Wirksamkeit der Maßnahmen (JsB)

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Wirksamkeit der Maßnahmen

Grundsätzlich sind bei Straftaten Jugendlicher andere Maßstäbe anzulegen als bei denen Erwachsener. Zu beachten sind besonders

  • die Episodenhaftigkeit der Jugenddelinquenz: Vorübergehende Entgleisungen während des Heranwachsens treten bei fast allen Jugendlichen auf.
  • die Ubiquität der Jugenddelinquenz. Damit ist die Unabhängigkeit jugendlicher Delinquenz von der Gesellschaftsschicht gemeint.
  • die mangelnde Verantwortungsreife der meisten Jugendlichen:

Das Unterscheidungsvermögen zwischen Recht und Unrecht und die Fähigkeit, danach zu handeln, sind noch weniger gut ausgeprägt. Für die meisten straffällig gewordenen Jugendlichen bleibt die Straffälligkeit ein einmaliges Ereignis. Nur etwa jeder dritte strafrechtlich Sanktionierte bzw. aus der Haft Entlassene wird innerhalb eines Rückfallzeitraums von vier Jahren erneut straffällig Die zu einer freiheitsentziehenden Sanktion Verurteilten weisen ein höheres Rückfallrisiko auf als die mit milderen Sanktionen belegten.

Die Bewährungsstrafen schneiden gegenüber vollzogenen Strafen deutlich besser ab. Laut dem Bundesministerium für Justiz werden Präventivmaßnahmen und Rückfallverhinderung als eine der wichtigsten Aufgaben des Jugendstrafrechts gesehen. Spezialpräventive (erzieherische) Gesichtspunkte sollen im Vordergrund stehen. Nicht Sühne, Vergeltung, Abschreckung oder Sicherung der Allgemeinheit, sondern Erziehung, Sozialisation , Resozialisierung und Wiederherstellung des sozial adäquaten Verhaltens sollen delinquente Jugendliche dabei unterstützen, die gesellschaftlich anerkannten Werte und Normen zu akzeptieren und ihnen Hilfestellung geben, auch danach zu leben.

Daten dazu liegen aus Deutschland für den Zeitraum ab 1994 vor. Erfasst wurden Eintragungen aller Personen, die im Zentralregister bzw. Erziehungsregister eingetragen sind, wenn sie im Basisjahr 1994 entweder mit einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe, einer Geldstrafe, anderen jugendstrafrechtlichen Sanktionen oder nach einer freiheitsentziehenden Strafe oder Maßregel aus der Haft entlassen worden sind. Die so erfassten Personen wurden individuell über einen Folgezeitraum von vier Jahren darauf überprüft, ob weitere Eintragungen erfolgten. Insgesamt wurden Eintragungen zu 947.090 Probanden in die Analyse des Basisjahrs 1994 einbezogen.

Rückfälligkeit in Bezug auf Freiheitsentzug mit und ohne Bewährung:

Verglichen werden bedingte Freiheitsstrafe (bedingte FS) und unbedingte Freiheitsstrafe (unbedingte FS).

gesamt bedingte FS unbedingte FS
nicht rückfällig 37 40 19
rückfällig 63 60 81

Insgesamt werden Jugendliche, die mit Freiheitsstrafe sanktioniert werden zu 63% wieder straffällig. Bei bedingter Freiheitsstrafe bleibt es allerdings bei 40% der Jugendlichen ein einmaliges Delikt, während bei unbedingter Freiheitsstrafe 81% wieder straffällig werden.

Rückfälligkeit in Bezug auf die verschiedenen Bezugsmaßnahmen:

Die gewählten Bezugsentscheidungen sind:

  • Jugendstrafe ohne Bewährung (JS ohne B): Freiheitsentzug
  • Jugendarrest (JA): Kurzarrest von 1 bis 4 Wochen Dauer, ev. auch nur Freizeitarrest
  • Jugendstrafe mit Bewährung (JS mit B): Ambulante Sanktionen, zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen, Geldstrafen; Verwarnung mit Strafvorbehalt
  • Jugendrichterliche Maßnahmen (JRM) :Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel
  • Sonstige jugendrichterliche Entscheidungen (Sonstige) (durch jugendrichterliches Urteil getroffene eintragungspflichtige Entscheidungen): jugendrichterliche Reaktion bei mangelnder Reife, Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe, Überweisung an den Vormundschaftsrichter, Absehen von Strafverfolgung, Einstellungen des Strafverfahrens.

JS ohne B. JS mit B. JA JRM Sonstige
nicht rückfällig 22 40 30 45 60
rückfällig 78 60 70 55 40

Von allen mit Bezugsentscheidungen belegten Jugendlichen sind die höchsten Rückfallsraten bei denjenigen mit unbedingter Jugendstrafe (78%) und Jugendarrest (70%) zu verzeichnen. Am besten schneiden jugendrichterliche Maßnahmen, die erzieherischen Schritte oder eine Aussetzung der Strafe anwenden, ab.


Literatur: Jehle J-M., Heinz W., Sutterer P. (2003): Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen. Eine kommentierte Rückfallstatistik, Bundesministeruim für Justiz; Berlin