Seminararbeit Petra Hain

Aus Philo Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche

Seminararbeit zur Lehrveranstaltung Erziehung und Medien (SE 190145)

Sommersemester 2008

Lektor: Mag. Dr. Christian Swertz

eingereicht von Petra Hain

Matrikel-Nr.: 0317663 Studienkennzahl: A 190 350 344 (Wahlfach)



EINLEITUNG

Ausgangslage

Globalisierung, Multikulturalismus und Fremdenfeindlichkeit sind die Schlagworte des 21. Jahrhunderts. Wir leben in einer sogenannten multikulturellen Welt, daher sind unser Alltag und unsere Gesellschaft durch sprachliche, kulturelle und religiöse Vielfalt geprägt. Immer mehr Menschen verlassen ihre Heimat, um in einem anderen Land neue Lebensperspektiven zu erhalten. Obwohl die moderne Gesellschaft immer offener und demokratischer wird und im Vergleich zu früher immer mehr Menschen anderer Herkunft integriert werden, kommt es zu Konflikten, die nicht immer friedvoll enden.

Der Wandel von einer nationalen hin zu einer multikulturellen Gesellschaft erfordert tief greifende Maßnahmen vor allem im Bereich der Erziehung. Interkulturelles Lernen zählt seit längerem zu einem effektiven Werkzeug, Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen. Seit Anfang der neunziger Jahre ist das Konzept auch in den Lehrplänen der Pflichtschulen und weiterbildenden Schulen verankert.


Fragestellung und Untersuchungsziel

Ziel dieser Arbeit ist es der Frage nachzugehen, ob und inwieweit das Medium Internet neue Möglichkeiten interkulturellen Lernens von Kindern- und Jugendlichen – insbesondere in Schulen – erschließt. Auf der einen Seite soll geklärt werden, ob die Auseinandersetzung mit multikulturellen Inhalten (über das Internet) präventive Effekte im Hinblick auf Vorurteile und Rassismus – durch das Herausbilden von Identität und sozialer Kompetenz – zeigen kann. Es wird auf drei Aspekte genauer eingegangen: Die Klärung der Begriffe Kultur und Interkulturalität im Zusammenhang mit dem Medium Internet, die Möglichkeiten und Grenzen des Computereinsatzes und schlussendlich der Einsatz des Internets im Unterricht anhand von Fallbeispielen.


Gang der Untersuchung

Wie schon aus der Inhaltsangabe ersichtlich ist, gliedert sich die Arbeit in 3 Abschnitte. Im ersten Teil dieser Arbeit werden die konzeptionellen Grundlagen zur Klärung der Forschungsfrage gelegt, in dem die der Thematik innewohnenden zentralen Begriffe Kultur, interkulturelles Lernen und interkulturelle Medienkompetenz veranschaulicht und definiert werden. Neben dem Versuch einer Kulturdefinition soll das Kulturmodell von Hofstede beschrieben werden, die durch eine weitere Dimension von McQuail ergänzt wird. Außerdem werden die sieben Irrtümer hinsichtlich des Kulturbegriffes angesprochen.

Nach der Definition der zentralen Begriffe schließt sich im nächsten Punkt die Klärung der Möglichkeiten und Grenzen des Interneteinsatzes im Unterricht an. Das Ziel dieser Betrachtung ist es, eine grundlegende Frage in Bezug auf das computerunterstützte Lernen zu beantworten: Kann der Einsatz von Internet zu einem modernen und effektiven interkulturellen Unterricht beitragen und wo liegen die Grenzen der Einsatzmöglichkeiten? Der Klärung dieser Frage liegen persönliche Studien und faschspezifische Literatur zugrunde.

Von diesem theoretischen Standpunkt aus folgt eine Analyse von Konzepten aus der Praxis der interkulturellen Medienpädagogik. Dieser dritte Teil widmet sich konkret dem Einsatz des Internets zur Förderung des interkulturellen Lernens im Unterricht. Das untersuchte Material besteht zum größten Teil aus Projektberichten und eigenen Unterrichtserfahrungen. Die Initiative "unesco-projekt-schulen" wird genauer untersucht und die veröffentlichten Ergebnisse kritisch beleuchtet.

Im letzten Kapitel, der Zusammenfassung, sollten noch einmal die wichtigsten Aspekte der Arbeit herausgegriffen und etwaige Fragestellungen, die sich ergeben haben, erläutert werden.

Aufgrund der Komplexität des Inhaltes ist zu bemerken, dass nur grundlegende Punkte in Bezug auf das interkulturelle Lernen via Internet erläutert werden können um den Umfang der Arbeit nicht zu sprengen. Um auf diese Teile nicht vollständig zu verzichten zu müssen, wird auf die Literatur am Ende der Arbeit, auf die bei Interesse zurückgegriffen werden kann, verwiesen. Aufgrund des besseren Leseflusses wird in dieser Arbeit nur die männliche Personalform in der Einzahl sowie in der Mehrzahl verwendet.


TERMINOLOGIE

Kultur - ein Definitionsversuch

Der Begriff Kultur wird in verschiedenen Lebensbereichen wie Essen, Wohnen, Reisen, Religion, Sprache, Literatur usw. verwendet. Aber was versteht man eigentlich unter Kultur und was macht eine Kultur letztendlich aus?

Bereits im Lateinischen sprach man von Kultur (cultura), die die Pflege des Körpers und des Geistes umfasste. Später fand der Begriff Kultur (lat. colere: bebauen, (be)wohnen, pflegen, ehren) im Zusammenhang mit Landbau seine Anwendung und wurde als Gegensatz zu Kultur gesehen. Heute wird Kultur als die Gesamtheit des vom Menschen Geschaffenen verstanden. Wenn man die Entwicklung des Kulturbegriffes verfolgt, kann man feststellen, dass der Begriff Kultur immer noch von vielen Menschen mit Zivilisation gleichgesetzt wird. So werden Personen mit einem gepflegten Äußeren, mit Bildung und guten Umgangsformen als kultiviert bezeichnet, und diejenigen, die dies nicht verkörpern, als unkultiviert oder unzivilisiert. In der Soziologie wird von so genannten Subkulturen, die alle gesellschaftlichen Gruppen, wie zum Beispiel die Emos, einbeziehen, gesprochen (vgl. Steindl 2008, 3).

