V. Psychosoziale Auswirkungen von Armut(JsB)

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Inhaltsverzeichnis

Psychosoziale Auswirkungen von Armut(JsB)

Auswirkungen von Armut auf die Eltern-Kind-Beziehung(JsB)

Mögliche Gründe für Spannungen innerhalb der Familie(JsB)

Familiäre Mängel haben einen Einfluss auf die Jugendlichen, da diese in der Familie am stärksten von Armut betroffen sind. Ein möglicher Grund für Spannungen zwischen den Familienmitgliedern kann ein Umzug in eine billigere, kleinere Wohnung sein. Durch den geringeren Wohnraum werden auch die Rückzugsmöglichkeiten der im Haushalt lebenden Personen minimiert. Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern sind häufig die Folge. Anfänglich können auch finanzielle Reserven ausgeschöpft werden, um keine Einsparungen einführen zu müssen. Durch diese Methode kann die gewohnte Lebensführung über einen gewissen Zeitraum beibehalten werden. Wenn diese Situation jedoch länger andauert und die finanziellen Rücklagen bereits aufgebraucht sind, wird eine Veränderung im Lebensstil notwendig. Aufgrund der Mängel in finanziellen Bereich muss die Familie ein Gleichgewicht zwischen den zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen und den Bedürfnissen herstellen. Dieser Schritt wirkt sich nicht förderlich auf die familiäre Situation aus.
Die Heranwachsenden haben nur eine geringe Mitbestimmung bei der Verwendung der finanziellen Ressourcen, jedoch zeigt sich, dass die Erziehungsberechtigten eher die Bedürfnisse ihrer Kinder wahrnehmen als ihre eigenen. Nach länger andauernder finanzieller Knappheit wirkt sich diese auch in Form von Einsparungen bei den Kindern aus. Dies führt bei den armen Heranwachsenden zu Einschränkungen in mehreren Lebensbereichen, insbesondere in Bezug auf Standards, die Gleichaltrige vorweisen. Dies kann sich sowohl auf die Eltern-Kind-Beziehung negativ auswirken, als auch zu Konfrontation in Bezug auf die Verteilung der finanziellen Mittel führen. Dies wird von den Heranwachsenden als trostlos empfunden, da ihnen ihre Erziehungsberechtigten ständig den Erwerb von Gütern verwehren und dadurch ein Unwohlsein in Bezug auf die Gleichaltrigen entsteht.
Trotz der unangenehmen Situation aufgrund der finanziellen Missstände versuchen sie sich den vorhandenen Mitteln anzupassen oder die finanziellen Unzulänglichkeiten mit einem Job auszugleichen (Hölscher 2003, 44 ff.).

Verlust der Erwerbsarbeit und die Konsequenzen für die Jugendlichen(JsB)

Sowohl die Kündigung der Arbeitsstelle als auch die Angst davor führen zu bestimmten Symptomen. Einerseits zeigt sich dies anhand von sogenannten Stressreaktionen, andererseits besteht auch die Möglichkeit, psychosomatische Erkrankungen zu bekommen. Zuerst ist der Arbeitslose davon betroffen, nach einiger Zeit übernehmen auch die Familienmitglieder diese Symptome.
In Familien, in denen die Arbeitslosigkeit den Vater betraf, führte die permanente Anwesenheit dieses Elternteiles für die Ehefrau als auch die Kinder zu Stress und Belastungen. Diese negativen Empfindungen gründen im Verhalten der männlichen arbeitslosen Person, die sich nutzlos vorkommt und die zur Verfügung stehende Zeit nicht produktiv nutzen kann. Die Heranwachsenden gaben an, dass sich ihr Vater in dieser Zeit an ihren schulischen Aufgaben beteiligte. Jedoch war dies nicht förderlich, da er von den Jugendlichen in Bezug auf die Hilfe bei Hausübungen als unerwünscht und mit der Situation auch überfordert wahrgenommen wurde. Für die arbeitslosen Väter ist der einzige erfreuliche Aspekt in ihrer Situation, mehr Zeit für ihre Kinder haben zu können. Dabei ist zu erwähnen, dass sich dies meist nur in der vermehrten Sorge um den Nachwuchs ersichtlich macht. Ein weiterer Aspekt, der sich in Familien mit Erwerbsarmut zeigt, ist die Veränderung des Aufgabenbereiches der Heranwachsenden. An die Kinder werden Anforderungen gestellt, beispielsweise die Funktion als Mediator für beide Elternteile. Diese Rolle, der sie nicht entsprechen, kann zu negativen Auswirkungen auf ihre Befindlichkeit führen.
In Bezug auf das Erziehungsverhalten konnte bei Kernfamilien eine nicht förderliche Auswirkung aufgrund belastender, psychischer Situationen und Konflikte in der Partnerschaft nachgewiesen werden. Diese zwei eben genannten Faktoren konsultierten aus der Arbeitslosigkeit. Im Gegensatz dazu zeigt sich bei Familien, bestehend aus nur einem Elternteil, ein geradliniger Zusammenhang aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten. In einer amerikanischen Studie wurde das Erziehungsverhalten von alleinerziehenden Müttern analysiert. Es zeigte sich ein vermehrtes negatives und bestrafendes Verhalten. Sowohl positives als auch unterstützendes Verhalten war geringer, wobei auch die Effektivität der Erziehung vermindert war und sie weniger der Aufsichtspflicht nachkamen. Probleme im Verhalten der Kinder gründeten sowohl in der Situation der mangelnden, finanziellen Situation als auch durch die Trennung der Eltern. (Hölscher 2003, 47 ff.)

