Zwischenergebnisse (Code): Unterschied zwischen den Versionen

Aus Philo Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
(comment)
K (sig)
 
(5 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
'''Ich versuche auf dieser Seite eine Gliederung und Überarbeitung der bisherigen Beiträge zur Diskussion im Wiki.''' --[[Benutzer:Anna|anna]] 09:58, 14. Nov. 2007 (UTC)
+
'''Ich versuche auf dieser Seite einen zusammenfassenden Überblick zu den bisherigen Beiträge zur Diskussion im Wiki.''' --[[Benutzer:Anna|anna]] 09:58, 14. Nov. 2007 (UTC)
 +
 
 +
==== Code und Verantwortung ====
  
 
Die Ausgangssituation: ein (mittlerweile) alltäglicher Ablauf (Homepage) wird gestört. Es erscheinen "sonderbare" Zeichen, die als Computercode zu erkennen sind. Zwei Ebenen der Mitteilung sind im Spiel. Das Beispiel sollte verdeutlichen, wie computertechnisch wirksame Zeichensequenzen auffällig werden können und wie sie damit in den Bereich der Humanwissenschaften hineinspielen.
 
Die Ausgangssituation: ein (mittlerweile) alltäglicher Ablauf (Homepage) wird gestört. Es erscheinen "sonderbare" Zeichen, die als Computercode zu erkennen sind. Zwei Ebenen der Mitteilung sind im Spiel. Das Beispiel sollte verdeutlichen, wie computertechnisch wirksame Zeichensequenzen auffällig werden können und wie sie damit in den Bereich der Humanwissenschaften hineinspielen.
Zeile 5: Zeile 7:
 
Daran knüpfte sich die Frage: Wo liegt die Fehlerquelle? Wer ist schuld? Einerseits ist die Frage durch die Themenstellung provoziert. Die Pointe besteht ja in einer Störung. Andererseits ist es doch bemerkenswert, dass gleich nach Verantwortung gesucht wird. (Das lag allerdings auch in meiner Darstellung: Ich wurde gefragt: Können Sie da nicht etwas machen?) Es läßt sich aber auch eine mehr systemorientierte Betrachtungsweise anwenden. Ein praktischer Verstehenszusammenhang wird durch eine technische Auffälligkeit durchkreuzt. So beschrieben ist es vergleichbar mit den Spuren, die ein Wasserrohrbruch auf der Wand erzeugt.
 
Daran knüpfte sich die Frage: Wo liegt die Fehlerquelle? Wer ist schuld? Einerseits ist die Frage durch die Themenstellung provoziert. Die Pointe besteht ja in einer Störung. Andererseits ist es doch bemerkenswert, dass gleich nach Verantwortung gesucht wird. (Das lag allerdings auch in meiner Darstellung: Ich wurde gefragt: Können Sie da nicht etwas machen?) Es läßt sich aber auch eine mehr systemorientierte Betrachtungsweise anwenden. Ein praktischer Verstehenszusammenhang wird durch eine technische Auffälligkeit durchkreuzt. So beschrieben ist es vergleichbar mit den Spuren, die ein Wasserrohrbruch auf der Wand erzeugt.
  
Damit sind wir bei einem ersten Streitpunkt. Es gibt Störungen durch "höhere Gewalt", durch maschinelle Fehlfunktionen und durch menschliche Absicht. Also Erdbeben, Wasserrohrbruch, Bombenanschlag. (Diese Punkte lassen sich auch kombinieren.) Es ist für unsere Praxis oft wichtig, diese Faktoren passend auseinander zu halten. Das Beispiel des php-Codes führt vor Augen, dass wir damit in einen mehrschichtigen Bereich kommen. Die Zeichensequenzen sind unverständlich ''und'' sinnvoll. Für die einen sind sie "wirres Zeug", für die anderen enthalten sie wichtige Informationen. Das ist von einer Situation zu unterscheiden, in der z.B. ein Hardwaredefekt eine Buchstabensuppe erzeugt. Damit sind wir bei einer zentralen Eigenschaft von Code.  
+
Damit sind wir bei einem ersten Streitpunkt. Es gibt Störungen durch "höhere Gewalt", durch maschinelle Fehlfunktionen und durch menschliche Absicht. Also Erdbeben, Wasserrohrbruch, Bombenanschlag. (Diese Punkte lassen sich auch kombinieren.) Es ist für unsere Praxis oft wichtig, diese Faktoren passend auseinander zu halten. Das Beispiel des php-Codes führt vor Augen, dass wir damit in einen mehrschichtigen Bereich kommen. Die Zeichensequenzen sind unverständlich ''und'' sinnvoll. Für die einen sind sie "wirres Zeug", für die anderen enthalten sie wichtige Informationen. Das ist von einer Situation zu unterscheiden, in der z.B. ein Hardwaredefekt eine Buchstabensuppe erzeugt. Damit sind wir bei einer zentralen Eigenschaft von Code. Richardd formuliert es so:
 
 
 
 
 
 
Die Fehlermeldung erscheint deshalb, weil ein gewisser Vorgang eine Regelwidrigkeit hervorruft und einen "Überschuss" an Information erzeugt, der mit dem Sprachvorrat des jeweiligen Systems nicht fassbar ist. Einziger Anhaltspunkt bleibt die Tatsache, DASS ein Übertritt vorgekommen ist und in einem Idealfall weiß man noch, an welcher Stelle im "sequentiellen" Ablauf der Fehler auftrat.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Die Fehlermeldung erscheint deshalb, weil ein gewisser Vorgang eine Regelwidrigkeit hervorruft... um dies von Richard zu übernehmen. Ich bin selbst keine Computerexpertin aber ich würde den Pc jetzt nicht so viel Eigenleistung zutrauen.
 
