Wirksamkeit der Maßnahmen (Kriminalität) (JsB)

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Einleitung

Aufgrund der Widersprüche der Wohlstandsgesellschaft, der Individualisierung, der Labilisierung von Familien und der Autonomisierung des Jugendstatuses gelten heute grundsätzlich alle Jugendlichen als „gefährdet“ (Giesecke; 1990; Einführung in die Pädagogik, Seite 166 – 167). Immerhin gelingt es aber zwei Drittel der gesamten jungen Altersgruppe „gravierende und für sie folgenreiche Konflikte der Jugendstrafrechtspflege zu vermeiden“ (Kaiser; 1989. In Markefka/Nave-Herz (Hrsg), Handbuch der Familien- und Jugenforschung, Seite 763). Soziale Benachteiligung gilt als schwerwiegender Risikofaktor. 90% der Verurteilten stammen aus der Unterschicht oder unteren Mittelschicht (Dimmel/Hagen; 2005; Strukturen der Gesellschaft, Seite 184).

Literatur: Dimmel N., Hagen JJ (2005): Strukturen der Gesellschaft. Familie, soziale Kontrolle, Organisation und Politik; WUV: Wien Giesecke H. (1990): Einführung in die Pädagogik; Juventa: Weinheim / München Kaiser G. (1989): Jugendkriminalität. In: Markefka M, Nave-Herz R (Hsg): Handbuch der Familien- und Jugendforschung

Definitionen

Begriffserläuterungen zum Leitthema: „Welche Präventionsmaßnahmen für jugendliche Straftäter sind geeignet, um die Rückfallsquote zu reduzieren?“

Prävention

Delinquentes Verhalten im Jugendalter kommt so häufig vor, dass es in dieser Lebensphase als „normal“ betrachtet werden kann. Um die Ausbildung persistent antisozialen Verhaltens zu verhindern, ist es erforderlich dem Phänomen der Jugenddelinquenz mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen (Montada, 1998. In Oerter/Montada (Hrsg.); 1998; Entwicklungspsychologie, Seite 1029).

(lat. prævenire) Vorbeugung, Verhütung, Zuvorkommen Vor allem im Gesundheitswesen, in der Verbrechensbekämpfung und im Rechtswesen. Präventive Handlungen oder Maßnahmen sollen nach diesem Verständnis verhindern, dass individuell, sozial oder gesellschaftlich unerwünschte Zustände oder Entwicklungen eintreten. Es wird unterschieden zwischen primärer, sekundärer und tertiärer Prävention.

Primäre Prävention

dient der Vermittlung von Werten und Normen, die eine gesellschaftliche Integration ermöglichen. Sie bezieht sich auf die Bewältigung von Problemsituationen und zwar bereits bevor abweichende Handlungen von Personen der Zielgruppe realisiert worden sind. Primäre Prävention setzt an den zugrunde liegenden Ursachen der Kriminalität an und soll eine Art Anreizsystemen für Rechtsgehorsam darstellen. Oft wird Prävention nur im Sinne der primären aufgefasst. Zielgruppe: richtet sich an alle Kinder und Jugendliche und ihre Eltern (-> Erziehung)

Sekundäre Prävention

Wenn eine Verhaltensauffälligkeit, abweichendes Verhalten etc. bereits eingetreten ist, sollen mit der sekundären Prävention weitere Negativfolgen durch frühzeitiges Erfassen und behandeln der Störung eingedämmt bzw. verhindert werden. Es handelt sich um eine Bekämpfung der Kriminalität an der Oberfläche, z.B. durch Veränderung der Tatgelegenheit. Zielgruppe: richtet sich an gefährdete Kinder und Jugendliche (-> Intervention)

Tertiäre Prävention

Unter tertiärer Prävention versteht man alle Vorgangsweisen, die der Rehabilitation dienen. Sie zielt auf Personen ab, die durch abweichendes oder delinquentes Handeln und seine gesellschaftlichen Konsequenzen bereits von Desintegration bzw. Marginalisierung betroffen sind. Ihr ziel ist z.B. das Verhindern von "Rückfällen" bei Straftätern/innen durch Therapie, spezifische Trainings oder andere Versuche der Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Zielgruppe: Betroffene Kinder und Jugendliche (-> Rehabilitation)

Bei der Kriminalprävention werden insbesondere zwei Präventionsformen unterschieden:

Generalprävention

Soll bewirken, dass alle Mitglieder einer Gesellschaft darauf verzichten, delinquente Handlungen zu begehen (z.B. im Wege der Abschreckung durch angedrohte oder in Einzelfällen verhängte Strafen).

Spezialprävention

Verfolgt den Zweck, einzelne Personen entweder daran zu hindern, (weitere) strafbaren Handlungen zu begehen (z.B. durch eine Haftstrafe), oder dazu zu motivieren, strafbare Handlungen zu unterlassen (z.B. durch die Ansetzung einer Haftstrafe zur Bewährung).

