren mit einem Verständnis dessen, was Ihre Sprache in einer solchen Situation sagen würde, und Sie versuchen das jetzt reinzuinterpretieren. Sie versuchen die Sprachstruktur, mit der sie kommen, passend zu machen, den zunächst einmal unzusammenhängenden, unartikulierten Äußerungen von der anderen Seite. D.h. de facto nichts anderes, alsdass Sie versuchen, so zu tun, als ob der mit ihnen reden würde. Und als ob Sie das verstehen könnten. Und als ob Sie nachfragen könnten. Also als ob das alles zusammenhängen würde. Stellen Sie sich vor: Wenn Sie mit jemandem reden, und Sie glauben diese Person sagt Ihnen etwas, und diese Person phantasiert aber zusammenhangslos. Sie sagt zwar schon etwas in ihrer Sprache, aber was sie in ihrer Sprache sagt, hängt nicht mit ihrer Umgebung zusammen. Es ist nur, was ihm gerade einfällt, manchmal sind es Sätze und manchmal sind es keine Sätze. Dann werden Sie kaum eine Chance haben, diese Art von Analyse zu machen. Und um diese Analyse zu machen, müssen Sie nicht nur voraussetzen, dass das Sprachäußerungen sind, sondern Sie müssen auch voraussetzen, diese in einer systematischen Art und Weise damit verbunden sind, was die Umgebung hergibt. Was Sie sehen und was die andere Person sieht, und dass die andere Person mehr oder weniger beim Thema bleibt. Dass sie z.B. nicht den Bezug der Worte, das, was mit den Worten gemacht wird, jedes Mal neu wechselt. Also die Person kann nicht zu demselben Ding, zu dem Sie "Hase" sagen einmal sagen "Gava" und dann "Bumba" und dann "Alla". Da werden Sie nie draufkommen, dass es diese Regularitäten gibt. D.h. alle diese Voraussetzungen müssen Sie erfüllen und dann werden Sie, nach Davidson, eine Theorie aufstellen, die sich ableitet von Ihrem Verständnis von wahren Sätzen, und die austestet, wieweit dieses Verständnis von wahren Sätzen übertragbar ist auf Ausdrücke von der Fremdsprache. Also alles das, was ich Ihnen jetzt beschrieben habe, ist sozusagen, nach Davidson, eine Theory of meaning of a foreign language. Was ich Ihnen jetzt erzählt habe ist eine Verstehenstheorie. Von Davidson her ist es eine Antwort auf die Frage, die uns bei Wittgenstein ständig beschäftigt, nämlich: Was verstehe ich unter Verstehen? Was ist Meinen? Worum handelt es sich beim Meinen? Und diese Theory of meaning als eine wesentliche Theorie der Sprachphilosophie, also etwas, das die Sprachphilosophie als wichtig angestoßen hat, habe ich Ihnen damit kurz vorgestellt.