Am Ende kann er nur das was man ihn vorgibt, dass es dabei zu Prozessen kommt, die nicht eins zu eins vom Programmierer eingegeben wurden ist klar. Aber das ist im Grunde mit jeder Maschine so. Ein "Prozessweg" um an das gewünschte Ziel zu kommen. Der Motor von meinen Auto läuft auch ohne dass ich ihm alles vorsage und wenn etwas nicht stimmt (kein Benzin zum Bsp) dann reagiert er entsprechend darauf. Mit den Codes ist es nicht anders (auch wenn ich damit Gesagtes wiederhole) wenn er falsch ist, kann das Gerät es nicht akzeptieren, weil es eben auf etwas anderes programmiert wurde. Codes die nicht akzeptiert werden gibt es auch in anderen Bereichen, Lösungsworte auf der Bank zum Beispiel.
 
Was mir weniger klar ist: Manches Mal erscheinen solche Warnungen und wenn man die Seite erneut öffnet sind sie weg. War dann die Warung eine Fehlmeldung oder eine Fehlermeldung und wodurch oder wem(was)entstand sie?
 
VO50861
 
 
 
 
 
[[Zur Diskussion:]]
 
'''Ursache:'''
 
Letztendlich ist immer der Mensch Verursacher für das, was als Fehlermeldung auf dem Bildschirm erscheint. Mit letztendlich meine ich, dass es der Mensch ist, der die Hardware, speziell die Prozessoren mit ihren fest eingebrannten Befehlen baut. Der Mensch ist es auch, welcher mit Hilfe verschiedener Programmiersprachen auf den Befehlsatz des Prozessors seine Programme schreibt. Tauchen auf dieser Ebene Fehler auf, die wissentlich oder unwissentlich entstanden sind, so kommt es, falls vorgesehen, zu einer Fehlermeldung. Damit ist der Mensch zwar Verursacher von Fehlern, von Schuld zu reden, ist eine andere Sache; die Unterscheidung ist im jeweiligen Kontext zu treffen. Weder im Hard- noch im Softwarebereich kann der Mensch die absolute Kontrolle haben, weil nicht voraussehbar ist, was die von ihm gebauten Hardwareteile und erschaffenen Programme in bestimmten Situationen machen.
 
  
[[Gedanken, die beim Lesen der Diskussionsbeiträge und des Exzerpts von K. Hayles zum Kapitel „Code – Coda“ (Weizenbaums Sekretärin beim privaten Gespräch mit dem Computer) auftauchten:]]
+
:Die Fehlermeldung erscheint deshalb, weil ein gewisser Vorgang eine Regelwidrigkeit hervorruft und einen "Überschuss" an Information erzeugt, der mit dem Sprachvorrat des jeweiligen Systems nicht fassbar ist. Einziger Anhaltspunkt bleibt die Tatsache, DASS ein Übertritt vorgekommen ist und in einem Idealfall weiß man noch, an welcher Stelle im "sequentiellen" Ablauf der Fehler auftrat.
'''Schuld:'''
 
Was Schuld ist, müssen die Gerichte klären, aber was den Fehler verursacht hat, kann man auf einer rein sachlichen Ebene emotionslos und wertfrei betrachten. Was ist Schuld? Menschen neigen sehr leicht dazu, im Falle eines Auftretens einer Störung von Schuld zu sprechen, obwohl es sich um eine Frage nach der Verursachung dieser Störung handelt. „Was ist schuld daran, dass das nicht funktioniert?“ Vielleicht banal, aber drückt diese Frage nicht auch eine Erwartung aus, die uns als Individuum recht unangenehm berührt? Die Frage nach der Schuldzuweisung könnte als Reflex aufgefasst werden:  „Ich bin’s jedenfalls nicht, oder ich hoffe zumindest es nicht zu sein.“ Die Frage nach der Ursache für eine Störung scheint neutraler zu sein, wobei natürlich auch der Terminus „Störung“ zu hinterfragen wäre.  
 
  
[[Zum Exzerpt von K.Hayles:]]
+
Das ist ganz auf der "systemtheoretischen" Ebene ausgedrückt:
'''Das Unbewusste:'''
 
Um eine Analogie zum Unbewussten herzustellen, verwende ich als Kriterium den nicht unmittelbaren Zugang des Menschen zu seinem Unbewussten. Das Unbewusste in der Computerwelt wäre für mich die 0,1-Ebene, die in der Hardware, beispielsweise im Prozessor, abläuft. Da es sehr wenige Menschen gibt, die auf dieser Ebene der Maschinensprache programmieren können, wäre das für mich, wegen des nicht unmittelbaren Zuganges, ein Analogon zum Unbewussten. Um die Analogie etwas auf die Spitze zu treiben, kann man hier auch von Göttern sprechen, den Erbauern der Prozessoren. Sie sind es, welche die Strukturen des Unbewussten festlegen, indem sie sie in die Prozessoren fest einbrennen. Sie sind es, die das Unbewusste recht gut kennen. Oberhalb dieser grundlegenden Hard- und Software-Bereiche, die dem Unbewussten am nächsten liegen, ist die Ebene der verschiedenen Programmiersprachen (Maschinensprache ausgeschlossen), die mehr oder minder entfernt vom Unbewussten sind, je nachdem, um welche Sprache es sich handelt.
 
Wer/was allerdings der/die Gott/Götter sind, die/der/das die Strukturen des menschlichen Unbewussten schafft, darüber vermag ich leider keine Auskunft zu geben. Es fehlt mir ganz einfach die entsprechende Erfahrung.
 
  
Nun könnte man sehr leicht zu dem Schluss kommen, dass nur die Schöpfer der Prozessoren, die ich so dreist „Götter“ nannte, einen unmittelbaren Zugang zum „Unbewussten“ haben. Wozu sie – als Menschen – tatsächlich Zugang haben, ist lediglich das, was gerade noch sichtbar ist für sie; jeder Schöpfer/jede Schöpferin eines Prozessors als der untersten Ebene eines Kommunikationsmittels trägt zu jeder Zeit sein eigenes Unbewusstes wie einen Schatten mit sich herum, das in jede bewusste Tätigkeit mit einfließt. D.h., in jeder bewussten Ebene
+
* ein Vorgang, der sich mit Hilfe eines "Sprachvorrats" realisiert (Webabfrage)
befindet sich gleichzeitig wie ein Doppelgänger das Unbewusste, sowohl im Bereich des Erbauers, als auch im Computer als seinem Produkt. Es erfolgt also nicht nur ein äußerer Einfluss durch Technik auf unser Unterbewusstsein, sondern ebenfalls ein Einfluss unseres Unterbewussten auf unsere Technik (sh. auch „Nigel Thrift's technological unconscious“ im o.g. Exzerpt, 5. Absatz).
+
* eine Überlastung der Ausdruckskapazität dieses Vorgangs (Irritation)
Silvia.
 
