PROTOKOLLE - MuD09 - Gruppe1 - 03.11.: Unterschied zwischen den Versionen

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(Hentschke, Hannes; Baerwald, Tom)
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Idee einer "Wahrheit" = sinnlos, Verhandlung gleich wichtig wie Wahrnehmung, soziale Dimension in der Wissenschaft wesentlich
 
Idee einer "Wahrheit" = sinnlos, Verhandlung gleich wichtig wie Wahrnehmung, soziale Dimension in der Wissenschaft wesentlich
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== Hentschke, Hannes; Baerwald, Tom ==
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Protokoll zur Ring-VO
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Kusch, Martin
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Der Dozent stellte sich einleitend kurz vor und listete die elementaren Stationen seiner Karriere auf. Seine früheren Interessengebiete waren der Marxismus und die Psychoanalyse von denen er die Aufgaben der Philosophie übernommen sah. Er sah sich gezwungen eine neue Grundlage für die Philosophie zu finden und tat das in der Analyse sprachlicher Phänomene. Darauf aufbauend entwickelte sich seine spätere Vorliebe für Sozialphilosophie und soziale Aspekte in der Philosophie.
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Über die Kontroverse zwischen Wundt (Leipzig) und den Würzburger Vertretern:
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Bewusstseinsmodell 1 (Wundt)
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3 nicht weiter analysierbare Instanzen: Gefühle
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Empfindungen
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Vorstellungen
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Gedanken haben einen höheren Stellenwert als deren Fundament und werden durch Willensakt, aus den 3 Grundlagen, gebildet.
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Bewusstseinsmodell 2 (Würzburger)
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4 nicht weiter analysierbare Instanzen: Gefühle
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Vorstellungen
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Gedanken
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Keine Theorie zur Bildung von Gedanken notwendig. Keine hierarchische Ordnung im Modell.
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„Was kann eine soziologische Analyse herausfinden?“ - Von dieser Fragestellung ausgehend skizzierte er Anhand der Leipzig-Würzburgischen-Kontroverse die Aspektebenen welche eine soziologische Analyse eröffnen kann und probierte somit ein Verständnis für die Dimensionen, welche eine solche Auseinandersetzung begleiten, zu vermitteln.
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Hierarchischer Aspekt:
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Die hierarchische Ordnung in Wundt's Modell kann man auch in der Beziehung zwischen ihm und seinen Kollegen und Studenten sowie in der Beziehung zwischen experimenteller Psychologie und Völkerpsychologie (als höchstes - nur ihm zustehendes) wiederfinden. [siehe vorlesungsbegleitende PP-Folie 16] Somit griffen die Würzburger Wundt auch auf einer sehr persönlichen Ebene an.
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Nationalismus-Internationalismus(Individualismus)-Aspekt:
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Für Wundt repräsentierten Volk und Staat die höchsten Werte. Die Gedanken waren in seinem System auch unmittelbar an diese Begriffe gekoppelt (und somit auch beschränkt). Dagegen stand der nicht an völkischen oder staatlichen Systemen gebundenen Internationalismus und Individualismus der Würzburger.
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Theologischer-Aspekt:
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Die Sonderstellung des Willens bei Wundt (militanter Protestant) führte zur Assoziation mit dem von Kant und Luther vertretenen Voluntarismus und somit auch zur Assoziation mit dem Protestantismus. Auf der anderen Seite führte der von den Wüzburgern (meist Katholiken) vertretene Intellektualismus zur Assoziation mit dem Katholizismus.
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Über die Rolle von Zeugnissen in meinem Wissen und meiner Erkenntnis:
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Nachdem er die soziologische Analyse vorgestellt hatte kam ein weiterer sozialephilosophischer Aspekt zur Sprache. Genauer der Erkenntnistheorie von Zeugnissen und dem Einfluss Anderer auf mein Wissen.
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Definition Wissen (siehe vorlesungsbegleitende PP-Folie 20): gerechtfertiger wahrer Glaube
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Über die Quellen des Wissens: Wahrnehmung
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Logisches Denken (reasoning)
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Erinnerung
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Zeugnis (testimony)
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Die herkömmlichen Ansicht das Zeugnisse keine generative Wissensquelle sind führt zur folgenden  Problemstellung und zur folgenden Gegenwartsdebatte.
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Kernfragen:
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Sind Zeugnisse je eine generative Wissensquelle?
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Lässt sich unser Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen?
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Individualistische Antworten:
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Neues Wissen nur durch Wahrnehmung und logisches Denken.
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Vertrauen auf Zeugnisse muss sich rational rechtfertigen lassen.
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kommunitaristische Antwort:
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Zeugnisse sind auch generativ.
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Nein! Unsere Abhängigkeit von den Zeugnissen reicht zu tief.
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Diese Debatte aufgreifend erklärt Kusch warum ihn der Standpunkt der Kommunitaristen mehr überzeugt, anhand von verschiedenen theoretischen Beispielen mit einem sehr konstruierten Wirklichkeitsbezug. Anschliessend stellt er die beiden wichtigsten Ansätze von David Hume (reduktive globale Rechtfertigung) und Thomas Reid (fundamentalistische globale Rechtfertigung) vor.
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Über die reduktive globale Rechtfertigung:
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Hume teilt Zeugnisse in 3 Gruppen von empfangenen Berichten:
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durch eigenes Wissen (erster Hand) bestätigte Berichte
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eigenem Wissen (erste Hand) widersprechende Berichte
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Bericht zu Themen zu denen ich kein eigenes Wissen (e. H.)  habe
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Hume geht davon aus das die Gruppe der durch eigenes Wissen bestätigten Berichte sehr viel größer als die der widersprechenden Berichte und der  Berichte über Themen zu denen man kein eigenes Wissen hat ist. Daraus zieht er den Schluss das wir neuen Berichten erstmal vertrauen können.
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Die Gruppe der Berichte über die wir kein eigenes Wissen besitzen ist realistisch sehr viel größer als die Gruppe der Berichte die wir durch eigenes Wissen bestätigen können.
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Über die fundamentalistische globale Rechtfertigung:
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Zeugnisse sind ebenso fundamentale Wissensquellen wie die anderen drei. Gott hat uns so geschaffen, dass wir die Wahrheit sagen und anderen glauben.
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Reids Begründung dieser Theorie ist eine zirkuläre Rechtfertigung und somit nicht haltbar.
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Aus der vorher dargestellten Dialektik zieht Kusch folgende vorläufige Schlüsse:
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Zeugnisse können auch eine generative Wissensquelle sein.
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Unser Vertrauen auf Zeugnisse anderer reicht zu tief, als dass es sich rechtfertigen ließe.
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Zum Abschluss stellt Kusch noch eine praktische Arbeitstechnik der Wissenschaft sowie auch der Philosophie vor,  im speziellen die eines theoretischen Planspiels mit idealen Voraussetzungen. Darüber versucht er die kommunitaristische Theorie der Bedeutung des “Finitismus” zu erläutern.
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Über die Planspiele der Risto- und Seppo-Suche:
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Risto-Suche:
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1.zwei SpielerInnen, A und B
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2.ein Stempel
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3.ein grosses Zimmer mit vielen Gegenständen
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4.A geht 5 Minuten raus
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5.B stempelt 10 Gegenstände (versteckt).
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6.A kommt und muss in 2 Minuten die “Ristos” finden, d.h. die gestempelten Gegenstände.
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Seppo-Suche:
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1.drei SpielerInnen, A, B, C (kein Stempel)
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2.A geht raus, B&C einigen sich auf drei Gegenstände, die sie einander ähnlich finden: “Seppos”.
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3.A kommt zurück, bekommt die drei Seppos gezeigt.
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4.A muss weitere Seppos vorschlagen und argumentieren.
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5.Jedesmal wird von allen abgestimmt.
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6.Kommt ein neues Seppo hinzu, fällt ein altes heraus.
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Aus diesen Spielgegebenheiten leitet er durch eine De-Idealisierung einen Wahrheitswert für die Realität der Wissenschaft und der Wahrheitsfindung ab. In welchem sich für Kusch herausstellt das die Seppo-Suche mit seinem kommunikativen Charakter das Spiel mit dem höheren Gehalt ist. Und beweist somit für sich Abschliessend das der soziale Faktor auch oder vorallem in der Wissenschaft wesentlich ist.

Version vom 2. November 2009, 20:04 Uhr

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Bitte posten Sie hier Ihr Protokoll der Vorlesung vom 29.10.09 - Martin Kusch!


Konstanze Renatus-Messmer

RING-VO vom 29.10.2009 – Philosophie und Sozialwissenschaft (Prof. Kusch)

1. Intention und Werdegang Intention für ein Philosophie-Studium: Marxismus und Psychoanalyse

Studium in: Berlin – Schwerpunkt: Sprachanalytische Philosophie Studium/Doktorarbeit in Finnland – Schwerpunkt: Philosophie der Gegenwart Lehrtätigkeit in Finnland – Foucault – Ideengeschichte und Wissenschaftsgeschichte Schwerpunkt: Wissenschaftliches Wissen und Macht/Kontrolle – neue Ansätze Lehrtätigkeit in Edinburgh: Soziologie und Philosophie Schwerpunkt: zurück zur Philosophie, „soziologische Nachfolge der Philosophie“ Zeitraum: 90-er Jahre Lehrtätigkeit Cambridge: Weiterführung der Ansätze aus Edinburgh Aktuelle Lehrtätigkeit: Wien

2. Philosophie und Psychologie „Wundt und die Würzburger“

Zeitraum der Einheit von Denkpsychologie und Denkphilosophie

Wundt: Vater der experimentellen Psychologie, wichtigster Philosoph der Gegenwart Thema: Struktur des menschlichen Bewusstseins – Leipziger Auffassung These Wundt: nicht mehr analysierbare Dreiteilung, „basale Grundlage“ - Empfindungen - Vorstellungen - Gefühle Gedanken sind Willensakte und damit komplizierte Kombinationen aus den drei basalen Grundlagen. Gedanken sind wertvoll. Sie werden durch Willensakte aufgebaut, das Volk/Staat repräsentieren die höchsten Werte

Die Würzburger: Külp und Bühler - Widersacher Wundts: These Würzburger: Es gibt nicht drei, sondern vier Grundelemente - Empfindungen - Vorstellungen - Gefühle - Gedanken Alle vier Elemente sind einfach, auch die Gedanken. Sie sind experimentell bestätigbar. Disput mit Wundt, öffentliche Diskussion:

Argumente des Disputs: Wundt: Hierarchische Strukturen, ohne Willen gibt es keine Gedanken Gedanken sind auf der Kollektivebene zu unterscheiden (Volkssprache) Völkerpsychologie ist wertvoller als Experimentalpsychologie (Individuum) Die Gedanken des Volkes prägen das Individuum, Völkerpsychologie (Lehrstuhl wurde nur von Wundt in Leipzig geprägt), nationalistisch, militanter Protestant. Vertreter des Voluntarismus (Kant).

Argumente der Würzburger: Die Würzburger greifen hierarchische Strukturen an. Sie stehen für Individualismus und Internationalismus. Sie sind Katholiken und berufen sich auf Thomas von Aquin und seine These, dass der reine Intellekt wichtig ist.

Der Disput wird auch zu einer Auseinandersetzung der Konfessionen in der 2. Hälfte des 19. Jh. zwischen Katholiken und Protestanten, die dabei ihre unterschiedliche Auffassung der Seele zum Thema machen. Die Katholiken berufen sich auf Thomas von Aquin.

3. Erkenntnistheorie und Gemeinschaft – Philosophie der Zeugnisse

Unterscheidung zwischen generativen und nicht-generativen Wissenschaft: Die generative Wissenschaft beruft sich auf Wahrnehmung und neues Wissen und damit Entstehung der von neuen Einheiten. Die nicht-generative Wissenschaft kreiert kein neues Wissen

Neuer Ansatz: Das Soziale in die Erkenntnistheorie bringen. Die Rolle der Mitmenschen (Zeugnisse) wird zur wichtigen Rolle für eine generative Wissenschaft. Damit kommt es zur Gegenwartsdebatte zwischen Individualisten und Kommunitaristen

Der Vortragende vertritt die Meinung, dass Zeugnisse immer generativ sind.