Jugend / Jugenalter

Umfaßt die Entwicklungsphasen Pubertät und Adoleszenz. Die Jugend beginnt mit der Geschlechtsreife und schließt mit der Übernahme voll verantwortlicher, gesellschaftlicher Erwachsenenrollen ab. Die unterschiedlichen Definitionen sozialer Reife in den einzelnen Gesellschaftsbereichen erschweren die soziale Orientierung und konfrontieren mit Rollenkonflikten. Heutzutage tritt z.B. durch längere Ausbildungszeiten eine „künstliche Verlängerung“ der Jugend ein und in vielen Fällen bleibt dadurch u.a. eine ökonomische Abhängigkeit von den Eltern länger erhalten. Da Jugendliche deshalb auch erst später die für das Erwachsenenalter typischen Verantwortungen übernehmen müssen, spricht man auch von einem Moratorium (Aufschub).

Jugendkriminalität

Bezeichnung für die Gesamtheit der Verhaltensweisen von Jugendlichen, die gegen strafrechtliche Normen verstoßen. Dazu zählt auch abweichendes Verhalten wie etwa Schuleschwänzen. Da vielen Jugendlichen die Schwere ihrer Straftaten noch nicht voll bewusst ist, kommt für sie ein spezielles Jugendstrafrecht zum Tragen.

Jugendlicher Straftäter

Im Jugendstrafrecht wird zwischen Jugendlichen (14 – 18 Jahren) und Heranwachsenden (18 - 21 Jahren) unterschieden. Straftaten, die von Kindern unter 14 Jahren begangen werden, sind strafrechtlich nicht relevant.

Quellen: "Abschlußbericht und Präventionsvorschläge" der Kommission "Rechtsextremismus" des Landespräventionsrates Niedersachsen, Seite 58-59 (Online-Quelle: www.greifswald.de , download: 11.04.2007) Duden „Die Psychologie“, 2000, Klampt-Druck GmbH, Speyer Grosses Wörterbuch Psychologie, 2005, Compact Verlag, München Polizeiliche Kriminalstatistik 2006, Bundesrepublik Deutschland (Online-Quelle: www.bka.de , download: 11.05.2007)

Von Abweichung bis Kriminalität

Nicht jedes abweichende Verhalten kann als kriminell bezeichnet werden. Eine differenzierte Betrachtung ist notwendig.

Devianz

Als abweichend werden Handlungen bezeichnet, wenn sie gesellschaftliche Normen verletzen. Dafür steht auch der Begriff Devianz. Abweichendes Verhalten ist abhängig von den jeweils vorherrschenden sozialen Verhältnissen und kann nicht unabhängig von diesen definiert werden. Es ist gebunden an bestimmte Orte, Zeiten, Gruppen, Personen und Situationen. Je homogener Gesellschaften aufgebaut sind, umso enger sind die Grenzen des Normverhaltens gesteckt. Pluralistische Demokratien lassen meist einen größeren Spielraum an Verhalten zu, was bei Jugendlichen mitunter Orientierungslosigkeit verursachen kann.

Buchtipp: Bürgerschreck Punk. Lebenswelten einer unerwünschten Randgruppe – Reiners, Malli, Reckinger, 2006

Gewissen Gruppen (z.B. Künstlern) oder Altersklassen (z.B. Jugendlichen in der Pubertät) wird ein gewisses Maß an abweichendem Verhalten zugestanden, ohne dass es sofort zu gesellschaftlicher Ächtung kommt.

Delinquenz

Unter Delinquenz wird deviantes Verhalten verstanden, welches gegen Rechtsnormen verstößt und somit auch in Betracht kommt, strafrechtlich verfolgt zu werden.

Kriminalität

Der Begriff Kriminalität steht für delinquentes Verhalten, welches verurteilt wurde. Ob delinquente Handlungen auch kriminalisiert werden, hängt maßgeblich von unterschiedlichsten Faktoren ab. „Kriminalität ist ein Ergebnis der Interpretation einer Situation....“ (Dimmel/Hagen; 2005; Strukturen der Gesellschaft, Seite 151), was die Verschiebbarkeit von Grenzen deutlich macht. Das „Kriminalisierungsrisiko“ (ebd , Seite 188) ist gesellschaftlich ungleich verteilt.

Es gilt auch zu bedenken, dass abweichendes Verhalten einen gesellschaftlichen Nutzen erfüllt. Einerseits ist es als Ventil zu verstehen und andererseits fördert es den Zusammenhalt der sich normkonform verhaltenden Menschen. (Dimmel/Hagen; 2005; Strukturen der Gesellschaft, Seite 153)

Literatur: Dimmel N., Hagen JJ (2005): Strukturen der Gesellschaft. Familie, soziale Kontrolle, Organisation und Politik; WUV: Wien

Mögliche Ursachen für abweichendes Verhalten

Vererbung

Lange Zeit suchte man nach Hinweisen, durch angeborene Merkmale wie Schädelformen, Gesichtszüge oder genetische Anormalitäten, abweichendes Verhalten zu begründen. Heute geht man davon aus, dass biologische Voraussetzungen alleine zur Erklärung nicht ausreichen.

Sozialisation

Sigmund Freud führt abweichendes Verhalten auf mangelnde Möglichkeiten zurück, durch geeignete Identifikation mit Erwachsenen, ein ausreichend starkes Über-Ich zu entwickeln, um die Werte und Normen einer Gesellschaft zu verinnerlichen.