Änderungen des Verhaltens der Jugendlichen durch das Erleben der Armutssituation(JsB)

Bei Arbeitslosenarmut findet oft eine Anpassung der Familienstruktur an die Armutssituation statt. Dies hat Auswirkungen auf die Kinder, da vor allem weibliche Heranwachsende Reaktionen auf negative Veränderungen im familiären Bereich zeigen. Bei der Anpassung, das heißt, einen konstruktiven Weg zu finden, mit der Situation umzugehen, spielt das Bildungsniveau der Erziehungsberechtigten eine Rolle. Besonders reagieren die Mädchen auf Verschlechterungen in der familiären Situation. Die traditionelle Rollenverteilung wäre als negative Auswirkung in diesem Fall zu nennen. Die weiblichen Jugendlichen werden vermehrt im Bereich des Haushaltes eingesetzt. Sie reagieren mit einer Loslösung von der Familie, wobei sich dies im Vorantreiben von körperlicher und sexueller Entwicklung sichtbar macht. Unter den männlichen Kindern und Jugendlichen sind die Zuflucht in die Gleichaltrigengruppe und auch das Zeigen von devianten Verhaltensweisen. Darunter fallen die verschiedensten Formen, um an monetäre Mittel zu bekommen. So gab es in Deutschland im gleichen Zeitraum einen Anstieg der Kindarmut und der Kriminalität von Kindern. Diverses Zahlenmaterial über die Kinderkriminalität führt zu Hinweisen, dass sich Kinderarmut als förderlich für kriminelle Tätigkeiten herausstellt (Beisenherz 2002, 83 f.).

Emotionale Belastungen und Problemverhalten bei den Heranwachsenden(JsB)

Die Situation der fehlenden finanziellen Mittel wirkt sich auf die Entwicklung der Kinder aus. Monetäre Mängel wirken in Form von psychischen Belastungen bei den Eltern, wobei diese wiederum Auswirkungen auf die Beziehung beider Elternteile hat. Besonders bei länger andauernder Armut wirkt sich die psychische Belastung negativ auf die Beziehung der Eltern aus. Die Folgen lassen sich für den Nachwuchs in drei Kategorien unterteilen.
Erstens sind die Eltern weniger ansprechbar und geben geringere Unterstützung. Als zweites Merkmal lässt sich eine unzulängliche Beratung durch die Eltern erkennen. Als dritte Auswirkung wird der Wandel der Erziehung genannt. Die Erziehung orientiert sich nicht an Unterstützung, sondern trägt Charakteristika des autoritären Erziehungsstils. Diese drei Veränderungen führen bei den Kindern zu emotionalen Belastungen und Problemverhalten (Merten 2003, 144 f.).