Auch in anderen wissenschaftlichen Bereichen gibt es verschiedene Herangehensweisen. Denis McQuail (2000, 95) fasst beispielsweise folgende Merkmale von Kultur zusammen:


  • Sie ist etwas Kollektives und wird mit anderen geteilt;
  • Sie muss eine symbolische Ausdrucksform haben, ob intendiert als solche oder nicht;
  • Sie hat irgendein Muster, eine Ordnung oder Regelmäßigkeit, und daher gewisse abschätzbare Dimensionen;
  • Es gibt (oder gab) eine dynamische Kontinuität über die Zeit;
  • Das vielleicht allgemeinste und wesentlichste Merkmal von Kultur ist Kommunikation, da Kulturen sich ohne Kommunikation nicht entwickeln, nicht überleben, sich nicht ausbreiten und insgesamt nicht bestehen könnten.


Der niederländische Organisationspsychologe und Forscher Geert Hoofstede (vgl. 1991, 4) spricht in Bezug auf das interkulturelle Lernen von zwei Kulturkonzepten, die er als culture one und culture two bezeichnet. Unter culture one ist die Kultur im Sinne von Zivilisation und der Veredelung des Geistes, Bildung, Kunst und Literatur zu verstehen. Culture two sind Strukturen des Denkens, Fühlens und Handelns, die den Menschen als „software of mind bzw. mental programms“ (Hofstede 1991, 4) einprogrammiert seien.

Hoofstede will die Merkmale einer Kultur aufzeigen, um so den Einfluss der Kultur auf den Menschen, auf sein Handeln und sein Denken zu veranschaulichen.

Eine umfassende und nützliche Definition bietet auch die UNESCO:


Kultur ist die Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Eigenschaften, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnet, und umfasst über Kunst und Literatur hinaus auch Lebensformen, Formen des Zusammenlebens, Wertesysteme, Traditionen und Überzeugungen (http://www.unesco.de/443.html?&L=0).


Der Begriff Kultur wird in der Literatur umfassend definiert und diskutiert, wobei keine eindeutige und allgemeingültige Begriffsklärung erkennbar ist. Teilweise stehen die verschiedenen Definitionen sogar im Widerspruch zueinander. Wesentliche Ursachen für die unterschiedlichen Definitionsansätze sind nach Meinung der Universitätsprofessorin Strasser die weit verbreiteten Irrtümer hinsichlich des Begriffes Kultur (vgl. Strasser zit. nach Steininger 2008, 3f). „Als ersten Irrtum benennt sie Kultur verstanden als Gesamtheit aller Phänomene, […] auch Holismus genannt“ (Strasser zit. nach Steininger 2008, 3). Lange Zeit wurde der Begriff Kultur in Gegensatz zur Natur gesetzt, somit wurde alles als Kultur bezeichnet, was nicht im Zusammenhang mit Natur stand. Dieser Ansatz ist nach Strasser nicht mehr zeitgemäß und kann nicht zu einer eindeutigen Klärung des Begriffes führen. Ein weiterer Irrtum beruht auf der Ansicht, dass man verschiedene Kulturen unterscheiden kann. Bei diesem Ansatz wird die Individualität des Menschen völlig außer Acht gelassen. "Wenn wir von dieser Unterscheidbarkeit ausgehen, müssen wir fragen, was dies für ein Kind einer österreichischen weißen Mutter und eines nigerianischen schwarzen Vaters bedeutet" (Strasser zit. nach Steininger 2008, 3). Ein weiterer Irrtum ist, dass Kultur als relativ fix und abgeschlossen anzusehen ist. „Die Ethnisierung von Kultur, ein vierter Irrtum, ist ebenso kritisch zu hinterfragen wie die Vorstellung von einer abgeschlossenen, homogenen Gemeinschaft als fünfter Irrtum“ (Strasser zit. nach Steininger 2008, 4). Lange Zeit war man der Auffassung, dass der Mensch als Träger einer Kultur von dieser bestimmt ist (Determinismus). Strasser ist der Meinung, dass dies nicht mehr zeitgemäß ist, da vor allem durch den Zuwachs von neuen Technologien, in allen Bereichen des Lebens (Wirtschaft, Politik, Kultur, Umwelt, Bildung etc.), eine internationale Verflechtung stattfindet, wodurch die Menschen und die Kultur dynamisch geworden sind. Als letzten Punkt nennt Strasser die Ingnoranz gegenüber äußeren Einwirkungen. Sie betont, dass die politischen und ökonomischen Einflüsse bei der Klärung des Begriffes eine wichtige Rolle spielen müssen, da sich „Kultur […] nie von diesen Bereichen unabhängig entwickelt [habe]“ (Strasser zit. nach Steininger 2008, 4).

Angesichts dieser Ausführungen, ist ersichtlich, dass bis dato keine allgemeingültige Kulturtheorie entwickelt werden konnte. Dies beruht einerseits auf den Irrtümern hinsichtlich des Begriffes, andererseits aber auch auf dem unterschiedlichen Bezug zur Materie. So unterscheiden sich die Begriffserklärungen nicht nur von Kulturkreis zu Kulturkreis, sondern auch innerhalb einer Gemeinschaft. Im Laufe der Globalisierung hat die Vermischung der Kulturen drastisch zugenommen. Die Einflüsse fremder Kulturen sind nicht mehr wegdenkbar. Daher stellt sich heute die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Begriffes (vgl. Steindl 2008, 4).


