"The Ethics of the Global Environment"
Michael Käfer über einen Text von Robin Attfield
Welche Umwelt ist schützenswert?
Attfield hält vor allem die Umwelt, die der Mensch und alle anderen Lebewesen zum Überleben brauchen für schützenswert, sowie die Natur an sich, die der Mensch bloß verwalten soll.
Um möglichst nichts von dieser Umwelt auszuklammern (und um alle von ihm aufgezählten ethischen Positionen zu übertrumpfen), spricht er von: Biozentrismus, Konsequentionalismus und Kosmopolitismus. Diese drei ethischen Positionen, die er sich quasi aus den zur Verfügung stehenden aussucht, verbindet er nun. Als schützenswerte Umwelt ergibt sich ihm daraus: alle Lebewesen (nicht nur der Mensch), alle zukünftigen Generationen (nicht nur die gegenwärtigen), alle Lebewesen der Erde (nicht nur die in der eigenen Region).
Somit ist es Attfield gelungen, nichts zu vergessen. Seine Theorie scheint ziemlich alles zu umfassen. Aber abgesehen davon, dass die Aufgabenstellung nicht gerade schwer war, finde ich das Ergebnis wenig nützlich. Was fängt man mit einer Theorie an, die alle Lebewesen aller Zeiten und Orte für schützenswert hält? Sie hat natürlich recht, aber dazu hätte das Buch auch dünner sein können. Und dass die Theorie dieses Buchs besondere Auswirkungen in der Praxis haben wird, glaube ich auch nicht.
Außer diesen ethischen Positionen vertritt Attfield noch eine weitere, recht eigenwillige These. Die Welt sei dem Menschen als ihrem Verwalter anvertraut. Er kann daher nicht mit ihr tun und lassen, was er will, sondern ist für seinen Umgang Rechenschaft schuldig. Dies gelte aber nicht nur für religiöse Menschen. (Der letzte Satz zeigt auch hier wieder das Bestreben Attfields, alles und jeden in seine Positionen miteinzubeziehen). Dieses Thema wird jedoch in Teil I des Buchs besprochen. Wenn es jedoch eine schlagkräftige Begründung geben sollte, warum ein säkular Denkender für seinen Umgang mit der Natur Rechenschaft schuldig sein sollte, hätte Attfield sie wohl auch im Vorwort, bei seiner Kurzbeschreibung des Buchs erwähnt. Ich kann mich mit diesem Gedanken jedenfalls nicht anfreunden. Wenn Attfield damit sagen möchte, dass die Natur nicht nur als Mittel zum Zweck des Menschen gesehen werden soll, bräuchte er sich ja nicht auf das Wort „Rechenschaft“ versteifen.
In Teil II des Buchs folgt dann eine Aufzählung (welche allein also eigentlich von mir zu referieren gewesen wäre) der schützenswerten Teile der Umwelt. Die Anwendung seiner ethischen Positionen auf die aufgezählten schützenswerten Teile der Umwelt ist natürlich relativ einfach – alles ist schützenswert; Teile der Umwelt sind bedroht; also…
Die folgende Aufzählung kann ich einfach nicht noch einmal neu schreiben (sie würde auch nicht interessanter), darum habe ich sie einfach aus der alten Arbeit übernommen:
Schützenswert sind: a) natürliche Ressourcen, b) die Atmosphäre und das Klima, c) ein Teil der Menschheit (denn der Mensch ist ein Teil der Natur) und schließlich d) die vom Aussterben bedrohten Arten.
Die Ressourcen der Erde und ihrer Atmosphäre werden seit den ersten Hochkulturen in einem Ausmaß ausgebeutet, das die Natur in Ungleichgewicht bringt und Teilen der Menschheit, sowie vielen Tieren ihre Lebensgrundlage nimmt (wenn z.B. Ackerland von Stauseen überflutet wird). Der Grund dafür ist heute leicht auszumachen, nämlich die Überkonsumation dieser Ressourcen innerhalb der ersten Welt. Diese ist also zum Wohl der Natur, des Menschen und des Tieres zu überdenken. Genauso, wie weitere Folgen des Kapitalismus: den Menschen als bloße Ressource zu betrachten; und das Ausüben von Druck durch Konzerne, Regierungen und Banken auf die Dritte Welt, die dann z.B. durch Verschuldung gezwungen ist, in zu hohen Ausmaßen Ressourcen abzubauen.