Die Beeinflussung der Arbeitsmotivation durch die Lebenssituation von Jugendlichen in Armut(JsB)

Auswirkungen von Armut auf die Arbeitsmotivation und Arbeitsorientierung(JsB)

In der modernen Gesellschaft ist beruflicher Erfolg von den individuellen Leistungen abhängig, wobei Misserfolge von sozial benachteiligten Jugendlichen auch auf eine niedrige Motivation bezüglich guter Leistungen zurückzuführen sein können. Jedoch ist bei armen Heranwachsenden der Anteil, dem gute Leistungen in Schule und Beruf wichtig sind, um zehn Prozent höher im Vergleich zu den Jugendlichen insgesamt. Dazu zählen aber nicht die Arbeitslosen, Jungarbeiter oder subjektiv armen Heranwachsenden, denn bei diesen ist der Anteil höher.
Die Meinung, dass Erfolg im Leben und Beruf von Schulleistungen abhängig ist wird auch bei den Arbeitslosen, Jungarbeitern und subjektiv Armen häufig vertreten. Daher kann dies nur bedingt als Hintergrund für den sehr hohen Anteil von armen Heranwachsenden sein, denen gute schulische und berufliche Leistungen wichtig sind. Andererseits sind Arbeitslose und Jungarbeiter auch sehr häufig überzeugt, dass gute Schulleistungen kein Indikator für eine erfolgreiche berufliche Karriere sein müssen. Für Jugendliche aus sozial schwachen Familien ist die Arbeit beziehungsweise der Beruf wichtig für die Identität. Sowohl letztere Gruppe als auch Arbeitslose und Jungarbeiter vertreten die These, dass man ohne Arbeit nichts mehr wert sei, öfter. Arbeitslose und Jungarbeiter weisen im Bezug auf die Inhalte der Arbeit eine hohe Flexibilität auf und passen sich somit dem Arbeitsmarkt an.
Im Vergleich zwischen armen und weniger armen Jugendlichen lassen sich bezüglich der Arbeitsmoral, der Einstellung zur Arbeit und der Leistungsorientierung nur geringfügige Unterschiede feststellen. Bei armen Heranwachsenden zeigt sich eine leichte Tendenz, eine sehr große Motivation bezüglich Leistungen aufzuweisen. Bei der Identitätsentwicklung hat bei eben genannten Jugendlichen die Berufstätigkeit einen hohen Stellenwert (Mansel 1998, 146 ff.).

Der Zusammenhang zwischen Armut und Bildung(JsB)

Das Schulsystem- Nachteile durch monetäre Mängel(JsB)

Der Zusammenhang von Armut und Intelligenz (JsB)

Studien aus den USA belegen, dass bei der Intelligenzentwicklung ein linearer Zusammenhang zwischen dem Einkommen und den erkenntnismäßigen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen besteht (Merten 2003, 149).
Armut beeinträchtigt sowohl die Intelligenzentwicklung als auch die schulische Laufbahn von Kindern und Jugendlichen, wobei der zeitliche Faktor eine große Rolle spielt. Armut, die länger als 36 Monate andauert, beeinträchtigt die Intelligenzentwicklung etwa doppelt so stark wie kürzere Armutsperioden (Hölscher 2003, 51).

Armut und Schulform (JsB)

Es lässt sich ein enger Zusammenhang zwischen der Schulform und dem sozialen Status der Familie erkennen. Im Gymnasium ist der Anteil von Kindern aus Familien mit hohem sozialem Status größer, bei Hauptschulen ist jedoch die Anzahl der Kinder aus niedrigem sozialen Status höher. Daher ist die Chance auf einen Schulabschluss und somit auf einen erfolgreichen Übergang in den Beruf ungleich verteilt.
Es gibt auch einen Zusammenhang zwischen Armut und den absolvierten Schuljahren. So zeigte sich, dass Kinder, die dauerhaft in Armut oder Armutsnähe lebten, im Durchschnitt die Schule um ein Jahr weniger besuchten (Hölscher, 50 f.).