  
 +
Der interessante Punkt ist nun, dass diese Überlastung sich in auffälligem Code ausdrückt, also in Zeichenketten, die aus dem homogenisierten Ablauf "herausfallen" und dennoch nicht einfach ein "breakdown" sind, wie etwa ein kaputter Schaltkreis. Wir stehen vor fremdartigen Sprachausdrücken, d.h. wir haben eine verstehende Voreinstellung, die gleichzeitig auf dem Prüfstand steht. In dieser Konstellation spiegelt sich eine grundlegende Beschaffenheit moderner Gesellschaften: das Alltagsablauf beruht auf Sprachen, die nicht allgemein verständlich sind.
  
:Also dass das binäre System 0,1 den unterbewussten Bereich eines Computers ausmacht kann ich nicht ganz unterschreiben. Vielleicht hierzu mal ein kurzer Exkurs in die Programmiersprachen:
+
Hier tritt ein wichtiger Unterschied auf: einerseits Vorgänge wie der Klimawandel oder die Entwicklung einer Tumorzelle. Das sind keine sprachlichen oder sprachgesteuerten Vorgänge. (Sie können verbal ''analysiert'' und auf dieser Basis beeinflusst werden.) Und andererseits etwas wie Diplomatie oder Kaufverträge, also konstitutiv sprachliche Abläufe. Das menschliche Leben ist weitgehend hybrid aus beiden Dimensionen zusammengesetzt. Um ein beliebiges Beispiel zu nehmen: [http://ooe.orf.at/stories/235917/ ein Busunfall]. Und hier ergibt sich auch leicht die Frage: Ist jemand schuld?
  
Man teilt Programmiersprachen, z.B. C/C++, C#, Java, PL/1, Assembler, in Generationen ein. Je nach "Prozessornähe" wird die Programmiersprache also einer Ebene zugeordnet.
+
Verantwortung hängt an Kommunikationssystemen. Sie hängt daran, dass in sprachgesteuerten Umgebungen Alternativen thematisierbar und wählbar sind. Dass Menschen sich bestimmter Mechanismen (Werkzeuge) bedienen, ist im Kontext zu sehen. Johanna: " Werkzeuge sind höchstens so gut wie die Menschen, die diese verwenden." So wird deutlich, dass "Maschinensprache" eine Herausforderung ist. Sie scheint in beide Richtungen zu oszillieren: als Maschinenprodukt steht sie auf der Seite der Cola-Automaten, als Sprache auf der Seite der Verständigung. Mein Anfangsbeispiel gibt einen Schnappschuss, in dem die Maschine gleichzeitig in Verständigung integriert ist ''und'' sie durchkreuzt.
Die unterste Ebene, und  das wird wohl jedem einleuchten, ist die Kombination aus "Strom ein"/"Strom  aus" --> also 1 und 0, wobei sich das ganze im Normalfall immer auf einer Ebene von 5 Volt bewegt. Eine "Variable" die die Werte 1 und 0 annehmen kann, nennt man in der Computersprache ein "Bit".
 
Nun versucht man also anhand von solchen binären Stellen andere Zeichen darzustellen. Man fasst also mehrere Bits zu Bytes zusammen. Ein 1 Byte hat 8 Bit und wenn man sich das ausrechnet, kann man mit einer achtstelligen binären Zahl bis zu 2 Hoch 8 Zahlen darstellen --> 256.
 
Es würde jetzt natürlich jedem Menschen äußerst schwer fallen, jedes Zeichen, jeden Buchstaben und jede Zahl in einer binären Form einzugeben. Das würde nicht nur unendllich lange dauern, sondern auch sehr sehr schwierig sein.
 
Jetzt kann man sich aber auch vorstellen, dass einfache Vorgänge wie das Addieren von Zahlen ebenso  eine ungeheure Menge von solchen Bitkombinationen benötigen. Jeder PC ist natürlich grundlegend ein "Rechner" der durch das Addieren, Substrahieren,....  Bitfolgen und Bytes bearbeitet und manipuliert. Jeder Befehl wie z.B. das Addieren hat natürlich ebenfalls eine Bezeichnung über die er aufgerufen werden kann, die letztenendes nichts als eine bloße Bitkombination ist, bzw. sich auf (virtuelle) Schaltungen auswirkt.
 
Um den Menschen unnötiges Eingeben dieser Bitfolgen oder Hexadezimalzahlen zu ersparen verwendet man Platzhalter --> um nichts anderes handelt es sich bei der "prozessornahen" Programmiersprache Assembler. Jeder Prozessor hat gewisse Befehlssätze, über auf ihn zugegriffen werden kann.
 
Nun ist aber auch schon eine solche "prozessornahe" Programmiersprache überaus umständlich, wo eine einfache Addition zweier "Register" schon mehrer Zeilen benötigt --> man bedenke wie lange man bräuchte, wenn es denn überhaupt mögliche wäre, grafische Systeme wie Windows darin zu programmieren. Deshalb fasst man auch hierin wieder bestimmte Programmfolgen, die häufig benötigt werden und überaus zusammen und bewegt sich somit auf die nächste Ebene. Während mit der "prozessornahen" Sprache direkt auf die Befehle und Register des Prozessors zugegriffen wurde, greift die Programmiersprache der nächsten Ebene nurnoch auf vorgefertigte Module der vorhergehenden Sprache zu. Natürlich werden im Hintergrund die eingegebenen Sprachen wieder in den "prozessornahen" Code übersetzt, da der Prozessor ja einzig und alleine diesen versteht.
 
Man könnte also sagen, dass es sich bei den höheren Programmiersprachen um etwas ähnliches wie "Makros" handelt, die viele kleine Befehle in einem einzigen Befehl zusammenfassen --> also werden gewisse Module erstellt, mit denen es zu Arbeiten leichter fällt.
 
