Kommentare und Beiträge zur SE-Einheit vom 21.10.2008

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Am 21.10.2008 besprechen wir die Seiten 57 bis 96 aus Pierre Bourdieus "Sozialer Sinn" (Le sens pratique).--David Wagner 19:39, 15. Okt. 2008 (CEST)


Ausgehend von einer bestimmten Stelle im Text, würde ich gerne ein Problem ansprechen, welches mir besonders Kopfzerbrechen bereitet. Es geht um das mehrfache Verhältnis des wissenschaftlichen Beobachters sowohl zum Subjekt als auch zum Objekt (welches ja wieder ein Subjekt ist). Diejenige Stelle, die das Problem am besten ausdrückt, findet sich auf S.86 und lautet folgendermaßen: "Interessant an Sartres Analyse ist, daß sie aufzeigt, was die Grundlage der Auseinandersetzung zwischen Subjektivismus und Objektivismus ist und um was es ihr geht: die Idee, die sich die Humanwissenschaft vom Menschen macht, also von jemand, der zugleich Objekt und Subjekt dieser Wissenschaft ist." (Bourdieu. Sozialer Sinn. S.86). Falls ich dies richtig interpretiere, kann man dies so auslegen, dass man sagt, das Objekt der Humanwissenschaft ist immer von subjektiven Vorstellungen bzw. Vorwegnahmen des Subjekts, welches in diesem Fall der Wissenschaftler ist, unterminiert und deshalb handelt es sich um ein "subjektives Objekt". Umgekehrt ergibt sich das Problem, dass die Rückfrage nach einem Subjekt (in diesem Fall das eigene) immer von objektiven Vorstellungen des es bestimmenden Subjekts unterminiert ist, also ein "objektives Subjekt" darstellt. Ohne nun direkt zur Auflösung des Problems durch den Habitus überzugehen, würde ich dieses theoretische Verhältnis doch gerne weiter hinterfragen. Das objektive Subjekt kann nämlich, soweit ich dies nicht falsch verstehe, ein doppeltes sein, nämlich, erstens ein objektiviertes subjektives Subjekt, betrachtet aus der Perspektive des Subjekts, welches auf sich selbst reflektiert. Dies zeigt die Besprechung Sartres sehr gut, von dem Bourdieu schreibt: "Das Beispiel Sartres, des Intellektuellen schlechthin, der fähig ist, von den durch und durch für die Analyse produzierten Erfahrungen so zu leben, wie er sie ausspricht, und wie um sie auszusprechen, d.h. von den Dingen, die erlebenswert, weil erzählenswert sind, zeigt, daß der Subjektivismus, ähnlich wie der das wissenschaftliche Verhältnis zum Objekt verallgemeinernde Objektivismus, die Erfahrung verallgemeinert, die das Subjekt des wissenschaftlichen Diskurses über sich selbst als Subjekt macht." (Bourdieu. Sozialer Sinn. S.86) Hierbei ist mir die Phrase "die das Subjekt (...) über sich selbst macht" sehr wichtig, da von den objektivierten subjektiven Erfahrungen des Subjekts auf ein anderes Subjekt geschlossen wird, nämlich auf ein fremdpsychisches, welches gleichzeitig wieder als Objekt erscheint. Zweitens, was auf Bourdieus Besprechungen des Strukturalismus zutrifft, wird versucht von einem objektivierten objektiven Subjekt (einem fremdpsychischen) auf ein subjektives zu schließen, was natürlich nicht funktioniert, da man die als Bedingung der Möglichkeit fungierenden Objektivierungsverfahren nicht nachträglich zum Verschwinden bringen kann. Worauf ich hinaus will ist, dass der Subjektivismus von dem objektivierten Eigenen auf das Fremde schließt, der Objektivismus von dem Fremden auf das Eigene und, dass notwendigerweise jeweils ein Teil des Eigenen in der Analyse des Fremden, sowie in der Analyse des Eigenen immer eine Teil des Fremden ist. Das dem so ist, könnte man einerseits mit der Aussage "wie er sie ausspricht", was ja streng genommen schon eine Objektivierung darstellt, untermauern, andererseits glaube ich aber, dass dies besser mit der behandelten Fragestellung zusammenhängt. Die Frage nach der Objektivierung der Objektivierung, bzw. nach den Bedingungen der Möglichkeit der Objektivierung, konstituiert ein doppeltes Subjekt, nämlich einerseits das Subjektive Subjekt, welches der Wissenschaftler ist, sowie andererseits das objektive Subjekt, welches Gegenstand der Untersuchung ist. Will man die daraus resultierenden Schwierigkeiten nun beheben, muss man eine Erklärung finden, die es leisten kann sowohl den Charakter der Praxis des subjektiven Subjekts, sowie den Charakter der Praxis des objektiven Subjekts quasi gleichzeitig zu erklären, da ja durch die anscheinend notwendigen Objektivierungsprozesse immer das Eigene im Fremden enthalten ist und umgekehrt. Es soll also letztlich um den Menschen gehen, der "zugleich Objekt und Subjekt der Wissenschaft" (Bourdieu. Sozialer Sinn. S.86), also quasi (und das ist nun mein Punkt) ein von ein und denselben Strukturformeln geleiteter Mensch ist, welcher je nachdem einmal Subjekt und einmal Objekt der Wissenschaft ist und für dessen Erklärung ein Modell gefunden werden muss, welches eigen- und fremdpsychische Subjekte gleichermaßen erklären kann. Zuletzt bin sich sehr neugierig, ob diese Ausführungen ihre Richtigkeit haben, bzw. inwiefern dies für die weiteren Diskussionen und Texte wichtig ist. Zumindest hoffe ich, dass ich mich nicht in irgendwelchen theoretischen Spielerein verlaufen habe. Mit freundlichen Grüßen--Leo stadlmüller 18:21, 19. Okt. 2008 (CEST)












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