Produktionsschulen (JsB)

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Ziele der Produktionsschule

Produktionsschulen weisen betriebsähnliche Strukturen auf, in denen die Produktion von Waren und Dienstleistungen im Mittelpunkt stehen. Deren Ziel ist es, Jugendlichen die keine Lehrstelle finden, oder bei denen größerer Förderbedarf besteht, ein Bildungsangebot zu schaffen das ihren Bedürfnissen entspricht. Produktionsschulen möchten eine Umgebung schaffen in der die Jugendlichen motiviert sind Leistungen zu erbringen, die von der Gesellschaft nicht nur anerkannt sondern auch belohnt werden. Außer dem Ausgleich von Benachteiligungen verschiedenster Art bieten die Produktionsschulen auch die Möglichkeit die allgemeine Schulpflicht zu erfüllen. Beim fehlenden Bildungsabschluss soll auch die Möglichkeit des Erwerbs des Hauptschulabschlusses gegeben sein. Neben der Allgemeinbildung liegt der Schwerpunkt in der praktischen Arbeit die in der Schule oder in Form von Praktika in Betrieben erlernt werden soll. Produktionsschulen sollten als Ergänzung des dualen Systems verstanden werden und nicht als dessen Konkurrenz.
(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Das Prinzip der Selbstwirksamkeit

Das Ausmaß der Motivation hängt sehr oft davon ab, wie positiv das Endergebnis eingeschätzt wird und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass diese Konsequenz wirklich eintreten wird. Man bemüht sich etwas gut und richtig zu machen, was aber nicht immer gelingt. Je öfter das passiert, desto wahrscheinlicher ist es, abgesehen von den wirklich vorhandenen Fähigkeiten, dass solche Personen sehr oft eine negative Selbsteinschätzung haben. Ziel der Pädagogen in der Produktionsschule ist es das Selbstvertrauen der Schüler aufzubauen und zu stärken.
(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Die Idee einer Produktionsschule

Ideen einer Produktionsschule kann man schon in Schriften zur Didaktik aus dem 17.Jh. finden. Diese Idee hat ihren Platz im dänischen Schulsystem gefunden. In den 70er Jahren wurden dort die ersten Produktionsschulen eingerichtet. Im Moment kann man dort etwa 100 Produktionsschulen finden, und es kommen jedes Jahr neue dazu. Im Februar 2002 wurde das Pädagogische Institut des Bundes Wien beauftragt eine Feasibility-Studie durchzuführen, um zu prüfen, ob diese Schulen auch in Österreich erfolgreich sein könnten.
(vgl. Belschan- Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Zielgruppe der Produktionsschulen

Zu der Hauptzielgruppe gehören Jugendliche die besonders benachteiligt sind. Es sind vor allem die, die sich im traditionellen Schulsystem nicht zu Recht finden können. Es sind junge Leute die durch Mangel an Selbstbewusstsein und Motivation, ohne jegliche Perspektive zu sehen, drohen an den Rand der Gesellschaft zu geraten.
(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Das Aufnahmeverfahren in Produktionsschulen

Zuerst erfolgt ein Einstiegsgespräch in dem geklärt wird, welche Erwartungen der Schüler gegenüber der Schule hat und umgekehrt. Wenn dieses Gespräch positiv verläuft, und ein Platz vorhanden ist, darf der zukünftige Schüler eine Woche lang in verschiedenen Abteilungen der Produktionsschule schnuppern. Erst nach dieser Schnupperwoche kann der Schüler einen Vertrag, der eine Mischung aus Arbeits- und Ausbildungsvertrag ist, auf vierwöchige Probezeit erhalten und dazu das erste Schülergeld. Einstieg und Ausstieg aus der Produktionsschule sind nicht mit den üblichen Schulterminen verbunden und sind jeder Zeit möglich.
(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Formale Zugangsmerkmale

  • Fehlender Schulabschluss

Das sind Jugendliche die entweder die Schulpflicht nicht erfüllt haben (Möglichkeit in der Produktionsschule die 9. Schulstufe nachzuholen) oder die Schulpflicht erfüllen aber trotzdem keinen Abschluss haben.

  • Wiederholter Abbruch von Bildungsangeboten

Diese Jugendliche nehmen sehr oft die Schulungsmöglichkeiten in Anspruch, beenden sie aber nie.

  • Eintrittsalter

In den Produktionsschulen besteht eine Altersbeschränkung. Das Eintrittsalter beträgt durchschnittlich 14/15 bis 18 Jahre.
(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Informelle Zugangsmerkmale

  • Ausgrenzungsgefährdete Jugendliche

Dazu gehören Jugendliche die in oder außerhalb des Elternhauses an mangelnder Betreuung leiden, die in schwierigen sozialen Bedingungen aufwachsen.