Man darf sich diese Sprachen jetzt natürlich nicht alzu "bunt" vorstellen:) Bis ein Interface, wie z.B. Windows zustande kommt, das in gewisser Form die Sprache des Menschen spricht und ituitiv gehandhabt werden kann, benötigt es einen Haufen Arbeit.
 
Ich sagte "Interface" weil ja die grafische Darstellung des "Betriebssystems" nichts anderes ist als eine Schnittstelle zum menschenfreundlichen Umgang mit dem Computer. --[[Benutzer:Richardd|Richardd]] 11:58, 31. Okt. 2007 (UTC)
 
  
 +
==== Das Unbewusste ====
  
Die Frage nach dem Täter impliziert zumindest eine gewisse Vorsätzlichkeit und Mutwilligkeit, die meiner Meinung nach in den meisten Fällen nicht gegeben ist. Vergessen wir also den Umstand der Vorsätzlichkeit und beschäftigen wir uns nur mit den möglichen Ursachen eines Fehlers, so sollte zuerst die Definition eines Fehlers beleuchtet werden. Als Fehler würde ich jedes unerwartete Verhalten eines Systems bezeichnen. Nachdem wir es beim Internet mit einem deterministischen System zu tun haben, wäre an sich jeder Systemzustand vorhersehbar. Wie aber in einigen Beiträgen ausführlich erläutert, sind am Systemverhalten sehr viele unterschiedliche Komponenten beteiligt, deren inneres Verhalten vielleicht von den einzelnen Entwicklern mehr oder weniger vorhersehbar ist (und auch das natürlich nicht wirklich) aber auf keinen Fall ist das Zusammenspiel dieser Einzelteile in seiner Gesamtheit erfassbar. Schon die Tatsache, dass durch Testen nur ein Vorhandensein von Fehlern bewiesen werden kann, aber nicht die Fehlerfreiheit zeigt uns, dass es bei jeder einzelnen Komponente eine gewisse, wenn auch mitunter kleine Fehlerwahrscheinlichkeit gibt. Und durch das Zusammenspiel der Einzelkomponenten potenziert sich diese Fehlerwahrscheinlichkeit. Es gibt zwar mathematische Beweisverfahren, die sich auch auf Computersysteme anwenden lassen könnten, aber umgesetzt auf das Internet sind diese Verfahren viel zu zeitaufwendig. Ich will damit sagen, dass es menschenunmöglich ist, ein fehlerfreies System zu entwickeln und daher ist die Frage nach dem Täter so zu beantworten, dass es sich um ein systemimmanentes Problem handelt. Die sinnvollste Vorgehensweise wäre aus meiner Sicht, sich mit dem Risiko eines Fehlers abzufinden und sich damit zu begnügen dieses Risiko zu minimieren, indem man sich auf die wesentlichen Anforderungen konzentriert, diese entsprechend sorgfältigen Tests unterzieht und sich der Unzulänglichkeit bewusst ist. Werkzeuge sind höchstens so gut wie die Menschen, die diese verwenden.
+
Die Rede von der "Sprache des Unbewussten" ist ähnlich suggestiv und problematisch, wie "Maschinensprache". Das Unbewusste kennt keine Behauptungen und Schlussketten, aber es "meldet sich" mit sprachlich fassbaren "Mitteilungen". Träume, Fehlleistungen können als kodierte Zeichenfolgen aufgefasst werden. In dieser Linie lassen sich die Gehirnvorgänge mit bewussten Zuständen in Beziehung setzen. Ebenso kann es mit Computern und Internet versucht werden. Das wirre Auf und Ab von Elektropotenzialen  ist konstruierbar als ein Sprachgeschehen. Ein bestimmtes Feuern bzw. eine Hemmung der Neuronen signalisiert Aggression, eine Chipladung signalisiert: "You have Mail".
  
Johanna
+
Das führt geradewegs in einen Prinzipienstreit. Soll man die Welt so sehen, dass sie sich aus miniaturisierten materiellen Bestandteilen aufbaut, oder machen die überhaupt nur Sinn, wenn man aus größeren Zusammenhängen herkommt? Sowohl das Unbewusste, als auch die informatische Infrastruktur enthalten ein Potenzial der Beunruhigung. Sie lösen bisweilen Störungen in konventionellen Abläufen aus.    Die "Götter" (Silvia), die in diesen Bereichen wohnen, besitzen eine eigenartige Macht über das Menschenleben. Und wie es schon in solchen theologischen Denkformen ist, ihre Existenz und Beschaffenheit ist durch zumindest drei Eigenheiten charakterisiert. Sie sind
  
 +
* unergründlich, unfassbar, völlig fremd
 +
* integriert in Welt und Gesellschaft
 +
* ''prekär'' integriert, adressierbar und bewegbar durch spezielle Vermittlungsformen
  
 +
Richardd thematisiert diese Zusammenhänge:
  
=== Verhältnis Code und Sprache ===
+
: Die Annahme des Unbewussten subjektiviert das "noch" Unbekannte, welches, übertragen auf ein größeres Feld, eine Allmacht simuliert. Angewendet auf einen Computer träfe das also zu, wenn jemand, der nicht Programmierer ist, ein Programm benutzt und die ausgegebene Humansprache als "eigentliche" Sprache festsetzt, das Wirken und Werken "hinter" der Humansprache, dargestellt vom "unhintergehbaren" Binärcode, aber als "wunderbares" und unbeschreibliches Vorgehen versteht.
  
Mache ich es mir zu einfach, wenn ich zunächst auf die Sprachphilosophie verweise und - salopp und stark vereinfacht - behaupte, dass ein elementares Problem dieser ja ist, dass Sprache an sich schon als "Problem" zwischen Wesen, Ding und Mensch steht (Wesen - Sprache - Mensch). Welche Rolle spielt nun Code in diesem Konstrukt?  Wo ist dieser anzusiedeln? (Wesen - Code - Sprache - Mensch?) Oder bewegt sich Code auf einer ähnlichen Ebene wie Sprache?
+
Diese Beschreibung trifft wohl für viele Fälle zu! Die Fehlermeldung fungiert wie Freuds Fehlleistungen als Indikator einer seltsamen, wunderbaren "Tiefendimension". Die Frage ist dann: kann man die einfach durch Fachleute entschlüsseln lassen? Zerfällt sie in Naturabläufe und Materie für Expertinnen? Oder muss man lernen, mit den ungebändigten Kräften jenseits des (jeweils im Moment) Fassbaren zu leben?
  
