Workshop Urheberrecht im eLearning (Protokoll)

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Protokoll

Anmerkung: Verbesserungen sind willkommen! Sollten weitere Anwesende am Workshop Ergänzungen und Korrekturen zu diesem Protokoll haben, bitte den Text bearbeiten (u ggf. diskutieren!)

Workshop "Urheberrecht im eLearning – das österreichische eLearning Rechtsportal"

(Freitag 5. Mai, 14:00-16:00, Projektzentrum Lehrentwicklung, Porzellang. 33a)

Das Workshop wird von Prof. Dr. Nikolaus Forgó (Universität Hannover & Universität Wien) geleitet. Zwei Punkte stehen im Vordergrund:

(1) Diskussion über den Zusammenhang zwischen dem Thema „Geistiges Eigentum und information technologies (IT)“ mit besonderer Berücksichtigung des Urheberrechtes im eLearning-Bereich

(2) Vorstellung des sich noch in der Entwicklung befindenden Rechtsportals des Forum Neue Medien in der Lehre (http://www.nml.at/). Abschliessende Fragerunde.

1) Prof. Forgó hebt hervor, dass es eigentlich keine wesentlichen Unterschiede mehr zwischen den Gesetzgebungen im europäischen Raum gibt (auch in Folge eines fortschreitenden Harmonisierungsprozesses der Mitgliedstaaten) und man deswegen von einem „europäischen Urheberrecht“ sprechen kann.

Im IT-Bereich fliessen mehr als nur Probleme des Urheberrechtes ein. Klärung der Begriffe Urheberrecht, Patentschutz, geistiges Eigentum; erhebliche Unterschiede zwischen copyright (USA) und Urheberrecht (Europa): letzteres umfasst ein grösseres Spektrum. Es gibt sehr viel Verwirrung in der Unterscheidung dieser Begriffe!

  • Bsp. 1 „© University of Vienna“ im ‚footer’ der offiziellen Universitäts-Homepage (http://www.univie.ac.at/): (a) copyright ist nicht in Europa geltendes Recht! (b) Urheber können nur Personen und keine Institutionen sein!

Nutzung von fremdem geistigem Eigentum passiert in der Regel durch eine Vereinbarung mittels Vertrag (Lizenz) mit dem Urheber, i.d.R. der Autor des geschützten Werkes; es gibt Ausnahmen wie die freie Werknutzung (Nutzung ohne explizite Erlaubnis), welche sich i.d.R. als privater Gebrauch und Zitat-Recht präsentiert.

Die Parteien im Spiel sind (Abb.1):

Urheber-abb1.gif

Im akademischen Rahmen löst sich das Schema wie folgt auf (Abb.2):

Urheber-abb2.gif

  • Bsp. 2 Dokumente, welche die Lehrenden anfertigen und dann von Seiten der Universität im eLearning-Lehrangebot verwertet werden, sind rechtlich problematisch, denn sie lassen ein Minus im Gehalt des akademischen Verfassers aufkommen!

Dies ist aber nicht immer der Fall, die Universität kennt andere Konfigurationen: Die Studierenden produzieren auch geistiges Eigentum, sie sind rechtliche Eigentümer aller von ihnen schriftlich produzierten Werke innerhalb des akademischen Bereiches (auch Wiki und ELearning-Platformen!).

  • Bsp. 3 Möglichkeit einer generalisierten vertraglichen Regelung mit Studierenden über dieses Thema ist problematisch, da eine vertragliches Abkommen immer den freien Willen der involvierten Parteien voraussetzt und es nicht klar ist, in wie fern die Studierenden innerhalb einer gezwungenen Situation („Übertragung der Rechte oder Ausschliessung aus der Lehrveranstaltung„) davon Gebrauch machen können.
  • Bsp. 4 Studentische Beiträge in Wiki-Platformen unterliegen auch dem Urheberrecht; es muss geklärt werden, in wie fern die Studierenden bereit sind, ihre Urheberrechte zu bewahren oder ihre Beiträge unter der vorgegebenen Lizenz (creative commons, gnu/fdl) zu veröffentlichen. Anderfalls ist mit einem Verstoss gegen die Verwertungsrechte (und ggf. gegen die Persönlichkeitsrechte) zu rechnen.

Prof. Forgó weißt darauf hin, dass diese Probleme Teil einer umfassenderen und in erster Linie nicht rechtlichen sondern politischen Fragestellung sind: Wie will die Universität zukünftig mit dem im akademischen Bereich produzierten intellektuellen Eigentum umgehen? Mögliche Optionen sind: eine Strategie der kommerziellen Verwertung und Beschränkung des Zugangs zu Wissen; eine „idealistische“ Strategie eines freien (u. U. unentgeltlichen) Zugangs zu Wissen; usf.

Dies ist eine wichtige wissenspolitische Frage, die nur sehr zögerlich im europäischen Rahmen verfolgt wird (während das Problem in der USA bereits stark angegangen worden ist). Wie man sich auch entscheidet, ist es wichtig – unterstreicht Prof. Forgó – dass diese Entscheidung getroffen sowie rechtlich geklärt und abgesichert wird.