  • Scheitern am traditionellen schulischen Lernen

Viele Jugendlichen die die schulischen Anforderungen nicht erfüllen können. Dazu kommen schlechte Noten die gleichzeitig als Folge und Ursache gesehen werden können. Jugendliche befinden sich dann in einem Teufelskreis, dazu kommen noch Urteile von der Gesellschaft die einen nur mehr als Versager sehen. Das wiederum führt dazu, dass die Jugendlichen, trotz wirklich vorhandener Fähigkeiten, einen Mangel an Selbstvertrauen haben.
(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Chancen und Qualifikationen in der Produktionsschule

Im Zentrum der Ausbildung steht die Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit. Außerdem sollten die Schüler Qualifikationen und Fähigkeiten erwerben, die bei der Integration in den Arbeitsmarkt hilfreich sein können. Die Jugendlichen lernen im Team zu arbeiten, und dadurch die Verantwortung für sich und für die Gemeinschaft zu übernehmen. Ein individueller Plan muss an jeden angepasst werden. Hier hat das Mentoring eine große Bedeutung. Durch den Mentor werden die Jugendlichen z.B. bei der Jobsuche unterstützt. Als Abschlusszeugnis bekommen die Schüler ein Zertifikat in dem sie verbal beurteilt werden und wo alle durchgeführten Arbeiten beschrieben sind. Dieses Zertifikat beinhaltet auch die sozialen Verhaltensweisen des Jugendlichen.
Jugendliche die in der Produktionsschule die 9. Schulstufe absolvieren möchten, haben mehr Unterrichtsstunden, und im Gegensatz zu den anderen arbeiten sie in allen Produktionsbereichen mit.
Obwohl in der Produktionsschule ein Hauptschulabschluss nachgeholt werden kann, muss die dazu gehörige Prüfung als eine Externistenprüfung abgelegt werden.
(vgl. Belschan-Casagrande Renate, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Mitarbeiter in der Produktionsschule

Sowohl die LehrerInnen in der Produktionsschule, als auch ihr Leiter müssen über eine Pädagogische Ausbildung verfügen. Mentoren können ehrenamtliche Mitarbeiter sein, die den Schülern eine Arbeitsorientierung vermitteln und sie bei Arbeitssuche unterstützen. Weiters gibt es noch Jobfinder die in engem Kontakt mit dem Arbeitsmarkt stehen und immer am neuesten Stand sind was die Jobsuche betrifft.
(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Produktionsbereiche der Produktionsschule

  • Tischlerei
  • Jugendherbergebetrieb
  • Kantine, Küche, Catering
  • Fleischverarbeitung, Fleischverkauf
  • Büroorganisation, EDV
  • Bekleidung, Textilien
  • Dekoration
  • Eventmarketing

(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Lernen in der Produktionsschule

Das Wichtigste in der Produktionsschule ist die Verbindung des theoretischen Unterrichts mit der Arbeit. Schüler verbringen ca. 2/3 ihrer Zeit in den Produktionsbereichen. Nur diejenigen die die 9. Schulstufe absolvieren möchten verbringen nur 1/3 der Zeit mit der Arbeit. Die verbleibende Zeit wird durch beide Gruppen für das Lernen in den Lernlokalen genutzt. Die Produktionsschule versucht auf die Stärken und Schwächen von jedem einzelnen einzugehen, deswegen ist das Lernen sehr individuell gestaltet. Die Schüler werden in folgenden Bereichen Unterrichtet: Deutsch und Kommunikation, Mathematik, Englisch, Informationstechnologie und Fachtheoretische Wissensvermittlung, um bestehende Defizite möglichst schnell auszugleichen.
Lernen das in der Produktionsschule stattfindet bezeichnet man als Nicht-formales Lernen. Diese Form des Lernens findet außerhalb des allgemeinen Schulsystems statt und muss nicht mit dem Erwerb eines formalen Abschlusses enden. Wichtig ist, dass keine großen Unterschiede zu anderen Einrichtung entstehen, wobei die Produktionsschule nicht zu schulisch werden darf. Um ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln, achten die Produktionsschulen darauf, dass sich die Personen die die Jugendlichen begleiten nicht zu oft ändern. Sehr wichtig ist, dass Jugendliche in den Mentoren eine Vertrauensperson finden.
(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Der ideale Standort für die Produktionsschule

Am besten sollte die Produktionsschule in der vertrauten Umgebung angelegt werden. Für sozial benachteiligte Jugendliche ist es vom Vorteil in der Umgebung zu Arbeiten die ihnen vertraut ist. Das vermittelt Sicherheitsgefühl, und hilft ihnen sich besser mit der Umfeld zu integrieren. Dadurch werden die Lernmotivation und auch der Lernerfolg gefördert. Die Produktionsschule sollte über ein großes Gelände verfügen, am besten in der Nähe eines Industriegebiets. Die Nähe zu anderen Einrichtungen kann vom Vorteil sein, für Jugendliche die nach dem Beenden der Produktionsschule Nachbetreuung brauchen.
(vgl. Belschan-Casagrande, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004).

Literatur

BELSCHAN-CASAGRANDE, R.: Möglichkeiten der Ausbildung am Beispiel der Produktionsschule, Publikation des pib Wien , Nr. 183, 2004.
FEND, H.: Theorie der Schule. 2. Aufl., München 1980.
HENTIG, H. von: Die Schule neu denken. Eine Übung in praktischer Vernunft. München Wien 1993.
SELIGMAN, M.: Erlernte Hilflosigkeit. 4. Aufl., Weinheim 1992.

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