Schulische und berufliche Ausbildung (JsB)

Zuerst ist nochmals anzumerken, dass es zwischen armen und weniger armen Heranwachsenden Gemeinsamkeiten in der individuellen Arbeitsorientierung gibt. Der Einstieg in das Erwerbsleben beziehungsweise der Erfolg daran gestaltet sich zwischen diesen zwei Gruppen von Jugendlichen sehr unterschiedlich. Arbeitslose, Jungarbeiter, arme Heranwachsende und subjektive Arme scheiterten öfter am Statusübergang, konnten ihre Optionen nicht verwirklichen oder bekamen seltener den gewünschten Ausbildungsplatz (im Vergleich mit der „Normalpopulation“). Auch erleben diese oben genannten Jugendlichen häufiger in ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung Versagenserlebnisse. Diese sind auch unzufriedener mit ihrer schulischen Laufbahn und machen sich Vorwürfe, nicht genügend gemacht zu haben, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Diese drei genannten Armutspopulationen sind bezüglich der Realisierbarkeit ihrer beruflichen Pläne verunsichert und auch belasteter durch die Erfüllung der schulischen und beruflichen Anforderungen. Sowohl im schulischen als auch im beruflichen Bereich sind diese eben genannten Belastungen kombiniert mit den ungünstigen Entwicklungsbedingungen sichtbar (Mansel 1998, 149 ff.). Bei Familien mit wenig Bildungsressourcen wünschen sich die Erziehungsberechtigten oft einen frühzeitigen Schulabschluss und einen Berufseintritt der Kinder (Hölscher 2003, 51 f.).

Schulbesuch von Kindern zwischen 10 und 14 Jahren nach Armutsgefährdung ihrer Haushalte(JsB)
Höchste abgeschlossene Bildung nach Altersgruppen(JsB)

Der Einfluss von familiären Rahmenbedingungen(JsB)

Eltern mit einem hohen sozialen Status vermitteln ihren Kindern im Alltag mehr bildungsrelevante Ressourcen. Sowohl Freizeitbeschäftigungen als auch die Mitgliedschaft in Vereinen ermöglichen den Kindern den Erwerb von Qualifikationen, die sich wiederum auf die Schulleistungen auswirken. Diese Art von Bildungsorientierung findet sich in Familien umso häufiger, je höher ihr sozialer Status ist.
Kinder aus bildungsfernen Familien haben beim Eintritt in die Grundschule keine ersten Lese- und Rechenfertigkeiten (Hölscher 2003, 52). Dies bestätigt, dass Kinder unter Lebensbedingungen, die finanziellen Mängel aufweisen, Nachteile in der Intelligenz- und Sprachentwicklung haben. Je länger die Kinder diesen Bedingungen ausgesetzt sind, desto größer wird die Benachteiligung (Merten 2003, 149).

Leistungsfähigkeit bezogen auf die Armutsthematik(JsB)

Die Schulsituation Jugendlicher wird von Armut sowohl direkt als auch indirekt beeinflusst.
Die schulische Benachteiligung von armen Heranwachsenden findet direkt statt. Zu den indirekten Faktoren zählen erlebte Belastungen aus verschiedenen Bereichen wie Schule, Familie und Freizeit, die sich auf die Leistungsfähigkeit auswirken (Hölscher 2003, 50).
Die in Armut lebenden Jugendlichen sind vielfach von schwierigen Lebensumständen betroffen und fühlen sich in der Schule belasteter. Eine hohe psychische Belastung beeinträchtigt die Konzentrationsfähigkeit und das Wohlbefinden in der Schule und folglich auch die schulischen Leistungen. Wenn sich Jugendliche in ihrer Familie überlastet fühlen, kann es sein, dass sie der Familie einen höheren Stellenwert beimessen. Auch schulische Belastungen können den Bildungserfolg der Jugendlichen erschweren. Darunter fallen nicht nur unterrichtsbezogene, sondern auch Probleme mit der Klasse oder einzelnen MitschülerInnen. Diese wirken sich auf das Befinden der Schüler aus und haben so auch einen Einfluss auf ihre Leistungsfähigkeit (Hölscher 2003, 53).

Die „sichtbare“ Armut(JsB)

Diskriminierung auf Grund monetärer Mängel(JsB)