--[[Benutzer:Moritz|moritz]] 16:56, 19. Okt. 2007 (CEST)
 
  
:ich würde sagen, dass es ja auch sehr sehr viele Arten gibt, das Wort "Code" aufzufassen. In vielen und besonders populären Auffassungen stellt der Code eigentlich eine bloß technische "Geheimverschlüsselung" dar. Anhand eines Schlüssels kann also die "richtige" Nachricht nachvollzogen werden.
+
==== Verhältnis Code und Sprache ====
:Diese Verständnisart hat es mit dem trivialen Sprachverständnis gemein, die eigentlichen Dinge als hinter den Worten befindlich aufzufassen. Das Wort ist so immer bloß ein Bezeichner für etwas, der (in seiner spezifischen Ausformung) willkürlich auf ein Bezeichnetes (das eigentliche "Ding") angewendet wird. Sprache ist in diesem Sinne also bloßes Kommunikationsinstrument. Ebenso ist der Code im Trivialverständnis ein bloßes Instrument auf ein Wort dahinter hinzuweisen, mit der Beschränkung, dass es eben nurnoch eingeweihten Personen möglich ist den "Inhalt" nachzuvollziehen.   
 
:Somit könnte man also sagen, dass Worte dieser Auffassung zufolge keine Bedeutung hätten, würden sie nicht auf irgendetwas hinweisen.
 
:Sehr oft hört man ja auch, z.B. in Kinofilmen (ich will jetzt auf keinen bestimmten hinweisen), dass das, was wir sehen, nichts ist als ein bloßer Schleier, also eine Form von Codierung, die uns das Eigentliche verdeckt. Etwaige Anklänge an Schiller und Novalis kann man sich in diesem Zusammenhang abschminken.
 
:Ein etwas "elaborierterer" Ansatz des Sprachverständnisses löst sich nun allerdings von der traditionellen Bezeichner-Bezeichnung-Bezeichnetes Verbindung und versteht die Sprache nichtmehr bloß als Instrument, sondern als unhintergehbares "Medium" der Wahrnehmung. (Ich bin mir dessen bewusst, dass die Worte "Medium" und "Wahrnehmung" einen soeben ausgeschlossenen instrumentellen Gebrauch scheinbar wieder einführen)
 
:Nun gibt es eine Vielzahl an Theorien, die ein solches Sprachverständnis forcieren --> Benjamin; Heidegger; Derrida; Luhmann; --[[Benutzer:Richardd|Richardd]] 17:21, 23. Okt. 2007 (UTC)
 
  
"Sprache" ist im Vergleich zu "Code" ein viel umfangreicher und "schwammigerer" Begriff. Sie kann zum "Haus des Seins" (Heidegger) erklärt werden, zur Muttersprache, zur Lebensform etc. Code ist dem gegenüber ein technischer Begriff, der dabei ansetzt, dass sprachliche Äußerungen in unserer Kultur alpha-numerisch notiert werden und in Folge zwischen solchen Notationen übersetzt werden können. Dazu ist eine reglementierte Semantik nötig, die es in der traditionellen Metaphysik und Sprachphilosophie (Hamann, Humboldt, Hegel) nicht gibt. Wenn man sich ansieht, wie seit Sokrates nach dem Wesen gefragt wird, hat das zunächst nichts mit Fragen der Sprachnotation zu tun. Aber da steckt natürlich mehr dahinter.
+
In den Beiträgen ist das Verhältnis der traditionellen Sprachphilosphie zum Einstiegsbeipiel angesprochen worden. Richardd:
 +
 +
:Diese Verständnisart hat es mit dem trivialen Sprachverständnis gemein, die eigentlichen Dinge als hinter den Worten befindlich aufzufassen. Das Wort ist so immer bloß ein Bezeichner für etwas, der (in seiner spezifischen Ausformung) willkürlich auf ein Bezeichnetes (das eigentliche "Ding") angewendet wird. Sprache ist in diesem Sinne also bloßes Kommunikationsinstrument. Ebenso ist der Code im Trivialverständnis ein bloßes Instrument auf ein Wort dahinter hinzuweisen, mit der Beschränkung, dass es eben nur noch eingeweihten Personen möglich ist den "Inhalt" nachzuvollziehen.  
  
--[[Benutzer:Anna|anna]] 17:33, 22. Okt. 2007 (UTC)
+
:Nun gibt es eine Vielzahl an Theorien, die ein solches Sprachverständnis forcieren --> Benjamin; Heidegger; Derrida; Luhmann;
  
Ich denke zwar auch, dass Sprache wesentlich unmfassender ist, denn selbst wenn uns unsere Muttersprache beispielsweise als sehr vertraut erscheint, ist sie letztendlich doch ein "komplizierter Code". So wie der Code, ist auch die Sprache eigentlich ein Zeichensystem, das letztendlich zur Kommunikation und Speicherung von Wissen dient. Der Mensch hat außerdem nicht nur die Sprache,sondern er ist insgesamt ein "symbolisches Wesen". Auch Codes können in gewisser Weise vielleicht als "Symbole"? bezeichnet werden- Symbole für eine andere "Wirklichkeit". Es ist das Verhältnis von Code-Sprache-Mensch meiner Meinung nach eine sehr interessantes Thema, das im Rahmen der nächsten Vorlesung hoffentlich ausführlich behandelt wird.
+
Also: eine Website teilt etwas über die Fakultät mit. Ihre Komponenten verweisen auf den Dekan, Bürozeiten, Veranstaltungen. Es ist genau richtig, dass für gewöhnlich Sprache und Code parallel nach diesem einfachen Modell aufgefasst werden und dass die genannten Autoren es in Frage stellen. Ich habe als Einstieg in die Vorlesung nicht die Darstellung der Normalverständnisses und seine Problematisierung durch solche Theorien gewählt, sondern einen Vorgang, der diese Perspektiven aufreisst. Conny bzw. Angi:
  
--[[Benutzer:Conny]] 17:33, 22. Okt. 2007 (UTC)
+
: Es ist das Verhältnis von Code-Sprache-Mensch meiner Meinung nach eine sehr interessantes Thema, das im Rahmen der nächsten Vorlesung hoffentlich ausführlich behandelt wird.
  