Fallbeispiel: Frau Schmidt Wissen entsteht durch Glauben, wird dadurch wahr und besitzt eine Rechtfertigung, dadurch ist generatives Wissen möglich. (Wahrnehmung, logisches Denken, Erinnerung, Zeugnis). Fallbeispiel: Maria Zeugin sagt die Wahrheit, glaubt der Freund.

Ist somit im Allgemeinen ein Vertrauen in das Urteil Anderer möglich? Der Vortragende vertritt die Meinung „nein“, denn die Abhängigkeit ist zu groß, eine Rechtfertigung setzt Vertrauen voraus.

Auseinandersetzung des Vortragenden mit der These/Argumentation von Hume (reduktive, globale Rechtfertigung), sh. S. 30 Powerpoint Präs. – NEIN (a,b,c-Beispiel)

Auseinandersetzung des Vortragenden mit der These/Argumentation von Reid (fundamentalistische, globale Rechtfertigung), sh. S. 30 Powerpoint Präs.: - Nein zirkuläre Rechtfertigung

„Was heißt es sich für die soziale Seite des Wissens zu interessieren?

Eine Interaktion und Zeugnisse sind notwendig.

4. FINITISMUS - Risto und Seppo

Spielerläuterung und Durchführung: sh. Powerpoint Präs.:

Unterscheidung von Risto und Seppo: Argumentation bei Seppo/Wahrnehmung bei Risto

Risto: Extension (unter einen Begriff fallen, stabil), Identität (Stempel), Fortschritt

Seppo: Wahrnehmung, Verhandlung mit Anderen, Ähnlichkeit, keine unwandelbare Extension (Seppos bewegen sich), kein Fortschritt.

Wahrheit in RISTO: Wahr = Definition des Stempelabdruckes Erkennungsabhängig = Wahrheit, da Stempelabdruck auf dem Gegenstand

Wahrheit im SEPPO: „ist wahr“ = ähnliche Beurteilung gemeinschaftliches Ähnlichkeitsurteil nicht erkennungsabhängig

Idealisierung und Deidealisierung

Ausgangspunkt ist der „Kern“ (Definition), von dort Schritt für Schritt von der Idee (Idealisierung) zur Deidealisierung zu kommen. Notwendig dafür ist die Funktion der Sprache auf der Welt. Es gibt zwei radikale Unterschiede durch die beiden Modelle. Das realistische Modell ist laut Vortragendem das Seppo-Modell.

Der Kern der Ringvorlesung ist lt. Kusch Das Soziale im Zusammenhang der Philosophie zu verstehen.

Kritik: Zeugnisse können, entgegen der Meinung von Prof. Kusch, nicht immer generativ sein, da die Wahrnehmung genau wie die Meinungsäußerung und Entscheidung häufig subjektiv ist. Damit ist die Beurteilung von Prof. Kusch das Seppo-Modell als realistisch einzuschätzen, aus meiner Sicht unrealistisch. Die Quantität (Meinungsmehrheit der Kommunitaristen) kann nur eingeschränkt ein Qualitäts- und Entscheidungsmerkmal sein, auch wenn die Berücksichtigung der Gemeinschaft bei der Entscheidungsfindung sozial und positiv zu verstehen ist.


Buchberger, Agnes

Martin Kuschs Vortrag besteht aus vier Teilen (Titelbezeichnungen von ihm übernommen):

  • (1) À la recherche du temps perdu: über die Zufälle, die mich zu meinen heutigen Interessen gebracht haben.
  • (2) Soziologische Geschichte der Philosophie: was hat die Philosophie der Psychologie mit Macht zu tun?
  • (3) Erkenntnistheorie und Gemeinschaft: Die Rolle der Anderen in meinem Wissen und meiner Erkenntnis.
  • (4) Risto-Suche und Seppo-Suche: zwei Spiele zum Thema Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft.


Zum besseren Verständnis ist es unverzichtbar, sich die Folien (http://homepage.univie.ac.at/~kuschm3/Kusch.Ringvorlesung.Folien.pdf) zur Vorlesung genauer anzusehen (Abbildungen, Detailinformationen zu den Spielen, etc. etc.).


  • (1) À la recherche du temps perdu: über die Zufälle, die mich zu meinen heutigen Interessen gebracht haben.

An dieser Stelle erläutert Martin Kusch kurz die Eckdaten seiner persönlichen Laufbahn. Wichtig ist hierbei, einige seiner Einflüsse und Interessen zu nennen. Diese wären da der Marxismus, die Psychoanalyse, Ernst Tugendhat (bei dem er in Berlin Student war), folglich sprachanalytische Philosophie, Ludwig Wittgenstein, Georg Henrik von Wright, Jürgen Habermas, Foucault, usw. usf.

Martin Kuschs vorwiegendes Interesse liegt bei der Verknüpfung von Sozialem (in diesem Zusammenhang auch: Politik, Sprache, etc.) und der Philosophie.


  • (2) Soziologische Geschichte der Philosophie: was hat die Philosophie der Psychologie mit Macht zu tun?

In diesem Teil weist der Vortragende auf, wie Philosophie und Macht zusammenhängen können. Zur Veranschaulichung nimmt der das Beispiel der Kontroverse zwischen Wilhelm Wundt (1832 – 1920; Leipzig) und Oswald Külpe (1862 - 1915) und Karl Bühler (1879 – 1963; Würzburg).

Wilhelm Wundt unterschied drei Typen von unreduzierbaren Bewusstseinselementen: die Empfindungen, die Vorstellungen und die Gefühle. Diese sind primitiv und nicht weiter analysierbar; sie sind die Bestandteile von Gedanken, welche folglich komplexe Verbindungen von den dreien sind. Gedanken werden durch Willensakte, welche selbst komplizierte Kombinationen von Empfindungen, Vorstellungen und Gefühlen sind, aufgebaut. (Folien 10 und 11)

Die Gedanken stehen also über den Bewusstseinselementen, sind wertvoller und hochwertig.

Oswald Külpe und Karl Bühler (von nun an: „die Würzburger“) jedoch fochten diese Struktur des Bewusstseins an; bei ihnen bildeten die Gedanken ein viertes Bewusstseinselement. Im Gegensatz zur hierarchischen Struktur Wundts sahen sie das Bewusstsein als eine Ebene. (Folien 12 und 13)

An dieser Stelle weist Kusch auf, warum so eine Debatte neben philosophischer durchaus auch soziale, politische und theologische Relevanz haben kann. (Folien 16 bis 18)

Überträgt man nämlich die hierarchische Struktur von Wundt auch die Psychologie (welcher zu jener Zeit noch eng mit der Philosophie verbunden war), so kommt man zu dem Schluss, dass die Psychologie des Individuums (äquivalent zu den Empfindungen, Vorstellungen und Gefühlen) als minderwertig verstanden wird. Die Völkerpsychologie/ Psychologie des Kollektivs (äquivalent zu den Gedanken) jedoch als hochwertig angesehen wird. Überträgt man dies wiederum auf soziale Gefüge, so lässt sich daraus schließen, dass der Staat über dem Individuum steht. Daraus ergibt sich ein sehr strenger Nationalismus.

Die Würzburger hingegen vertraten den Individualismus und Internationalismus. In diesem Fall müssen sich Staat und Kollektiv vor den Individuen rechtfertigen, legitimieren.

Dieser Konflikt lässt sich auch auf den Katholizismus-Protestantismus-Konflikt übertragen. Wundt vertrat die Protestanten und den Voluntarismus. Die Würzburger den Katholizismus und den Intellektualismus.


  • (3) Erkenntnistheorie und Gemeinschaft: Die Rolle der Anderen in meinem Wissen und meiner Erkenntnis.

In Teil (3) lässt uns Kusch mit der Überschrift „Erkenntnistheorie – Philosophie der Zeugnisse“ stutzen. Er erklärt in der Folge, warum er es für gerechtfertigt hält, Zeugnisse als generative Wissensquelle einzustufen.

Er bedient sich während dieses Teils folgender Definition von Wissen: Wissen ist gerechtfertigter wahrer Glaube. Generell spricht er von vier Wissensquellen: der Wahrnehmung (a), dem logischen Denken (b), der Erinnerung (c) und dem Zeugnis (d). Herkömmlicher Weise werden (a) bis (c) als individuelle Wissensquellen angesehen, (a) und (b) als generative Wissensquellen und (c) und (d) als nicht-generative „Wissensquellen“ (die Anführungszeichen daher, weil wenn nicht generativ, dann noch „Quelle“ des Wissens?).

Um einen sozialen Faktor in die Erkenntnistheorie zu bringen, will Kusch nun (d) als teilweise generative Wissensquelle darstellen. (Folien 22 bis 29)

Hierbei treffen zwei verschiedene Ansichten aneinander. Der „Individualist“ meint, neues Wissen kann nur durch Wahrnehmung und logischem Denken entstehen. Der „Kommunitarist“ (wie Kusch ihn nennt) meint, auch Zeugnisse seien generativ. Im Folgenden führt er zwei Beispiele („Lehrerin Schmidt“ und „Maria“) von Jennifer Lackey an, um seinen Standpunkt zu untermauern. Diese beweisen, dass auch Zeugnisse generativ sein können.


Einen zweiten Punkt, den Kusch in diesem Zusammenhang erwähnt, ist die Frage, ob sich unser Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen lässt. Hier stehen sich wieder „Individualist“ (Vertrauen auf Zeugnisse muss sich rational rechtfertigen lassen) und „Kommunitarist“ (Nein, denn unsere Abhängigkeit von Zeugnissen reicht zu tief; man müsste eher fragen warum sollte man misstrauen?) gegenüber. An dieser Stelle widerlegt er zwei wichtige Ansätze. Den von David Hume, der von reduktiver globaler Rechtfertigung sprach und den von Thomas Reid, der von fundamentalistischer globaler Rechtfertigung sprach. (Folien 30 bis 33)


  • (4) Risto-Suche und Seppo-Suche: zwei Spiele zum Thema Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft.

Im letzten Teil des Vortrags stellt Kusch kurz zwei Spiele vor, mit denen er veranschaulicht, was unterschiedliche Herangehensweisen bewirken können und was deren Konsequenzen für Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft sein können.

Er vereinfacht in diesem Fall, um zu zeigen, dass es bei dem Versuch, sich an den Kern eines Problems anzunähern, zuerst nötig ist, Komplikationen einfach wegzulassen – zu idealisieren. Hat man sich in der Folge mit den zentralen Punkten auseinandergesetzt, ist der nächste Schritt die „De-Idealisierung“, der Weg zurück zur Wirklichkeit. Denn solche Idealbedingungen wie man sie bei Spielen vorfindet, sind ja in den seltensten Fällen auch in der Realität gegeben, darum ist es nötig, sich zuerst aufs Wesentliche zu konzentrieren und erst im nächsten Schritt „wirklichkeitsnah“ zu agieren. (Folien 37 bis 44)


Der Vortrag von Martin Kusch lässt sehr viele Fragen und Diskussionspunkte zu; sich diesen zu widmen ist Aufgabe der Übung.

