Ilka Qindeau und die Differenz
Für Quindeau ist die Differenz nicht mehr die Differenz zwischen männlich und weiblich, sondern die Differenz, welche sich in jeder Beziehung zwischen Menschen finden muss. Sie vertritt die Ansicht, dass das Kind sich durch das (sexuelle) Begehren eines Anderen (also meist der Eltern) entwickelt, und auch seine eigene Sexualität entwickeln kann. Hierbei ist es aber nebensächlich, ob es sich um ein Mädchen oder um einen Buben handelt, da dies für alle Kinder gilt, es entsteht also keine Hierarchie der Geschlechter. Quindeau schließt am Ende ihres Textes, dass die Aufhebung der Geschlechterdifferenz im sexuellen Bereich auch ihre Aufhebung im gesellschaftlichen Bereich bedeuten könnte. Hier schließt meine Frage an: Sie wendet sich von der Ansicht ab, dass das Mädchen / die Frau Gefühle der Minderwertigkeit dem Mann gegenüber entwickeln müsse und deshalb auch in der Gesellschaft eine untergeordnete Rolle spiele, wie erklärt sie sich jedoch dann, dass in der gesellschaftlichen Realität durchaus eine Hierarchie gegeben ist? Sie sagt nur man könne diese abschaffen und an ihre Stelle andere Machtverhältnisse setzen, mich würde aber zudem interessieren wie es ihrer Meinung nach überhaupt so weit kommen konnte. (kathi.vo)
Ich denke dass die Minderwertigkeitsgefühle der Frau gegenüber dem Mann anerzogen sind. Durch Gesellschaft/Kirche etc. Eine Erziehung, die uns eine Norm implantiert, die dann eben für uns die Normalität darstellt. Das heißt Quindeau meint damit dass (ähnlich wie J.Butler) die Differenz der Geschlechter nicht a priori gegeben ist und sich auch nicht entwickelt (von "natur" aus). Sie ist durch gesellschaftliche Normen gegeben. Diese können wiederrum aufgehoben werden, wenn man sie nicht mehr als Norm propagiert, anerzieht. Die gesellschaftliche Hierarchie sind konstruierte Normen in die wir hineingeboren werden und denen wir uns durch Erziehung, Moralvorstellungen etc unterordnen. (Mexico)
Auch wenn nicht ausdrücklich so genannt, so ist das grundlegende Problem der Minderwertigkeitsgefühle der Frau gegenüber dem Mann in den patriarchalten Wertsystemen verankert, welche unsere Gesellschaft bestimmen. Nach Freud war die Frau lediglich ein biologisch und triebmäßig verfehlter Mann, eine Einstellung, die heute zwar nicht mehr propagiert wird, die sich implizit jedoch in den Erwartungen und Anforderungen der Gesellschaft spiegelt.
Um Hierarchie und Machtverhältnisse zu ändern müsste also ganz grundlegend am Wertesystem begonnen werden. (StefLie)
Da gebe ich euch Recht, ich denke auch, dass das vor allem eine Sache von Erziehung, Gesellschaft, usw ist. Wie aber kann man sich erklären, dass es überhaupt so weit kommen kann, dass die Gesellschaft als ganze eher "männlich ausgerichtet" ist? Mit Freud könnte man ja sagen, dass es sozusagen "normal" ist, dass es so kommen musste. Da Quindeau aber von dieser Ansicht schon sehr weit entfernt ist, frage ich mich, wie sie sich erklärt, dass die Gesellschaft, die Kirche, alle Institutionen, die unser Leben beeinflussen, gewissermaßen darauf ausgerichtet sind, Minderwertigkeitskomplexe in Frauen hervorzurufen.Wie also können solche Wertsysteme überhaupt entstehen wenn es eigentlich keinen Anlass dazu gibt? (kathi.vo)
Ich denke nicht, dass Quindeau behauptet, es gäbe keine patriachale und über jahrhunderte gewachsene hegemoniale (Macht-)Stellung "des Mannes". Nicht in diesem Sinne spricht sie von der Auflösung der Geschlechterdifferenz. Vielmehr postuliert sie, vor allem mit aber auch gegen Freud eine solche. Qindeau geht von einer ontologischen Differenz aus, die in der Subjektkonstitution über den Anderen hervorgeht, andererseits spricht sie davon, dass jedoch diese Differenzerfahrung sich nicht nur am Geschlechterverhältnis bemerkbar macht, sondern im Leben als solchem. Wenn sie sagt, es gibt keine Geschlechterspannung zwischen Männern und Frauen, sondern nur zwischen Positionen in einer Person, dann kommt mir das als Lektüre Freuds vor, in seiner Theorie der aktiven/passiven Befriedigungsarten, die sich sowohl beim kleinen Jungen als auch beim kleinen Mädchen zeigen. Was mir jedoch seltsam vorkommt, ist dass Quindeau scheinbar davon ausgeht, dass Macht und Herrschaftsverhältnisse in einer Gesellschaft (wenn auch "legitim" - was immer das heißen soll) selbstverständlich gegeben sind - und es nur eine Frage des WiE wäre. So kann sie auch keine Perspektiven entwickeln was möglicherweise nach dem lange vorherrschenden Machtmodell des Patriachats kommen könnte. Aber vielleicht wäre eine politische Position von diesem Punkt erst zu entwickeln.
--KAFEI 11:24, 25. Jun. 2010 (UTC)
Ich denke die Machtverhältnisse müssen gegeben sein, weil, wenn man sich wie sie auf die Differenz zwischen Subjekten beruft, immer eines davon in der Hierarchie höher stehen muss.. Damit wird es aber beliebig, wer das höher stehende Subjekt ist. Mir fehlt in ihrem Text eine Idee davon, was an die Stelle der Geschlechterdifferenz treten sollte.. Denn wie du schon gesagt hast, scheint sie davon auszugehen, dass Machtverhältnisse gegeben sein MÜSSEN, es kommt aber nicht heraus, ob man diese beispielsweise in irgendeiner Form abschwächen kann oder ob es "gerechtere" Arten gibt, eine gesellschaftliche Ordnung zu schaffen, als auf der Geschlechterdifferenz beruhend. Mir fallen dazu nur ebenso problematische "Lösungen" ein: die Vorherrschaft eines bestimmten Menschentypus / einer Kultur oder der reichen Schicht einer Gesellschaft.. Das sind keine guten Alternativen und nicht anstrebenswert. (kathi.vo)