Interkulturalität

Entstehung und Ansätze interkultureller Bildung

Der Terminus Interkulturalität ist mittlerweile zum zentralen Schlagwort für die Gestaltung schulischen Unterrichts geworden und wurde zum Motto des Jahres 2008 erklärt. Wie das Konzept zu dieser Vorreiterrolle gekommen ist, soll in diesem Kapitel geklärt werden.

Wie schon in der Einleitung erläutert wurde das Interkulturelles Lernen zu Beginn der neunziger Jahre erstmals als Unterrichtsprinzip in den Lehrplänen der Pflichtschulen und weiterbildenden Schulen verankert. Im Jahr 2001 wurden die Grundsätze leicht unformuliert bzw. erweitert. In den Lehrplänen ist das interkulturelle Lernen im allgemeinen Bildungsziel als Unterrichtsprinzip angeführt. In den allgemeinen didaktischen Grundsätzen wird je nach Schultyp näher darauf eingegangen (vgl. Bundersministerium für Unterricht, Kunst und Kultur).

Durch das Unterrichtsprinzip „Interkulturelles Lernen“ soll ein Beitrag zum gegenseitigen Verständnis, zum Erkennen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten und zum Abbau von Vorurteilen geleistet werden. „Eine allenfalls vorhandene Zwei- oder Mehrsprachigkeit soll positiv besetzt und die Schülerinnen und Schüler sollen ermuntert werden, Kenntnisse in der Muttersprache im Unterricht sinnvoll einzubringen. (vgl. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur: BGBl. II Nr. 134/2000 und BGBl. II Nr. 133/2000, novelliert durch BGBl. II Nr. 277/2004).


Das Unterrichtsprinzip hat auch dann seine Gültigkeit, wenn in der Klasse keine SchülerInnen mit Migrationshintergrund und keine SchülerInnen, die einer autochthonen Volksgruppe angehören, vertreten sind. Bei der konkreten Umsetzung des Unterrichtsprinzips ist jedoch sinnvollerweise die sprachliche und kulturelle Zusammensetzung der Klasse zu berücksichtigen. „Interkulturelles Lernen“ ist nicht mit dem besonderen Förderunterricht in Deutsch zu verwechseln. Letzterer richtet sich ausschließlich an SchülerInnen mit anderen Erstsprachen als Deutsch, deren Kompetenz der Unterrichtssprache noch nicht zielsprachenadäquat ist, während das Unterrichtsprinzip „Interkulturelles Lernen“ alle SchülerInnen in einer Klasse, ungeachtet ihrer sprachlichen und geografischen Herkunft und ungeachtet ihrer Deutschkompetenz, anspricht und als Querschnittmaterie in die Unterrichtsgegenstände einfließen soll (Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur).


Aufgrund der Einwanderungswelle in den 80er Jahren und den Zuwachs an ausländischen Kindern und Jugendlichen an den Schulen wurde der Bedarf an Förderprogrammen für diese Bevölkerungsgruppe immer höher. Diese sogenannte AusländerInnenpädagogik hatte zum Ziel, Kinder und Jugendliche mit nicht deutscher Muttersprache in den Regelschulunterricht zu integrieren. Man entwickelte verschiedene Konzepte wie Vorbereitungsklassen, Hausaufgabenhilfe und Sprachförderprogramme, „weil schon damals die mangelnden Deutschkenntnisse als Hinderungsgrund für eine positive Integration galten“ (Steindl 2008, 8).

Ausländische Kinder- und Jugendliche wurden in der Pädagogik als Problemfälle angesehen, da man glaubte, ihnen würde etwas fehlen. Bald erkannte man, dass diese Sichtweise nicht zum erwünschten Erfolg führte, und das Konzept wurde immer mehr kritisiert. „Die unterschiedlichen Kulturen und Sprachen sollten von nun an als Bereicherung verstanden werden und die Vermittlung über andere Kulturen und Sprachen wurde zu einem Lehrinhalt, der zu mehr Verständigung beitragen sollte“ (Steindl 2008, 8). Der defizitorientierte Ansatz wurde zu einem differenzorientierten Ansatz umgeformt. Dies löste wiederum Kritik aus. Man war der Meinung, dass mit diesem Konzept „Kultur bzw. die ethnische Zugehörigkeit als Basis für Ausgrenzung diente“ (Steindl 2008, 8). Durch den Prozess wurde ein Wandel ausgelöst, der neues Denken notwendig machte. Interkulturelles Lernen wurde daher zum Leitprinzip, das für alle Kinder und Jugendliche gelten sollte und bis heute als bestes Prinzip gilt (vgl. Steindl 2008, 8).

Das interkulturelle Lernen ist zwar als Unterrichtsprinzip in den Lehrplänen verankert, die Grund- und Zielsätze sind jedoch sehr vage formuliert. Außerdem werden keine konkreten Hinweise zur Umsetzung gegeben.


Was bedeutet Interkulturalität

Im folgenden Kapitel findet zuerst eine Begriffsabgrenzung statt, die die zentralen Begriffe Interkulturalität und interkulturelle Kompetenz erklärt und in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand bringt. Darüber hinaus soll auf die gesellschaftliche Bedeutung interkultureller Erziehung eingegangen werden, um dann anschließend auf interkulturelles Lernen im Detail eingehen zu können.

Der Begriff Interkulturalität setzt sich aus dem Präfix inter (lat. inter = unter, zwischen) und dem Nomen Kultur (lat. cultura = Landbau, Pflege des Körpers und des Geistes) zusammen. Er wurde bereits von Marcus Tullius Cicero im antiken Rom erstmals erwähnt, wurde aber erst im deutschen Humanismus wieder aufgenommen und in seiner ursprünglichen Bedeutung verwendet (vgl. Ernest W.B. Hess-Lüttich 1992, 68). Johann Gottfried Herder beschrieb den Begriff Kultur als die „Gesamtheit der geistigen und artistischen Leistungen einer Gemeinschaft, die für die Ausbildung ihrer Identität als sozialer Gruppe (politischer Nation, sprachlicher Gemeinschaft etc.) konstitutiv angesehen werden“ (Ernest W.B. Hess-Lüttich 1992, 68).