Rubbert, Johannes

Prof. Martin Kusch (Laufbahn)

Interessen als Jugendlicher:
Marxismus und Psychoanalyse

leider harmonieren diese 2 Richtungen nicht

dann Kibbuz

Studium in Westberliner (ab1979)
Ernst Tugendhat: Sprachanalyse (Wittgenstein, von Wright)

finnische Freundin wollte zu ihren 1000 Seen -> ab 81 Studium in Finnland

Klassiker zu langweilig
Habermann's Theorie des kommunaktiven Handelns“ erschien
1200Seiten/6Monate=200Seiten/Monat

Marxismus-Psychologie-Sprachanalyse 89 Doktorarbeit (Sprachphilosophie bei Hussserl und Heidegger) bei Hintikka
dann kurzfristig als Vertretung für im hohen Norden:
Studenten wollten Foucault (Wissen und Macht/Kontrolle)
Untersuchungen zu Macht/Kontrolle bei Psychoanalyse, Psychiatrie, Polizei (mit der Zeit zu langweilig, weil als Thema zu gewöhnlich/naheliegen), daher
Wissenschaft und Macht bei der Mathematik

1992-1997: Edinburgh (Wissenschaftssoziologie, Zentrum für) Bloor, Collins, Shapin

seit 1997 in Wien Soziologische Geschichte der Philosophie:

Was hat die Philosophie der Psychologie mit Macht zu tun

Philosopenematch Leipzig gegen Würzburg, das ist Brutalität im Sinne einer politisch/weltanschaulichen Auseinandersetzung:

Wilhelm Wundt: (Leipziger Auffassung)
3 Typen von Bewustseinselementen
1. Empfindung
2. Vorstellung
3. Gefühl

Gedanken sind Komplizierte Verbindungen aus 1-3.
Willensakt baut Gedanken auf

Külpe,Bühler (Würzburger)
4 Elemente: die 3 + Gedanken Gedanken sind genauso primitiv wie 1-3

große öffentliche Diskussion

Würzburger:

  Psychologie des Individuums

Wundt:

  Psychologie des Kollektivs (Völkerpsychologie, Einzelner muss für Kollektiv geopfert werden)
Wundt erklärt Völkerpsychologie in seinem Institut zur Chefsache, subalterne Mitarbeiter dürfen nur den Rest der Psychlogie bearbeiten


Wundt: Volk und Staat Protestantismus, Deutschtum und Voluntarismus

Würzburger: Individualismus und Internationalismus Intellektualismus und Katholizismus (Thomas von Aquin), Internationalismus

Erkenntnistheorie:

Definition des Wissens: gerechtfertigter wahrer Glaube

4 Quellen des Wissens 1 Wahrnehmung 2 logisches denken 3 Erinnerung 4 Zeugnis (testimony)

1-3 individuell 1-2 generativ 3-4 nicht generativ 4 PROBLEMATISCH

a) kann 4 generativ sein?
b) lässt sich Vertrauen auf 4 rechtfertigen?

Individualist:
nur 1 und 2 generativ
4 muss rational gerechtfertigt sein


Kritik des Kommunaristen: Zeugnisse

Lehrerin A ist Kreationistin
Sie erklärt Schülern Evolutionstheorie
->Schüler glauben Evolutionstheorie, A nicht

Maria:
Arzt sagt fälschlich, daß Ms Farbsehen beeinträchtigt ist
Sie sagt ihrem Freund, daß die Ampel grün ist
->Freund weiss, dass Ampel grün ist

Hume: reduktive globale Rechtfertigung

3 Arten von Wissen 1. aus erster Hand bestätigt
2. eigenes Wissen widerspricht
3. weiss nix

1 größer als 2
rational gesehen auch bei 3 grösser

Kritik 3 viel grösser als 1 und 2

Reid: fundamentale globale Rechtfertigung Gott wird durch Bibel bewiesen Bibel wird durch Gott bewiesen

Kritik: zirkularer Beweis


Risto und Seppo

a, b und ein Stempel
a geht weg
b stempelt dinge an nicht gleich sichtbarer stelle (ristos)
a kehrt zurück und soll ristos finden

Ristos eindeutig identifizierbar durch Extension
Fortschritt klar


a,b und c
a geht weg
b und c nennen 3 ähnliche Gegenstände Seppos
a werden Seppos gezeigt, er muss neue Seppos finden argumentieren
nach der Abstimmung/Einigung auf einen neuen seppo, scheidet der älteste seppo aus
(es gibt immer 3 seppos)

Abstimmung
Wahrnehmung und Verhandlungen
a alleine kann keine seppos finden
seppo hat keine Extension


ein risto ist WAHR wenn gestempelt (erkennungsunabhängig)
vs.
ein seppo WAHR wenn Gruppe so entscheidet (Ähnlichkeitsurteil) Wahrheit nicht erkennungsabhängig

risto: stempler ist Gott/Natur/Evolution a ist Wissenschaft

seppo: a, b und c (wir) sind Wissenschaft ohne eines stempelnden Gottes

die meiste Philosophen sind Ristoianer

Kusch ist Seppoianer

meine folgerung/kritik am seppoismus:
wahrheit ist ergebniss einer (demokratischen?)abstimmung?
wer ist denn da überhaupt abstimmungsberechtigt, ...?
machen wir das basisdemokratisch oder in einer representativen demokratie
oder ist wahrheit, was mit gewalt/repression etc. den massen verkauft wird?

erinnert mich an angebliche letzte Worte Einsteins:
es gibt 2 Dinge die unendlich sind
das Universum und die menschliche Dummheit
nur beim Universum bin ich mir nicht mehr so sicher