Zurück in die Schenkengasse

Jetzt gehe ich auf den nächsten Punkt, der ist, dass ich das jetzt anwende innerhalb des Deutschen. Da mache ich jetzt einen riskanten Sprung und gehe von der idyllischen Wiese im Wald in die Schenkenstrasse. Und in der Schenkenstrasse treffe ich Personen, die mich da nicht durchlassen. Dort, wo ich bei der Türe reingehen will, mich nicht durchlassen und bestimmte Sätze sagen. Sie sagen Z.B. Sätze wie: "Das Rektorakt wird uns abschaffen!" Ich habe Ihnen drei Sätze von gestern hierher gestellt. "Man hat mit uns seit zwei Jahren nicht gesprochen." "Die Abschaffung des BA Internationale Entwicklung ist undemokratisch." Das sind so Sätze, die dort gesagt werden. Ich nehme es ein wenig in einen anderen Bereich, aber die Basis der Überlegungen sollte klar sein. Sagen wir, ich beschreibe ein wirkliches Gespräch, das ich gehört habe. "Das Rektorat wird uns abschaffen." Und ich habe gesagt: "Das verstehe ich nicht." Ich habe eigentlich gesagt "Blödsinn." Nein, das habe ich auch nicht gesagt, sondern ich habe gesagt: "Das können Sie nicht sagen." Also da gibt es genau jetzt eine ähnliche Situation. Es ist ähnlich, wenn ich sage: "Ich verstehe es nicht.", und mich auf stur stelle, ist es tatsächlich so, dass ich sage: "Wissen Sie was? Sie verwenden hier Ausdrücke, aber mit diesen Ausdrücken kann ich nichts verbinden. Ich weiß nicht, was das soll. Das ist noch nicht einmal ein Satz. Das ist nicht ein Satz, mit dem ich umgehen kann. Warum kann ich mit diesem Satz nicht umgehen? Der Grund ist der, dass: Wenn Sie sagen 'uns', wen meinen Sie mit 'uns'." "Mit 'uns' meinen wir, die Studierenden des BA Internationale Entwicklung." Daraufhin sage ich: "Wenn Sie das meinen, dann ist der Satz falsch. Denn die jetzigen Studierenden der Internationalen Entwicklung können bis 2016 ihr Studium zu Ende führen. D.h. das ist ein dreijähriges Bachelorstudium und Sie haben zusätzlich zu dem, was Sie bisher gehabt haben, noch weitere vier Jahre Zeit, das Bachelorstudium Internationale Entwicklung abzuschließen. Also Sie können mir jetzt nicht sagen, dass Sie . . . Also auch wenn ich das übernehme, dass 'uns' die Studierenden des Bachelorstudiums der Internationalen Entwicklung sind, dass das abgeschafft werden soll. Sie werden nicht abgeschafft. Sie können Ihr Studium ganz genau zu Ende führen." Die Antwort können Sie sich gut denken. "Wir meinen nicht 'uns', sondern wir meinen das Studium für Internationale Entwicklung überhaupt. Das soll abgeschafft werden." Dann sage ich: "Dann können Sie aber nicht sagen: 'Das Rektorat will uns abschaffen.' Sondern dann hätten Sie sagen sollen: 'Das Rektorat schafft ab 2016 das Studium Internationale Entwicklung ab.'" Darauf hätte man sich in etwa einigen können, wir haben uns nicht geeinigt. Warum ist auch einigermaßen klar: Weil, in der Sprache, mit der ich da konfrontiert werde, eine Identifikation der Personen, die dort gestanden sind, die nicht nur für sich selber geredet haben, sondern auch für alle anderen, die jetzt studieren . . . die haben sich identifiziert, haben alle anderen mit sich identifiziert, und haben auch alle zukünftigen, möglichen, Studierenden der Internationalen Entwicklung mit sich identifiziert. Im Sinne der Solidarität. Und haben gesagt: Unter diesen Bedingungen müssen wir protestieren. Weil man will uns abschaffen. Und ich sage: Da sind eine ganze Reihe von Implikationen drinnen, die in meiner Sprache nicht vorgesehen sind. Die ich in meiner Sprache nicht nachvollziehen kann. Und die Frage ist jetzt natürlich, das kommt dort hin, deshalb zeige ich es Ihnen an diesem Beispiel . . . Wir haben mehrfach in der Vorlesung darüber gesprochen, was der Wittgensteinsche Anspruch der Analyse von Satzbestandteilen ist. Und dass Wittgenstein mit einer Vorstellung arbeitet, dass diese Bestandteile des Satzes, auf die ich zugreifen muss, um Verstehen zu erklären, dass die in der Sprache weit verzweigt sind. Dass das Implikationen hat, die logische Tiefengrammatik. Die grammatische Analyse von Worten wie "uns" oder "Zahnschmerzen" oder selbst "rot" und "grün", "Sessel", hochkomplex ist. Und dass das, was wir verstehen, wenn wir reagieren auf die Äußerung eines solchen Fachausdruckes, dass das, was wir da verstehen eine Zugriff haben muss, sich der logischen Verästelung dieser Ausdrücke im Sprachsystem der beteiligten Personen, bedienen muss. Und dass in einem solchen Beispielfall wie "uns abschaffen", damit konfrontiert sind, dass wir uns fragen müssen: Reden wir hier überhaupt von demselben? Unter welchen Bedingungen kann ich hier ein Verständnis herstellen? Verstehe ich, was die Person da sagt? Verstehe ich sie alleine dadurch, dass ich sage: Ich weiß, was das Wort "uns" ist, und die verwendet auch das Wort "uns", also muss ich davon ausgehen, dass ich weiß, wovon sie redet. Also "uns", das ist die Gruppe, und wenn sie sozusagen mehr meint, als diese Gruppe, so verstehe ich das "uns" trotzdem, nur denkt sie sich was anderes damit! Das ist genau der Bereich, in den wir kommen: Wie weit ist Verstehen verbunden mit bestimmten Symbolausdrücken und ihrer Verwendung, und inwieweit kommt hinzu, dass wir uns etwas dazu denken. Dass wir in bestimmten Absichten verstehen, Bewusstseinszustände haben, Kompetenzen haben, über die Wortklänge hinaus.