Nicht nur Fragen des Urheberrechtes sind innerhalb des universitären Kontextes relevant. Mehrere andere (rechtlich brisante) Bereiche werden von akademischen Praktiken tangiert – dies ist besonders mit dem Aufkommen von eLearning-Angeboten verbunden. Hierzu gehören der Datenschutz, das Persönlichkeitsrecht, der Patentschutz, etc. etc.

Die Öffentlichkeit von Lehrveranstaltungen ist ein Grundbestandteil der heutigen Universität (die Bedeutung von „öffentlich“ ist bereits in Deutschland ausjudiziert und besagt, dass „Öffentlichkeit“ ab zwei Personen besteht, die untereinander kein Freundschaftverhältnis unterhalten). Dies bringt u.a. auch eine Wahrung der Anonymität mit sich, d.h. ein Student kann Meinungsäusserung betreiben, ohne die Pflicht, seine Identität ausweisen zu müssen.

  • Bsp. 5 In eLearning-Umgebungen (z.B. Online-Foren) wird die Wahrung der Anonymität durch Registrierung verletzt, da eine Meinungsäusserung sehr genau in Verbindung mit der Identität der jeweiligen Studierenden gebracht werden kann.
  • Bsp. 6 Filmen und Aufnehmen von Lehrveranstaltungen ist ohne Erlaubnis der Anwesenden nur in sehr begrenzten Maße möglich, es kann sehr schnell zur Verletzung des Datenschutzes kommen.

eLearning ist Teil einer generalisierten Entwicklung der Universität zu einer Digitalisierung der Textproduktion. So müssen bereits Diplomarbeiten zusätzlich im digitalen Format der Universität vorgelegt werden. Dies bringt die Möglichkeit mit sich, die Arbeiten automatisch auf Plagiat- und Urheberrechtsverstössen hin zu kontrollieren. Bereits viele Universitäten haben Anti-Plagiat-Software in Einsatz gebracht; sie haben aber weniger Geld und Aufmerksamkeit in die Erkennung (und Klärung) der rechtlichen Probleme, die beim Einsetzen dieser neuer Verfahrensweisen entstehen, investiert.

  • Bsp. 7 Manche Antiplagiat-software transferiert die studentischen Arbeiten auf fremde server, die diese Arbeiten dann mit existierenden Datenbanken vergleichen. Bereits dieser Schritt ist rechtlich heikel (handelt es sich um eine „zur Verfügung Stellung“ des Werkes?); diese Arbeiten werden anschliessend nicht vom server gelöscht, sondern in die bestehenden Datenbanken ‚eingespeist’ – damit diese auch anwachsen und so der Erkennungsprozess präziser werden kann. Dieser Akt ist rechtlich eine (unerlaubte) Vervielfältigung und verstösst somit massiv gegen die Urheberregelung. Dazu kommen dann noch die Datenschutzverstösse, die durch eine nicht geregelte Speicherung der Informationen bzg. des Autor (Name, etc.) zum tragen kommen.

Diese ganzen Beispiele zeigen – so Prof. Forgó – dass man rechtliche Probleme wahrnehmen muss, bevor sie zum Problem werden (und dann für Universität und weitere Beteiligte äusserst belastend sein können).

2) In dieser Perspektive hat das Projektzentrum Lehrentwicklung und das Forum Neue Medien ein Projekt zur Gestaltung des Österreichischen eLearning Rechtsportal gestartet, für das Prof. Forgó die wissenschaftliche Leitung übernimmt. Die erste Phase des Projektes (die bis zum Sommer 2006 laufen wird) besteht in dem Aufbau eines FAQ-Ansatz (Frequently Asked Questions) bzg. dem Thema Urheberrecht und eLearning – die behandelten Fragen werden sich allerdings auf den Bereich Urheberrecht beschränken.

Das Projekt sieht vor bestehende Fragen und Unsicherheiten zu diesem Thema zu klären, nicht im Sinne einer ordentlichen Rechtsberatung, sondern als Klärung der – und Aufklärung über – rechtlichen Implikationen der Lehrentwicklung. Prof. Forgó lädt explizit alle involvierten Parteien ein (vornehmlich Hochschullehrer und Studierende) ihre konkreten Fragen an das Projekt zu schicken [es wurde aber keine einschlägige eMail-Addresse angegeben! (A.d.V.)]; diese werden zu allgemeinen Fragestellungen umformuliert und dann durch verschiedene Auswahlkriterien auf www.nml.at zur Verfügung gestellt (Start: voraussichtlich Juli 2006).

Die zweite Phase des Projektes wird sich mit weiteren Bereichen befassen (müssen), wie z.B. Datenschutz. Prof. Forgó plädiert ferner für eine Weiterführung des Projektes, nicht nur als zeitlich begrenzte Entwicklung, sondern hebt hervor, dass eine lohnende Investition für die Universität Wien (und für die weiteren österreichischen Hochschulen) darin bestehen würde, die Weiterentwicklung des Portals zu einer beständigen Einrichtung werden zu lassen. --Daniel