-> daher bin ich dzt. eher ristoianer

Brunner, Michael

Martin Kusch: Philosophie und (Sozial)-Wissenschaft

Mit Martin Kuschs Vortrag im Rahmen der dritten Ring-Vorlesung, wird das Auditorium nach den weitgreifenden Einblicken von Gerhart Gotz nun erstmals mit einer deutlich ausformulierten Blickrichtung der Philosophie konfrontiert. Und diese, so wird schnell deutlich, will „das Soziale und Politische in die Philosophie hineintragen“(Kusch) ohne aber, wie sich zeigt, den Blickwinkel zu verengen, vielmehr sogar den Diskurs zu verbreitern. Neben den fachlichen Informationen wird Kusch den Studienanfängern auch mögliche Perspektiven darlegen, indem er sich seiner Laufbahn als Beispiel bedient. Im ersten Programmpunkt des Vortrages spricht er also „Über die Zufälle, die mich zu meinen heutigen Interessen gebracht haben“, um darin keineswegs zu behaupten, dass philosophische Blickführung beliebig sei, sondern dass Einfluss und Interessensführung durch Erfahrung und Kontakt gelenkt wird, und dass die größtmögliche Verbreiterung des eigenen Horizontes notwendig ist, um in der Argumentation nicht an toten Winkeln des Blickfelds zu scheitern. So erklärt Martin Kusch, ausgehend von frühem Interesse an Marxismus und Psychoanalyse habe er begonnen in Berlin Philosophie zu studieren und sei dort maßgeblich von Ernst Tugendhat und seiner sprachanalytischen Philosophie beeinflusst worden. Der im Begriff des linguistic turn niedergeschlagene Neuanfang der Philosophie auf der Grundlage der Sprache habe ihn von nun an grundsätzlich interessiert, so habe er sich mit Ludwig Wittgenstein und Georg Henrik von Wrigth beschäftigt. Als Kusch wie er berichtet, seine Vita schon bald mit eine Verlegung seiner Studien nach Finnland bereichert, wendet sich sein Blick dem zu Zeiten hochaktuellen Philosophen Jürgen Habermas zu und er rezipiert intensiv dessen „Theorie des kommunikativen Handelns“. Habermas nämlich beziehe sich nicht unwesentlich auf marxistische wie psychoanalytische und sprachphilosophische Denkweisen, habe aber auch Kuschs Interessen um das der Wissenschaftsphilosophie und dort speziell der sozialwissenschaftlichen Anteile erweitert. Nach seiner Dissertation zur Sprache bei Husserl und Heidegger bei dem finnischen Philosophen Hintikka, mit dem ihn ein fruchtbares „Meister-Lehrling-Verhältnis“ verbunden habe, habe ihn die Lehrtätigkeit zu Michel Foucault entschieden bereichert. Denn mit Foucault begann ihn, wie berichtet wird, der Zusammenhang zwischen wissenschaftlicher Macht und Kontrolle zu interessieren, was Kusch in den Bereich der Wissenschaftssoziologie geführt habe. Entscheidend sei hier die Sociology of Scientific Knowledge gewesen, die Bloor, Collins und Shapin prägten. Zunehmend habe er den Glauben der Beantwortung aller philosophischen Fragen durch wissenschaftssoziologische Analysen aber nun vermeiden wollen, so habe nach verschiedenen Ländern und Institutionen wissenschaftlicher Tätigkeit seine Lehrtätigkeit in Cambridge den Boden geboten „zur Philosophie zurückzukehren“ und die Wissenschaftssoziologie durch die Philosophie zu verteidigen. Der Leitgedanke des Hineintragens wissenschaftssoziologischer Fragen in die Sprach-und Wissenschaftsphilosophie unter anderem sei hier entstanden. Übergehend zu seinem zweiten Programmpunkt gibt der Vortragende bekannt, sich nun einer Soziologischen Geschichte der Philosophie widmen zu wollen. Hierfür bedient er sich der intensiven denkpsychologischen Debatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwischen dem Leipziger Wilhelm Wundt und der Würzburger Lehrmeinung um Oswald Külpe und Karl Bühler. Wilhelm Wundt unterscheide drei letztlich nicht mehr reduzierbare Fundamente des Bewusstseins, die Empfindungen, die wohl ähnlich den „seelischen Widerfahrnissen“ bei Aristoteles als sinnliche Beeindruckung gedacht werden, die Vorstellung, die Erinnerungsbilder einschließe, sowie die Gefühle. Die entscheidende Behauptung Wundts aber, sei die Überlegenheit des Gedankens mittels seiner Komplexität gegenüber den primitiveren Elementen, aus denen er mithilfe von Willensakten aufgebaut werde. Man könnte sagen, die Willensakte erst heben die primitiven Grundelemente auf das höhere Niveau des Gedankens. So entstehe auf dem Weg der psychologischen Introspektion bei Wundt die These, der Gedanke sei „das eigentlich Wertvolle am menschlichen Geist“. Die „Würzburger Gesinnung“ tritt dieser These auf unüberbrückbare Weise entgegen, indem man vier Grundelemente erkennt und den Gedanken eine Ebene mit Gefühlen, Vorstellungen und Empfindungen teilen lässt. Nun sei das Interessante, was aus einer Betrachtung dieser Debatte zu gewinnen sei nach Kusch die Frage, was eine soziologische Analyse der Konsequenzen jeweiliger Denkfiguren finden kann. Wenn man auf diese Weise Wundts Ideengebäude betrachte , sei ein ausgeprägtes Prinzip von Hierarchien zu finden. Schließlich könnten Gedanken aufgrund ihrer Komplexität nur kollektiv nicht individuell begriffen werden, denn „das Denken habe sich im Volk und seiner Sprache sedimentiert“. Weshalb eine Völkerpsychologie über die individuelle Experimentalpsychologie zu stellen sei, wie man Wundts These entnehmen könne. Die kompromisslose Dominanz des Kollektivs über das Individuum, dessen moralische Pflicht Wundt darin sieht, sich ohne Abschlag für den Staat zu opfern, führt zum Ideal eines „völkisch reinen Staats“ und lasse sich nicht zuletzt an der Struktur des Wundtschen Instituts ablesen. Dieses nämlich habe den übrigen Lehrenden und Studenten die experimentelle Psychologie des Individuums zugestanden, während die Völkerpsychologie des Kollektivs, des Gedankens Chefsache gewesen sei. Dass nun in Würzburg Individualismus und Internationalismus propagiert wurde, die radikale Gegenposition, überrascht kaum noch. Und auch in konfessioneller Hinsicht teilte man sich in Lager auf, denn während Wundt ein „militanter Protestant“ gewesen sei, „waren die Würzburger zumeist Katholiken. Den Lagern entsprächen Voluntarismus auf protestantischer und Intellektualismus auf katholischer Seite. Nachdem nun exemplarisch Bezüge der Philosophie, hier spezifisch der Psychologie, zum Politische, Sozialen und Religiösen demonstriert wurden, fährt der vortragende Martin Kusch mit seinem dritten angekündigten Ordnungspunkt fort um eine „Philosophie der Zeugnisse“ vorzustellen. Er schlägt vor vom Wissen als „gerechtfertigten, wahren Glauben“ auszugehen. Es seien vier Quellen des Wissens zu unterscheiden, es seien die Wahrnehmung, das Logische Denken, die Erinnerung und das Zeugnis, das „Mitmenschen als Wissensquelle“ sehe. Eine bedeutende Debatte wird dem Auditorium hier jetzt eröffnet. Wahrnehmung und Logisches Denken werden demnach als generative also neues Wissen erschließende Quellen gehandelt, während dieses Generierungspotential der Erinnerung und herkömmlicherweise auch dem Zeugnis abgesprochen werde. Daran entzünde sich eben die Debatte, man fragt: „Sind Zeugnisse je eine generative Wissensquelle?“, und „Lässt sich unser Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen?“. Man könne nun die individualistische Sichtweise, welche die erste Frage verneint und auf der rationalen Rechtfertigung besteht, sowie die kommunitaristische, welche die erste Frage bejaht und die zweite als irrelevant bewertet, da unsere Abhängigkeit von den Zeugnisse zu tief reiche, unterscheiden. Kusch bekennt sich nun zum Kommunitarismus, für den er fortan argumentiert. Er wolle den Akt der Mitteilung als bedeutenden Faktor der Wissensbildung beweisen. Er beginnt mit der Feststellung, dass sich das Zeugnis als Wissensquelle, wie die Erinnerung, gegenüber den Anderen durch seinen temporalen Aspekt auszeichne. Kusch fährt fort, man müsse zeigen, dass es möglich ist, dass ein Zeuge einem Hörer ein Wissen zuführen kann, das er selbst nicht weiß oder ,und hier möchte ich kommentieren, dessen er in momentanem Sinne nicht gewahr ist. Denn es bleibt zu klären, so meine ich als Kritiker auftretend, ob ein Wissen, das potentiell vorhanden ist, deren Nutzung das Subjekt aber momentan nicht fähig ist, kein Wissen mehr ist. Es werden nun zwei illustrierende Beispiele nach J.Lackey angeführt, die, und das ist subjektiv, nur eingeschränkt zu überzeugen wissen. Ich möchte mir erneut erlauben meine Zweifel knapp darzulegen. Der Gedanke des Generierungspotentials von Mitteilung und Zeugnis ist, so finde ich, sehr gerechtfertigt, doch der Ansatz des Beweises ist meiner Meinung nach keiner, der sich mit blinden Gewahrlosen und Evolutionskritikern befassen sollte, wie in erwähnten Beispielen geschehen, sondern vielmehr, und dies erkenne ich auch in den weiteren Ausführungen Kuschs, mit der Funktions-und Arbeitsweise von Wissenschaft, und um den roten Faden des Vortragenden aufzunehmen, auch mit Wissenschaftsgeschichte oder Soziologie. Denn die Generierung von Wissen durch Mitteilung ist wohl auf einer Ebene der Beeinflussung, des Aufbaus aufeinander, der Inspiration, des womöglich sogar willkürlichen Gedankenbads als Quelle neuer Gedanken zu entdecken. Um zum Inhalt des Vortrags zurückzukehren: Der zweite Aspekt des Kommunitarismus ist nun zu behandeln und in diesem Sinne verhandelt Kusch nun zwei historische Positionen zur Frage, ob sich das Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen lasse. Hier sei zunächst David Hume zu nennen, der in seiner „reduktiven globalen Rechtfertigung“ einfach schließe, die Menge an mitgeteiltem Wissen, welches durch eigenes Wissen erster Hand bestätigt wird, sei sehr viel größer, als solches, welches eigenem Wissen erster Hand widerspricht oder zu dem es kein eigenes Wissen gebe. So sei es gerechtfertigt Berichten zunächst zu vertrauen. Diese Sichtweise lasse sich, so Kusch, sofort kritisieren, denn die Menge des mitgeteilten Wissen, zu dessen Thema ich keinerlei eigenes Wissen erster Hand besitze, muss als die größte erkannt werden. Da auch die fundamentalistische Erklärung Thomas Reids keinen Beleg für eine rationale Rechtfertigung des Vertrauens auf Zeugnisse gibt, folgert Kusch vorläufig, dass erstens dem Zeugnis durchaus ein generativer Charakter zugeschrieben werden könne, und zweitens durch unsere Abhängigkeit und unüberwindbare Verstrickung in Zeugnisse eine genannte Rechtfertigung nicht möglich sei. Um fortzufahren und den „Problemen von Wahrheit, Wissenschaft, Fortschritt und Gemeinschaft“, die den Vortrag prägten, näher zu kommen, bedient sich Martin Kusch nun einem idealisierten wissenschaftlichen Modell, dessen grundsätzliche Bedeutung für die Philosophie er außerdem heraushebt, und stellt dem Publikum die Spiele Risto-Suche und Seppo-Suche vor. Diese Modelle sollten ihn abschließend zu einer Kritik der Theorie des Finitismus führen. Im Spiel Risto-Suche werden eine bestimmte Anzahl von Gegenständen unter anderen verdeckt gestempelt, diese muss ein nicht eingeweihter Spieler finden. Es ist zu bemerken, dass die Menge der Ristos eine Extension hat. Die Ristos sind physikalisch gekennzeichnet und durch Wahrnehmung identifizierbar, sie besitzen eine Identität. In Bezug auf Wahrheit ist ein Risto eindeutig, es ist nämlich genau dann wahr , wenn es einen Stempel besitzt, ist also erkennungs-unabhängig. Da der suchende Spieler der Wahrheit der eindeutigen Extension wegen immer näher kommen kann, ist es möglich Fortschritt zu erkennen. Dieses Modell schreibt Kusch der konventionellen Einordung von Wissenschaft und ihrer historischen Relevanz zu. Die Idee, die Wissenschaft könne Fortschritt erzielen, durch eine Annäherung an Wahrheit, durch ein Erstreben einer größtmöglichen Wahrheit ist offensichtlich defizitär und sei als fortschrittsbejahender Finitismus zu kritisieren. Dies sei mit Hilfe des Spiels Seppo-Suche als Modell möglich. Hier wird ein Gegenstand durch Verhandlung mehrerer Spieler in eine Reihe eingeordnet, die vorher bestimmte Ähnlichkeiten der erlaubten Gegenstände bestimmt. Der unbeteiligte Spieler muss nun die Analogien der Gegenstände entschlüsseln und in argumentativer Diskussion die anderen Spieler überzeugen. Hat man sich auf einen Gegenstand geeinigt, fällt der älteste aus der Reihe heraus. Ein Seppo kann also nur im Kollektiv identifiziert werden, die Menge der Seppos besitzt keine definierte Extension. Da die Wahrheit hier alles andere als erkennungs-unabhängig ist, ist eine Annäherung an die Wahrheit nicht gegeben, Fortschritt findet im Sinne eines einem Ziel Näherkommens nicht statt. Kusch schließt nun final, dass der Begriff der Wahrheit absurd sei und im Erkenntnisfaktor der Verhandlung sich wesentlich die soziale Dimension der Wissenschaft offenbare. Als abschließende Kritik des Protokollanten, möchte ich kurz meine Kommentierung den generativen Charakter des Zeugnisses betreffend hier einweben. Denn das Problem eines dem Fortschritt verpflichteten kollektiven Wissens, wie es sich im Missionseifer wissenschaftlicher Theorien und Erkenntnisse immer schon niederschlägt, lässt sich gerade mit der Feststellung der Generierung von Wissen durch Zeugnisse und der gleichzeitigen, dass neues Wissen, im Sinne eines Wissen, das bisher nicht vorhanden ,oder dessen potenzieller Träger diesem bisher nicht gewahr war, schlichtweg –und nichts Anderes sagt Seppo- nicht generiert werden kann, kaum vereinbaren. Wenn überhaupt kann die Menge an potentiellem Wissen oder um im Modell zu bleiben der möglichen Gegenstände ausgenutzt werden und der beste Fortschritt wäre der, sich allen potenziellen Wissens zur gleichen Zeit gewahr zu sein. Natürlich eine völlig theoretische Idee. Man müsste also sagen, der Begriff eines generativen Wissens ist grundsätzlich ein widersinniger. Neues Wissen entsteht nämlich nur auf der Ebene des Subjekts, offenbar niemals des Kollektivs. Denn das Kollektiv hat womöglich ein ewig stagnierendes potentielles Wissen zu verwalten, in dem sich je nach Gegebenheit und Interesse, von Verhandlung bestimmt, der Blick einmal hierhin, bald dorthin wenden kann. Dieses Wissen muss durch ständige Argumentation balanciert werden, um nicht im Gewahrlosen zu versinken. Und als letzte Wortmeldung möchte ich anfügen, dass die Erkenntnis durch Verhandlung, in der sich allmählich ein Wissen verfertigt, gestützt auf Kommunikation durch Sprache mit ihren mögliche Verlusten, im Bad des immer gleichen potentiellen Wissens mit all seinen zu erahnenden Defiziten, doch vielleicht gerade erst darauf hinweist, dass die Kollektivität des Wissens, die immer in jeder vermeintlichen Wissensbildung als Ziel mitschwingt, gerade das Neue im Wissen, die Generierung verdeckt. Das Zeugnis also, welches immer schon Horizonte doch weiter machte, hat womöglich ein potentielles Wissen generiert, aus dessen Grenzen es auf selbem Weg keinen Ausweg mehr gibt.


Sarbinowska,Wanda

Ring-Vo 29.10.2009 - PHILOSOPHIE UND ( SOZIAL-) WISSENSCHAFT

Professor Martin Kusch hat anfangen:

1) "Über die Zufalle, die mich zu meinen heutigen Interessen gebracht haben" Kurze Eckdaten von Prof. Kusch persönlichen Laufbahn:

  • Marxismus, Soziologie
  • Psychoanalyse
  • Sprachanalytische Philosophie
  • Wissenschaftsphilosophie

M.Kusch vorwiegende Interesse liegen bei der Verknüpfung von Sozialem und der Philosophie.

2) Soziologische Gesichte der Philosophie - was hat die Philosophie der Psychologie mit Macht zu tun?

Hier haben wir ein Bild, wie Philosophie und Macht zusammen verbinden sind. Ein Beispiel war verschiedene Meinungen von Wilhelm Wundt (1832 - 1920) Leipzig; Oswald Kulpe (1862 - 1915) und Karl Bühler (1879 - 1963) beide aus Würzburg.

WILHELM WUNDT unterschied 3 Typen von unreduzierbaren Bewusstseinelementen:

1) die Empfidungen 2) die Vorstellungen 3) die Gefühle

Sie sind die Bestandteile von GEDANKEN, welche werden durch Willensakte aufgebaut, weil ohne Willen - keine Gedanke. Gedanken sind also ganz kompliezierte Kombinationen von Empfidungen, Vorstellungen und Gefühlen.

OSWALD KÜLPE und KARL BÜHLER die WÜRZBÜRGER bilden Gedanken als viertes Element von unreduzierbaren Bewusstseinelementen. Sie griffen hierarchische Struktur Wundts und sahen das Bewusstsein als eine Ebene.

Jetzt wissen wir, dass eine Debatte ausser philosophische auch soziale, politische und theologische Relevanz haben kann.

Wundts Nationalismus bedeutet, dass Volk und Staat die hochste Werte represientieren. Für Würzbürgers Internationalismus und Individualismus soll man den Vorgang lassen.

Dieser Konflikt gehts weiter auf den Katholizismus- Protestantismus Konflikt . Wundt war ein Protestant mit enge Association zur Voluntarismus . Die Würzbürger zumeist Katholiken mit enge Association zur Intellektualismus.

