Benchmarking in der Pädagogik

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Michaela Toth

Matrikelnummer 0200347
Studienkennzahl A297


Benchmarking (Literatur)

Benchmarking (Exzerpte von 3 relevanten Texten)




BENCHMARKING IN DER PÄDAGOGIK


Einleitung

In den letzten Jahren haben Diskussionen um Qualität, Qualitätsmanagement, Effizienz und internationale Wettbewerbsfähigkeit auch in den Bildungswissenschaften immer mehr zugenommen. Um am internationalen Markt „mithalten“ zu können, müssen auch von Seiten der Bildungseinrichtungen Maßnahmen gesetzt werden. Eine Möglichkeit stellt der Vergleich mit anderen, nämlich „besseren“ Einrichtungen und ein Blick auf deren Strategien und Maßnahmen dar. Aus diesem Grund soll hier das ursprünglich betriebswirtschaftliche Konzept des Benchmarking vorgestellt werden. Dabei liegt das zentrale Interesse bei der Übertragung und Anwendung dieses Konzeptes in den Bildungswissenschaften. Daraus ergibt sich die folgende Fragestellung, die auf dieser Seite beantwortet werden soll: Was ist Benchmarking und wie kann es in den Bildungswissenschaften Anwendung finden?

Um dieser Fragestellung nachzugehen, wird im ersten Kapitel kurz dargestellt, was Benchmarking bedeutet und welche Ursprünge es hat. Hier wird ebenfalls auf die Zielsetzungen und unterschiedlichen Arten von Benchmarking eingegangen. Darauf folgt im zweiten Kapitel der Versuch, die Übertragung von Benchmarking innerhalb der Pädagogik exemplarisch an einigen Teilbereichen der Bildungswissenschaften darzustellen und praktische Beispiele zu geben. In diesem Zusammenhang sollen auch einige Kritikansätze an bereits bestehenden Benchmarkingkonzepten, z.B. auf der Makroebene politischer Steuerung, angeführt werden.

==Was ist Benchmarking?==

In diesem Kapitel soll eine kurze Einführung in das Thema „Benchmarking“ gegeben werden und die Ziele und Formen dieses Konzeptes zur Qualitätssicherung bzw. –steigerung vorgestellt werden.

Im Wesentlichen ist Benchmarking das Vergleichen von eigenen Arbeitspraktiken mit anderen. Aus diesem Vergleich können wertvolle Informationen gewonnen werden, die man auf die eigenen Bedürfnisse abstimmen kann.
Das Wort "Benchmarking" war ursprünglich ein Begriff aus der Landvermessung. In diesem Zusammenhang war ein Benchmark ein Erkennungszeichen, das auf einem Felsen, Gebäude oder an einer Mauer angebracht wurde. Es war ein Verweiszeichen, um die Position oder Höhe bei topographischen Vermessungen und bei Beobachtungen von Gehzeiten zu bestimmen. Heute bezeichnet man etwas Messbares als Benchmark, d.h. ein Wert, an dem andere gemessen werden können (Patterson 1992, 13).
Benchmarking wird meistens für das Erkennen der besten organisatorischen Methoden verwendet. Ebenso kann man es zur Leistungsverbesserung nützen, indem man beobachtet, welche Methoden z.B. ein Konkurrenzbetrieb anwendet.
Benchmarking ist in der Praxis entstanden und auf die US-amerikanische Xerox Corporation [(http://xerox.com/)] zurückzuführen. 1979 entwickelte Canon einen mittelgroßen Kopierer für weniger als 10.000 Dollar – und war damit auf jeden Fall billiger als Xerox. Xerox glaubte zuerst, Canon verkaufte sein Produkt unter dem Herstellungspreis um Marktanteile zu gewinnen. Xerox-Ingenieure bewiesen allerdings, dass Canon deswegen billiger war, weil es effizienter arbeitete. Xerox beschloss Canons Arbeitsabläufe zu benchmarken, mit dem Ziel, die eigenen Kosten zu reduzieren. Damit löste Xerox eine „Benchmarking-Welle“ in den USA aus (Patterson 1992, 20).

Benchmarking wird ursprünglich im Bereich des betriebswirtschaftlichen Controlling angewendet. „Das Controlling als zentrale Managementfunktion kann unterschiedlich weit gesteckte Aufgaben haben, vom Aufbereiten von Führungsinformationen zu Kennziffern des Unternehmens über das Aufzeigen von Chancen und Risiken verschiedener Handlungsoptionen bis zur Unternehmenszielformulierung.“ (Abs et al. 2005, 436). Benchmarking kann also lediglich zur Informationsbereitstellung dienen, es kann aber auch auf dem Weg der Mitentscheidung strategische Bedeutung erlangen.