Ich verdeutliche es an dem zweiten Beispiel: Die Studierenden haben gesagt. "Man hat zwei Jahre lang schon nicht mit uns gesprochen." Und ich sage: "Ja, aber was heißt das? Es gab doch die Informationsveranstaltung für Internationale Entwicklung, Sie hatten einen Termin mit der Frau Schnabl, Sie hatten einen Termin mit dem Rektor. Da sind Sie doch hingegangen. Da waren Sie doch. Da hat man doch mit Ihnen gesprochen." Und die Studierenden haben gesagt: "Man hat nicht wirklich mit uns gesprochen. Man hat uns nicht zugehört. Wir haben das nicht erreicht, was wir wollten." Und darauf sage ich: "Aha. Sie meinen also mit Gespräch: Ein Gespräch ist, wenn man das erreicht, was man will." Das ist das Problem. Das Problem ist da noch deutlicher, als mit dem "uns", weil wir sehr wohl eine Bedeutung von "nur so tun, als ob man miteinander reden würde", haben. Da gibt es ein Gespräch, da sagt die eine Person was, und die andere sagt was; aber es klingt nur so wie ein Gespräch. Die reagieren nicht aufeinander. Da passiert nichts. Das sind nur Lautäußerungen von Personen, die zufällig im selben Raum sind. Man trifft sich zu einem Termin, und der Eine sagt Goethe auf und der Andere sagt Shakespeare auf. Die reden beide, aber es ist kein Gespräch. Es kommt sozusagen zu keinem Match, zu keiner Auseinandersetzung. Das heißt, es gibt diese Bedeutung von: In abwechselnden Rollen an einem gemeinsamen Ort sprachliche Ausdrücke erzeugen, ist noch kein Gespräch. Das gibt es. Von daher ist es berechtigt, dass die Studierenden sagen können: "Man hat nicht mit uns gesprochen." Aber es ist genauso berechtigt, zu sagen: "Also wenn Sie eingeladen worden sind, und Sie haben etwas geantwortet auf das, was der Rektor gesagt hat und umgekehrt, dann nennt man das Gespräch, und Sie können nicht sagen, man hat nicht mit Ihnen gesprochen!" Die Ponte, worauf ich hier hinziele, ist die, dass, erstens, unsere Wittgensteinthemen, die wir hier behandeln, eine wichtige und herzeigbare, politische Funktion haben. Es ist nicht einfach etwas, das in der abstrakten Sprachphilosophie vorhanden sind, sondern etwas, wofür es Direktgebrauch gibt in solchen Auseinandersetzungen. Und zweitens, dass die Form, wie Wittgenstein an die Sache herangeht, eine sehr spezifische ist, die es vielleicht möglich macht, dass man bestimmte Konfliktmuster zumindest einmal neu sieht, einen neuen Zugang dazu hat. Denn die Beschreibung, die darin liegt, dass man sagt: Wir haben dieselben Worte verwendet, aber wir konnten uns nicht einigen, wir haben die Instrumente der Sprache verwendet, um zu einem Verstehen zu kommen, und das ist nicht gelungen; die kann man an der Stelle ein bisschen genauer definieren.

Das ist einer der Punkte, auf die ich hinweisen will: Es gibt zwei sehr unterschiedliche Dissensform. Die eine ist die, zu sagen: Wenn ich versuche, mich mit dir darüber abzugleichen, was dieser Satz bedeutet, dann komme ich auf keinen grünen Zweig. Denn Du redest von "Gespräch", und ich rede von "Gespräch", aber die Mikroverästelung, von dem, was hier für Dich und für mich "Gespräch" ist, die funktioniert anders. Wir reden aneinander vorbei, wie man so sagt. Und die daraus entstehende Entfremdung, Befremdlichkeit, führt dazu, dass wir aus der Sprache insofern herausgeworfen werden und in einen Bereich kommen, von der Art und Weise: Wenn du mir nicht zuhörst, und ich mit dir nicht reden kann, dann muss ich eben etwas anderes tun. In diesem Fall sagen die Studierenden: Weil ihr nicht mit uns redet [...] müssen wir blockieren. Das ist eine Folge dieser Art und Weise von Verstehen.

Die zweite Folge, die geschehen kann, ist zu sagen: Wir reden sehr wohl miteinander, z.B. im Senat. Dort sitzen auch Studierende, da sind Studierende in der Sitzung gewesen, und diese haben am Diskussionsprozess teilgenommen. Die würden nicht leugnen, dass man mit ihnen redet. Denn wenn das der Fall gewesen wäre, würden sie aufgestanden sein und weggegangen sein. Die hatten sehr wohl den Eindruck, dass man mit ihnen redet. Es ist sogar sehr notwendig, dass sie unterstellen, dass mit ihnen geredet wird, denn die wollen uns nämlich davon überzeugen, dass wir bestimmte Sachen machen. Diese Studierenden wollten uns davon überzeugen, dass der Senat nicht zustimmt, dem Vorgehen des Rektors, die Internationale Entwicklung abzuschaffen. D.h. während die Einen gesagt haben: Man hat nicht mit uns geredet, deswegen müssen wir demonstrieren, sagen die Anderen: Wir reden mit euch! Und wir möchten euch in diesen Reden davon überzeugen, dass das und das passiert. D.h. an der Stelle gibt es die Kommunikation im Leben und dann aber noch immer auch die Frage: Was folgt dann daraus? Wenn es um eine Entscheidung geht.