3)

Erkenntnistheorie - Philosophie der Zeugnisse - als generative Wissenquelle

Wissen - gerechtfertigter wahrer Glaube. Quellen des Wissens: 1) der Wahrnehmung 2) das logisches Denken 3) der Erinnerung 4) die Zeugnisse

Die herkömmliche Ansicht graduieret: 1-3 als individuelle Wissenquellen, 1-2 als generative Wissenquellen, 3-4 als nicht generative Wissenquellen 4 - problematisch...teilweise generative Wissenquellen.

Kommen gleich die Fragen aus der Gegenswertdebatte zw.Individualisten und Kommunitaristen: a) sind Zeugnisse eine generative Wissenquelle? b) lasst sich unseres Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen?

Der Individualist antwortet: a) Nein,neues Wissen nur durch Wahrnehmung und logisches Denken b) Ja, Vertrauen auf Zeugnisse muss sich rational rechtfertigen lassen.

Der Kommunitarist antwortet:

a) Ja, die Zeugnisse sind auch generativ b) Nein, unsere Abhängigkeit von Zeugnissen reicht zu tief.

Und dazu gibt Prof.Kusch zwei wichtige Ansichten von David Hume (1711-1776)- der von reduktiver globaler Rechtfertigung sprach und Thomas Reid (1710 - 1796) der von fundamentalistischer globaler Rechtfertigung sprach. Weisen Im letzten Teil des Vortrags stellt ´Prof.Kusch zwei Spiele - Risto-.Suche und Seppo- Suche vor zum Thema: -Gemeinschaft -Wahrheit -Fortschrift -Wissenschaft Mit denen wir wissen, was unterschiedliche Wesen und ihre Konsequenze für Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschrift und Wissenschaft sein können.

Zum Schluß wichtig ist zuerst aufs Wesen sich zu konzentrieren und Verhandlung und Wahrnehmung auf gleicher Ebene begegnen. Die soziale Dimension ist der Wissenschaft wesentlich.



Fedja Pivodic

Methoden und Disziplinen der Philosophie WS 09/10

4. VL am 29.10.2009: Martin Kusch:

Martin Kusch gliedert seinen Vortrag in vier Abschnitte. Einer Einleitung in der er seine akademische Laufbahn darzustellen versucht, folgen drei Beispiele aus seiner philosophischen Arbeit.


1. Biographische Einleitung Kusch legt zu Beginn seinen persönlichen Weg zur Philosophie dar. Dem frühen Interesse an Marxismus und Psychoanalyse folgte das Studium der Philosophie in Berlin. Von Tugendhat beeinflusst, entdeckte er dort sein Interesse für sprachanalytische Philosophie. Nach dem Entschluss seine Studien in Finnland fortzuführen, erweckt Habermas Philosophie Kuschs großes Interesse. Später widmete er sich in seiner Lehrtätigkeit Foucault, wodurch ihn der Zusammenhang zwischen wissenschaftlicher Macht und Kontrolle zu interessieren begann. Er wandte sich aber, nach einer Zeit, in der er sich vorwiegend mit wissenschaftssoziologischen Analysen beschäftigte, schließlich doch wieder der Philosophie zu und suchte die Wissenschaftssoziologie durch die Philosophie zu verteidigen. Seine drei nun folgenden Arbeitsbeispiele haben die Gemeinsamkeit, dass sie die Bedeutung des Sozialen (Sozialwissenschaftlichen) und Politischen in der Philosophie zeigen.


2. Soziologische Geschichte der Philosophie: was hat die Philosophie der Psychologie mit Macht zu tun?

Wilhelm Wundt (Leipzig)

Wundt ist Vertreter der Leipziger Schule und der Vater der experimentellen Psychologie. In den damaligen Philosophiegeschichten gilt er als der bedeutendste Philosoph der Gegenwart. Wundt ist interessiert an der Struktur des menschlichen Bewusstseins. Man findet, lt. Wundt, 3 Arten von einfachen nicht weiter analysierbaren Bewusstseinsphänomenen: Empfindungen, Vorstellungen und Gefühle. Vorstellungen sind abstrakte Bilder die wir uns von Bildern machen, Wahrnehmungen werden in Vorstellungen umgeformt. Diese 3 Elemente sind das Fundament unseres Bewusstseins. Gedanken sind komplizierte Kombinationen aus diesen 3 Elementen. Die Gedanken werden durch den Willen gebaut, Willensakte bauen aus diesen 3 Elementen Gedanken. Willensakte selbst sind auch wieder Gebilde aus diesen 3 Elementen. Für Wundt ist das Kompliziertere auch das Wertvollere. Das eigentlich Wertvolle sind die Gedanken.

Külpe und Bühler sind Würzburger Vertreter der Philosophie Nach ihrer Auffassung gibt es 4 Grundelemente. Auch die Gedanken sind genauso basal und einfach wie die anderen 3 Elemente. Es entstand nun ein großer Disput der nahezu wöchentlich in Zeitschriften ausgetragen wurde. Dabei nahmen Vertreter der unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen dazu Stellung.

Was kann eine soziologische Analyse hierzu herausfinden?

Das Bewusstsein ist für Wundt eine streng hierarchische Struktur. Gedanken sind hochwertig, anderes ist niederwertig. Auch der Wille in diesem System sehr wichtig, ohne ihn gibt es keine Gedanken.

In der Psychologie gibt es für Wundt 2 Teile – die individuale und die kollektive Psychologie (Völkerpsychologie). Weil Gedanken so kompliziert sind kann man sie auf der Ebene des einzelnen Individuums gar nicht untersuchen, sondern nur auf der Ebene des Kollektivs. In der Volkssprache hat sich das Denken, wie unter einem Vergrößerungsgrad, niedergeschlagen. Völkerpsychologie untersucht also etwas viel Wertvolleres als die Individualpsychologie. Das Kollektiv und der Staat und das Volk werden analog den Gedanken weit über das Individuum gestellt. Diesen Gedankengang fortgeführt, kann man sagen, dass es die Pflicht des Individuums ist für den Staat zu leben (sein Leben, wenn nötig für den Staat zu opfern.), weil der Staat um so viel wertvoller ist. Wundt selbst beschäftigte sich ausschließlich mit der Völkerpsychologie. Die hierarchische Struktur seines Instituts unterstreicht das. Indem die Würzburger die 3er Struktur angreifen, stellen sie die Unterscheidung in Völkerpsychologie und Individualpsychologie in Frage. Sie machen Wundt als alleinigen Superpsychologen obsolet.

Es ist für diese Kontroverse charakteristisch, dass Wundt nationalistisch war und dass die Würzburger stark internationalistisch ausgerichtet waren. Ihre jeweiligen Thesen spiegeln sich daher auch in ihren politischen und sozialen Auffassungen wider.

Weiters war der Konflikt auch stellvertretend für die Konkurrenz von Katholizismus und Protestantismus. Würzburg war eine der wichtigsten katholischen Univ. Die katholischen Philosophen bemühten sich Thomas v Aquin erforschen. Intellekt hat aus seiner Sicht nichts mit dem Körper zu tun, es gibt reine Gedanken, die nichts mit Gefühlen zu tun haben. Wundt dagegen, war militanter Protestant.

Kusch zeigt anhand dieses Beispiels, wie man bei vordergründig nicht politischen Themen, die Bezüge zur Religion und Politik erforschen kann.


3. Erkenntnistheorie und Gemeinschaft: Die Rolle der Anderen in meinem Wissen und meiner Erkenntnis

Kusch definiert Wissen als „gerechtfertigten wahren Glauben. Und die Quellen des Wissens als Wahrnehmung, logisches Denken, Erinnerung und Zeugnisse. Die Wahrnehmung ist sinnlich. Das logische Denken bedeutet durch Ableitung, durch reines Nachdenken zu Wissen zu gelangen. Bei der Erinnerung weiß ich was ich gestern wusste auch jetzt. Zeugnisse sind Mitmenschen die als Wissensquelle dienen.

Die Fragen, die Kusch interessieren sind: a. Sind Zeugnisse je eine generative Wissensquelle? b. Lässt sich unser Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen?

Kusch unterscheidet nun zwischen einer individualistischen Position und einer kommunitaristischen. Der Kommunitarist sagt, im Gegensatz zum Individualisten, dass unser Vertrauen auf andere sich nicht weiter rechtfertigen lässt weil es so fundamental und tiefgehend ist. Warum kann ich anderen vertrauen? Diese Frage kann man nicht beantworten. Für die Kommunitaristen können Zeugnisse auch generative WQ sein, für Individualisten lediglich die Wahrnehmung und das logische Denken.

Anhand zweier Beispiele von J. Lackey stellt Kusch dar, wieso sich auch Zeugnisse generative Wissensquellen sind.

Zu der Frage, ob sich das Vertrauen auf Zeugnisse überhaupt rational rechtfertigen lässt, ob man anderen Menschen im Großen und Ganzen vertrauen kann, meint Kusch, dass unser Vertrauen so tief greifend von anderen Personen abhängig ist , dass wir dafür gar keine Argumente liefern können. Auch hier stehen sich die individualistische und die kommunitaristische Position gegenüber. An dieser Stelle zeigt Kusch die Schwachpunkte der beiden wichtigsten Ansätze von Hume und Reid.


4. Risto-Suche und Seppo-Suche: zwei Spiele zum Thema Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft

Kusch will zeigen, dass sich ein klassisches Instrument aus den Natur- und Sozialwissenschaften, das Schaffen von idealisierten Modellen anhand derer man Zusammenhänge leichter erkennen kann, auch für die Philosophie eignet. Er veranschaulicht diese Methode anhand zweier Spiele (Modelle), welche die Funktionsweise unserer Sprache darstellen sollen. Dabei stellt sich heraus, dass das eine Modell der tatsächlichen Funktionsweise von Sprache näher kommt als das andere.

Wundt hat drei Ausschnitte aus seiner Arbeit vorgetragen, die vordergründig verschieden sind, aber zeigen sollen, dass das Soziale in der Wissenschaft wesentlich ist.

Frank Fetzer

Martin Kusch: Philosophie und (Sozial-) Wissenschaft

Martin Kusch teilte seine Vorlesung in vier Teile auf.

Zuerst gab er einen kurzen Abriss über seine Biografie, um dann seine Interessensgebiete auszuführen: Marxismus, Psychoanalyse, sprachanalytische Philosophie, Wittgenstein, von Wright, Habermas, Foucault. Besonders interessiert ihn der Zusammenhang von Sozialem und Philosophie (Macht, Sprache, Politik)

Im zweiten Teil erläutert er den Zusammenhang von Philosophie und Macht anhand des Beispiels des Leipzigers Wilhelm Wundt und seiner Völkerpsychologie und seinen Würzburger Gegenspielern Oswald Külpe (1862 - 1915) und Karl Bühler (1879 – 1963). Wundt unterschied 3 unreduzierbare Bewusstseinselemente: Empfindungen, Vorstellungen und Gefühle. Aus diesen primitiven Elementen lassen sich laut Wundt die höherwertigen Gedanken bilden. Külpe und Bühler sahen das anders. Bei ihnen bildeten Empfindungen, Vorstellungen, Gefühle und Gedanken keine hierarchische Struktur aus. Das Bewusstsein gleicht bei ihnen einer Ebene mit vier gleichberechtigten Komponenten. Die Kontroverse um die beiden Bewusstseinsauffassungen bekommt politische Relevanz dadurch, dass Wundt seine Auffassung der Struktur des Bewusstseins nun auch dem Volke aufsetzt. Das Individuum spielt als primitives Element keine große Rolle, nur dass Volk als Ganzes ist von Bedeutung. So ist, analog zu den Gedanken, das Volk als Ganzes viel wertvoller als der primitive Einzelmensch, was ausgezeichnet zum strammen Nationalismus der Zeit passt.