Bei dem Versuch, eine Definition für „Benchmarking“ zu finden, stößt man allerdings auf viele unterschiedliche Arten von Definitionen. Böhnert und Straub zitieren zusammen ca. 20 Definitionen, die jeweils unterschiedliche Aspekte hervorheben. Böhnert (1999) geht bei seiner Definition systematisierend vor, um das Gemeinsame einer Mehrheit von AutorInnen als abstrahiertes Ergebnis zu ermitteln. Laut Böhnert wird Benchmark "eine Maßzahl genannt, die es ermöglicht, die Leistung kritischer Erfolgsfaktoren abzubilden und zwischen zwei Organisationseinheiten (Entitäten) zu vergleichen. Die höchste Ausprägung dieser Maßzahl wird als Richtwert zur Steigerung der eigenen Leistungsfähigkeit benutzt. Benchmarking steht für den kontinuierlichen, systematischen Prozess, mittels Messung, Vergleich und Analyse geeigneter Benchmarks Strategien, Prozesse/Funktionen, Methoden/Verfahren oder Produkte/Dienstleistungen einer Organisationseinheit zum Zwecke der Sicherung oder Steigerung des Unternehmenserfolges zu verbessern“ (Böhnert 1999, 14 zit. n. Abs et al. 2005, 437). In den meisten Definitionen wird Benchmarking als Prozess verstanden, d.h. eine Abfolge von Entscheidungen, die jeweils einen neuen Entscheidungsraum eröffnen. Einen weiteren essentiellen Bestandteil bildet der Vergleich, dem sich ein an einem Benchmarkingprozess interessiertes Unternehmen stellen muss. Nach Bretschneider/Stang (2004) sind die konstitutiven Merkmale des Benchmarking die Prozessorientierung, Kontinuität, Partnerschaft, Messgrößen und Ganzheitlichkeit (Berens/Fritsch 2003, 18f zit. n. Bretschneider/Stang 2004, 7).

Im Folgenden wird näher auf die Ziele von Benchmarking eingegangen.

===Ziele von Benchmarking===

Das grundsätzliche Ziel des Benchmarking ist es, die Schwächen eines Unternehmens durch Vergleich mit anderen Unternehmen aufzudecken und somit die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Durch das Vergleichen von jeweils operationalisierten Messgrößen (Benchmarks) sollen erfolgreiche Funktionszusammenhänge (Successful Practices bzw. Best Practices) identifiziert werden. (Abs et al. 2005, 436f)
Ein Grundgedanke des Benchmarking ist die „Nutzung vorhandener Problemlösungen zur Lösung eigener Aufgabenstellungen“ (Siebert/Kempf 2002, S. 14 zit. n. Bretschneider/Stang 2004, 6). Durch die Messung und Bewertung ausgewählter Leistungsmerkmale in einem Unternehmen und deren Vergleich mit anderen Unternehmen soll der jeweils höchste Leistungsstandard, der Benchmark, ermittelt werden. Die Differenzen des eigenen Unternehmens zu diesem höchsten Leistungsstandard werden auf ihre Ursachen hin analysiert, um auf dieser Grundlage Ansätze der Leistungsverbesserung zu ermitteln und eine Veränderung bzw. Verbesserung unternehmerischer Abläufe anzustreben (Bretschneider/Stang 2004, 6).


Zusammenfassend lauten die Ziele des Benchmarking:
- Stärken und Schwächen des Unternehmens aufzeigen
- Identifikation erfolgreicher Funktionszusammenhänge
- Positionierung des eigenen Betriebes im Vergleich zum Wettbewerb
- Maßnahmenplan zur Leistungsverbesserung erstellen und umsetzen

Im nächsten Kapitel werde ich unterschiedliche Arten von Benchmarking vorstellen.

===Arten von Benchmarking===

So zahlreich die verschiedenen Defintionen von Benchmarking sind, so zahlreich sind auch die Arten von Benchmarking. Benchmarking ist kein standardisiertes Instrument, sondern muss an die jeweilige Situation und Struktur des Unternehmens angepasst werden (Bretschneider/Stang 2004, 9).