Und in der Entscheidung, die dann so gefallen ist, dass 13 für die Akzeptanz des Rektorates waren, und 5 dagegen. In dieser Entscheidung ist entschieden worden, dass das Rektorat diese Position vertritt. Und in dem ganzen Prozess steckt drinnen, dass die Leute, die an dem Prozess teilgenommen haben – als jemand, der eine Rolle darin spielt – unterstellen, dass sie über dieselbe Sache abgestimmt haben! Eine Abstimmung kann nur statt finden, wenn man davon ausgeht, dass sie über dieselbe Sache abgestimmt haben. D.h. man kann nur dann einen Sinn mit der Abstimmung verbinden, wenn man sagen kann: Die Leute, die abgestimmt haben, 18 Personen, hatten dasselbe Thema, haben verstanden, was die Frage ist. Nämlich: Das ist der Satz. Das ist die Absicht. Seid ihr dafür oder seid ihr dagegen? Nur, wenn die das verstanden haben, macht es Sinn zu sagen: Da waren einige dagegen und mehr waren dafür. An dieser Stelle hat ein Verständnis, ein Basisverständnis statt gefunden, wenn auch mit einem Resultat, das für einige unerwünscht, etwas Negatives, und für andere erwünscht war.

Das ist eine nicht unwichtige Bemerkung über politische Prozesse, ganz allgemein, in denen, damit Demokratie funktioniert, solche Gemeinschaftsvoraussetzungen festgehalten werden müssen. D.h. wir einigen uns darauf, dass wir dasselbe meinen, auf der anderen Seite aber immer etwas möglich ist wie ziviler Ungehorsam. Der bedeutet sozusagen: Ich mache da nicht mit. In dieser Bedeutungszuschreibung mache ich nicht mit. Für mich sind diese Gespräche keine Gespräche, deshalb muss ich handeln. Und zwar nicht im Sinne von Abstimmung, sondern ich muss etwas gegen die Möglichkeit der Abstimmung unternehmen. Und in Wirklichkeit ist diese Alternative, sind diese zwei verschiedenen Möglichkeiten, eingeschrieben in den Verstehensprozess; insofern dieser ein Prozess ist, der zwischen zwei Sprachen statt findet. [...] Zwei Sprachen sind eben nicht einfach zwei Fremdsprachen, sondern zwei Sprachen können auch eine geteilten Muttersprache sein, die die geschilderte Diversität enthält, in der es zu diesen Verwerfungen kommt. Und Wittgenstein sagt sozusagen an dieser Stelle: Missverständnis. Wenn man es auf einen Wittgenstein–speziellen Ausdruck bringt, so handelt es sich hier um Missverständnisse, die ausgetragen werden können.

Vortragspause / Bemerkungen aus dem Plenum

– Das sind nicht Missverständnisse, sondern unser politischer Umgang ist so versaut, dass man nicht mehr über etwas diskutiert, sondern jeder hat sein praktisch fixes Programm. Auf der anderen Seite genauso; bei den Studenten. Das sind Dinge, bei denen man quasi mit Schlagworten . . . "mit uns", ohne sich zu definieren. "Man hat nicht mit uns geredet.", "Man schafft uns ab!" Ich meine, das sind schon so Dinge, die so ...Es wird also so eine aufgeladene Sprache, von beiden Seiten, und worum geht's? Eine Partei, ein Wissenschaftsminister hat ein Programm: Wir sparen ein! Und dann wird gesagt . . . aber man könnte z.B. darüber diskutieren: Wie viele Leute haben das studiert? Was kostet uns das? Wie viele Leuten haben einen Job irgendwann einmal bekommen? Und aus dem und dem Grund . . . irgendwas müsste man machen. Bitte sagt uns Alternativen, das oder was anderes. Damit kommt es in ein ganz anderes Fahrwasser. . . . Ich meine, das ist ja ärger als dass zwei Fremdsprachen gegeneinander gehen. Das sind ja nurmehr so "Wahlkampfparolen" oder so was.

– Ähm, ja. . . . Na, dass es ein alternatives Fach ist, dass man da nehmen kann. Also ein anderer Zugang zur Wirtschaft, soweit ich weiß, das man verdammt nochmal zu fördern hat, und nicht auszubluten! Und da geht's nicht drum: Wie viele haben einen Job gekriegt?

– Raumordnung. Raumordnung hat man gesagt: Das ist das klasse Studium! Dann haben die Leute das studiert und waren fertig, und kein Mensch hat sie genommen.

Professor:

Jaja. Ich habe nichts dagegen, ein bisschen den Dissens anzuzetteln. Ich sage mal so: Die Beiträge sind hilfreich, weil sie etwas herausstreichen, was im Prinzip von mir auch betont werden sollte . . .

Aus dem Plenum:

Darf ich noch was anmerken? [Professor: Ja.] Mir fällt nur noch dazu ein: Wahrhaftigkeit! Dass die Leute wirklich wahrhaftig damit umgehen sollen, weil das findet nicht statt. Da hört sich ja irgendwo die Kommunikation auf.