Attfield unterscheidet die ebenfalls schützenswerten absorbierenden Kräfte der Natur (Umwandlung von CO2 in Sauerstoff, natürliche Wasseraufbereitung,…) von den Ressourcen und schlägt verschiedene Einteilungen der Ressourcen vor:
- erneuerbare (Land, Wasser, Wald, Fische,…)
- nichterneuerbare (Minerale, Erdöl,…)
Eine zweite Einteilung unterscheidet konsumierbare von ästhetischen Ressourcen. Wälder oder Fischbestände sind zum Beispiel aus anderen Gründen schützenswert als schöne Landschaften und schöne Tiere.
Von den Ressourcen werden als erstes die Wälder besprochen. Diese erneuern sich bekanntlich selbst, sodass der Mensch ihr Holz gebrauchen kann. Heute werden sie allerdings in unnachhaltiger Weise vor allem für die Erste Welt (für Holzprodukte, Ackerland) und von der Ersten Welt (Saurer Regen, Klimaerwärmung) zerstört.
Wasser ist ebenfalls erneuerbar und es ist schockierend, dass 1,7 Milliarden Menschen nicht genug davon zum Trinken haben. Umweltprobleme die damit in Zusammenhang stehen, sind Wasserverschmutzung und Klimaerwärmung.
Der Energiekonsum (vor allem der Ersten Welt) hat u.a. zur Folge, dass die Erdölvorräte in absehbarer Zeit verbraucht sein werden. Wie an vielen Stellen, so fordert Attfield auch hier Investitionen in die Entwicklung und Förderung erneuerbarer Energien, die nicht nur als alternative Energielieferanten verbrauchte Rohstoffe ersetzen können, sondern auch für den Umweltschutz von hoher Bedeutung sind, z.B. würden weniger Emissionen der Klimaerwärmung entgegenwirken.
Schützenswert ist auch der Mensch. Dieser ist in vielen Teilen der Welt direkt bedroht. 1,3 Milliarden Menschen leben in extremer Armut (1993) und es ist kaum Besserung in Sicht. Diese Tatsache hängt an einigen Schnittpunkten mit der Umweltzerstörung zusammen. Viele Umweltprobleme haben denselben Grund, wie die Armut: neben Politik und Wirtschaft, die Überbevölkerung vieler Gebiete der Erde (dem affirmierten ein-Kind-Gesetz Chinas ist ein ganzes Unterkapitel gewidmet).
Viele Umweltprobleme und die Ausdehnung der Zivilisation auf Kosten von tierischen Lebensräumen bedrohen zusammen die Artenvielfalt der Natur. Attfield spricht von 30 Millionen Arten, von denen in den nächsten 30 Jahren leicht 7 Millionen aussterben könnten. Neben ästhetischen und zahlreichen praktischen Gründen (die Evolution soll weitergehen, möglicher Nutzen der Arten in der Zukunft,…), die für einen Artenschutz sprechen, führt Attfield auch ethische an (siehe unten).
Womit kann das Schützenswerte der Umwelt begründet werden?
Grundsätzlich, laut Attfield, damit, dass alle schützenswerten Lebewesen einen „inneren Wert“ haben (dazu: siehe Teil I). Ich kenne mich auf dem Gebiet der Ethik (und Bioethik) kaum (gar nicht) aus und da ich auch die Begründung dieser Theorie nicht kenne, möchte ich dazu lieber nichts sagen.
An wenigen Stellen nennt Attfield auch ästhetische Gründe für Umweltschutz, erklärt sich aber nicht genauer.