Diskussion:Freud: Die Übertragung (Vorlesung)

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Drei Punkte/Fragen zu den Themen: Wiederholung, Topologie und am Rande: zur Berührung.


Wiederholung: Wie?

Macht ein gewisses Moment der Wiederholung auch einen besonderen Charakter des Mediums der Übertragung im psychoanalytischen Geschehen aus? In Hinblick darauf, dass es in diesem Geschehen zum einen um eine Wieder-Holung als Bewegung: „Bewußtmachen des Unbewußten“ (Freud 1916) geht und zum anderen der Akzent auf den quasi-gespenstischen Charakter der Gefühle gelegt wird, die in der Besetzung der Person des/der Analytiker/in lebendig zu Tage treten – letztlich aber ihre Adresse verfehlen. Gerade die „Messaliance“, die „falsche Verknüpfung“, die fehl am Platze ist, ist es, die etwas an den richtigen (= für das Subjekt erträglicheren) Platz zu bewegen ermöglicht. Angenommen (auch wenn es vielleicht ein stückweit unannehmlich sein mag): Wir würden, indem wir fühlen, immer auch schon etwas wiederholen. Sogar etwas fremdes/anderes. Dann wäre das Gefühl ebenso gezeichnet von der Wiederholung wie es auch das Sprechen ist. Die Sprache ist auch kein Eigentum. Und man eignet sie sich an, indem man sie wiederholt. Wenn ein Gefühl per se ein wiederholtes ist, erübrigt sich schnell ein traditioneller Authentizitätsbegriff. Das muss nun nicht zwingend heißen, dass ein Gefühl auch per se seiner Ereignishaftigkeit entbehrt, zeigt doch das psychoanalytische Geschehen, wie gerade die Ereignishaftigkeit eines Gefühles, das fehl am Platze ist, ihre Wirkungen zeitigen kann und sehr wohl mit so etwas wie der Wahrheit des Subjektes in lebhafter Korrespondenz steht. Das Moment der Wiederholung, wenn es in der Übertragung eine Rolle spielt, könnte an dieser Stelle das iterierende Moment sein. Wo die Wiederholung nie die Wiederholung desselben ist, sondern immer schon anders wiederholt, wäre die Übertragung getragen von dieser Dynamik – das analytische Geschehen würde sich dieses iterierende Moment –letztlich jedes Aktes– zu nutze machen? Die Psychoanalyse als Bühne/Stätte der Dekonstruktion? Nicht außer Acht lassen möchte ich das Problem, dass der Begriff der Wiederholung auch im Zusammenhang mit dem Todestrieb genannt wird, dessen Zug gerade nicht Veränderung ist, sondern absoluter Stillstand. Ein anderes Moment der Wiederholung: die Trägheit des Immerselben. Wie löst (?) die psychoanalytische Praxis diese Spannung, die in den beiden genannten Aspekten von Wiederholung liegt (Iteration und Wiederholung als träger oder auch sehr treibender Zwang zum/des Immerselben)? Oder spielen solche Überlegungen im Feld der Praxis eventuelle keine Rolle.

Topologie: Wo?

Es fällt mir zugegebenermaßen nicht leicht, eine Topologie fern von Raum und Zeit zu denken. Auch Freuds Bild vom Walfisch und Eisbären, die nicht miteinander kämpfen können, lockt nur allzu schnell auf die falsche Fährte, legt es doch nahe, ein Terrain (also Raum) zu erdenken, wo sowohl der Eisbär (der ja gut schwimmen kann) und der Walfisch ihre Konflikte austragen könnten. Vielleicht reicht eine kleine Akzentsetzung beim Lesen dieses Bildes aus, um sicher von der schwankenden Eisscholle dieser Metapher auf weitreichenderen Grund zu wechseln: Aufgabe der Therapie, wie Freud sie mit dieser kleinen Szene zu entwerfen sucht, ist es, den Streitenden zur Ausagierung ihres Streites zu verhelfen. Zum Spiel der Kräfte. Nicht so sehr wo, ist vielleicht die Frage, sondern dass. Und das könnte dazu verhelfen, eine dynamische Topologie von Kräften zu denken. Kräfte sind dynamisch. Sie lassen sich nicht feststellen wie ein Ding. Sind daher auch nicht dort zu suchen, wo man üblicherweise ein Ding suchen könnte. Kräfte sind damit auch nicht so zu lokalisieren wie Dinge. Das Unbewusste als Topisches: die Vorstellung eines Kraftfeldes?


Am Rande: wo sonst? Berührung:

Dort, wo eine Hand ist, kann nicht gleichzeitig noch eine Hand sein (wobei immer noch etwas anderes da ist in einer Berührung. Da ein einzelnes, wenn es so etwas gäbe, sich nicht und sonst auch nichts berühren könnte. -Aber abgesehen davon verstehe ich durchaus, was mit Rolf Kühn an dieser Stelle gemeint ist.). Der exklusive (ausschließliche) Charakter der Berührung kommt dem exklusiven Charakter einer sprachlichen Setzung (geschriebenes oder gesprochenes Wort) dahingehend eventuelle nahe, als dass dort, wo eine Hand ist, nicht gleichzeitig eine andere Hand usw. sein kann und dort, wo ein Wort gesagt/geschrieben ist, nicht zugleich ein anderes Wort oder beispielsweise ein Bild sein kann. Das schafft Einbußen oder die mitunter geradezu unangenehme Unumstößlichkeit der Setzung. Beide Setzungen produzieren mit ihrem Markierungscharakter einen Mangel. So wird eine Berührung über Intervalle unserer Aufmerksamkeit zugetragen, besonders der: geneigten Aufmerksamkeit. Eine beständige Berührung hingegen kann äußert bedrückenden Charakter haben. Die Berührung lebt somit von ihrem anderen. Und die Berührung ist da Raum gebend, wo sie ihrer Unterbrechung Raum gibt. Tut sie das nicht, wird sie zur Bedrohung – des Lebendigen am Ende. Anknüpfend an die Exposition der Frage, die sich aus der Spannung der frühen Schriften Freuds im Zuge der LV ergeben hat: „ .. das Medium der Übertragung. Soll sie über die Haut oder über das Ohr erfolgen?“ Die haptische Modalität ist augenscheinlich aus der Praxis der Psychoanalyse verschwunden. Es wird gesprochen. Das Ohr/Trommelfell hat den Vorrang bekommen. Kann auch ein Wort berühren? Und hat eine haptische Dimension? Was die Differenz zwischen einer Hand/Haut bspw. und einer Schrift/Stimme nicht wegwischen soll und auch nicht will. Im Gegenteil. Dieser Gedanke könnte gerade die Differenz -jedoch anders- ins Spiel bringen. Dies ist an dieser Stelle aber nicht mehr als die Exposition eines Gedankens, quasi anknüpfend an die in den letzten beiden Sitzungen aufgespannte anfängliche Bandbreite der Freud`schen Impressionen. --E.S. 18:10, 11. Mai 2008 (CEST)