Soziales Lernen

In der Theorie des Sozialen Lernens (Bandura und Walters 1959, zit. nach Joas 1997) wird angenommen, dass sich soziales Verhalten durch Beobachtung und Imitation entwickelt. Fehlen positive Vorbilder oder wird negatives Verhalten, z.B. in Familien durch die Eltern, vorgelebt, kommt es, statt zu gesellschaftlich konformen Verhalten, zu abweichenden Handlungen.

Differentielle Assoziation

Die Theorie der differentiellen Assoziation (Gaylord/Galliher 1988, Sutherland 1949, zit. nach Joas 1997) besagt, dass Menschen dann abweichendes Verhalten zeigen, wenn sie durch soziale Bande mit anderen Menschen, die dieses Verhalten ausüben, verknüpft sind. Dies spielt besonders in Peer - Groups eine große Rolle.

Strukturelle Spannungen

Die Theorie der Strukturellen Spannung (R.Merton 1968a, zit. nach Joas 1997) versucht abweichendes Verhalten zu erklären durch die Diskrepanz zwischen den Werten, Normen und Anforderungen einer Gesellschaft und den Möglichkeiten diesen zu entsprechen. Menschen, denen legitime Mittel zur Realisierung der kulturellen Ziele und Erwartungen fehlen, versuchen diese dennoch zu erreichen, müssen dafür aber auf gesellschaftlich nicht gebilligte Handlungen zurückgreifen.

Soziale Kontrolle

Die Theorie der Sozialen Kontrolle (Hirsch 1969, zit. nach Joas 1997) sieht abweichendes Verhalten als Folge mangelnder gesellschaftlicher Sanktionen, vor allem im Bereich der informellen Sanktionen. Wenn sowohl positive Reaktionen als Belohnung für Konformität, als auch negative Reaktionen bei Nichteinhaltung von Normen, nur schwach eingesetzt werden, weil gesellschaftliche Strukturen, wie etwa elterliche Kontrolle, fehlen, kommt es durch diesen Mangel an sozialem Lernen zu einer Verstärkung abweichenden Verhaltens.

Literatur: Joas H. (Hsg. 1979): Lehrbuch der Soziologie. Campus Verlag, Frankfurt/New York


Theorien der Kriminalsoziologie

Delinquenz auf ein monokausales Geschehen zu reduzieren greift zu kurz. Unterschiedliche Theorien versuchen sich aus teilweise diametralen Blickwinkeln dem Phänomen zu nähern. Bei der Beurteilung von devianten und kriminellen Verhaltensweisen müssen immer die kulturellen und historischen Bedingungen beachtet werden. Nicht nur die gesellschaftliche Bewertung abweichenden oder kriminellen Verhaltens („common sense“, folkways), auch die gesetzgeberischen Entscheidungen und Ahndungen (stateways) ( V.Samar 1997, zit. nach Dimmel, Hagen 2005, Seite148), sind gebunden an die jeweiligen Macht- und Herrschaftsverhältnisse, an Orte, Zeiten, Gruppen und Situationen. Kriminalität kann unter diesen Aspekten als sozialer Konflikt verstanden werden, der durch gesetzliche Maßnahmen unter Strafe gestellt wird.

Buchtipp: Überwachen und Strafen. Die Geburt der Gefängnisse – Michel Foucault, 1976

Im Laufe der gesellschaftlichen Veränderungen entwickelte sich auch die Kriminalsoziologie weg von biologischer Disposition (sogenannten „Tätertypen“) in Richtung sozialpsychologischer Theorien.

Soziobiologische Theorie

Als Ursache für Kriminalität werden genetische Anlagen oder körperlich/geistige Anomalien gesehen. Mangelnde Intelligenz in Verknüpfung mit Aggressionsneigung werden als Grundlage für „Täterpersönlichkeiten“ oder „soziopathische Persönlichkeitsstörungen“ Dimmel/Hagen; 2005; Strukturen der Gesellschaft, Seite 160) angenommen. Dieser stark deterministische Ansatz läßt damit wenig Hoffnung auf Veränderung oder Resozialisierung zu.

Anomietheorie

Diese Theorie geht zurück auf das Anomie Konzept von Robert Merton ( in N.Passas (ed.) 1977, zit. nach Dimmel, Hagen 2005, Seite160). Er sieht Kriminalität als eine individualpsychologische Störung, die es unmöglich macht, gesellschaftlich vorgegebene Werte (wie materiellen Wohlstand, Status), die gleichwohl als erstrebenswert betrachtet werden, zu verwirklichen ( in M.Clinard (ed) 1964, zit. nach Dimmel, Hagen 2005, Seite1161). Dadurch kommt es zu Orientierungslosigkeit und Verlust an Verhaltenssicherheit. Abweichende Handlungen werden, besonders im Jugendalter aus Übermut oder in Adoleszenzkrisen, zuerst eher zufällig begangen (primäre Devianz). Verfestigt sich dieses Haltung zu einem systematischen Repertoire strafrechtlichen Verhaltens (sekundäre Devianz) kommt es zusätzlich zu gesellschaftlicher Stigmatisierung und einer Rollenzuweisungen, die es dem Täter mehr und mehr verunmöglicht zu gesellschaftlicher Konformität zurückzufinden.