Abs et al. (2005) schlagen folgende Einteilung vor:
a) Internes Benchmarking
Internes Benchmarking vergleicht eine Organisationseinheit des eigenen Unternehmens mit einer anderen Organisationseinheit desselben Unternehmens mit dem Ziel die internen Abläufe zu kennen und zu vergleichen. Internes Benchmarking stellt ohne große Probleme Ideenaustausch und die Verfügbarkeit von Partnern sicher, da alle Informationen innerhalb desselben Unternehmens ausgetauscht werden.

b) Externes Benchmarking
Externes Benchmarking betrachtet die eigene Organisationseinheit und vergleicht sie mit einer anderen Organisationseinheit eines anderen Unternehmens.

Innerhalb des externen Benchmarking wird weiterhin unterschieden:
- Konkurrenzbezogenes Benchmarking: Bei dieser Art des Benchmarking wird eine Organisationseinheit eines Konkurrenzunternehmens für den Vergleich gewählt. Dies kann entweder verdeckt durch die Auswertung öffentlich zugänglicher Informationen oder offen durch Gewinnung des Vergleichsunternehmens als Partner des Benchmarkingprozesses geschehen.
- Branchenbezogenes Benchmarking: Die zu vergleichende Organisationseinheit stammt zwar aus der gleichen Branche, stellt aber keinen direkten Konkurrenten um das gleiche Marktsegment dar.
- Generisches Benchmarking: Der Vergleich kann mit jedem anderen Unternehmen, unabhängig von der eigenen Branche, stattfinden, das auf dem zu untersuchenden Gebiet Spitzenlösungen implementiert hat.
- Globales Benchmarking: Hier wird weltweit nach der "Best Practice" gesucht.


Die Einteilung der Arten des Benchmarking wird von Bretschneider/Stang (2004) differenzierter gesehen. Ihre Systematisierung erfolgt anhand des Objektes, das einem Vergleich unterzogen wird, der Partnerwahl und der Organisationsform. Die unterschiedlichen Gestaltungselemente von Benchmarking werden im Hinblick auf Ziele, Möglichkeiten und Grenzen dargestellt (Bretschneider/Stang 2004, 9ff).


Bezogen auf das Vergleichsobjekt unterscheiden Bretschneider/Stang zunächst ein strategisches von einem taktischen Benchmarking. Strategisches Benchmarking befasst sich mit Fragen der Marktpositionierung und der unternehmerischen Innovations-, Wachstums- und Ertragspotenziale und verfolgt das Ziel, Erfolgspotenziale zu entwickeln und zu Wettbewerbsvorteilen auszubauen. Unmittelbar auf den Ergebnissen des strategischen Benchmarking basiert das Taktische Benchmarking, mit dem zum Beispiel für herausgearbeitete generelle Erfolgsfaktoren oder defizitäre Strategiefelder Benchmarks aufgestellt werden (Bretschneider/Stang 2004, 9).

Weiters unterscheiden sie zwischen Produktbenchmarking und Prozessbenchmarking. Produktbenchmarking verfolgt das Ziel, alle Elemente vergleichbarer Produkte bezüglich gestalterischer und funktionaler Differenzen zu betrachten, um mit Hilfe identifizierter Verbesserungsansätze vorhandene Produkte zu verbessern oder neuartige Produkte zu entwickeln. Dagegen richtet sich Prozessbenchmarking auf die in einer Organisation real ablaufenden Prozesse mit dem Ziel einer Prozessoptimierung. Im Unterschied zum Produktbenchmarking steht dabei nicht der Kennzahlenvergleich im Vordergrund, sondern die zu den Kennzahlen führenden Bedingungen werden analysiert (Bretschneider/Stang 2004, 9f).


Neben der Betrachtung der unternehmerischen Mikroebene kann auch die Makroebene als Vergleichsobjekt für ein Benchmarking genutzt werden. Bei diesem Systembenchmarking wird statt Einzelkomponenten vielmehr das Endresultat der einzelnen zusammenwirkenden Elemente als Gesamtleistung des Systems bestimmt, häufig geschieht das auf internationaler Ebene. Hierbei müssen allerdings kulturelle Unterschiede berücksichtigt werden, die das Problem erschwerter Vergleichbarkeit in sich bergen. Dennoch finden Vergleiche dieser Art im Bildungsbereich zunehmend Verwendung (Bretschneider/Stang 2004, 10).

Eine weitere Klassifizierungsebene ist diejenige der Benchmark-Partner, wie schon bei Abs et al. eingeteilt in Internes und Externes Benchmarking.