Die interkulturelle Pädagogik hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte als ein Teilbereich der allgemeinen Pädagogik etabliert und kann als eine Form des sozialen Lernens angesehen werden. Sie stellt sich die Frage, welche Bestrebungen für den interkulturellen Unterricht bzw. für die interkulturelle Erziehung von Bedeutung sind.


Ziel einer interkulturellen Pädagogik ist [somit] die Vermittlung von Erkenntnissen, die Bestärkung von Motivationen und die Ermutigung zu Handlungsformen, die die Menschen befähigen, ihre Grundrechte wahrzunehmen und an der Gestaltung demokratischer pluralistischer Gesellschaften aktiv mitzuwirken (Steindl 2008, 9).


Eines der wichtigsten Ziele der interkulturellen Pädagogik ist die Förderung der interkulturellen Kompetenz, die im Zeitalter der Globalisierung und des Multikulturalismus zu einer Schlüsselqualifikation im beruflichen wie auch im schulischen Bereich geworden ist. Interkulturelle Kompetenz wird als Erziehungs- und Bildungsziel angesehen, das das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen verbessern sollte. Das als interkulturelles Lernen bezeichnete Unterrichtsprinzip wurde in den 90er Jahren in den Lehrplänen verankert (vgl. Kapitel Entstehung und Ansätze interkultureller Bildung).


Das Unterrichtsprinzip hilft allen Beteiligten zu entdecken,

  • dass Menschen gleichwertig, aber unterschiedlich sind;
  • dass die Identität eines Menschen auch, aber nicht ausschließlich kulturell bedingt ist und dass sie sich im Lauf eines Lebens verändern und weiterentwickeln kann;
  • dass es möglich ist, mit Unterschieden zu leben;
  • dass man voneinander lernen und trotz unterschiedlicher Lebensumstände einander achten, helfen und in Freundschaft leben kann.


Interkulturelle Arbeit heißt,

  • die soziokulturellen Verhältnisse, in denen Kinder und Jugendliche aufwachsen, ständig im Auge zu behalten, aber gleichzeitig die SchülerInnen als Individuen und nicht als „VertreterInnen“ einer bestimmten „Kultur“ zu betrachten und zu behandeln;
  • eigene Standpunkte und Sichtweisen zu hinterfragen;
  • sich auf Neues einzulassen und mitunter auch von den SchülerInnen zu lernen (Steininger 2008, 5).


Im Zusammenhang mit Interkulturalität wird von interkulturellem Lernen, interkultureller Pädagogik und interkultureller Erziehung gesprochen. Da diese Begriffe meist nicht eindeutig voneinander abgegrenzt sind und meist synonym verwendet werden, ist es nicht einfach eine eindeutige Definition zu geben.


Interkulturelle Medienkompetenz

Im Zusammenhang mit den Medien Internet, CD-ROM und Multimedia findet der Begriff Medienkompetenz immer häufiger Verwendung. Die Fähigkeit mit dem Internet umzugehen ist eine Grundvoraussetzung für das Leben und Arbeiten in der heutigen Wissensgesellschaft. Es werden ständig wachsende Erwartungen an den Menschen gestellt, worauf man bereits in der Schule vorbereitet werden sollte. Die technische Kompetenz sowie die Kenntnis der Anwendung reichen aber nicht aus, um aus Kindern und Jugendlichen kompetente und soziale Menschen zu machen. Es ist vielmehr nötig interkulturelle Kompetenzen miteinzubeziehen. Den Kindern- und Jugendlichen sollte vor allem die Fähigkeit zum kritischen Umgang mit Internetinhalten vermittelt werden. Luchtenberg (2004, 27) spricht in diesem Zusammenhang von einer interkulturellen Medienkompetenz, die folgende Elemente umfasst:


  • Akzeptanz von sprachlicher und kultureller Vielfalt auch in den Medien;
  • Erkennen rassistischer Tendenzen in den Medien (auch im Internet);
  • Kritische Auseinandersetzung mit dem Migrations- und Multikulturalismusdiskurs der Medien;
  • Sprachkompetenzen zum Mediengebrauch in Europa und [in] einer globalisierten Welt;
  • Kritischer Umgang mit international verflochtenen Mediengewalten […];
  • Kritische Auseinandersetzung mit internationalen Informationen.


Wenn von interkultureller Medienpädagogik die Rede ist, dann geht es um das ganze Spektrum von Aktivitäten – von Formen rezeptiver Filmarbeit über zahlreiche Projekte im Bereich der aktiv-produktiven Medienarbeit, mediendidaktischen Projekten bis hin zu interkulturell orientierten Beratungsangeboten im Internet (Niesyto 2005, 3).

INTERNET ALS PLATTFORM INTERKULTURELLEN LERNENS

Möglichkeiten und Potenziale

Dieser dritte Teil widmet sich konkret dem Computereinsatz im Unterricht. Folgende Frage soll dabei beantwortet werden: Können Kinder- und Jugendliche durch das Internet interkulturelle Kompetenzen erlernen?

Arbeitsformen mit dem Internet lassen sich relativ problemlos in den Unterricht integrieren. Außerdem wird die Motivation und Aufmerksamkeit der Schüler durch das attraktive Medium Computer gesteigert. Im Chatroom bzw. per e-mail können Kinder- und Jugendliche über Dinge schreiben, die ihren persönlichen Interessen entsprechen.