Subkulturtheorie

Diese Theorie geht davon aus, dass es in jeder entwickelten Gesellschaft Gruppen gibt (street corner societies) (E.Sutherland/C.Cressey 1970, zit. nach Dimmel, Hagen 2005, Seite166), die abweichende kulturelle Werte und Verhaltensformen leben. Das abweichende Verhalten der Mitglieder wird zurückgeführt auf gestörte frühkindliche Sozialisation. In der Gruppe werden nun abweichende soziale Verhaltensnormen und Statuskriterien gelernt, die starken Zusammenhalt und Gemeinschaftsgefühl fördern.

Sozialstrukturtheorie

Abweichendes Verhalten wird erklärt durch gesellschaftliche Strukturen, wie Arbeits- und Wohn/Lebensverhältnisse, Benachteilung, soziale Ausgrenzung und mangelnden Zugang zu Bildungsressourcen. Die Theorie stützt sich darauf, dass Delikte milieuspezifisch unterschiedlich begangen, aber auch unterschiedlich sanktioniert werden. Zusätzlich werden schichtspezifische Lern- und Sozialisierungsprozesse, z.B. in peer-groups, und Gelegenheiten, abweichend zu handeln, dafür verantwortlich gesehen.

labeling approach

Dieser „Etikettierungsansatz“ (W.Rüther 1975, zit. nach Dimmel, Hagen 2005, Seite170) geht davon aus, dass deviantes Verhalten dadurch verstärkt und generalisiert wird, dass dem Täter im nachhinein negative Eigenschaften und eine kriminelle Persönlichkeit zugeschrieben werden. Durch Vorurteile, Sanktionserlebnisse, Strafen und gesellschaftlichen Konsequenzen auf seine abweichenden oder kriminellen Handlungen sieht sich der Täter mit einem Etikett versehen, das es ihm schwer macht seinen Status eines „Straffälligen“ oder „Kriminellen“ zu verändern.

biographischer Ansatz

Diese Theorie baut stark auf dem labeling approach auf. Zusätzlich verfestigt sich das abweichende Verhalten noch durch „self fulfilling prophecies“, durch retrospektive Interpretation der Persönlichkeit des Straftäters in Richtung kriminelle Karriere (H.Cremer-Schäfer 1975, zit. nach Dimmel, Hagen 2005, Seite173)und durch Erschweren des Zugangs zu legalen Verhaltensformen.

kritische Kriminologie

Die kritische Kriminologie versucht den Blick nicht nur auf den Täter und sein soziales Umfeld, sondern auch auf die Akteure der Strafverfolgung und der Sanktionierung zu richten. Das Strafrecht wird im Lichte von gesellschaftlichen Machtstrukturen und ökonomischen Ungleichheiten betrachtet. Auch auf Opferinteressen und Wiedergutmachung wird vermehrt Bezug genommen.

Literatur: Dimmel N., Hagen JJ (2005): Strukturen der Gesellschaft. Familie, soziale Kontrolle, Organisation und Politik; WUV: Wien

V.Samar (1997): A Moral Justification for Gay and Lesnian Civil Rights Legislation, in L.Gruen/G.Panichas (ed.1997): Sex, Morality and the Law, New York, Seite 64 ff. N.Passas (ed. 1997): The Future of Anomie Theory, Boston M.Clinard (ed.1964):Anomie and Deviant Behavior, New York E.Sutherland/C.Cressey (1970): Criminology, vol.8, Philadelphia W.Rüther (1975): Abweichendes Verhalten und Labeling approach, Köln H.Cremer-Schäfer (1975): Stigmatisierung von Vorbestraften und Rückfallkriminalität, in: M.Brusten/J.Hohmeier (Hrsg. 1975): Stigmatisierung, Bd.2: Produktion gesellschaftlicher randgruppen, Darmstadt, Seite129 ff.

Kriminalität und Persönlichkeit

Antisoziales Verhalten in der Kindheit gilt als bester Frühprädiktor für die Ausbildung delinquenten Verhaltens. (Montada, 1998. In Oerter/Montada (Hrsg.); 1998; Entwicklungspsychologie, Seite 1026)

Chaotische Lebenswege, materielle Defizite und das Aufwachsen in sogenannten Problemfamilien gelten als Risikofaktoren. Eine Abwärtsspirale beginnt sich zu drehen. Auffällige Kinder werden häufiger abgelehnt und entwickeln ein negatives Selbstbild. Je länger ein Mensch in einer derartigen Atmosphäre lebt, umso schwieriger wird eine Veränderung. Der Heranwachsende lernt sich mit dieser Rolle zu identifizieren.

Um diesen Risikofaktoren adäquat entgegenzuwirken, ist eine Differenzierung dringend notwendig, weil „Maßnahmen nur greifen können, wenn sie auf die Täterpersönlichkeit, deren sozialen Kontext und Lebenssituation und die Tatumstände abgestimmt sind.“ (Göppinger,1985. In Oerter/Montada (Hrsg.); 1998; Entwicklungspsychologie, Seite 1033)

Link: www.zimbardo.com

Literatur: Montada L (1998): Delinquenz. In Oerter R, MontadaL (Hrg.): Entwicklungspsychologie. Beltz: Weinheim


Maßnahmen bei Straffälligkeit

Das in Österreich seit 1988 geltende Jugendgerichtsgesetz, sieht für Jugendliche (14. – 18. Lebensjahr) und junge Erwachsene ( 18. – 21. Lebensjahr) eingeschränkte Strafdrohungen und die Möglichkeit eines Schuldspruchs unter Vorbehalt der Strafe sowie die Möglichkeit eines Strafaufschubs vor.

