Elmar Treptow: Die erhabene Natur

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Elmar Treptow, Die erhabene Natur: Entwurf einer ökologischen Ästhetik, (Würzburg, Königshausen & Neumann, 2001).


Elmar Treptow ist emeritierter Professor für Philosophie an der Ludwig-Maximillians-Universität München. Schwerpunkte in Forschung und Lehre setzte er in der Sozialphilosophie, politische Philosophie, Theorie der Dialektik, Ideologiekritik, Geschichte der Philosophie (Aristoteles, Hegel, Marx), Philosophie des alten Orients (Indien, China, Ägypten) und Naturästhetik.(1)

Letztere hat Treptow unter anderen auch in diesem Buch "Die erhabene Natur" dargestellt. Ausgangspunkt ist die Feststellung zweier Sackgassen des klassischen Naturverständnisses. Einerseits die Verklärung der Natur, in der sie das Heile und Gute repräsentiert und ihre Schrecken und ihre Gefahren für den Menschen entweder als nicht vorhanden oder als menscheninduziert angesehen werden. Der stabilen und ewigen paradiesischen Natur steht die menschliche Gesellschaft gegenüber, welche instabil, ständig dem Gleichgewicht entrückt, und sich der Natur entfremdend gedacht wird. Der zweite Weg ist die Dämonisierung der Natur, als erlösungsbedürftig und tranzendabel. Die Natur ist weder im Gleichgewicht noch besitzt sie die Fähigkeit dazu, und steht somit der menschlich Nutzung entgegen. Eine der Natur transzendente Macht ist das Heil, die Rettung und erlöst vom natürlichen Tod.

Beides zuvor genannte sind Irrwege, die Natur ist, nach Treptow eine Selbstorganisation. Er sieht die erhabene Natur als grenzüberschreitendes Kreislaufsystem, als komplexe Systeme die durch Wechselwirkung und rückbezügliche Prozesse miteinander verbunden sind. Für die Natur ist dies ein obwohl dynamisch, doch stabiles Gleichgewicht. "[...] "Natur" [ist] in den hier folgenden Ausführungen die selbständige auf sich gegründete Wirklichkeit, die weder von einer naturtranszendenten Macht noch vom Menschen abhängig ist und dem Menschen im Alltag, in der Arbeit, der Wissenschaft sowie der ästhetischen Aneignung empirisch zugänglich ist."(3)

Jedoch kann es zu strukturellen Grenzüberschreitungen kommen, welche Resultat von nicht mehr kompensierbaren äußeren Einflüssen und inneren Spannung sind. Entsprechend dem Untertitel ist es die "ökologische Ästhetik" die sich, laut Treptow, mit diesen Selbstorganisationen und deren Grenzüberschreitungen beschäftigt. Es geht um das Erleben dieser komplexen Systeme durch den Menschen, die Lust oder die Unlust die ihm dadurch widerfährt. Der Mensch steht hier nicht nur konkret der erhabenen, weil sich-selbst organisierender, Natur gegenüber, sondern die Natur ist hier weiter zu sehen. So nimmt der Mensch auch seine eignen Natur als erhaben war, wenn er zum Beispiel die selbständige Organisation seiner Produktivkräfte betrachtet. Dieser Selbständigkeit liegt aber immer das Moment der Verselbständigung inne. Sie kehrt sich somit gegen ihren Schöpfer, demonstriert aber gerade deswegen eine Erhabenheit, welche wiederum den Menschen in eine Lust-Unlust Beziehung zu diesem komplexen System bringt. Beispiel hierfür ist das maßlose ökonomische Wachstum.

Treptows Entwurf einer ökologischen Ästhetik ist eine praktische Perspektive, welche sich auf den anthropologischen und historischen Wunsch nach einer Gesellschaft, welche das Erleben der Natur nach ihrem eigenen Maße (dem Maße der Natur) ermöglicht. Das Erleben der Natur soll sich nicht anderen systemfremden Maßen (z.B: zwanghafte Nutzung der Natur durch maßloses ökonomisches Wachstum) bzw. allgemein verselbstständigten Selbstorganisationen unterwerfen. Denn mit der Unterwerfung unter andere Maßstäbe wird der Weg zur Erfahrung des Menschen als erhabenes leiblich-geistiges Wesen innerhalb der Natur für das Individuum versperrt und verzerrt.

Von Reinhard Stanzl, 9.11.2008


Fußnoten

(1) http://www.philosophie.uni-muenchen.de/fakultaet/lehreinheiten/philosophie_1/personen/treptow/index.html (09.10.2008) (2) Treptow, Elmar, Die erhabene Natur: Entwurf einer ökologischen Ästhetik, (Würzburg, Königshausen & Neumann, 2001) (3) Ebd. S.11 (4) http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=10264&ausgabe=200612 (09.10.2008)