Der Einsatz des Internets als interkulturelles Medium bietet neues Lernpotenzial. Kinder und Jugendliche erhalten durch die Arbeit mit dem Computer neue Zugangsweisen zu Lerninhalten. Es können Quellen herangezogen werden, die ansonsten für den Unterricht nicht zugänglich sind. Entdecker- und Lerntrieb werden dadurch angesprochen. Es können vor allem authentische und aktuelle Materialien genutzt werden wie zum Beispiel Zeitungsartikel (vgl. Wendt 1997, 11). „Korrrespondenz mit ‘echten’ Partnern auf der ganzen Welt öffnet bereits vielerorts den Zugang zu selbstbestimmten und überdies zukunftsträchtigen Lernformen“ (Wendt 1997, 11 zit. nach Rautenhaus 1993, 173f). Durch das interkulturelle Lernen via Internet können interkulturelle Lernprozesse entstehen, die mit der traditionellen Lehrbucharbeit nicht möglich sind.

Lernen in multikulturellen Klassen erfordert grundsätzlich einen Unterricht mit neuen Lernformen. Offene Lernformen ermöglichen den Schülern individuelle Entfaltung, aber auch den Austausch mit anderen Kindern bzw. Jugendlichen, da sie die Möglichkeit haben in wechselnden Sozialformen individuell und gemeinsam zu lernen. Die immer größer werdenden Leistungsunterschiede zwischen den Kindern in einer Klasse zwingen zu einer notwendigen Differenzierung. Durch den Einsatz des Internets können Kinder bzw. Jugendliche mit Migrationshintergrund individuell gefördert werden. Außerdem kann die Zusammenarbeit von Kindern verschiedener Nationalitäten gefördert werden, indem sie gemeinsam an verschiedenen Internetprojekten teilnehmen. „Das gemeinsame Lernen mit neuen Medien von ausländischen und deutschen Schülern birgt Chancen und Möglichkeiten für interkulturelle Kommunikation und auch für die Erweiterung z.B.: der Lesekompetenzen ausländischer Kinder“ (Aufwenger 2002, 6ff).


Daraus ergibt sich die hohe Notwendigkeit einer interkulturellen Medienkompetenz, denn zum einen ist unsere Gesellschaft nachhaltig mehrsprachig und mehrkulturell geworden und zum anderen haben die Medien einen erheblichen Einfluss auf die Einstellungen der Menschen in dieser Gesellschaft, wovon auch Lehrkräfte nicht frei sind (Luchtenberg 2004, 29).


Aufenager (vgl. 2002, 44) ist der Meinung, dass die Förderung der sprachlichen Kompetenzen einen wichtigen Stellenwert in der interkulturellen Bildung einnimmt, aber diese nicht allein durch Sprachkurse vermittelt werden können. "Zweisprachig aufwachsende Kinder und Jugendliche müssen in ihren beiden Sprachen Zugang zur Schrift erhalten" (Aufenager 2002, 44). Dies ist im regulären Unterricht meist nicht möglich. Mit dem Einsatz von Medien wie dem Internet können sprech- und schriftliche Kommunikationsmöglichkeiten" (Aufenager 2002, 44) angeboten werden.


Das Internet kennt keine kulturellen Grenzen, es ermöglicht Einblicke in andere kulturelle Tradtionen, die sich wechselseitig aufarbeiten lassen. So können Differenzen erfahrbar gemacht werden und gleichzeitig die sprachlichen Kompetenzen in allen Bereichen gefördert werden (Aufenager 2002, 44).


Der Einsatz des Internets bietet Lernpotenziale für Kinder und Jugendliche jeglicher Herkunft. Sie können individuell und ohne Leistungsdruck die multikulturelle Welt, in der sie leben, kennenlernen. Dementsprechend kann das Internet zu Recht als interkulturelles Medium bezeichnet werden.


Grenzen und Gefahren

Wie aus dem vorangehenden Kapitel ersichtlich, kann ein Lernen mit dem Internet viele Lehr- und Lernprozesse bereichern. Trotz der Vielzahl von positiven Aspekten des Computereinsatzes dürfen die Schwierigkeiten und Grenzen, die bei der Nutzung dieses technischen Mediums auftreten, nicht außer Acht gelassen werden. Obwohl seit einiger Zeit der Bedarf an interkultureller Bildung erkannt wird und Eingang in den Schulen fand, lassen die angewendeten Konzepte und Methoden hinsichtlich ihrer Wirksamkeit Zweifel aufkommen.

Anhand von Untersuchungen wurde gezeigt, dass das Internet einen wichtigen Stellenwert in der interkulturellen Pädagogik darstellt. Rickert betont allerdings, dass es aufgrund des Realitätsverlustes nur als „ergänzendes sekundäres Kommunikationsmittel“ (Rickert 2004, 26) dienen kann.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Fülle von Informationen und Materialien im Internet vor allem für Kinder und Jugendliche schwer zu überschauen ist. Bücher sind im Vergleich zu den elektronischen Medien klarer strukturiert und didaktisch aufbereitet. Eine intensive Einarbeitung in die Lernsoftware (Aufbau, Inhalte, mögliche Lernwege, Selbstkontrolle, etc.) bzw. in die Arbeit mit dem Internet ist notwendig, um Transparenz hinsichtlich der Ziele, Inhalte und des Umfangs von diesen Programmen herzustellen, die Motivation aufrecht zu halten und zu festigen und Anlaufschwierigkeiten zu minimieren.

Der Einsatz von Medien hängt stark von der Eigeninitiative des Lehrers ab. Das Bedienen technischer Geräte erfordert eine gewisse computertechnische Kompetenz. Die Schwierigkeit besteht vor allem darin interkulturelle Inhalte methodisch richtig zu vermitteln.

Weitere Probleme können sich aus einer zu großen Klassenstärke, der starken Belegung der Computerräume insgesamt oder der nicht ausreichenden technischen Ausstattung der Schule ergeben. Manche Bildungsstätten können aufgrund der finanziellen Belastung mit der ständigen Weiterentwicklung der technischen Medien nicht mithalten. Die bloße Ausstattung mit Geräten und Zubehör genügt aber nicht. Eine sinnvolle und durchdachte Anordnung ist notwendig, um sowohl die angestrebten Effekte durch den Einsatz von Lernsoftware zu erzielen als auch die menschliche Kommunikation nicht zu behindern und soziale Interaktion zu fördern.