Professor wieder:

Ich nehme die Beiträge jetzt so und verallgemeinere sie ein bisschen. Einer der Gründe, warum das zwei–Sprachen–Modell so wichtig ist, finde ich, besteht darin, dass es ein sehr modernes und aktuelles Verfahren ist, gesellschaftliche Konflikte sich selbst klar zu machen, im Unterschied dazu, dass es lange Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte, eher so gewesen ist, dass wir Fremdsprachen haben – es gibt Französisch, es gibt Deutsch, es gibt Englisch, es gibt Italienisch. Solange wir uns im Österreichischen oder im Deutschen befinden, wissen wir, wovon wir reden, aber dann gibt es die andere Sprache – die französische, englische, türkische Sprache – und da haben wir Schwierigkeiten. Da gibt es Konflikte. Da gab es ja in einem sehr deutlichen Sinn nicht nur sprachliche Divergenz, sondern auch permanent Krieg in Europa! Das wollen wir nur mal festhalten. Zwischen den großen nationalen Machtblöcken gab es permanent Krieg, Gewinn von Geld, von Ressourcen und so weiter. Und diese Art und Weise mit Sprachen umzugehen, ist verbunden mit Nationalismus, mit Stammesvorstellungen. Das ändert sich insofern als dass die Divergenz von Sprachen, durchaus im wörtlichen Sinn, in die europäischen Staaten hineinkommt. D.h. wir haben die Türken, wir haben die KorianerInnen, wir haben die JapanerInnen. Es gibt das Einwanderungsphänomen. Und wir sehen, der Reihe nach, in der Parteienlandschaft, in der ganzen Art und Weise, wie die Gesellschaft darauf reagiert, wie schwierig es ist, diese fremden Sprachen hineinzuintegrieren in eine Bürgerschaft, eine zivile Gesellschaft, die sich auf bestimmte Basics einigen kann. Und es eignen sich für solche Basics natürlich bestimmte prototypische Ereignisse, wie auch nationale Symbole, Sport Events, soziale Zusammenhänge...Es gibt sozusagen solche Dinge, die Kohärenzfaktoren sind. Die auch für unterschiedliche Sprachgemeinschaften eine Gemeinsamkeit haben. Gleichzeitig gibt es Knalleffekte und Katastrophenszenarios, wie z.B.: Wer grillt wo was? Wer verwendet welche Musik wie laut? Das gibt es natürlich schon immer, aber an der Stelle ist es deutlich. An der Stelle versimpelt sich die sprachliche Auseinandersetzung und die Frage des Verstehens auf eine atemberaubende Art und Weise. Da ist man bei den Beschimpfungen, bei den totalen, nationalen Klischees. Und das ist eine Versimpelung. Auf die Art und Weise wird etwas plattgedrückt, was subtiler und differenzierter ist. Das ist ein Phänomen, das aber zunächst einmal eher analysiert werden muss.

Z.B. eine Analyse des Gebrauches von "Gespräch". Was meint der mit Gespräch? Damit wollte ich darauf aufmerksam machen: In einem solchen Konflikt wird das Wort "Gespräch" von beiden Leuten verwendet, und wenn ich genauer hinsehe, sehe ich: Das führt in eine andere Richtung. Ich muss also woanders weitermachen. Ich muss weitermachen, dort: Was ist ein sinnvolles Gespräch? Und wenn ich jetzt beim sinnvollen Gespräch bin, bin ich bei dem Schritt, den Sie hier andeuten: Ein sinnvolles Gespräch über internationale Entwicklung, kann für mich nur enthalten ein prinzipielles Eingeständnis dessen, dass es als ein alternatives Studium fördernswert ist. Das ist meine Bedingung für "sinnvolles Gespräch". Daraufhin kann jemand sagen: Diese Bedingung akzeptiere ich, oder akzeptiere ich nicht. Wenn die Bedingung akzeptiert wird, dann ist noch immer die Frage, ob man nun sagt: Also wenn du diese Bedingung erfüllst, dann heißt das eigentlich, dass du das nicht abschaffen kannst. Weil es ist sinnvoll als alternatives Studium. Wenn du meine Bedingung erfüllst, dann musst du auch das tun, was ich sage! Darauf sage ich: Nein! So verstehe ich die sinnvolle Bedingung nicht! Ich in meinem Sprachgebrauch kann sehr wohl sagen: Es ist ein sinnvolles Studium, es ist sinnvoll, es zu unterstützen und das ist auch geschehen, aber es kann auch den Sinn verlieren, unterstützt zu werden, unter bestimmten Bedingungen. Deshalb stimme ich zu, dass es sinnvoll ist, im Prinzip, sage aber trotzdem, dass es in der jetzigen Situation nicht mehr sinnvoll ist und dass ich einen Ersatz habe.

Was ich damit sagen wollte: Die Bewegung, ins Detail zu gehen, und von der Versimpelung weg in eine Differenziertheit zu kommen, ist durchaus das, was in der Wittgensteinschen Analyse drinnen ist. Es ist nicht nur Wittgenstein, sondern natürlich etwas, was man an der Universität lernen soll, eine der Kompetenzen, die notwendig sind, um Konflikte zu lösen: Das man dem nachgeht und auflöst, was die Blockaden bedeuten, was sie erzeugt. Dass aber die philosophische Lösung aber nicht vorhanden istdazu dass wir eine Einigung über dieses Thema haben werden. Es führt nur zu bestimmten Strategien und Klärungen des Verhältnisses zwischen der Tätigkeit, die Menschen miteinander durchführen, wenn sie Worte austauschen und dem, was sie für Konsequenzen ziehen, wenn das nicht mehr geht.