Weiters kann Benchmarking in offenes und verdecktes Benchmarking eingeteilt werden, hinsichtlich der beteiligten Unternehmen und der erhobenen Daten. Bei einem offenen Benchmarking ist allen Unternehmen bekannt, wer in die Untersuchung einbezogen wird. Ist dies nicht der Fall, spricht man von einem verdeckten Benchmarking (Bretschneider/Stang 2004, 13).

An der Vielfältigkeit der Arten von Benchmarking, lässt sich schon ein Problem erahnen, nämlich wie dieses Konzept auf die Bildungswissenschaften übertragen werden kann. Ob dies seitens der BildungswissenschaftlerInnen als möglich oder sinnvoll erachtet wird, soll im zweiten Kapitel dargestellt werden.

== Übertragung des Benchmarking auf die Pädagogik ==

Der Bildungssektor ist in wesentlichen Teilen als „Non-profit-Bereich“ organisiert und seine Funktionalität kann deswegen zunächst nicht in der Erwirtschaftung eines monetären Profits gemessen werden, sondern in der Wahrnehmung eines gesellschaftlichen Auftrags, für diesen lassen sich Indikatoren analog zum betriebswirtschaftlichen Handeln erarbeiten. Agenten im Non-profit-Bereich können allerdings ebenfalls als unternehmerisch betrachtet werden, insofern sie danach streben, bestimmte Leistungsziele zu erreichen. Aus diesem Grund kann grundsätzlich eine Methode aus der Betriebswirtschaftslehre wie das Benchmarking auf das Bildungswesen übertragen werden. „In dieser Denkweise ist der Ertrag des Bildungswesens umso größer, je umfassender der gesellschaftliche Auftrag mit den eingesetzten Ressourcen erreicht wird“ (Abs et al. 2005, 440).

Es gibt allerdings erleichternde und erschwerende Bedingungen für eine Übertragung des Benchmarkingsystems auf das Bildungswesen (Abs et al. 2005, 440f):
Erschwerend wirkt die erst anfänglich erfolgte Indikatorisierung von Leistungsprozessen und Leistungszielen im Bildungsbereich. Dies kann dazu führen, dass man sich zum Teil auf Kennziffern bezieht, nur weil sie leicht zu erfassen sind und dabei übersieht, dass ihr Aussagewert über Prozesse und Zielerreichung eingeschränkt ist. Ein Beispiel: Der EU-Indikator „Anzahl der Computer pro Schüler“, der für das Ziel einer verstärkten informationstechnischen Bildung steht, führte in Zypern dazu, dass zwar mindestens ein Computer für jedes Klassenzimmer angeschafft wurde, aber die Nutzung dieser Geräte wegen unzureichender Lehrerweiterbildung fast vollständig ausblieb.
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass die Leistungsziele des Bildungssystems mehrdimensional sind. Außerdem fehlt es insbesondere auf der Meso- und Mikroebene des Bildungssystems weithin an Ressourcen (Kompetenzen und Budgets) um Benchmarkingprozesse durchzuführen.
Erleichternd kann hingegen die bislang relativ geringe Konkurrenz unter Bildungseinrichtungen wirken. Außerdem kann der in hohem Maße analoge Organisationsbedarf und die große Zahl an möglichen Benchmarkingpartnern erleichternd wirken. In Zukunft könnte Benchmarking zusätzlich ein Schub seitens der sich erweiternden Autonomie von Meso- und Mikroebene im Bildungswesen erfahren.

Diese theoretischen Überlegungen sollen nun durch praktische Beispiele des Versuchs einer Anwendung in unterschiedlichen bildungswissenschaftlichen Bereichen ergänzt werden. Aus der Literaturrecherche zu dieser Arbeit konnten folgende Bereiche gefunden werden, die sich mit Benchmarking beschäftigen und um eine Anwendung dieses Konzeptes bemüht sind. Zu diesen Bereichen zählen die Lehrerbildung, die Weiterbildung und die Makroebene politischer Steuerung. Auch wenn in anderen Bereichen der Pädagogik und an anderen Institutionen bereits Umsetzungen von Benchmarking erfolgt sind, werde ich mich auf dieser Wiki-Seite auf die genannten Beispiele beschränken.