Ein weiteres Problem besteht bei der Auswahl von Materialien. Die Qualität der online-Inhalte ist sehr unterschiedlich. Einige sind stupide und monoton oder sind nicht altersgerecht aufbereitet. Der Schwerpunkt der Kulturvermittlung liegt oft noch beim Erlernen von landeskundlichen Inhalten.

Nach Jörissen (zit. nach Köhler 2004, 11) kann die Arbeit mit dem Internet zu einem Motivationsverlust führen, da


die „Inszenierung von Gemeinschaft und Verständigung“ konstitutiv für das Internet ist, „einen wichtigen Teil seines Mythos“ bildet und dass es eher unwahrscheinlich ist, dass sich „eine Praxis der interkulturellen Differenzbearbeitung auf dieser Basis spontan herausbildet“; vorherrschend sei das ‚Nebeneinander’ statt ‚[das] Miteinander’.


Diese Aufstellung verdeutlicht, dass die die interkulturelle Medienarbeit auch Probleme nach sich zieht. Um einige dieser Probleme zu lösen, bedarf es einer gut durchdachten Vorbereitung und Umsetzung durch den Lehrer bzw. Pädagogen.


INTERKULTURELLES LERNEN VIA INTERNET - REALITÄT ODER VISION

Funktionen des Internets in der interkulturellen Pädagogik

Das Internet kann in verschiedenen Unterrichtsphasen genutzt werden. Das Internet erscheint dem Lernenden dabei in unterschiedlichen Funktionen. Nach Erdmenger (1997, 145) kann zwischen drei großen Gruppen von Funktionen unterschieden werden: (1) Werkzeugfunktion, tutorielle Funktion (2) und schließlich (3) die Funktion des Computers als Kommunikationsmittel.

Aus der heutigen Arbeitswelt sind Computeranwendungen nicht mehr wegzudenken. Ihre Bandbreite reicht von Textverarbeitungs-, Präsentations- oder Grafikprogrammen bis hin zur Verwendung von Datenbanken, elektronischen Enzyklopädien und Internetsuchmaschinen. Wenn man sich die Funktionen, die der Computer in all diesen Anwendungen erfüllt, genauer ansieht, dann kann man sie unter dem Begriff des Werkzeugs zusammenfassen. Computer werden als Hilfsmittel, in anderen Worten als komplexe Werkzeuge zur Bewältigung von Aufgaben, eingesetzt. Unter tutoriell orientierten Anwendungen werden solche Programme (Multimedia) zusammengefasst, deren Hauptfunktion es ist, den Lernenden Möglichkeiten zum Üben fremdsprachlicher Lexeme und Strukturen zu geben. Der Computer hat außerdem die Funktion eines Kommunikationsmittels. E-mails in der Fremdsprache können einerseits zur Kommunikation mit verschiedenen Partnerschulen dienen, aber auch als Kommunikationsmittel beim Austausch von Informationen bei Partner- und Gruppenarbeiten (vgl. Erdmenger 1997, 145). Der Computer als Kommunikationsmittel kann eine „Brücke zwischen schulischem und häuslichem Arbeiten“ (Erdmenger 1997, 145) darstellen.

Im Bereich des interkulturellen Lernens können folgende Funktionen unterschieden werden:


  • Nutzung des Internets als Informationsquelle: Authentische und aktuelle Informationen aus dem Internet werden für diverse Themen genutzt.
  • Nutzung des Internets als Kommunikationsmedium: Schriftlicher Austausch via e-mail, chat, newsgroups usw. mit Angehörigen anderer Kulturen. Kommunikation von Lehrern bzw. Pädagogen unterschiedlicher Länder via e-mail oder Internetforen.
  • Nutzung des Internets als Publikationsmedium: Veröffentlichung von Texten, Bildern, Tondokumenten und Filmen im Netz (z.B.: Erstellung einer eigenen Homepage)
  • Nutzung des Internets als Unterrichtsmedium: Der Lehrer bzw. Pädagoge hat die Möglichkeit, das Internet für die Suche nach Unterrichtsmaterialen zu interkulturellen Inhalten zu nutzen.


Wie schon angesprochen ist das Internet Publikationsmedium, Informationsmedium, Kommunikationsmedium und Unterrichtsmedium. Diese drei Aspekte lassen sich in den Unterricht problemlos integrieren.


Existiert interkulturelles Lernen mit dem Internet auch in der Praxis?

Ob das interkulturelle Lernen mit Medien auch in der Praxis Anwendung findet, soll in diesem Teil der Arbeit geklärt werden. Rickert (vgl. 2004, 25) ist der Meinung, dass das Medium Internet als Werkzeug für interkulturelles Lernen zu wenig genutzt wird. Er legt die konzeptionalen Grundlagen zur Klärung dieser These, in dem er sich vor allem auf zwei grundlegende Ursachen bezieht: „Entweder Mitglieder verschiedener Kulturkreise begegnen sich weniger, oder aber sie begegnen sich, machen aber dabei keine genuin interkulturellen Erfahrungen“ (Rickert 2004, 25). Außerdem wird der Bezug zum interkulturellen Lernen in den Lehrplänen zu wenig berücksichtigt. Daher greifen Lehrer meist zu eigenen Konzepten und weniger auf Lehrbücher zurück (vgl. Wendt 1997, 11).