Frage aus Plenum:

– Gibt es einen Ersatz? Was ist der Ersatz?

Professor:

Gute Frage! Gibt es einen Ersatz? Damit sind wir mit demselben Problem gleich wieder beschäftigt. Das Angebot des Rektorats für einen Ersatz ist, dass das Rektorat sagt: Es gibt eine Reihe von Bachelorstudien, Politiologie, Geschichte, Ökologie, Soziologie, etc. Diese Bachelorstudien könnt ihr wählen und es gibt sogenannte Erweiterungscurricula, zwei zu IE, insgesamt zu 30 ECTS Punkten. In den genannten Bachelorstudien sind ECs vorgesehen. Wenn ihr in diesen diese ECs für IE wählt, dann ist das eine Zugangsbedingung für den Master "Internationale Entwicklung". Es wird ein Master IE eingeführt, wir finanzieren den, es gibt ein Curriculum. Und die Hinführung zu dem Master IE erfolgt über die genannten Bachelorstudien plus EC IE. Das Rektorat sagt: Das ist ein Ersatz. Die Studierenden sagen: Das ist kein Ersatz. Das ist kein Ersatz, weil das ist nicht ein Bachelorstudium IE, und deshalb wir es als Ersatz nicht akzeptiert. Das ist, wie wenn man ein Hotel gebucht hat, und das Zimmer soll auf das Meer schauen, aber das Zimmer schaut nicht auf das Meer. Es wird Ihnen angeboten: Sie können in ein anderes Zimmer gehen und zwei Mal um's Eck gehen, dann sehen Sie das Meer. Da ist die Frage: Akzeptiert man das als Ersatz, oder nicht. Die Frage: "Nennt man das Ersatz?", ist nicht einfach eine terminologische Frage, sondern eine Frage ist, die verbunden ist mit der ganzen Verstehensanalyse, die wiederum verbunden ist mit der Vorstellung wie Verstehen und Handeln zusammenhängen. In dem Moment, wo ich das nicht mehr "Ersatz" nenne, verstehe ich mich mit Dir nicht mehr über die Sprache und über die Sache.

Aus dem Plenum:

– Ich sage nur, man kann es nicht beurteilen.

– Ich sehe den Sinn in der Sache nicht. Wir das billiger dadurch oder wie? Wenn ich es richtig kapier, heißt das: Wer IE mag, muss quasi ein Grundstudium in Soziologie oder Wirtschaftswissenschaften zuerst machen.

Das sind jetzt eine Reihe von pragmatischen Überlegungen. Das erste, was das Rektorat mit der Sonderlösung vermeiden, bzw. beabsichtigen will, ist, dass es kein Bachelor IE mit 600 Neubeginnern pro Semester gibt, die vom Lehraufgebot her rettungslos unterversorgt sind. Wenn man sie finanzieren muss, wie es jetzt der Fall ist, hat man permanent einen Krisenherd geschaffen. Wenn man es auf andere Studien verlagert, ist es zumindest verteilt, dann hat man sich das konstitutive Problem des permanenten Krisenherdes erspart und bringt den Leuten trotzdem eine faire Chance, eine Qualifikation in IE zu gewinnen, aber es ist natürlich eine politische Strategie des Rektorates dahinter, das ist klar. Es ist ein Kompromissvorschlag.

Aus dem Plenum:

– Also das Studium Bachelor IE ist unterversorgt.

Professor wieder:

Es ist gänzlich unterversorgt! Zwei– bis Dreitausend Studierende mit vier Habilitierten! Wenn wir schon dabei sind, lege ich die Fakten mehr auf den Tisch. Man hat ein Bachelorstudium IE eingeführt, 2004 oder 2005, mit der Absicht, das entsprechend ressourcenmäßig auszustatten. Da gabe es eine Initiative von der Afrikanistik her . . . man wollte das große Interesse, das damals vorhanden war, in einen regulären Betrieb hinein, ein Bachelor– und Masterstudium für IE schaffen, man hat dazu auch neue Professoren und Professorinnen berufen, und man ist draufgekommen: In dem Moment, als man das Studium einberufen hat, in dem Semester haben 400 Studierende mehr inskribiert. Das hat sich als unglaublich populär erwiesen. Man hat also plötzlich 400 Studierende mehr gehabt, als sonst inskribiert sind. Man hat gemerkt: Das sind so viele, das steigert sich noch immer womöglich. Das, was wir finanziell hineingesteckt haben, war ein Tropfen auf den heissen Stein. Da müsst man mehr reinstecken, weil wir haben immer mehr IE–Studierenden, und das ist nicht mehr finanzierbar. Wie gehen wir damit um? Das war das Problem, die Frage des Rektorates.