===Benchmarks in der Lehrerbildung===
Die Zukunftskommission des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst hat aus den aktuellen Entwicklungen den Schluss gezogen, dass die Interpretation von Benchmarks eine neue Anforderung an praktisch alle Lehrer und Lehrerinnen und mittelbar auch an die Lehrerbildung ist (Abs et al. 2004, 441). Dabei wird davon ausgegangen, dass die notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung von Benchmarks eine innere Entwicklung in jeder Schule erforderlich machen. „Weil nur auf der Ebene jeder Schule letztlich eine Verbesserung der Gesamtleistung entstehen könne, müsse Schulentwicklung auch mit einer datengestützten (Selbst-)evaluation verbunden sein“ (Abs et al. 2005, 441). Das bedeutet, dass Reformen der Lehrerbildung auf Prozesse des Benchmarking im Schulbereich bezogen werden sollen. Eine EU-Arbeitsgruppe aus Experten der Lehrerbildung widmete sich der Identifikation und Darstellung von vorbildlichen Ansätzen in der Lehrerbildung . Hier wird auch die Formulierung und Nutzung von Benchmarks auf EU-Ebene kritisch reflektiert. 2003 wurde von der „Standing Group on Indicators and Benchmarks (SGIB)“ des Directorate-General for Education and Culture der europäischen Kommission eine Liste mit Indikatoren veröffentlicht. Im Bereich der Lehrerarbeit ist ein Benchmarking zum Beispiel hinsichtlich der Stunden in Weiterbildung im Verhältnis zur Arbeitszeit von Lehrkräften und eines zur Teilnahme an den Mobilitätsprogrammen (z.B. Sokrates) vorgesehen. Für die Qualität der Benchmarkingprozesse wird es in Zukunft entscheidend sein, inwieweit es gelingt, die Arbeit der Experten für Lehrerbildung und die Arbeit der Experten für Indikatorisierung zusammenzuführen um angemessene Benchmarks zu formulieren (Abs et al. 2005, 442f).


=== Benchmarking in der Weiterbildung ===
Quelle: Markus Bretschneider, Richard Stang (2004): Benchmarking in der Weiterbildung. DIE-Reports zur Weiterbildung

Benchmarking ist inzwischen vor allem im Dienstleistungsbereich genutztes bzw. propagiertes Managementkonzept zur Verbesserung des strategischen Managements geworden. Im Weiterbildungsbereich spielt das Thema bisher noch keine besondere Rolle, doch ist ein zunehmendes Interesse an der Thematik festzustellen (Bretschneider/Stang 2004, 33).

Auch in der Weiterbildung drängt der Strukturwandel die Institutionen zu einer verstärkten Marktorientierung, denn die Bedeutung der ökonomischen Kategorie der Wettbewerbsfähigkeit ist unter den Bedingungen der Globalisierung und Informatisierung in fast allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen gewachsen. Auch die Entwicklung von wettbewerbsbezogenen Profilen und die Frage nach Qualitätsmanagementkonzepten wie EFQM oder LQW (Lernorientierte Qualitätssicherung in der Weiterbildung) rückt zunehmend in den Blick von Weiterbildungseinrichtungen. Dieser Trend wird zunehmend durch Diskussionen um PISA und IGLU wie durch internationale Vergleiche von Bildungssystemen verstärkt, damit wird auch das Thema Benchmarking immer wichtiger (Bretschneider/Stang 2004, 4). Benchmarking kann bei Weiterbildungseinrichtungen auf ganz unterschiedlichen Ebenen stattfinden. Als ein Beispiel kann die Stelle der Anmeldesituation gelten, diese kann sehr unterschiedlich gestaltet sein. Während viele Weiterbildungseinrichtungen telefonische und Anmeldung über das Internet ermöglichen, gibt es nach wie vor Einrichtungen, bei denen eine persönliche Einschreibung notwendig ist, wenn man z.B. bei gut frequentierten Kursen noch einen Platz erhalten will. In einem Benchmarking können hier vielfältige Aspekte berücksichtigt werden, z.B. die Kommunikations- und Beratungssituation, die Dauer des Anmeldevorgangs oder die Möglichkeiten der Bezahlung. Anhand solcher Beispiele kann gezeigt werden, wie sich Vorgehensweisen beschreiben und miteinander vergleichen lassen. Dies kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen (Vgl. Benchmarking-Formen oben) (Bretschneider/Stang 2004, 8).