Im dritten Teil der Vorlesung fragt er nach der Rolle des Anderen bei der Entstehung von Wissen. So behauptet er Zeugnisse als generative Wissensquelle. Er spricht von vier Wissensquellen: der Wahrnehmung (a), dem logischen Denken (b), der Erinnerung (c) und dem Zeugnis (d). (a) und (b) sind unbestritten generative Wissensquellen. (c) und (d) sind nach traditioneller Ansicht nicht-generative Wissensquellen, denn Wissen entsteht hier nicht. Es entstand bei (c) durch (a) oder (b) bzw. bei (d) durch (a) oder (b) einer anderen Person. Um eine soziale Komponente in die Erkenntnistheorie zu bringen, behauptet er, Zeugnisse seien ebenfalls zumindest teilweise generative Wissensquelle. Um das zu belegen führt er zwei Beispiele von Jennifer Lackey an.

Im vierten Teil stellt Kusch zwei Spiele zum Thema Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft vor. In diesen Spielen wird die Wirklichkeit idealisiert. Hat man die grundlegenden Funktionen verstanden, lassen sich diese Modelle de-idealisieren, so das sich die Konzepte in der Wirklichkeit erproben lassen.


Hannah Weinhardt

Von der jugendlichen Begeisterung für Marxismus und Psychoanalyse durch den Kibuz zur Sprachphilosophie von Tugendhat und Wittgenstein, über Habermas schließlich zu Foucault - mit wenig Detail, dafür umso unterhaltsamer führte uns Prof. Kusch zu Beginn seiner Vorlesung durch seine „philosophische Biographie“. Sein besonderes Augenmerk galt dabei Foucault und dessen Machtanalyse. Inspiriert davon begann er seine Forschungen zu Machtstrukturen in wissenschaftlichen Gebieten wie der Mathematik, Physik und Statistik um die Frage zu beantworten: Ist auch hier Wissen gleich Macht?

Mit Wundt und seiner Psychologie machte er diese Frage an einem konkreten Beispiel deutlich. Für Wundt gab es drei primäre, niedere Bewusstseinselemente, die nicht weiter analysierbar sind: Empfindungen, Vorstellungen und Gefühle. Gedanken hingegen stehen auf einer höheren Ebene und sind immer Kombinationen aus den drei eben genannten, durch Willensakte „gebaut“. Willensakte wiederum sind ebenfalls Kombinationen aus den drei primären Bewusstseinselementen. So weit, so paradox. Hier erinnerte die Thematik an die beiden vorangegangenen Vorlesungen von Prof. Gotz, der ebenfalls das Zusammenspiel vom unmittelbarem und reflexivem Bewusstsein und die Rolle des Willens als treibende Kraft behandelte. Offensichtlich ist der Wille in der Philosophie und der Psychologie ein inkommensurables Thema.

Zur damaligen Zeit wurde Wundt von Kollegen aus Würzburg für diese Theorie heftig kritisiert. Diese nämlich gingen von 4 gleichgestellten Bewusstseinselementen aus: Empfindungen, Vorstellungen, Gefühle und Gedanken. Doch nicht nur in Fachzeitschriften war der Streit von höchster Brisanz, er wurde bald zu einem politischen. Die hierarchische Struktur des Bewusstseins weitete Wundt auf die allgemeine Psychologie aus: Die „niedere“ Psychologie war die experimentelle, die sich mit dem Individuum beschäftigt. Die Völkerpsychologie galt für ihn als die viel interessantere Wissenschaft. Der Staat war in Wundts Augen unendlich viel wichtiger als der Einzelne. Somit stand auf der einen Seite der protestantische Nationalist, der hierarchische Strukturen liebte und für den das Volk und der Staat die wichtigsten Werte waren. Auf der anderen Seite die Katholiken, für die der Individualismus und der Internationalismus wichtig waren und die die Lehren von Aquin durch ihre Theorie bestätigt und durch Wundts Theorie angegriffen fanden. Deutlich wurde hier die politische Relevanz philosophischer/psychologischer Themen.

Sein drittes Kapitel widmete Prof. Kusch dem Wissen, per Definition dem „gerechtfertigten wahren Glauben“. Was genau bedeutet „wahr“ in diesem Zusammenhang? Die Quellen unseres Wissens sind: 1. Wahrnehmung, 2. Logisches Denken, 3. Erinnerung, 4. Zeugnis (Mitmenschen als Quelle). Diese vier Komponenten lassen sich verschiedenen Kategoreien zuordnen: 1.-3- sind individuell, 1. und 2. din generativ, können also neu entstehen und 3. und 4. sind nicht-generativ, nur transportiert. Zumindest im bisherigen Konsens. Doch Kusch stellt die Frage: Sind Zeugnisse je eine generative Wissensquelle? Auch dazu gibt es schon zwei vorgefertigte Meinungen: Die Individualisten sind dagegen und behaupten neues Wissen sei nur durch Wahrnehmung und logisches Denken zu erlangen. Die Kommunitaristen hingegen sind überzeugt davon, dass Zeugnisse auch generativ sein können, dass also ein „Übermittler“ ohne etwas selbst zu wissen, bei einem anderen durch Kommunikation eben dieses Wissen erzeugen kann. Diese These vertrat auch Kusch und untermalte sie mit in meinen Augen zu konstruierten Beispielen.

In seinem letzten Kapitel von der Risto- und der Seppo-Suche beschrieb Kusch zwei von ihm selbst erfundene Spiele: Die „Risto-Suche“, bei der einer von zwei Spielern den Raum verlässt, während der andere 10 beliebige Gegenstände in diesem Raum mit einem Stempel versieht und sie so zu Ristos macht. Der zweite Spieler darf nun den Raum wieder betreten und muss in einer vorgegebenen Zeit so viele Ristos wie möglich finden. Bei der „Seppo-Suche“ gibts es drei Spieler, von denen wieder einer den Raum verlässt während die anderen zwei Spieler sich auf drei Gegenstände einigen, die sie für einander ähnlich befinden und sie so zu Seppos machen. Wenn der dritte Spieler den Raum wieder betritt, werden die Seppos geändert, indem alle je ein Spieler einen neuen vorschlägt und die anderen beiden Spieler davon überzeugen muss, mit diesem neuen Seppo einen der drei alten zu ersetzen. Die bis dahin zusammenhanglos klingenden Ausführungen enthüllten erst bei Kuschs Conclusio ihre geniale Simplizität: Während man lange geglaubt hat, die Welt folge dem „Risto-Prinzip“, wird doch immer deutlicher, dass es ein „Seppo-Konzept“ ist, das unserem Wissen und der Wissenschaft zugrunde liegt. Es gibt keine unendliche, universelle Wahrheit, die es zu finden gilt. Vielmehr ist das, was wir „wahr“ nennen immer nur ein Konsens, der temporäre Gültigkeit hat.


Bernhard Zarzer

Gliederung: -À la recherche du temps perdu: Über die Zufälle, die mich zu meinen heutigen Interessen gebracht haben. -Soziologische Geschichte der Philosophie: Was hat die Philosophie der Psychologie mit Macht zu tun? -Erkenntnistheorie und Gemeinschaft: Die Rolle der Anderen in meinem Wissen und meiner Erkenntnis. -Risto-Suche und Seppo-Suche: Zwei Spiele zum Thema Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft.

Über die Zufälle, die mich zu meinen heutigen Interessen gebracht haben. Martin Kusch hat zu Beginn seine Einflüsse und frühen Interessen, wie z.b. Marxismus, Psychoanalyse und Sprachphilosophie (speziell bei Wittgenstein, Georg Henrik von Wright, Habermas, seinem Professor Ernst Tugendhat), erläutert. Weiters interessiert er sich für Zusammenhänge der sozialen Strukturen und Phänomene mit der Philosophie.

Soziologische Geschichte der Philosophie: was hat die Philosophie der Psychologie mit Macht zu tun? Nach Wilhelm Wundt gibt es drei Arten von Bewusstseinselementen: Empfindung, Vorstellung und Gefühl Durch Willensakte entstehen komplexe Verbindungen zwischen diesen und es entstehen Gedanken. Die Würzburger Oswald Külpe und Karl Bühler sahen das Bewusstsein als eine Ebene, im Gegensatz zur hiraschischen Struktur nach Wilhelm Wundt und meinten, dass Gedanken nur ein weiteres Bewusstseinselement, neben den zuvor genannten, ist. Mit der Psychologie nach Wundt entsteht die Meinung, dass die Psychologie des Individuums minderwertig auf der Ebene der Gefühle, Vorstellungen und Empfindungen ist, die Völkerpsychologie auf der Ebene der Gedanken jedoch hochwertig ist. Übertragen auf die sozialen Strukturen der Politik würde das bedeuten, dass der Staat über dem Individuum steht, was dem Nationalismus nahe ist.

Erkenntnistheorie und Gemeinschaft: Die Rolle der anderen in meinem Wissen und meiner Erkenntnis. Wissen ist gerechtfertigter Glaube, das aus vier Quellen entspringen kann: Wahrnehmung, Logischen Denken, Erinnerung, Zeugnis. Die ersten drei sind individuell. Wahrnehmung und Logisches Denken sind generative Wissensquellen und Erinnerung und Zeugnis sind nicht generativ. Es gibt aber zwei größere Gruppierunge, die sich gegenüber stehen. Die Indiviualisten unterstützt, die schon genannte Unterteilung in generativ und nicht generativ. Die Kommunitaristen meinen das Zeugnis sei ebenfalls generativ.

Risto-Suche und Seppo-Suche: zwei Spiele zum Thema Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft Um einen Fortschritt (z.b. in der Wissenschaft) zu erreichen ist es nötig, wie bei Spielen, zuerst das vorliegende Problem zu idealisieren und verschiedene Komplikationen zu ignorieren. Erst wenn man sich dem Wesentlichen auskennt, kann man sich der Wirklichkeit wieder nähern und das Ideal auflösen.


Angela Strohberger, Helmut Eder, Hubert Rieger

Vortrag Prof. Martin Kusch, 29. 10. 2009

Thema: Philosophie und (Sozial-) Wissenschaft


KUSCHs Werdegang erklärt seinen besonderen Zugang zur Philosophie

Kusch sprach über seinen Werdegang, der erklärt, warum er einen besonderen Zugang zur Philosophie über die Sozialwissenschaften hat (Soziologie, Wissenschaftssoziologie, Psychoanalyse, etc und was er „sociology of scientific knowledge“ nennt) und versucht, das Soziale und das Politische in die Philosophie hineinzutragen. Wobei er Wert darauf legt, dass dies nicht durch die Sozialphilosophie allein erreicht wird, sondern dass vor allem auch andere Wissenschaftsdisziplinen dazugehören.

Er geht in seinem Vortrag besonders auf den Kommunitarismus ein. (Definition Kommunitarismus: Wikipedia: basiert auf der Annahme, dass nur ein in eine sprachlich, ethnisch, kulturell, religiös oder sonst wie definierte Gesellschaft eingebetteter Mensch in der Lage ist, über die grundsätzliche Gerechtigkeit zu befinden). Ein weiterer Aspekt, nämlich der von Macht im allgemeinen und Philosophie, scheint im Zentrum seines Interesses zu sein.