Link: www.ris.bka.gv.at

Laut § 30 des Jugendgerichtsgesetzes müssen die mit Jugendstrafsachen betrauten Richter über pädagogische, psychologische und sozialarbeiterische Fähigkeiten verfügen. Im § 43, Abs. 1 sieht das selbe Gesetz vor, dass die Lebens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten zu erforschen sind (http://www.ris.bka.gv.at, 16.5.2007).

Kaiser postuliert bei jugendlichen „Ersttätern im minderschweren Deliktsbereich möglichst nachsichtig, informell und nichtstigmatisierend vorzugehen, um Verfestigungen des Fehlverhaltens und kriminelle Karrieren zu vermeiden“ (Kaiser; 1989. In Markefka/Nave-Herz (Hrsg), Handbuch der Familien- und Jugendforschung, Seite 763).

Persuasive Mittel

Darunter werden sozialisierende und erzieherische Maßnahmen verstanden. Das Ziel ist die Verinnerlichung geltender Normen und Werte. Es liegt im Ermessen des/der RichterIn bei einer Verhandlung Bewährungshilfe anzuordnen. Die/der BewährungshelferIn unterstützt bei der Bearbeitung der sozialen Situation, der Auseinandersetzung mit der Tat und versucht mittels Beziehungsangebot die sozialen Kompetenzen seiner/ihrer KlientInnen zu verbessern und diese durch schwierige Lebensphasen zu begleiten. In Österreich besteht seit den 1960er Jahren der Verein für Bewährungshilfe und soziale Jugendarbeit. Seit 2002 trägt er den Vereinsnamen NEUSTART und verfügt über 15 Einrichtungen. (Informationsbroschüre von NEUSTART, November 2005)

Link: www.neustart.at

Ebenso ist es möglich, dass mittels Weisung gesundheitsbezogene Maßnahmen (z.B. bei Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz Entwöhnungsbehandlungen oder psychotherapeutische Behandlungen) erteilt werden. Die Kosten dafür trägt in diesen Fällen der Bund.


Utilitäre Mittel

Bei diesen Maßnahmen steht die Wiedergutmachung des Schadens im Vordergrund. Laut Jugendgerichtsgesetz § 7 ist ein Rücktritt der Verfolgung ohne oder mit Anordnung gemeinnütziger Leistungen, Zahlung eines Geldbetrages oder der Regelung mittels außergerichtlichen Tatausgleiches möglich. (http://www.ris.bka.gv.at, 16.5.2007) Diese Formen werden als diversionelle Maßnahmen bezeichnet und belaufen sich zumeist auf eine Probezeit von 2 Jahren. Bewährungshilfe kann zusätzlich angeordnet werden.

Zwangsmittel oder Repression

Von einer Gefängnisstrafe verspricht sich der Gesetzgeber eine generalpräventive und eine individuell abschreckende Wirkung. Montada zitiert eine Studie aus dem Jahr 1979 von Murray und Cox, wonach die Zahl der Festnahmen nach einer Gefängnisstrafe im Beobachtungszeitraum von 18 Monaten um zwei Drittel reduziert werden konnte. Andererseits kann eine Gefängnisstrafe gerade für Jugendliche brutalisierend wirken und zur „Schule für Kriminalität“ werden.

Es wurde festgestellt, dass der Abschreckungserfolg nicht so sehr mit der Strafhöhe, als mit der Wahrscheinlichkeit der Entdeckung zusammenhängt. Bei Drogendelikten greift das Modell der Abschreckung nicht. (Montada, 1998. In Oerter/Montada (Hrsg.); 1998; Entwicklungspsychologie, Seite 1034 - 1035).

Laut Jugendgerichtsgesetz § 36 sollten Jugendliche in besonderen Abteilungen, von erwachsenen Häftlingen abgesondert inhaftiert und beschäftigt und unterrichtet werden. (http://www.ris.bka.gv.at, 16.5.2007)

Literatur: Kaiser G. (1989): Jugendkriminalität. In: Markefka M, Nave-Herz R (Hsg): Handbuch der Familien- und Jugendforschung Montada L (1998): Delinquenz. In Oerter R, MontadaL (Hrg.): Entwicklungspsychologie. Beltz: Weinheim http://www.ris.bka.gv.at, 16.5.2007 Informationsbroschüre NEUSTART, November 2005

Wirksamkeit der Maßnahmen

Grundsätzlich sind bei Straftaten Jugendlicher andere Maßstäbe anzulegen als bei denen Erwachsener. Zu beachten sind besonders

  • die Episodenhaftigkeit der Jugenddelinquenz: Vorübergehende Entgleisungen während des Heranwachsens treten bei fast allen Jugendlichen auf.
  • die Ubiquität der Jugenddelinquenz. Damit ist die Unabhängigkeit jugendlicher Delinquenz von der Gesellschaftsschicht gemeint.
  • die mangelnde Verantwortungsreife der meisten Jugendlichen:

Das Unterscheidungsvermögen zwischen Recht und Unrecht und die Fähigkeit, danach zu handeln, sind noch weniger gut ausgeprägt. Für die meisten straffällig gewordenen Jugendlichen bleibt die Straffälligkeit ein einmaliges Ereignis. Nur etwa jeder dritte strafrechtlich Sanktionierte bzw. aus der Haft Entlassene wird innerhalb eines Rückfallzeitraums von vier Jahren erneut straffällig Die zu einer freiheitsentziehenden Sanktion Verurteilten weisen ein höheres Rückfallrisiko auf als die mit milderen Sanktionen belegten.