Vor dem Hintergrund zunehmender Bedeutung von Ökonomie auch für Bildungseinrichtungen haben in den letzten Jahren verstärkt Themen wie Finanzierung, Marketing, Qualität, Management etc. Einzug in den Weiterbildungsdiskurs gehalten. Dabei wurden betriebswirtschaftliche Managementkonzepte zunächst einfach übernommen. Mit der Zeit wurden jedoch die Passungsprobleme erkannt und angepasste Konzepte entwickelt. Die weiterbildungsorientierte Weiterentwicklung von ökonomischen Managementkonzepten zeigt sich zum Beispiel am heute eher an Bildungsorganisationen angepassten Zertifizierungssystem „Lernorientierte Qualitätstestierung in der Weiterbildung (LQW)“. „Auch Benchmarking ist ein solches Managementkonzept, bei dem es zu überprüfen gilt, unter welchen Bedingungen und wie es für den Weiterbildungsbereich von Relevanz sein kann.“ (Bretschneider/Stang 2004, 33f).

Ansätze für Benchmarking in der Weiterbildung

a) Best Practice
Unter Best Practice („Hervorragender Praxis“) versteht man, vorbildliche Lösungen oder Verfahrensweisen, die zu Spitzenleistungen führen. Best Practice ist ein pragmatisches Verfahren, das vorhandene Erfahrungen erfolgreicher Organisationen (oft auch Konkurrenten) oder Anwender systematisiert und unterschiedliche Lösungen, die in der Praxis eingesetzt werden vergleicht. Diese werden anhand betrieblicher Ziele bewertet und auf dieser Grundlage wird festgelegt, welche Gestaltungen und Verfahrensweisen am besten zur Zielerreichung beitragen (http://www.olev.de/b/best-practice.htm). Das Konzept der Orientierung an „den Besten“ wurde in den letzten Jahren immer wieder in Projekten realisiert. Beispiele für „Good Practice“ in der Erwachsenenbildung finden sich im Kontext des Programms „Lebenslangen Lernens“ der BLK (Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung) (Bretschneider/Stang 2004, 34).

Das Projekt „Bildungs-Benchmarking OWL“ ist ein Projekt des Zentrums für Wissenschaftliche Weiterbildung an der Universität Bielefeld e.V. und will Optimierungspotenziale der Weiterbildung aufzeigen. Das Ziel dieses Projektes ist es, durch das Umsetzen von Best Pracitce Lösungen die Weiterbildungsinfrastruktur in OWL als wichtige Voraussetzung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sowie die Beschäftigungsfähigkeit der ArbeitnehmerInnen nachhaltig zu verbessern. Um an diesem Beispiel die Struktur eine Benchmarking darzustellen, wird das Vorgehen dieses Projektes vom Projektteam „Bildungsbenchmarking“ wie folgt kurz vorgestellt (http://www.regionet-owl.de/home/index,id,372,selid,1245,type,VAL_MEMO.html):

"1. Planungsphase: Gemeinsam mit unserem Beirat haben wir die Weichen für die Zukunft des Projekts gestellt, indem wir wichtige Interessengruppen frühzeitig ins Boot holen konnten.
2. Interne Analyse: Wir entwickeln Instrumente, mit denen wir die Infrastruktur der beruflichen Weiterbildung / Personalentwicklung in Ostwestfalen-Lippe unter die Lupe nehmen. Dadurch gewinnen wir wichtige Erkenntnisse für die beteiligten Unternehmen in der Region. Im Blickfeld haben wir die drei Schlüsselbranchen
- Möbelfertigung
- Gesundheitswirtschaft
- Maschinenbau
3. Externe Analyse: Es ergeben sich Problemfelder der beruflichen Weiterbildung sowie Hinweise auf Erfolgsmodelle in anderen Regionen. Diesen Hinweisen gehen wir auf der Suche nach Best-Practices nach. Das liefert allen Beteiligten interessante Anregungen für die Verbesserung der Weiterbildung in Ostwestfalen-Lippe.
4. Umsetzungsphase: Wir sind ein handlungsorientiertes Projekt! Neben den Erkenntnissen und Anregungen, die wir für die Beteiligten gewinnen, sehen wir uns auch als Initiatoren und Moderatoren von Verbesserungsprozessen auf der Grundlage der Best-Practices."