Missverständnis

Verstehen, damit meine ich ein Korrelat einer Erklärung, nicht etwa eine medizinischen Beeinflussung. – Diese Geschichte mit dem Medikament: Wenn ich eine Tablette nehme und diese verändert meinen Bewusstseinszustand, dann ist das zwar vielleicht eine erhöhte Aufmerksamkeit, aber das ist kein Argument. Der wichtige Punkt, worum es immer wieder geht: Beeinflussung von Menschen, sei es durch physische Prozesse, oder z.B. durch emotionale Aktionen (z.B. Appell ans Mitleid), und auf der anderen Seite: Beeinflussung von Menschen durch Verstehen – dadurch, dass sie verstehen. Wenn ich dir erkläre, warum das so ist, dann wirst du vielleicht etwas machen. Dann kannst du mir vielleicht zustimmen, und dann kannst du das und das tun. Die Linie, die der Wittgenstein zieht, ist: Wenn du an der Stelle Beeinflussung durch Argumente hast, dann musst du mir auch sagen, was das Gegenteil ist. Was würdest du nicht so nennen. Was nennst du Wirksamkeit durch Medikamente? – D.i. diese und diese Effekte. – Und die Gegenseite ist, dass das Medikament nicht wirkt. Dass du angeben kannst, wie etwas auslässt, wie etwas nicht kommt. Ein Medikament wirkt nicht, weil es z.B. ein Fake ist, oder andere Komponenten hat als die versprochenen. Das ist die Nicht–Wirksamkeit eines Medikamentes. Was ist jetzt der Unterschied, das Gegenteil davon, dass man etwas versteht? Dass Argumente wirken? Und das Missverständnis.

Mit dem Wort Missverständnis meine ich also wesentlich etwas, das sich durch Erklärung beseitigen lässt. Verständnis entspricht der Erklärung. Solange es aber der Erklärung nicht entspricht, ist es unartikuliert und geht uns nichts an. Oder es ist artikuliert und entspricht dem Satz selbst, dessen Verständnis wir beschreiben wollen.

Unartikuliert ist das, was wir beschrieben haben mit dem Verstehen amorph: Verstehen, das uns in den Knochen sitzt sozusagen. Angedeutet habe ich es damit, dass ich sagte, es gibt eine Tendenz zu sagen: Das Verständnis eines Satzes, z.B. "Man hat nicht mit uns gesprochen.", das liegt nicht in dem Satz, den ich da sagen will, sondern darin, dass ich ein Bewusstsein, eine Vorstellung davon habe. Ich meine "Man hat nicht mit uns gesprochen", damit meine ich: Man hat zwar einen Termin mit uns vereinbart, aber niemand hat das ernst genommen, was da passiert oder so. Das ist das eigentliche Verständnis davon! Wenn ich rede und sage "Man hat nicht mit uns gesprochen", sieht es so aus, als würden wir durch Miteinanderreden darüber kommunizieren können, das können wir aber nicht, weil jeder darunter etwas anderes versteht! Und dass jeder etwas anderes darunter versteht, das habe ich im Bauch, das merke ich, das kommt in meinen Sätzen vor. Ich rede noch immer von "Gespräch". "Man hat mit uns nicht gesprochen." Gesprochen. Da müssten wir uns [im Verständnis] treffen, unter Gesprochen, es war ein Gespräch. Können wir aber nicht, weil wir uns etwas unterschiedliches darunter vorstellen.

Das ist die Herkunft der Überlegung, dass das eigentliche Verstehen in unserem Kopf liegt. In die Tiefe des sprachlichen Zusammenhangs gehen, ist die Wittgensteinsche Antwort darauf, dass wir sagen: Nein! Das ist es nicht, das Verstehen, das ich mir vorstelle. Sondern ich muss in die Sprache hineingehen, auf der Ebene des Diskurses, des Aushandelns, ich muss mich in die sprachlichen Implikationen des der angefangenen Gesprächssituation einlassen. Das Verständnis liegt darin, was dabei herauskommt. Liegt in der Begriffsklärung. Liegt in der Verfolgung der sprachlichen Konsequenzen eines solchen Zusammenhangs. Und nicht in dem, was ich mir dabei denke. Und es liegt, anders gesagt, in der Erklärung. Verstehen und Erklärung sind an dieser Stelle notwendig. Erklärungen haben Bedingungen, unter denen sie gelingen oder nicht gelingen. Erklärungen sind aber etwas, was Menschen offen miteinander austauschen. Das muss man auf den Tisch legen, was man versteht, um es zu erklären versuchen. Wenn ich das tue, lasse ich mich ein auf ein sprachlichen Klientel und muss dann genau das vermeiden, dass ich voraussetze: Ich habe ein Verständnis von "Gespräch" oder von "uns" und das versteht sich von selbst. "Ich weiß genau was 'Gespräch' ist, und was 'uns' ist, und deshalb brauch ich das nicht sagen und kann ich das dem anderen einfach hinknallen."