Die Bewährungsstrafen schneiden gegenüber vollzogenen Strafen deutlich besser ab. Laut dem Bundesministerium für Justiz werden Präventivmaßnahmen und Rückfallverhinderung als eine der wichtigsten Aufgaben des Jugendstrafrechts gesehen. Spezialpräventive (erzieherische) Gesichtspunkte sollen im Vordergrund stehen. Nicht Sühne, Vergeltung, Abschreckung oder Sicherung der Allgemeinheit, sondern Erziehung, Sozialisation , Resozialisierung und Wiederherstellung des sozial adäquaten Verhaltens sollen delinquente Jugendliche dabei unterstützen, die gesellschaftlich anerkannten Werte und Normen zu akzeptieren und ihnen Hilfestellung geben, auch danach zu leben.

Daten dazu liegen aus Deutschland für den Zeitraum ab 1994 vor. Erfasst wurden Eintragungen aller Personen, die im Zentralregister bzw. Erziehungsregister eingetragen sind, wenn sie im Basisjahr 1994 entweder mit einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe, einer Geldstrafe, anderen jugendstrafrechtlichen Sanktionen oder nach einer freiheitsentziehenden Strafe oder Maßregel aus der Haft entlassen worden sind. Die so erfassten Personen wurden individuell über einen Folgezeitraum von vier Jahren darauf überprüft, ob weitere Eintragungen erfolgten. Insgesamt wurden Eintragungen zu 947.090 Probanden in die Analyse des Basisjahrs 1994 einbezogen.


Rückfälligkeit in Bezug auf Freiheitsentzug mit und ohne Bewährung:

Verglichen werden bedingte Freiheitsstrafe (bedingte FS) und unbedingte Freiheitsstrafe (unbedingte FS).


gesamt Bedingte FS Unbedingte FS Nicht rückfällig 37 40 19 rückfällig 63 60 81

Insgesamt werden Jugendliche, die mit Freiheitsstrafe sanktioniert werden zu 63% wieder straffällig. Bei bedingter Freiheitsstrafe bleibt es allerdings bei 40% der Jugendlichen ein einmaliges Delikt, während bei unbedingter Freiheitsstrafe 81% wieder straffällig werden.

Rückfälligkeit in Bezug auf die verschiedenen Bezugsmaßnahmen:

Die gewählten Bezugsentscheidungn sind: Jugendstrafe ohne Bewährung (JS ohne B): Freiheitsentzug Jugendarrest (JA): Kurzarrest von 1 bis 4 Wochen Dauer, ev. auch nur Freizeitarrest Jugendstrafe mit Bewährung (JS mit B): Ambulante Sanktionen, zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen, Geldstrafen; Verwarnung mit Strafvorbehalt Jugendrichterliche Maßnahmen (JRM) :Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel Sonstige jugendrichterliche Entscheidungen (Sonstige) (durch jugendrichterliches Urteil getroffene eintragungspflichtige Entscheidungen): jugendrichterliche Reaktion bei mangelnder Reife, Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe, Überweisung an den Vormundschaftsrichter, Absehen von Strafverfolgung, Einstellungen des Strafverfahrens.


JS ohne B. JS mit B. JA JRM Sonstige Nicht rückfällig 22 40 30 45 60 rückfällig 78 60 70 55 40

Von allen mit Bezugsentscheidungen belegten Jugendlichen sind die höchsten Rückfallsraten bei denjenigen mit unbedingter Jugendstrafe (78%) und Jugendarrest (70%) zu verzeichnen. Am besten schneiden jugendrichterliche Maßnahmen, die erzieherischen Schritte oder eine Aussetzung der Strafe anwenden, ab.


Literatur: Jehle J-M., Heinz W., Sutterer P. (2003): Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen. Eine kommentierte Rückfallstatistik, Bundesministeruim für Justiz; Berlin


Genderaspekte

Obwohl Jugendkriminalität noch immer ein überwiegend männliches Phänomen ist, ist der Anteil der Mädchen seit Beginn der neunziger Jahre deutlich angestiegen.