b) Wettbewerbe
Die Vergabe von Preisen ist ein Element im Weiterbildungsbereich, das dazu dient hervorragende Leistungen hervorzuheben und somit für einen Vergleich verfügbar zu machen (Beispiele hierfür sind der „Preis für Innovation in der Erwachsenenbildung“ des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE), der „Weiterbildungs-Innnovations-Preis (WIP)“ des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), der „Innovationspreis Weiterbildung“ des Freistaates Sachsen und der „Weiterbildungspreis“ des Landes Brandenburg).
Als weiteres Beispiel kann der Aufbau von Wettbewerben im Kontext der Entwicklung von E-Learning genannt werden, der in den letzten Jahren für die Weiterbildung an Relevanz gewonnen hat. Diese Wettbewerbe können ebenfalls eine Orientierung für Best Practice Vergleiche bieten, dabei muss aber beachtet werden, dass hier keine klar definierten Indikatoren ausgewiesen werden, sondern die Beurteilung sich eher auf offene Kriterien durch Jurys stützt. (Bretschneider/Stang 2004, 34f).


c) Internationale Aktivitäten
Von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft wurden „Europäische Benchmarks für die allgemeine und berufliche Bildung“ beschrieben. Diese sollen zur Erhöhung der Qualität und Verbesserung der Wirksamkeit der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in der EU betragen. Hier steht allerdings nicht die Orientierung am Besten im Vordergrund (Best Practice), sondern das Erreichen eines gemeinschaftlich gesetzten Benchmarks. Hier geht es um die Beschreibung von Standards. Dieser Ansatz ist ein Hinweis auf den Trend des Systembenchmarking, das derzeit vor allem im internationalen Bereich eine bedeutende Rolle spielt (Bretschneider/Stang 2004, 35).

d) Statistik/Daten
In der Zwischenzeit gibt es einige statistische Grundlagen und Indikatorensysteme, die für Vergleichsstudien im Bildungsbereich herangezogen werden können. Diese Indikatorensysteme werden dann für das Benchmarking verwendet. Es ist allerdings zu bemerken, dass ein übergreifendes systematisches Kennzahlen- und Indikatorensystem fehlt. Dies reduziert die Möglichkeiten eines zielgerichteten Benchmarkings für Weiterbildungseinrichtungen.

===Die Makroebene politischer Steuerung===
Auf der Makroebene politischer Steuerung ist durch die kontinuierliche Erfassung von Vergleichsdaten im Rahmen der OECD eine Berichterstattung entstanden, die Kosten und Ergebnisse von Bildung auf internationaler Ebene in differenzierter Weise sichtbar macht. Die PISA-Studie, die die erreichten Leistungen der SchülerInnen am Ende der Pflichtschulen in den Fokus rücken, ergänzen diese Berichte. Dadurch entsteht eine Wettbewerbssituation der Nationen, die an dieser Studie beteiligt sind. „Auf Ebene der Europäischen Union wird das Konkurrenzmotiv in Abgrenzung zu den nicht EU-Staaten explizit betont, um einen Raum von Kooperation zu schaffen, innerhalb dessen die einzelnen Staaten Benchmarkingprozesse eingehen“ (Abs et al. 2005. 441)

Die EU-Staats- und Regierungschefs formulierten im Rahmen des Lissabon Gipfels 2000 das Ziel „the most competitive growth with more and better jobs and greater social cohesion“ zu werden. Dieser Zielsetzung folgend haben sich die Bildungsminister im Rahmen der umfassenden Lissabon Strategie auf gemeinsame Zielsetzungen bis 2010 geeinigt. Diese Ziele wurden von der Europäischen Kommission als Benchmarks formuliert.

Beispiel für ein Benchmark:
Bis 2010 soll der Prozentsatz der 15-Jährigen, die im Bereich Lesekompetenz schlechte Leistungen erzielen, um mindestens 50 % im Vergleich zum Jahr 2000 abgesenkt werden.

Kritik dieser Benchmarks
Diese Benchmarks wurden jedoch viel kritisiert: Die benannten Ziele seien im angegebenen Zeitraum praktisch nicht einzulösen. Deshalb erfuhren diese Benchmarks eine inhaltliche Korrektur, dieses Benchmark wurde deswegen geändert:
- Bis 2010 soll der Prozentsatz der 15-Jährigen, die im Bereich Lesekompetenz schlechte Leistungen erzielen, um mindestens 20 % im Vergleich zum Jahr 2000 abgesenkt werden. Man hat sich politisch dafür entschieden, nicht den Zeitraum zur Zielerreichung auszudehnen, sondern das Ziel bescheidener zu formulieren

Bsp:Im Jahr 2000, betrug der Anteil der 15-Jährigen, die schlechte Leseleistungen erzielen, in den 16 EU-Ländern, für welche es vergleichbare Angaben für die Jahre 2000 und 2003 gibt, 19,4%. Der Benchmark einer Verminderung dieses Anteils um 20% impliziert deshalb eine Zielgröße von 15,5% für 2010