Wie schon im Kapitel 2.2.1 erläutert wurde, sind die Schulen in Österreich seit Beginn der 90er Jahre verpflichtet, das interkulturelle Lernen der Kinder bzw. Jugendlichen zu fördern und dementsprechend ihren Unterricht zu gestalten. Die Praxis zeigt aber, dass die Vorgaben des Lehrplanes im Bezug auf das interkulturelle Lernen sehr allgemein gehalten wurden und keine konkreten Vorschläge zur Zielumsetzung gegeben werden. Außerdem gibt es keine allgemeingültige Strategie in der Umsetzung des Unterrichtsmodelles. Aufgrund der Fülle von Unterrichtsprinzipien tritt das interkulturelle Lernen oft in den Hintergrund. Dies betrifft vor allem diejenigen Schulen, in denen der Anteil ethnischer Minderheiten sehr gering ist. Schulen mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten beschränken sich meist auf die Förderung der Sprachkenntnisse.

Das Internet nimmt in jedem Land einen anderen Stellenwert ein. Rickert (vgl. 2004, 25) zufolge wird das Medium vor allem von weißen Männern der Industriestaaten genützt. Im Ländervergleich liegt Deutschland bei der Internetnutzung deutlich zurück. Weiters gibt er an, dass vor allem "kulturelle, religiöse, geografische oder habituelle Gründe" (Rickert 2004, 25) vorliegen, die einen Einfluss auf den Zugang und die Nutzung des Internets nehmen. In manchen Ländern, wie beispielsweise in den USA, wurde das Internet zum täglichen Gebrauchsgegenstand. Jedoch hat nicht jedes Land die Möglichkeit mit den technischen Innovationen mitzuhalten. Einige Gebiete der Welt haben überhaupt keinen Internetzugang, da sie keine ausreichende Stromversorgung besitzen (z.B.: Sahara-Anrainer-Staaten). Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Internetnutzung in gewissen Ländern, wie zum Beispiel China, strengen staatlichen Sanktionen unterliegt (vgl. Rickert 2004, 25).

Rickert (vgl. 2004, 25) betont, dass vor allem im Bildungswesen die Chance des Internets für das interkulturelle Lernen noch nicht wirklich erkannt wurde. Die Praxis zeigt, dass die Umsetzung nicht an der Unkenntnis scheitert, sondern an mangelnden Ressourcen und an der Schwellenangst der Lehrer. Obwohl es vermehrt multikulturelle Klassen gibt, muss man feststellen, dass das interkulturelle Lernen meist nur im Fremdsprachenunterricht Anwendung findet und die Lebenswirklichkeit der Kinder- und Jugendlichen häufig unberücksichtigt bleibt. Es gibt kaum Kontakt mit authentischen Materialien und wenn, dann bezieht sich der Unterricht meist auf landeskundliche Inhalte wie Geschichte oder Geografie. Kinder- und Jugendliche zeigen enorme Defizite hinsichtlich des Wissens über andere Kulturen, sodass sich häufig Stereotypen entwickeln, die durch einen falschen Umgang mit Medien verstärkt werden.


Praxisberichte

Dieses Kapitel widmet sich konkret dem interkulturellen Lernen via Internet. Hierbei werden die heutigen Möglichkeiten von Lernprogrammen, Sprachspielen, Chatrooms, Web-Quest, etc. die das interkulturelle Lernen von Kindern- und Jugendlichen fördern sollen, abgehandelt. Seit einigen Jahren leisten verschiedene Institutionen und Schulen eine kontinuierliche Arbeit im Bereich interkultureller Bildung via Internet. Einige Projekte der unesco-projekt-schulen sollen hier in dessen Inhalt, Umfang, Form und Effizienz vorgestellt werden. Diese beschränkt sich nicht nur auf das Lernen von Fakten über andere Kulturen bzw. dem Erlernen einer Fremdsprache. Sie bietet vielmehr einen gegenseitigen Austausch zwischen den Kulturen.

Das im Jahre 1953 gegründete Associated Schools Project ist ein grenzüberschreitendes Netzwerk von Schulen aller Schulstufen, -arten und -formen. Sie unterstützen aktiv die im Jahre 1974 auf der 18. Gerneralkonferenz festgelegten Ziele im Bereich der Erziehung. Jedes Jahr werden verschiedene Projekt organisiert, die zur internationalen Verständigung und interkulturellem Lernen beitragen sollen. In Österreich nehmen derzeit 38 Schulen, von der Volksschule über Berufsschulen bis zu allgemeinbildenden höheren Schulen, an diesem Projekt teil. Bei der Kommunikation innerhalb des Schul-Netzwerkes spielt das Internet eine wichtige Rolle (vgl. http://www.ups-schulen.de).


  • Tradition and Modern Spirit in the Arab World: Das Projekt, das den deutsch-arabischen Dialog fördern sollte, wurde von 40 Oberstufenlehrern in Kooperation mit dem Netzwerk der unesco-projekt-Schulen in Niedersachsen und Bremen entwickelt. Jugendliche aus Deutschland, Libanon und Palästina nahmen an Austauschprojekten teil, um die Tradition, die Kultur und die Religion der anderen kennenzulernen. Der Input erfolgte durch Recherchen, Exkursionen und Interviews an verschiedenen Orten. Das Internet-Magazin beinhaltet rund 50 Beiträge, verfasst in deutscher, englischer und arabischer Sprache, zu arabischen Lebensweisen, Religion, Kultur und aktueller Politik. "Aus dem positiven genius loci erwuchs eine auf allen Ebenen hervorragend funktionierende Zusammenarbeit, die den europäisch-arabischen Dialog intensiv vitalisierte" (http://www.ups-schulen.de/projekte_euroarab.php).