Ich möchte auf die Wissenschaft der Linguistik verweisen und betonen, dass Sprache schon als Code bezeichnet werden kann. Wenn Kommunikation nach dem "Sprecher-Kanal-Hörer-Modell" aufgebaut wird, dann heißt dies, eine Botschaft oder Information mit Hilfe von Sprache zu übermitteln. Dieser Austausch erfolgt durch eine den "Kanalbedingungen" gemäße Codierung. Die Codierung enthält außerdem soziale und semantische Implikationen, weiters encodiert der Sender die Botschaft, was vom Hörer einen Decodiervorgang auf mehreren Ebenen abverlangt. Er muss die Codierung übersetzen und aus diesem dann die Informationen ableiten, welche sprachlich codiert worden sind. Das beste Ergebnis wäre natürlich, wenn der Sender dasselbe aussendet, was der Hörer versteht. Dann wäre die Vermittlung mit Hilfe der Sprache als Code gelungen. Leider kommt es oft zu (De)Codierungsfehlern (Missverständnisse).
+
: Eine Behandlung des Themas Sprache und Code in der nächsten Vorlesung wäre wünschenswert.
Eine Behandlung des Themas Sprache und Code in der nächsten Vorlesung wäre wünschenswert.
 
  
--[[Benutzer:Angi|Angi]] 17:41, 24. Okt. 2007 (UTC)
+
Diese Erwartungen sind natürlich berechtigt und werden berücksichtigt. Ich bitte allerdings um etwas Geduld. Der Grund ist, dass in der Philosophie, anders als in der Informatik oder der Linguistik, oft nicht direkt nach einem theoretischen Reglement vorgegangen wird.
  
 +
<center>[[Bild:intuition_unter_druck.jpg|thumb|none]]</center>
 +
 +
Die Informationstheorie bietet eine Operationalisierung. Angi skizziert das so:
  
== Das Unbewusste und der Computer ==
+
: Wenn Kommunikation nach dem "Sprecher-Kanal-Hörer-Modell" aufgebaut wird, dann heißt dies, eine Botschaft oder Information mit Hilfe von Sprache zu übermitteln. Dieser Austausch erfolgt durch eine den "Kanalbedingungen" gemäße Codierung. Die Codierung enthält außerdem soziale und semantische Implikationen, weiters encodiert der Sender die Botschaft, was vom Hörer einen Decodiervorgang auf mehreren Ebenen abverlangt. Er muss die Codierung übersetzen und aus diesem dann die Informationen ableiten, welche sprachlich codiert worden sind. Das beste Ergebnis wäre natürlich, wenn der Sender dasselbe aussendet, was der Hörer versteht. Dann wäre die Vermittlung mit Hilfe der Sprache als Code gelungen. Leider kommt es oft zu (De)Codierungsfehlern (Missverständnisse).
  
Eignet sich die Metapher des Unbewussten in Bezug auf das Computerprogramm?
+
Dem entsprechend besteht ein Gleichklang zwischen menschlicher Verständigung und maschineller Datenübertragung. Dazu wird noch einiges zu sagen sein. Zunächst einmal möchte ich bloß die Prioritäten umdrehen. Wenn man so beginnt sind die Missverständnisse eine unangenehme Nebenerscheinung. Im jetzigen Ablauf sind sie der Anfang. Wittgenstein: "Ein philosophisches Problem hat die Form: »Ich kenne mich nicht aus.«" - Philosophische Untersuchungen, §123
Die Annahme des Unbewussten subjektiviert das "noch" Unbekannte, welches, übertragen auf ein größeres Feld, eine Allmacht simuliert. Angewendet auf einen Computer träfe das also zu, wenn jemand, der nicht Programmierer ist, ein Programm benutzt und die ausgegebene Humansprache als "eigentliche" Sprache festsetzt, das Wirken und Werken "hinter" der Humansprache, dargestellt vom "unhintergehbaren" Binärcode, aber als "wunderbares" und unbeschreibliches Vorgehen versteht.  
 
Diese und andere Fehlinterpretationen entstehen, wenn der Primat der modularen und objektorientierten Sprache, mit seiner charakteristischen Form im Vorgang des "Blackboxing", aufgrund überkommener, mehr "sequentieller" Sprachauffassungen missverstanden wird.  
 
Durch die Modularisierung, z.B. des Programmierwesens, wurde die Arbeitsteilung hervorgehoben. Erst über das objektorientierte Design kann, noch ganz unbeschwert von relativ technischen Struktogrammen, das komplexe "Produkt" übersichtlich bleiben.
 
Dass ein Programm zu komplex ist um von einer einzelnen Person wahrgenommen werden zu können, ist kein hinreichendes Merkmal um ihm (dem Programm) ein Unbewusstes zuzuschreiben. Bei der menschlichen Vernunft mit ihren oftmals angenommenen "regulativen" Ideen mag es sich hier ja noch streiten lassen. Das Computerprogramm entzieht sich aber, wenn überhaupt, dann bloß aus pragmatischen Gründen der Wahrnehmung.
 
Im Moment ist das Programm noch "das was es ist". Es geht (noch) nicht über sich hinaus und benötigt solange keine formale Anzeige, wie es sich nicht selbst voraus ist. Natürlich gibt es bereits Funktionen, die sich rekursiv selbst schreiben, doch ist diese Rekursion der Programme noch allzusehr einer "Regionalität" verhaftet, die es dem Menschen einfacher macht die Entwicklungen des Computers zu verfolgen.
 