Der Streit der Denkpsychologie


Im 2. Abschnitt geht Kusch dann auf eine Auseinandersetzung zwischen Wundt (der Leipziger Schule und Vater der experimentellen Psychologie) und Külpe und Bühler (der Würzburger Schule) ein. In dieser Auseinandersetzung geht es um die Struktur des Bewusstseins, das nach Wundt so funktioniert, dass sich Gedanken aus komplizierten Verbindungen von Empfindungen (z. B. des Hör-, des Tast- und des Geschmacksinns), Vorstellungen (z. B. Wahrnehmungen, Erinnerungen und abstrakte Bilder) und Gefühle (z. B. Lust und Unlust) durch einen Willensakt bilden. Dem gegenüber behauptete die Würzburger Schule, dass sich auch die Gedanken mit den Empfindungen, Vorstellungen und Gefühlen auf einer Ebene befinden, und dass diese Bewusstseinselemente nicht weiter analysierbar seien. Ebenso griffen die Würzburger damit die hierarchische Struktur von Wundt an, der explizit eine Wertung zwischen Gedanken (höherwertig) und den 3 anderen geistigen Aktivitäten sah. Weil Gedanken höchst kompliziert sind, kann man sie auf der Ebene des Individuums nicht untersuchen sondern nur auf der Ebene des Kollektivs, des ethnisch homogenen Volkes verstehen. Auf diesem Gedankenmodel basierend, postulierte Wundt, dass Völkerpsychologie wertvoller sei denn experimentelle Psychologie auf der Ebene des Individuums. Eine weitere Konsequenz sah Wundt darin, dass sich das Individuum für die Gesellschaft/dem Staat zu opfern hätte. (Offensichtlich hat sich seine hierarchische Sichtweise von organisatorischen Gebilden auch darin reflektiert, wie Wundt sein Universitätsinstitut geführt hat).


Einfluss der politischen Orientierung und der Konfession auf den Streit

Mittels einer soziologischen Analyse hat Kusch dann herausgearbeitet, dass sich die unterschiedliche Sichtweise zwischen den Schulen auf deren politische Orientierung und der Konfession der jeweiligen Vertreter zurückführen lies. Wundt war ein militanter Protestant und Vertreter des Voluntarismus (diejenige Richtung der Metaphysik unter der Psychologie, die nicht den Intellekt, sondern den Willen psychologisch als Grundfunktion des seelischen Lebens, metaphysisch als das Grundprinzip oder An-sich des Seins, betrachtet), Nationalismus und Deutschtums (Volk und Staat repräsentieren die höchsten Werte). Auch bei KANT spielt der Wille die zentrale Rolle.

Demgegenüber vertraten die Vertreter der Würzburger Schule (die der katholischen Konfession zuzuordnen waren) den Individualismus und den Internationalismus (nur jene Kollektive können bestehen, die sich vor dem Individuum rechtfertigen können). „Das Innewerden, die Wahrnehmung, die Erkenntnis“ bezeichnet einerseits eine übermäßige und einseitige Betonung des Verstandes gegenüber dem Willen und allen Charakter- und Gemütswerden. Daneben ist der Intellekt eine philosophische Auffassung, wonach der Intellekt das Gute bestimmt, alles „seiende“ erfassen kann (Erkenntnis, theoretischer Intellekt) und als Weltgrund verstanden wird (metaphysischer Intellekt). Vertreter dieser Anschauung waren Sokrates und Thomas von Aquin. Ein weiterer Punkt bestand darin, den Einfluss der Konfession auf die Rolle des Intellekts bzw. des Willens zu analysieren. Voluntarismus basierend auf Kant und Luther, in dem der Wille eine zentrale Rolle spielt.


Erkenntnistheorie und Gemeinschaft

Im 3. Abschnitt bespricht Kusch dann den Aspekt der Erkenntnistheorie - Philosophie der Zeugnisse.

Er definiert das Wissen als gerechtfertigter wahrer Glaube, und führt als Quellen des Wissens

A) jegliche Form der Wahrnehmung, B) das logische Denken (reasoning - etwas von etwas anderem ableiten führt zu neuem Wissen), C)die Erinnerung und D)was er „Zeugnis“ (testimony) nennt, also Mitmenschen als Wissensquelle

Wobei im herkömmlichen Sinne gilt, dass A, B, und C individuelle Wissensquellen sind, A und B neues Wissen generieren (also generative Wissensquellen) und C und D als nicht-generative Wissensquellen eingestuft werden, da es der Mitteilende bereits wusste.

Die Gegenwartsdebatte fokussiert auf die folgenden 2 Aspekte:

a)sind Zeugnisse eine generative Wissensquelle? b)lässt sich unser Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen?

Individualisten vertreten die Ansicht, dass neues Wissen nur durch Wahrnehmung und logisches Denken entsteht; und sich unser implizites Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen lassen muss. Demgegenüber behauptet der Kommunitarist (der die gesellschaftliche Komponente im Wissen betont), dass zwar Zeugnisse auch generativ sind, aber dass unsere Abhängigkeit von den Zeugnissen zu groß ist. ???Kusch behauptet, dass sich die Frage, warum ich anderen vertrauen soll, nicht rechtfertigen lässt. Andererseits kann die Frage, warum ich anderen nicht vertrauen soll, eher beantworten.???

Kusch zeigt an einer schematischen Beweisführung bzw. an 2 konkreten Beispielen einer Kommunikationskette, dass Zeugnisse generativ sind, also Wissen generieren.

Ob man im allgemeinen den Urteilen von anderen vertrauen kann, dies setzt jeder Rechtfertigung schon ein generelles Vertrauen auf andere voraus. Zu dieser Fragestellung bezieht sich KUSCH auf

David Hume: ein Vertreter der reduktiven, globalen Rechtfertigung und Thomas Reid, dem Vertreter einer fundamentalistischen, globalen Rechtfertigung

Gemäß Hume, gibt es 3 Gruppen von empfangenen Berichten, und zwar

a)duch eigenes Wissen aus erster Hand bestätigte Berichte b)eigenem Wissen widersprechende Berichte c)Berichte zu Themen, für die ich kein eigenes Wissen habe

Laut Hume kommt (a) viel häufiger vor als (b). und es ist rational anzunehmen, dass dieses Verhältnis auch für (c) gilt. Also darf ich neuen Berichten erst einmal vertrauen. KUSCHs entgegengesetzte Position behauptet, dass c) erheblich größer als (a) und (b) ist. Daher darf ich nicht von (a) und (b) auf (c) schließen.

Persönlicher Kommentar: da es sich um Wahrscheinlichkeiten einer Sub-Population handelt, ist ein Rückschluss auf einen Einzelfall nicht zulässig. Nachdem es sich hier um die Frage handelt, ob Wissen durch Zeugnisse generiert werden kann, würde ich glauben, dass der konkrete Einzelfall wichtig ist, und nicht nur Wahrscheinlichkeiten für Untergruppen.

Reids Fundamentalismus kann wie folgt zusammengefasst werden: da Gott die Menschen geschaffen hat, dass wir die Wahrheit sagen, sind Zeugnisse ebenso fundamentale Wissensquellen wie die anderen 3, durch das Zeugnis der Bibel.

Als vorläufige Schlussfolgerung hält KUSCH fest, dass

1)Zeugnisse auch generative Wissensquellen sein können 2)Unsere Abhängigkeit von Zeugnissen reicht zu tief, als dass sich unser Vertrauen rechtfertigen ließe


Risto-Suche und Seppo-Suche

Im letzten Abschnitt stellt Kusch 2 Spiele zum Thema Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft vor. Er stellt die Behauptung in den Raum, dass sich die meisten Philosophen Sprache und Wissenschaft so vorstellen, dass

die Wahrheitsfindung endlich ist (es gibt eine Wahrheit, man muss sie nur erkennen) die Wahrheitsfindung prinzipiell auf der Wahrnehmung basiert, und daher nicht „verhandelbar“ ist dadurch, dass die Wahrheit einen absoluten Anspruch hat, die soziale Dimension in der Wissenschaft nicht wesentlich ist

und illustriert obige Punkte in den 2 Such-Spielen.

KUSCH wiederum steht obigen Aussagen diametral entgegen. Er geht von einer kommunitaristischen Theorie der Bedeutung des Finitismus aus. (Finitismus: In der Philosophie der Mathematik ist der Finitismus eine Form des Konstruktivismus, nach der über ein mathematisches Objekt erst dann sinnvoll gesprochen werden kann, wenn es in einer endlichen (oder, in einer abgeschwächten Variante, abzählbar unendlichen) Anzahl von Schritten aus natürlichen Zahlen abgeleitet werden kann.)

Persönlicher Kommentar: KUSCH betont die Wichtigkeit einer interaktiven Wahrheitskonstruktion. Er betrachtet die Wahrheitsfindung als Prozess zwischen inhaltlichem Kontext und persönlichen bzw. sozialen Erfahrungswerten. Er sieht den Wahrheitsanspruch als etwas dynamisch Veränderbares.


Moritz Homola

Prof. Kusch wollte mit seiner Vorlesung aufzeigen, dass soziale Faktoren und Normen die Theoriebildung und den Zugang zum Leben stark beeinflussen und ihnen deswegen in der Philosophie große Beachtung geschenkt werden muss. Dazu begann er damit uns die Konzeption seine philosophischen Ichs darzulegen, um im Zuge dessen in selbstanalytischer Manier darauf hinzuweisen, dass es jedem früher oder später einmal passieren kann sozialisiert zu werden und dem entsprechend sozialisiertes Gedankengut mit sich herumzutragen und dass es im weiteren Sinne der Übelsvermeidung nicht schaden kann auch seine eigenen Gedanken und theoretischen Konstrukte, aktiv auf diese Aspekte bezogen, zu prüfen. Weiters sprach Prof. Kusch noch über das Verhältnis von Erkenntnistheorie und Gemeinschaft und warf an Hand dessen die Frage auf Ob bei der verbalen Weitergabe von Erfahrungswerten neues Wissen entsteht, sprich ob man bei der Abgabe eines Zeugnisses von einer generativen Wissensquelle sprechen kann? Um die Fragestellung zu erörtern stellte er die individualistische und die kommunitaristische Position gegenüber. Erstere vertritt die Meinung, dass neues Wissen nur durch Wahrnehmung und logisches Denken entstehen kann. Die Kommunitaristen sehen Zeugnisse sehr wohl als generativ an. Weiterführend zeigte uns Prof. Kusch auf, dass es für beide Positionen Fälle gibt, die diese rechtfertigen, um dann zum Schluss zu kommen, dass es die Situationsbedingtheit vieler Anliegen erfordert beeinflussende Faktoren von allen Seiten her zu suchen und daraus folgend "Klassifikationen und Paradigmen verhandelt und neu verhandelt werden müssen".


Magdalena Neuhauser

Gliederung:


1. persönlicher Werdegang der Person Kusch

2. soziologische Geschichte der Philosophie

3. Erkenntnistheorie und Gemeinschaft

4. Risto- und Seppo- Suche


1. Persönlicher Werdegang:

frühe Interessen: Marxismus & Psychoanalyse- Sprachanalytische Philosophie (Wittgenstein, Wright)- Marxismus & Soziologie, Psychoanalyse, Sprachphilosophie, Wissenschaftsphilosophie- Wissenschaft und politische Macht- Philosophie & Soziologie- kommunitaristische Philosophie des Wissens/ der Bedeutung;


2. Soziologische Geschichte der Philosophie:

(A) 2 verschiedene Vorstellungen von der Struktur des Bewusstseins:

Wilhelm Wundt- Leipzig:

Bewusstseinsbestandteile:

- Empfingunden

- Vorstellungen

- Gefühle

--- Gedanken: komplizierte Verbindungen aus Empfindungen, Vorstellungen, Gefühle; stehen hierarchisch über ihnen, durch Willsensakte aufgebaut


Oswald Külpe, Karl Bühler- Würzburg:

Bewusstseinsbestandteile:

- Empfindungen

- Vorstellungen

- Gefühle

- Gedanken

--> keine hierarchische Anordnung, alle auf einer Ebene


(B) soziologische Analyse:

Leipziger Position:

Struktur des Bewusstseins ( Empfindungen, Vorstellungen, Gefühle --- Gedanken) = Struktur der Psychologie (Experimentelle Psychologie --- Völkerpyschologie) = Struktur des Instituts ( Privatdozenten, Assistenten, Studenten --- Wundt)

--> Wundt vs Würzburg

Nationalismus- Volk und Staat als höchste Werte vs Internationalismus und Individualismus

Intellektualismus vs Voluntarismus

Katholizimus vs Protestantismus


3. Erkenntnistheorie und Gemeinschaft

WISSEN

Def.: gerechtfertigter, wahrer Glaube

Quellen:

- Wahrnehmung (herkömmliche Ansicht: individuelle, generative Wissensquelle) - logisches Denken (herkömmliche Ansicht: individuelle, generative Wissensquelle) - Erinnerung (herkömmliche Ansicht: individuelle, nicht- generative Wissensquelle) - Zeugnis (herkömmliche Ansicht: nicht- generative Wissensquelle)


Debatte: Zeugnisse als generative Wissensquelle ???

Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigbar ???


2 Positionen: Individualist vs Kommunitarist

1.) Individualist: neues Wissen nur durch Wahrnehmung und logisches Denken, Vertrauen auf Zeugnisse rational gerechtfertigt

2.) Kommunitarist: Zeugnisse auch generativ, Abhängigkeit von Zeugnissen reicht zu tief, nicht gerechtfertigt


Kuschs Beweisführung als Befürworter der kommunitaristischen Sichtweise:

Zeugnisse als generative Erkenntnisquelle:

Beweis anhand eines Bsp. nach J. Lackey: Fall von Maria, fälschlicherweise diagnostizierte Beeinträchtigung der Farbwahrnehmung, teilt trotzdem dem Freund mit, die Ampel sei grün--> Freund weiß, dass Ampel auf grün geschaltet, ohne, dass Maria es weiß, da die obigen Kriterien von Wissen (gerechtfertigter, wahrer Glaube) nicht erfüllt sind, da sie selbst aufgrund der Diagnose des Arztes nicht an ihre Aussage glaubt.


Meine Kritik an Kuschs Argumentation:

Die gesamte Beweisführung hängt an der angeführten Definition von Wissen. Meiner Ansicht nach, kann man auch etwas wissen, ohne es zu glauben. Ich kann beispielsweise von einer Ansicht eines anderen Menschen wissen, ohne selbst an sie zu glauben. Konkret an dem Beispiel von Lackey hat ja Maria in dem Augenblick, in dem sie ihrem Freund mitgeteilt hat, die Ampel sei grün, gewusst, dass sie grün ist, da sie in ebendiesem Moment selbst daran geglaubt hat, weil sie die ärztliche Diagnose kurz vergessen hatte. Selbst von der von Kusch angeführten Definition von Wissen her ist dieses Beispiel also nicht Beweis genug, dass Zeugnisse als generative Wissensquellen angesehen werden können.


Rechtfertigung eines Vertrauens auf Zeugnisse:

historisch wichtige Ansätze:

Hume- reduktive globale Rechtfertigung

3 Arten von Berichten: a) durch eigenes Wissen bestätigte Berichte

b) eigenem Wissen widersprechende Berichte

c) Berichte zu Themen, für die keine eigenes Wissen vorhanden

Hume: a)> b) --> a) >> c) --> neuen Berichten kann vertraut werden

ABER: c) >> a) --> von a)> b) kann nicht einfach auch a) > c) geschlossen werden; neuen Berichten kann nicht vertraut werden


Reid- fundamentalistische globale Rechtfertigung

Zeugnisse ebenso fundamentale Wissensquellen wie anderen drei, Gott hat uns so geschaffen, dass wir Wahrheit sagen und anderen glauben = Zirkuläre Rechtfertigung


4. Risto- und Seppo- Suche

zwei Spiele zum Thema Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft

(Spielerklärung: siehe obige Protokolle oder ppt)

Risto- Suche: Ristos aufgrund bleibender physikalischer Eigenschaft durch Wahrnehmung identifiziert, Riso hat eine Extension, Orientierung an Identität, Fortschritt möglich WAHRHEIT- Gegenstand X= Risto= wahr= Erkenntnis- unabhängig, Annäherung an die Wahrheit


Seppo-Suche: Seppo wird zu Seppo durch Wahrnehmung und Verhandlung mit anderen, hat keine unwandelbare Extension, Orientierung an Ähnlichkeit, kein Fortschritt WAHRHEIT- Gegenstand X = Seppo = wahr = gemeinschaftliches Ähnlichkeitsurteil, Orientierung an empirischen Eigenschaften= nicht Erkennungs- unabhängig, keine Annäherung an die Wahrheit



Anwendung der Spiele in den Ansichten der Philosophie:

Wahrheit in der Philosophie sinnvoller nach dem Prinzip der Seppo-Suche, weil:

Idee einer "Wahrheit" = sinnlos, Verhandlung gleich wichtig wie Wahrnehmung, soziale Dimension in der Wissenschaft wesentlich


Hentschke, Hannes; Baerwald, Tom

Protokoll zur Ring-VO

Kusch, Martin

Der Dozent stellte sich einleitend kurz vor und listete die elementaren Stationen seiner Karriere auf. Seine früheren Interessengebiete waren der Marxismus und die Psychoanalyse von denen er die Aufgaben der Philosophie übernommen sah. Er sah sich gezwungen eine neue Grundlage für die Philosophie zu finden und tat das in der Analyse sprachlicher Phänomene. Darauf aufbauend entwickelte sich seine spätere Vorliebe für Sozialphilosophie und soziale Aspekte in der Philosophie.


Über die Kontroverse zwischen Wundt (Leipzig) und den Würzburger Vertretern:

Bewusstseinsmodell 1 (Wundt) 3 nicht weiter analysierbare Instanzen: Gefühle Empfindungen Vorstellungen

Gedanken haben einen höheren Stellenwert als deren Fundament und werden durch Willensakt, aus den 3 Grundlagen, gebildet.

Bewusstseinsmodell 2 (Würzburger) 4 nicht weiter analysierbare Instanzen: Gefühle Empfindungen Vorstellungen Gedanken

Keine Theorie zur Bildung von Gedanken notwendig. Keine hierarchische Ordnung im Modell.


„Was kann eine soziologische Analyse herausfinden?“ - Von dieser Fragestellung ausgehend skizzierte er Anhand der Leipzig-Würzburgischen-Kontroverse die Aspektebenen welche eine soziologische Analyse eröffnen kann und probierte somit ein Verständnis für die Dimensionen, welche eine solche Auseinandersetzung begleiten, zu vermitteln.


Hierarchischer Aspekt: Die hierarchische Ordnung in Wundt's Modell kann man auch in der Beziehung zwischen ihm und seinen Kollegen und Studenten sowie in der Beziehung zwischen experimenteller Psychologie und Völkerpsychologie (als höchstes - nur ihm zustehendes) wiederfinden. [siehe vorlesungsbegleitende PP-Folie 16] Somit griffen die Würzburger Wundt auch auf einer sehr persönlichen Ebene an.

Nationalismus-Internationalismus(Individualismus)-Aspekt: Für Wundt repräsentierten Volk und Staat die höchsten Werte. Die Gedanken waren in seinem System auch unmittelbar an diese Begriffe gekoppelt (und somit auch beschränkt). Dagegen stand der nicht an völkischen oder staatlichen Systemen gebundenen Internationalismus und Individualismus der Würzburger.



Theologischer-Aspekt: Die Sonderstellung des Willens bei Wundt (militanter Protestant) führte zur Assoziation mit dem von Kant und Luther vertretenen Voluntarismus und somit auch zur Assoziation mit dem Protestantismus. Auf der anderen Seite führte der von den Wüzburgern (meist Katholiken) vertretene Intellektualismus zur Assoziation mit dem Katholizismus.


Über die Rolle von Zeugnissen in meinem Wissen und meiner Erkenntnis:

Nachdem er die soziologische Analyse vorgestellt hatte kam ein weiterer sozialephilosophischer Aspekt zur Sprache. Genauer der Erkenntnistheorie von Zeugnissen und dem Einfluss Anderer auf mein Wissen.

Definition Wissen (siehe vorlesungsbegleitende PP-Folie 20): gerechtfertiger wahrer Glaube

Über die Quellen des Wissens: Wahrnehmung Logisches Denken (reasoning) Erinnerung Zeugnis (testimony)

Die herkömmlichen Ansicht das Zeugnisse keine generative Wissensquelle sind führt zur folgenden Problemstellung und zur folgenden Gegenwartsdebatte.

Kernfragen: Sind Zeugnisse je eine generative Wissensquelle? Lässt sich unser Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen?

Individualistische Antworten: Neues Wissen nur durch Wahrnehmung und logisches Denken. Vertrauen auf Zeugnisse muss sich rational rechtfertigen lassen.

kommunitaristische Antwort: Zeugnisse sind auch generativ. Nein! Unsere Abhängigkeit von den Zeugnissen reicht zu tief.

Diese Debatte aufgreifend erklärt Kusch warum ihn der Standpunkt der Kommunitaristen mehr überzeugt, anhand von verschiedenen theoretischen Beispielen mit einem sehr konstruierten Wirklichkeitsbezug. Anschliessend stellt er die beiden wichtigsten Ansätze von David Hume (reduktive globale Rechtfertigung) und Thomas Reid (fundamentalistische globale Rechtfertigung) vor.

Über die reduktive globale Rechtfertigung:

Hume teilt Zeugnisse in 3 Gruppen von empfangenen Berichten: durch eigenes Wissen (erster Hand) bestätigte Berichte eigenem Wissen (erste Hand) widersprechende Berichte Bericht zu Themen zu denen ich kein eigenes Wissen (e. H.) habe

Hume geht davon aus das die Gruppe der durch eigenes Wissen bestätigten Berichte sehr viel größer als die der widersprechenden Berichte und der Berichte über Themen zu denen man kein eigenes Wissen hat ist. Daraus zieht er den Schluss das wir neuen Berichten erstmal vertrauen können.

Die Gruppe der Berichte über die wir kein eigenes Wissen besitzen ist realistisch sehr viel größer als die Gruppe der Berichte die wir durch eigenes Wissen bestätigen können.

Über die fundamentalistische globale Rechtfertigung:

Zeugnisse sind ebenso fundamentale Wissensquellen wie die anderen drei. Gott hat uns so geschaffen, dass wir die Wahrheit sagen und anderen glauben. Reids Begründung dieser Theorie ist eine zirkuläre Rechtfertigung und somit nicht haltbar.

Aus der vorher dargestellten Dialektik zieht Kusch folgende vorläufige Schlüsse:

Zeugnisse können auch eine generative Wissensquelle sein. Unser Vertrauen auf Zeugnisse anderer reicht zu tief, als dass es sich rechtfertigen ließe.


Zum Abschluss stellt Kusch noch eine praktische Arbeitstechnik der Wissenschaft sowie auch der Philosophie vor, im speziellen die eines theoretischen Planspiels mit idealen Voraussetzungen. Darüber versucht er die kommunitaristische Theorie der Bedeutung des “Finitismus” zu erläutern.

Über die Planspiele der Risto- und Seppo-Suche:

Risto-Suche: 1.zwei SpielerInnen, A und B 2.ein Stempel 3.ein grosses Zimmer mit vielen Gegenständen 4.A geht 5 Minuten raus 5.B stempelt 10 Gegenstände (versteckt). 6.A kommt und muss in 2 Minuten die “Ristos” finden, d.h. die gestempelten Gegenstände.

Seppo-Suche: 1.drei SpielerInnen, A, B, C (kein Stempel) 2.A geht raus, B&C einigen sich auf drei Gegenstände, die sie einander ähnlich finden: “Seppos”. 3.A kommt zurück, bekommt die drei Seppos gezeigt. 4.A muss weitere Seppos vorschlagen und argumentieren. 5.Jedesmal wird von allen abgestimmt. 6.Kommt ein neues Seppo hinzu, fällt ein altes heraus.

Aus diesen Spielgegebenheiten leitet er durch eine De-Idealisierung einen Wahrheitswert für die Realität der Wissenschaft und der Wahrheitsfindung ab. In welchem sich für Kusch herausstellt das die Seppo-Suche mit seinem kommunikativen Charakter das Spiel mit dem höheren Gehalt ist. Und beweist somit für sich Abschliessend das der soziale Faktor auch oder vorallem in der Wissenschaft wesentlich ist.