Zahlreiche andere Institutionen und Schulen führen interkulturelle Projekte durch. Einige dieser Projekte (vgl. http://www.lehrer-online.de/interkulturelleslernen.php) sollen hier vorgestellt werden:


  • Projekt D&L eMag: Schüler der slowakischen Schule Zakladna skola in Divina und der deutschen Realschule Lindlar erstellten gemeinsam ein Magazin mit Fotos, Videos, Interviews und Artikel, das ihr Leben dokumentierte. Die Besonderheit der Zeitschrift war, dass es in den drei Sprachen Englisch, Deutsch und Slowakisch verfasst wurde.
  • Schulpartnerschaft multimedial: Die Arbeit mit Think.com: Mithilfe der online-Plattform Think.com traten Schüler der Carl-Zeiss-Oberschule Berlin via Internet in Kontakt mit der Maria-Montessori-Schule in Columbus/Ohio, USA.
  • WebQuest Weltreligionen: Die Schüler lernen die verschiedenen Weltreligionen mit Hilfe des WebQuest kennen. In kleinen Gruppen wurden die Grundzüge mit Hilfe von Internetprogrammen selbstständig erarbeitet: Suche von Informationen im Netz und anschließende Präsentation mit Textverarbeitungs- und Präsentationsprogrammen.
  • Deutsche Türken - Türkische Deutsche?: Im Online-Kurs im lo-net² finden Schülerinnen und Schüler Informationen über die türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Deutschland, über ihre Identität, ihren Alltag und ihre Geschichte.


Diese Beispiele veranschaulichen, dass bereits Projekte, die den interkulturellen Dialog mit Hilfe des Internets förden, erfolgreich durchgeführt wurden. Das Interesse für die eigene Kultur und die Kultur anderer zu wecken, wird immer mehr zu einem wichtigen Anliegen im schulischen wie auch im außerschulischen Bereich.


ZUSAMMENFASSUNG UND RESÜMEE

Der Stellenwert des Computers hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Es gibt vermehrt Computerprogramme für den Einsatz im Unterricht, die eine große Bandbreite von Einsatzmöglichkeiten bieten. Trotzdem muss man leider feststellen, dass in vielen Schulen die immer wieder angekündigte Revolution des Lernens durch Computer vor allem im Bereich der interkulturellen Bildung weiter auf sich warten lässt. Ein Grund, dass dieses Medium es bisher nicht geschafft hat, ein integraler Bestandteil des interkulturellen Dialogs zu sein, ist vor allem die Schwellenangst der Institutionen und Lehrer,

Es ist zu bemerken, dass das interkulturelle Lernen zwar in unterschiedlichen Fächern Anwendung finden sollte, aber doch vor allem im sprachlichen Bereich eine besondere Bedeutung hat. Außerdem spielt der Zusammenhang zwischen Medien und interkulturellem Lernen eine untergeordnete Rolle. Weiters ist es möglich im Rahmen schulautonomer Lehrplanbestimmungen interkulturelle Schwerpunkte zu setzen, was meines Erachtens noch zu wenig genützt wird.

Ein wichtiger Punkt dieser Arbeit war es, der Frage nachzugehen, was die modernen Medien im Lernprozess leisten und welche Chancen sie als unterstützende Elemente des interkulturellen Lernens bieten. Aufgrund eigener Erfahrung bin ich überzeugt, dass Computerprogramme und Internet sich ohne größere Schwierigkeiten in den Unterricht integrieren lassen und eine Bereicherung des Unterrichts darstellen. Diese Form des Arbeitens trägt vor allem dazu bei, Schul- und Lebenswirklichkeit enger miteinander zu verknüpfen. Sie ermöglicht einen aktuellen, realistischen, fächerübergreifenden und interkulturellen Unterricht. Lernumgebungen, die den Computer miteinbeziehen, können im Fremdsprachenunterricht nicht nur zu gesteigerter Motivation beitragen, sondern auch selbstbestimmtes Lernen unterstützen sowie zu einem effizienteren Umgang mit diesen Medien auch über den Sprachunterricht hinaus führen. Sicherlich ist der Einsatz des Internets nur unter Beachtung einiger Gesichtspunkte möglich. Fehlende Kompetenz des Pädagogen und falscher Umgang mit dem Medium kann in die gegengesetzte Richtung laufen und interkulturelles Lernen eher behindern.

Die Befürchtung vieler Pädagogen und Eltern, der Computer könnte eine Gefahr für den traditionellen Lehrberuf darstellen, ist unbegründet. Der Computer kann für den Unterricht eine Bereicherung darstellen und den Lehrer in gewissem Maße entlasten, so dass er mehr Zeit für individuelle Betreuung und Erziehungsfragen zur Verfügung hat, doch auch die besten Lernprogramme oder Web-Angebote können eine face-to-face Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden sowie Schülern untereinander nicht ersetzen.


LITERATURVERZEICHNIS

  • Aufenanger, Stefan (2002): Interkulturelle Bildung im Medienzeitalter. In: Computer + Unterricht 45/12, S. 44-45.
  • Aufenanger, Stefan (2002): Miteinander lernen. Interkulturelle Aspekte von Medienkompetenz. In: Computer + Unterricht 45/12, S. 6-9.
  • Erdmenger, Manfred (1997): Medien im Fremdsprachenunterricht. Hardware, Software und Methodik. Band 13. Braunschweig: Uni-Dr. Verlag.
  • Jörissen, Benjamin (o.A.): Virtually different – interkulturelle Erfahrungsräume im Internet. In: Christoph Wulf und Christine Merkel (Hrsg.): Globalisierung als Herausforderung der Erziehung, S. 329 u. 322.
  • Krapp, Gertrud (2003): Neues Lernen mit neuen Medien? Darmstadt: Hiba-Verlag.
  • Luchtenberg, Sigrid (2004): Interkulturelle Medienkompetenz. Über die Befähigung zur Auseinandersetzung mit dem Migrationsdiskurs in den Medien. In: Medien und interkulturelles Lernen. Forum 1. Verfügbar unter: http://www.ups-schulen.de/forum/04-1/forum01_04_s25-30.pdf. S. 25-30 [28.03.2008].
  • McQuail, Denis (2000): Mass Communication Theory. 4th edition. London [u.a.]: Sage Publications.