Link: www.univie.ac.at/gender Link: www.gem.or.at

Burschen und Mädchen leben beispielsweise Gewaltdispositionen unterschiedlich aus. Während bei Jungen in der Schule „körperliche Gewalt und Aggressionen dominieren, stehen bei Mädchen ‚spitze Bemerkungen’, ‚Intrigen’, ‚Bloßstellen’ und ‚Hinter dem Rücken tuscheln’ im Vordergrund, die zuweilen auch körperliche Aggressionen provozieren.“ (Böhnisch, 2001: Abweichendes Verhalten; Seite 203)

Bei den BewährungshelferInnen ist das Verhältnis genau umgekehrt. 60% weiblichen Bewährungshelferinnen stehen 40% männliche gegenüber. Von den betreuten Klienten ist nur ein Viertel weiblich. (NEUSTART intern, 10/07, 2.5.2007)

Aus einer Studie der PKS vom Jahr 1993 aus Deutschland geht hervor, dass die meisten Deliktsgruppen bei Jungen schwerer Diebstahl, Raubdelikte und Sachbeschädigung sind. Bei Mädchen sind dies einfacher Diebstahl, Schwarzfahrt, Betrug und Rauschgiftdelikte. Außerdem handelt es sich bei Mädchen hauptsächlich um Eigentumsdelikte und Vermögensdelikte. (Walter, 1995: Jugendkriminalität; Seiten 132, 138)

Das „Aufholen“ der Mädchen und jungen Frauen muss zusammen mit den veränderten Rollenzuschreibungen und der Selbstwahrnehmung betrachtet werden. Ihr Verhalten im öffentlichen Raum hat sich verändert. Bei Gewalt und Kriminalität von weiblichen Jugendlichen handelt es sich oft um Delikte, die aus einer Gruppe heraus begangen werden. (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin, 2003: Expertise. Prävention von Kinder- und Jugendkriminalität und – gewalt in Großstädten; Seite 23f)

Buchtipp: Suchtprävention bei konsumierenden Jugendlichen. Sekundärpräventive Ansätze in der geschlechtsbezogenen Drogenarbeit – Bettina Schmidt, 2001

Literatur Böhnisch, L.: Abweichendes Verhalten. Eine pädagogisch-soziologische Einführung. Juventa: Weinheim, München; 2001 Walter, M.: Jugendkriminalität. Eine systematische Darstellung. Borberg: Stuttgart; 1995) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Expertise. Prävention von Kinder- und Jugendkriminalität und –gewalt in Großstädten“ Berlin; 2003

Ein Blick über den Tellerrand: Kriminalität in Südafrika

Die Kriminalitätsrate Südafrikas ist in der letzten Dekade, seit dem Ende der Apartheid (1994), laut Statistiken der südafrikanischen Polizei, um 30% gestiegen (SAPS, 2003). Diese Zahl betrifft vor allem die Bereiche Raub, Mord, Überfall (mit Waffen, Highjacking von Autos), Diebstahl (v.a. von Fahrzeugen). Das South African Police Department (SAPS) geht davon aus, dass nur ca. die Hälfte aller Verbrechen gemeldet wird. So zählt Johannesburg seit den frühen 90ern zu den gefährlichsten Städten der Welt. Kapstadt und Pretoria stehen innerhalb Südafrika an zweiter Stelle bezüglich der Kriminalitätsrate. In den vergangenen fünf Jahren soll diese um nur 2% gesunken sein. Eigentliches Ziel war es seit 1994 die Kriminalität jährlich um 7-10% zu reduzieren. (du Plessis, A. und Louw, A. (2005): Crime and Crime Prevention in South Africa: Ten Years After. Crime and Justice Program. South Africa. Institute for Security Studies)

Bedeutung von Sozialer Kriminalitäts-Prävention (Social Crime Prevention)

Das „International Centre for the Prevention of Crime“ definiert soziale Kriminalitäts-Prävention als jene Maßnahme, die zu einer Reduktion von Delinquenz, Gewalt und Unsicherheiten führen soll. Man muss zuerst die Ursachen der Kriminalität aufdecken, indem man diese durch wissenschaftliche Studien untersucht und veröffentlicht. Dadurch erhoffen sich Experten, Wege zu finden, die Delinquenz zu bekämpfen. (ICPC, 1997)

Hauptursachen von Delinquenz in Südafrika

Aus dem Englischen von: Palmary, I. (2001), Social Crime Prevention in South Africa's Major Cities

  • Zurückzuführen auf soziale Ausschließung, bedingt durch die Wirtschaftslage,

d.h. Armut und Arbeitslosigkeit. Dies betrifft insbesondere Jugendliche.

  • Nicht funktionierende Familienverhältnisse, also Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen, bzw. Gewalt innerhalb Familien.
  • Soziale Werte einer Kultur, die ständig mit Gewalt konfrontiert ist. Dies betrifft vor allem die Flüchtlinge aus anderen afrikanischen Staaten, die nach Südafrika flüchten, in der Hoffnung dort Arbeit zu finden. Diese kommen oft aus korrupten Staaten und wachsen mit Gewalt oder im Krieg auf. *Ständige Präsenz von Waffen und Drogen, die kriminelles Verhalten fördern.
  • Diskriminierung und Ausschließung von bestimmten Menschengruppen, sowie Rassismus, Sexismus, oder sonstige Formen von Unterdrückung.
  • Degradation der städtischen Umgebung und sozialer Kontakte
  • Mangelhafte Beaufsichtigung, bzw. schwierige Erreichbarkeit von Gütern.