  
Die Absage an das Unbewusste geschieht nicht aus einem Forschungsglauben, der jede Festlegung dieser Art nur einer wissenschaftlichen Auslegung hinterherhinken sieht, sondern entspringt der Multiperspektivität und der doppelten Konstitution der Wirklichkeit, die, wollten sie solch sperriges psychologisches Begriffsinstrumentarium festhalten, sich vor Unbewusstheiten überbevölkert sähen. --[[Benutzer:Richardd|Richardd]] 17:33, 2. Nov. 2007 (UTC)
+
--[[Benutzer:Anna|anna]] 08:34, 16. Nov. 2007 (UTC)
  
 
----
 
----

Aktuelle Version vom 16. November 2007, 10:34 Uhr

Ich versuche auf dieser Seite einen zusammenfassenden Überblick zu den bisherigen Beiträge zur Diskussion im Wiki. --anna 09:58, 14. Nov. 2007 (UTC)

Code und Verantwortung

Die Ausgangssituation: ein (mittlerweile) alltäglicher Ablauf (Homepage) wird gestört. Es erscheinen "sonderbare" Zeichen, die als Computercode zu erkennen sind. Zwei Ebenen der Mitteilung sind im Spiel. Das Beispiel sollte verdeutlichen, wie computertechnisch wirksame Zeichensequenzen auffällig werden können und wie sie damit in den Bereich der Humanwissenschaften hineinspielen.

Daran knüpfte sich die Frage: Wo liegt die Fehlerquelle? Wer ist schuld? Einerseits ist die Frage durch die Themenstellung provoziert. Die Pointe besteht ja in einer Störung. Andererseits ist es doch bemerkenswert, dass gleich nach Verantwortung gesucht wird. (Das lag allerdings auch in meiner Darstellung: Ich wurde gefragt: Können Sie da nicht etwas machen?) Es läßt sich aber auch eine mehr systemorientierte Betrachtungsweise anwenden. Ein praktischer Verstehenszusammenhang wird durch eine technische Auffälligkeit durchkreuzt. So beschrieben ist es vergleichbar mit den Spuren, die ein Wasserrohrbruch auf der Wand erzeugt.

Damit sind wir bei einem ersten Streitpunkt. Es gibt Störungen durch "höhere Gewalt", durch maschinelle Fehlfunktionen und durch menschliche Absicht. Also Erdbeben, Wasserrohrbruch, Bombenanschlag. (Diese Punkte lassen sich auch kombinieren.) Es ist für unsere Praxis oft wichtig, diese Faktoren passend auseinander zu halten. Das Beispiel des php-Codes führt vor Augen, dass wir damit in einen mehrschichtigen Bereich kommen. Die Zeichensequenzen sind unverständlich und sinnvoll. Für die einen sind sie "wirres Zeug", für die anderen enthalten sie wichtige Informationen. Das ist von einer Situation zu unterscheiden, in der z.B. ein Hardwaredefekt eine Buchstabensuppe erzeugt. Damit sind wir bei einer zentralen Eigenschaft von Code. Richardd formuliert es so:

Die Fehlermeldung erscheint deshalb, weil ein gewisser Vorgang eine Regelwidrigkeit hervorruft und einen "Überschuss" an Information erzeugt, der mit dem Sprachvorrat des jeweiligen Systems nicht fassbar ist. Einziger Anhaltspunkt bleibt die Tatsache, DASS ein Übertritt vorgekommen ist und in einem Idealfall weiß man noch, an welcher Stelle im "sequentiellen" Ablauf der Fehler auftrat.

Das ist ganz auf der "systemtheoretischen" Ebene ausgedrückt:

  • ein Vorgang, der sich mit Hilfe eines "Sprachvorrats" realisiert (Webabfrage)
  • eine Überlastung der Ausdruckskapazität dieses Vorgangs (Irritation)

Der interessante Punkt ist nun, dass diese Überlastung sich in auffälligem Code ausdrückt, also in Zeichenketten, die aus dem homogenisierten Ablauf "herausfallen" und dennoch nicht einfach ein "breakdown" sind, wie etwa ein kaputter Schaltkreis. Wir stehen vor fremdartigen Sprachausdrücken, d.h. wir haben eine verstehende Voreinstellung, die gleichzeitig auf dem Prüfstand steht. In dieser Konstellation spiegelt sich eine grundlegende Beschaffenheit moderner Gesellschaften: das Alltagsablauf beruht auf Sprachen, die nicht allgemein verständlich sind.

Hier tritt ein wichtiger Unterschied auf: einerseits Vorgänge wie der Klimawandel oder die Entwicklung einer Tumorzelle. Das sind keine sprachlichen oder sprachgesteuerten Vorgänge. (Sie können verbal analysiert und auf dieser Basis beeinflusst werden.) Und andererseits etwas wie Diplomatie oder Kaufverträge, also konstitutiv sprachliche Abläufe. Das menschliche Leben ist weitgehend hybrid aus beiden Dimensionen zusammengesetzt. Um ein beliebiges Beispiel zu nehmen: ein Busunfall. Und hier ergibt sich auch leicht die Frage: Ist jemand schuld?

Verantwortung hängt an Kommunikationssystemen. Sie hängt daran, dass in sprachgesteuerten Umgebungen Alternativen thematisierbar und wählbar sind. Dass Menschen sich bestimmter Mechanismen (Werkzeuge) bedienen, ist im Kontext zu sehen. Johanna: " Werkzeuge sind höchstens so gut wie die Menschen, die diese verwenden." So wird deutlich, dass "Maschinensprache" eine Herausforderung ist. Sie scheint in beide Richtungen zu oszillieren: als Maschinenprodukt steht sie auf der Seite der Cola-Automaten, als Sprache auf der Seite der Verständigung. Mein Anfangsbeispiel gibt einen Schnappschuss, in dem die Maschine gleichzeitig in Verständigung integriert ist und sie durchkreuzt.

Das Unbewusste

Die Rede von der "Sprache des Unbewussten" ist ähnlich suggestiv und problematisch, wie "Maschinensprache". Das Unbewusste kennt keine Behauptungen und Schlussketten, aber es "meldet sich" mit sprachlich fassbaren "Mitteilungen". Träume, Fehlleistungen können als kodierte Zeichenfolgen aufgefasst werden. In dieser Linie lassen sich die Gehirnvorgänge mit bewussten Zuständen in Beziehung setzen. Ebenso kann es mit Computern und Internet versucht werden. Das wirre Auf und Ab von Elektropotenzialen ist konstruierbar als ein Sprachgeschehen. Ein bestimmtes Feuern bzw. eine Hemmung der Neuronen signalisiert Aggression, eine Chipladung signalisiert: "You have Mail".