Weitere Beispiele für nicht erreichte Benchmarks:
- Nach wie vor gehen fast 16 % der jungen Menschen in der EU vorzeitig von der Schule ab, d. h. die Fortschritte in Richtung der EU-Benchmark von 10 % für 2010 sind nur gering.
- Fast 20 % der 15-Jährigen haben weiterhin erhebliche Schwächen bei der Lesekompetenz; seit 2000 konnte also keinerlei Verbesserung in Richtung der EU-Benchmark erzielt werden, den Anteil um ein Fünftel zu verringern.
- 77 % der 18-24-Jährigen verfügen heute über einen Sekundarschulabschluss, womit die EU nach wie vor – trotz beträchtlicher Fortschritte in einigen Ländern – weit hinter ihrer Benchmark von 85 % liegt.
(http://ec.europa.eu/education/policies/2010/doc/progressreport06_de.pdf download am 11.05.06)


- Fast 20 % der 15-Jährigen haben weiterhin erhebliche Schwächen bei der Lesekompetenz; seit 2000 konnte also keinerlei Verbesserung in Richtung der EU-Benchmark erzielt werden, den Anteil um ein Fünftel zu verringern.
http://ec.europa.eu/education/policies/2010/doc/progressreport06_de.pdf download am 11.05.06)

An diesen Beispielen kann gezeigt werden, dass es schon an der teil unrealistischen Formulierung von Benchmarks scheitert und auf dieser Ebene bis jetzt kaum diese Ziele erreicht wurden.

"Open Method of Coordination"
Dabei bleibt die Steuerung über Benchmarks, die von allen anerkannt werden, zentraler Bestandteil einer Politik, die auch als „Open Method of Coordination“ (OMC) bezeichnet wird. Ziel dieser Politik ist es, einerseits das Prinzip der Subsidiarität, nach dem kleinere Einheiten ihre Angelegenheiten möglichst selbstständig regeln sollten, und auf der anderen Seite das Bedürfnis der Konvergenz im Rahmen des gemeinsamen Marktes zu versöhnen. Dazu sollen mittels OMC die verschiedenen Ebenen der Entscheidung miteinander verbunden werden, dabei soll ein Mittelweg zwischen der Integration unterschiedlicher Politiken in eine gemeinsame Politik und der bloßen Koordination unterschiedlicher Politiken gefunden werden (Abs et al. 2005, 442). Dieses Ziel soll erreicht werden, „indem einerseits gemeinsame Ziele durch die Formulierung von Benchmarks im Sinne von verbindlichen Kennziffern hinsichtlich bestimmter Output-Indikatoren konkretisiert werden. Andererseits bleiben die weiteren Schritte des Benchmarkings in der Verantwortung der Beteiligten.“ (Abs et al. 2005, 442). Dieser Prozess wird durch die EU-Kommission durch fortschreitende Indikatorisierung des Bildungswesens, durch Berichte zum Sachstand und die Suche nach Best-Practice Beispielen unterstützt. Dabei bleibt die Verantwortung für Entscheidungen in der Bildungspolitik allerdings auf ebene der Mitgliedsländer (ebd.).
Bei dieser Methode kommen Benchmarks nicht von einem real existierenden Partner, sondern werden fiktiv gesetzt.

Resumée

„Benchmarking entstand in einem Kontext, in dem die Macht zu steuern, die Notwendigkeit zur Veränderung und die Motivation, diese Veränderung auch durchzuführen, als klar bestimmbar und gegeben betrachtet werden durften“ (Abs et al. 2005, 444). Gilt die Bestimmbarkeit dieser Punkte auch bei der Übertragung auf den Bildungsbereich? Bei der Auswahl und Formulierung von Benchmarks müssen mehrere Kriterien beachtet werden. Es muss geklärt werden, inwieweit ausgewählte Benchmarks die Zieldimensionen einer Institution abdecken, welche Zieldimensionen nicht durch Benchmarks erfasst werden und inwieweit ein Benchmark geeignet ist, einen Fortschritt im Hinblick auf die Erreichung von Zielen abzubilden. Benchmarks können allerdings nicht sinnvoll festgesetzt werden, ohne den Zusammenhang der Ressourcen und weiteren Qualitätsentwicklungsmaßnahmen einer Institution zu berücksichtigen (Abs et al. 2005, 444f).



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