Was er als zweites sagt: Wissen, was der Satz besagt, kann nur heißen, die Frage beantworten können: Was sagt der Satz? Die Frage beantworten können. Beantworten ist selbst wieder eine Aktion innerhalb der Sprache. Jemand fragt sie etwas und sie antworten etwas darauf. Jemand sagt Ihnen einen Satz und fragt Sie: "Was sagt der Satz?". z.B. "Gestern hat der Senat stattgefunden." – "'Gestern hat der Senat stattgefunden', heißt gestern hat der Senat stattgefunden." Das kann ein Roboter auch machen. Wenn sie daraufhin den Satz einfach wiederholen, ist das keine Antwort. Damit es eine Antwort ist, muss es den Bedingungen der Antwort zwischen zwei SprecherInnen genügen: Die Bedingungen der Antwort bestehen darin, dass es möglich ist, Sprachäußerungen zu produzieren, die von beiden Seiten demselben Inhalt zugeordnet werden können. Ich muss in meiner Sprache das sagen können, was in dem Satz gesagt worden ist. D.h. ich muss in der Lage sein, die zwei Sprachen in einen Zusammenhang zu bringen. Und das ist etwas, das von beiden Seiten zertifiziert werden muss. Es muss eine Übereinkunft darüber erreicht werden können, dass diese beiden Arten etwas zu nennen, zu demselben Resultat führt. Das ist dann der Inhalt, auf den Menschen sich einigen.

Es ist nicht die Erfordernis oder Möglichkeit, dass Verstehen darin besteht, dass etwas, was der Satz sagt, korrespondiert mit etwas, das ich mir vorstelle. Das ist die ein–Sprachen–Theorie des Verstehens. Die Theorie des Verstehens, die in die inneren Zustände hineingeht, als ob es etwas gäbe, das in mir mein Verstehen ist.

Gute Stelle bei Wittgenstein, die auch etwas zu tun hat mit dieser inneren Einstellung: Die Schwierigkeit ist, die Grammatik des Wortes "Meinen" klar zu sehen. Aber der Weg dazu ist nur der, der über die Beantwortung der Frage: Welches ist das Kriterium dafür, dass wir etwas so meinen, und welcher Art ist der Ausdruck, den dieses "so" vertritt. [. . .] Die Antwort auf die Frage "Wie ist das gemeint", stellt die Verbindung zwischen zwei Sprachen her. Also fragt doch die Frage nach dieser Verbindung. Der Gebrauch der Hauptwörter "Sinn", "Bedeutung", "Auffassung" und anderer, verleitet uns zu glauben, dass dieser Sinn dem Zeichen so gegenübersteht, wie das Wort, der Name, dem Ding, seinem Träger.

Das ist der Punkt, der sehr zentral ist! Das ist so ein Hinweis von Wittgenstein auf die interne Logik von Sprachausdrücken. Es gibt einen Sprachausdruck, der heißt "Tiger". Und wenn Sie sich jetzt fragen: "Was ist denn mit Tiger gemeint, was bedeutet Tiger?" – Dann führen Sie jemanden in den Zoo, zeigen den Tiger, zeigen das Bild vom Tiger, zeigen einen Film, etc. Das heißt: Sie zeigen her, wie dieser Tiger ausschaut. D.h. Sie können wohin schauen, und lernen, wie Sie den Tiger herausfinden aus den anderen Tieren. Dann wird Ihnen zertifiziert werden, dass Sie in etwa wissen, was ein Tiger ist. Es gibt jetzt aber das Wort "Sinn". "Was hat denn das für einen Sinn, was du sagst?" Und die simple Wittgensteinsche Bemerkung ist an der Stelle: Wir haben die Tendenz, mit der Frage "Was hat das für einen Sinn, was du sagst?", so umzugehen wie mit dem Wort "Tiger". Mit dem einen kleinen Unterschied, dass wir "Sinn" nirgends finden können. Den Tiger können wir abbilden, herzeigen und so. Aber "was hat das für einen Sinn", da kann ich nicht mit dem Zeigefinger hinzeigen. An der Stelle dreht es sich sozusagen um die angebliche Forderung, dass wir etwas haben sollten, worauf wir hinzeigen, in dem wir sagen: "DAS ist der Sinn von dem Satz. Und da können wir uns überzeugen." Es gibt auch einen politischen Dissens darüber, was ein "Tiger" ist. Die einfache Tatsache, dass wir hinzeigen können, ist noch nicht wirklich eine Garantie, dass sich alle darauf einigen können, was ein "Tiger" ist, und was man damit verbindet. Die assoziierenden Schwierigkeiten sind aber lächerlich klein, im Gegensatz zu Ausdrücken wie "Gespräch", "uns", oder "demokratisch". Dann wollen hinzeigen irgendwo. Sagen können: "DAS ist doch demokratisch. Darauf können wir uns doch einigen." Das können wir nicht. Das geht nicht. Das geht nicht auf dieselbe Art und Weise, wie es mit dem Tiger geht. Und deshalb wir der Konflikt besonders angelegentlich [?] geführt, in dem man dann sagt: Mein Rückhalt, wo ich weiß, was demokratisch ist... ich weiß was demokratisch ist! Und an der Stelle steht die Einigung noch aus.

Ich danke Ihnen. Das nächste Mal fällt aus. Das übernächste Mal ist Prüfung.