Das führt geradewegs in einen Prinzipienstreit. Soll man die Welt so sehen, dass sie sich aus miniaturisierten materiellen Bestandteilen aufbaut, oder machen die überhaupt nur Sinn, wenn man aus größeren Zusammenhängen herkommt? Sowohl das Unbewusste, als auch die informatische Infrastruktur enthalten ein Potenzial der Beunruhigung. Sie lösen bisweilen Störungen in konventionellen Abläufen aus. Die "Götter" (Silvia), die in diesen Bereichen wohnen, besitzen eine eigenartige Macht über das Menschenleben. Und wie es schon in solchen theologischen Denkformen ist, ihre Existenz und Beschaffenheit ist durch zumindest drei Eigenheiten charakterisiert. Sie sind

  • unergründlich, unfassbar, völlig fremd
  • integriert in Welt und Gesellschaft
  • prekär integriert, adressierbar und bewegbar durch spezielle Vermittlungsformen

Richardd thematisiert diese Zusammenhänge:

Die Annahme des Unbewussten subjektiviert das "noch" Unbekannte, welches, übertragen auf ein größeres Feld, eine Allmacht simuliert. Angewendet auf einen Computer träfe das also zu, wenn jemand, der nicht Programmierer ist, ein Programm benutzt und die ausgegebene Humansprache als "eigentliche" Sprache festsetzt, das Wirken und Werken "hinter" der Humansprache, dargestellt vom "unhintergehbaren" Binärcode, aber als "wunderbares" und unbeschreibliches Vorgehen versteht.

Diese Beschreibung trifft wohl für viele Fälle zu! Die Fehlermeldung fungiert wie Freuds Fehlleistungen als Indikator einer seltsamen, wunderbaren "Tiefendimension". Die Frage ist dann: kann man die einfach durch Fachleute entschlüsseln lassen? Zerfällt sie in Naturabläufe und Materie für Expertinnen? Oder muss man lernen, mit den ungebändigten Kräften jenseits des (jeweils im Moment) Fassbaren zu leben?


Verhältnis Code und Sprache

In den Beiträgen ist das Verhältnis der traditionellen Sprachphilosphie zum Einstiegsbeipiel angesprochen worden. Richardd:

Diese Verständnisart hat es mit dem trivialen Sprachverständnis gemein, die eigentlichen Dinge als hinter den Worten befindlich aufzufassen. Das Wort ist so immer bloß ein Bezeichner für etwas, der (in seiner spezifischen Ausformung) willkürlich auf ein Bezeichnetes (das eigentliche "Ding") angewendet wird. Sprache ist in diesem Sinne also bloßes Kommunikationsinstrument. Ebenso ist der Code im Trivialverständnis ein bloßes Instrument auf ein Wort dahinter hinzuweisen, mit der Beschränkung, dass es eben nur noch eingeweihten Personen möglich ist den "Inhalt" nachzuvollziehen.
Nun gibt es eine Vielzahl an Theorien, die ein solches Sprachverständnis forcieren --> Benjamin; Heidegger; Derrida; Luhmann;

Also: eine Website teilt etwas über die Fakultät mit. Ihre Komponenten verweisen auf den Dekan, Bürozeiten, Veranstaltungen. Es ist genau richtig, dass für gewöhnlich Sprache und Code parallel nach diesem einfachen Modell aufgefasst werden und dass die genannten Autoren es in Frage stellen. Ich habe als Einstieg in die Vorlesung nicht die Darstellung der Normalverständnisses und seine Problematisierung durch solche Theorien gewählt, sondern einen Vorgang, der diese Perspektiven aufreisst. Conny bzw. Angi:

Es ist das Verhältnis von Code-Sprache-Mensch meiner Meinung nach eine sehr interessantes Thema, das im Rahmen der nächsten Vorlesung hoffentlich ausführlich behandelt wird.
Eine Behandlung des Themas Sprache und Code in der nächsten Vorlesung wäre wünschenswert.

Diese Erwartungen sind natürlich berechtigt und werden berücksichtigt. Ich bitte allerdings um etwas Geduld. Der Grund ist, dass in der Philosophie, anders als in der Informatik oder der Linguistik, oft nicht direkt nach einem theoretischen Reglement vorgegangen wird.

Intuition unter druck.jpg

Die Informationstheorie bietet eine Operationalisierung. Angi skizziert das so:

Wenn Kommunikation nach dem "Sprecher-Kanal-Hörer-Modell" aufgebaut wird, dann heißt dies, eine Botschaft oder Information mit Hilfe von Sprache zu übermitteln. Dieser Austausch erfolgt durch eine den "Kanalbedingungen" gemäße Codierung. Die Codierung enthält außerdem soziale und semantische Implikationen, weiters encodiert der Sender die Botschaft, was vom Hörer einen Decodiervorgang auf mehreren Ebenen abverlangt. Er muss die Codierung übersetzen und aus diesem dann die Informationen ableiten, welche sprachlich codiert worden sind. Das beste Ergebnis wäre natürlich, wenn der Sender dasselbe aussendet, was der Hörer versteht. Dann wäre die Vermittlung mit Hilfe der Sprache als Code gelungen. Leider kommt es oft zu (De)Codierungsfehlern (Missverständnisse).

Dem entsprechend besteht ein Gleichklang zwischen menschlicher Verständigung und maschineller Datenübertragung. Dazu wird noch einiges zu sagen sein. Zunächst einmal möchte ich bloß die Prioritäten umdrehen. Wenn man so beginnt sind die Missverständnisse eine unangenehme Nebenerscheinung. Im jetzigen Ablauf sind sie der Anfang. Wittgenstein: "Ein philosophisches Problem hat die Form: »Ich kenne mich nicht aus.«" - Philosophische Untersuchungen, §123

--anna 08:34, 16. Nov. 2007 (UTC)



Kontext: Code: Kommunikation und Kontrolle (Vorlesung Hrachovec, 2007/08)