All jene Faktoren führen uns zu zwei wesentlichen Aspekten: In erster Linie sollte ein essentieller Fokus auf die Jugend gelenkt werden, im Hinblick auf die Kriminalitäts- Prävention. Denn viele Faktoren, die zu delinquentem Verhalten führen, können verhindert werden, wenn man früh genug Maßnahmen ergreift. An zweiter Stelle geht es um die selbst erschaffene Umwelt, die natürlich einen großen Einfluss auf das Verhalten der Jugendlichen hat. Diese kann man allerdings manipulieren, um somit delinquentes Verhalten zu reduzieren, bzw. zu vermeiden. (vgl. PALMARY, I., 2001)

Kriminalitäts-Prävention in Südafrika

Durch die hohen Zahlen der Gewalttaten in Südafrika kam man zum Entschluss, wieder zu härteren Strafen zurückzukehren und zum Beispiel die Todesstrafe wieder einzuführen. Viele Südafrikaner sind der Meinung, dass ein strenges Rechtssystem mit harten Strafen, Kriminelle am effektivsten davon abhalten würde, Straftaten zu begehen. (Palmary, A., 2001) Im Kampf gegen die Kriminalität wäre es außerdem hilfreich, andere Staaten mit ein zu beziehen, die in der Vergangenheit diesbezüglich bereits Erfolg erwiesen haben und sich an jenen Staaten zu orientieren (z.B New York). Eine weitere Maßnahme der Kriminalitäts-Prävention wäre eine Umgestaltung, bzw. Besserung der Infrastruktur der großen Städten, d.h. bessere Bedingungen schaffen für Gesundheit, Wohnen, Ausbildung, die Einführung eines Sozialstaates, Förderungeines sozialen Zusammenhaltes, Unterstützung von Jugendlichen, Familien und Risikogruppen mit dem Ziel den Zyklus der Gewalt zu durchbrechen und Förderung der individuellen Verantwortlichkeit. Um dieses zu verwirklichen benötigt man mehrere spezielle Multi-disziplinäre Einheiten (Palmary A., 2001). Weiters wurden bereits im Jahre 1994 in Johannesburg, Kapstadt und Pretoria so genannte CIDs (City Improvement Districts) eingeführt. Diese Methode stammt aus Nord Amerika. CIDs werden von den Bewohnern einer Gegend selbst eingeführt. Diese organisieren unter anderem ihr eigenes Sicherheitssystem innerhalb ihrer Wohngegend. Das heißt, diese wird 24 Stunden lang bewacht und die Bewohner stehen im ständigen Kontakt zueinander, als auch zu der jeweilig zuständigen Sicherheitsfirma. In Johannesburg haben Sicherheitskräfte im vergangenen Jahrzehnt eine tragende Rolle zugeteilt bekommen. Inzwischen werden sie auch ausgebildet als so genannte Botschafter der Stadt, d.h sie begleiten die Bewohner, wenn diese am Abend ausgehen wollen, bzw. assistieren Touristen im Urlaub, damit sich diese sicher und wohl fühlen können. (ebd.)

Resultat - Johannesburg

Letztendlich braucht man natürlich wesentlich mehr Polizeieinsatz, um Delinquenz zu reduzieren, bzw. künftig zu vermeiden. Dies hat man bereits eingeführt und bereits kleinere Besserungen feststellen können. Wobei ein großer Fortschritt erst über eine langfristige Periode erreicht werden kann. (ebd.) Laut der Kriminalitätsstatistik sind seit der Einführung der CIDs in den betroffenen Gegenden, bewaffnete Raubüberfälle um 63%, einfache Diebstähle um 73%, Ladendiebstähle um 50% gesunken. (Palmary, 2001) Palmary, I. (2001), Social Crime Prevention in South Africa’s Major Cities. Johannesburg: Centre for the Study of Violence and Reconciliation. Full text at http://www.csvr.org.za/papers/papalm2.html du Plessis, A. und Louw, A. (2005): Crime and Crime Prevention in South Africa: Ten Years After. Crime and Justice Program. South Africa. Institute for Security Studies Du Plessis, A. and A. Louw (2005), Crime and Crime Prevention in South Africa: ten years after. Paper Presented at the 14th World Conference on Criminology, Pennsylvania, 9th. August 2005.

http://www.iss.co.za/pubs/Other/worldcrimconfaug05.pdf Weitere Quellen aus dem Internet: http://web.uct.ac.za/depts/criminology/crime.htm

Zusammenfassung und Reflexion

Wenig Beachtung finden in der Literatur gesellschaftliche Ansätze, die durch Beseitigung sozialer Ungleichheiten ein gewisses Potential zur Delinquenzvermeidung inne hätten. War doch die Kriminalitätsbelastung in Österreich während „der Hochblüte der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung mit ihrer Vielzahl integrierender Organisationen vor dem 1. Weltkrieg (...) signifikant rückläufig“ (Dimmel/Hagen; 2005; Strukturen der Gesellschaft, Seite 151).

Im Zeitalter der Postmoderne treten andere gesellschaftliche Risikofaktoren, wie strukturelle Arbeitslosigkeit, unbefriedigte spirituelle Bedürfnisse – auf die die anerkannten Religionsgemeinschaften keine Antworten zu geben im Stande sind – so wie instabile Lebensverhältnisse, zutage. Es wäre wichtig diese zu erforschen, um ihnen adäquate protektive Faktoren gegenüberstellen zu können.


Literatur: Dimmel N., Hagen JJ (2005): Strukturen der Gesellschaft. Familie, soziale Kontrolle, Organisation und Politik; WUV: Wien