Insbesondere bei den Ausgaben für den schulischen Bereich müssen arme Kinder Entbehrungen hinnehmen. Für diese stellt bereits die Anforderung der finanziellen Ausstattung einen Spannungszustand dar. Diese deprivierten Kinder haben unklare Perspektiven für ihre Zukunft und dadurch auch wenig Motivation für die Schule. Durch die Belastung aufgrund der Ausstattungsstandards in der Schule, die Beschaffungsprobleme mit sich ziehen können, wird die Schullust noch weiter minimiert.
Ein weiterer Aspekt stellt die Ausgrenzung in Bezug auf die Kleidung, die nicht den Standards entspricht, die Nicht- Teilnahme bei Schulausflügen beziehungsweise Mängel in der Ernährung dar.
Durch Studien wurden die Zusammenhänge zwischen Bildungsverlauf und Armut untersucht. Vor allem bei Mädchen konnte festgestellt werden, dass sich der Schulübertritt nach der Grundschule durch die Problematik der Armut negativ auswirkt und somit ein größerer Anteil der Mädchen die Hauptschule besucht.
Ein Beispiel für die Benachteiligung von deprivierten Kindern beim Einstieg in den Bildungsverlauf wäre, dass bei Auffälligkeiten von Kindergartenkindern, die sich in verschiedenen Bereichen zeigen, der Nachwuchs von Familien aus hohem sozialen Status eine größere Wahrscheinlichkeit aufweist, die Regelschule besuchen zu können. Eine Untersuchung aus den USA warnt jedoch davor, dass durch die Gegensätze eine Ausschließung durch die Bildung möglich ist (Beisenherz 2002, 81ff.).
Aus Angst vor Unverständnis, Stigmatisierung oder Ausgrenzung bemühen sich die Jugendlichen die Armut und Arbeitslosigkeit der Eltern zu verschweigen. Jedoch muss bei diversen Unternehmungen im Klassenverband finanzielle Hilfe der Schule in Anspruch genommen werden oder die Teilnahme daran ist nicht möglich. Beides ist bei den Betroffenen mit großer Scham verbunden. Wenn diese SchülerInnen jedoch nicht an gemeinsamen Klassenaktivitäten teilnehmen, wird das Gefühl unterstützt, nicht dazuzugehören.
Im Bezug auf Konsumartikel und Markenkleidung wird es für SchülerInnen problematisch, die nicht über die Standards verfügen. Wenn sie dann auch noch in anderen Bereichen problematisches Verhalten zeigen, kann dies zur Außenseiterposition führen (Hölscher 2003, 53 f.).

Diskriminierung auf Grund des schulischen Habitus

Jedoch kann auch das Schulsystem selbst zur Benachteiligung von armen SchülerInnen beitragen.
Zum schulischen Auswahlprozess zählt nicht nur die Beurteilung der Leistung, sondern auch die Bewertung des Sozialverhaltens. SchülerInnen, deren Verhalten von Lehrern als nicht der Norm entsprechend eingeordnet wird, sind gefährdet, in eine niedrige Schulform zurückgestuft zu werden (Hölscher 2003, 54). Gerade für diese Jugendlichen, die in ihrer Schullaufbahn Misserfolge und Versagenserlebnisse hatten, ist die Gefahr größer, im Berufsleben eher auf der „Verliererseite“ zu stehen. Die Folge ist meist die Tätigkeit in Berufen mit wenig Ansehen und niedriger Bezahlung. Für diese Gruppe der Jugendlichen ist die Gefahr einer Verarmung in ihrem weiteren Leben übermäßig hoch (Mansel 2003, 119).
Die Verhaltensnormen von Kinder und Jugendlichen aus unteren sozialen Schichten treffen auf ein Schulsystem, das der Mittelschicht zugeordnet wird. In diesem Kontext findet die Benachteiligung statt. Der Großteil der LehrerInnen ist selbst der Mittelschicht angehörig. Die Verhaltensweisen und Konfliktlösungsversuche von Kindern aus Arbeiterfamilien sind den LehrerInnen nicht vertraut, denn diese Kinder verfügen meist nicht über die verlangte soziale Handlungskompetenz.
Andererseits gibt es auch Jugendliche mit wirtschaftlichen Defiziten, die es schaffen in der Schule erfolgreich zu sein. Indikatoren für den positiven schulischen Erfolg sind die Lern- und Leistungsmotivation, das Selbstwertgefühl, die Integration in die Klassengemeinschaft und die erfahrene soziale Unterstützung. Wenn Jugendliche den Schulbesuch als Möglichkeit für die Entwicklung einer guten Perspektive in der Zukunft sehen, sind sie eher in der Lage, diese Ziele zu erreichen. Jedoch fließen auch Intelligenz, Temperament und individuelle Bewältigungsstile in den Schulerfolg mitein (Hölscher 2003, 54).

Die Rolle der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen in der Gleichaltrigengruppe(JsB)

Deprivierte Kinder und ihre soziale Kompetenz(JsB)

Kinder, die von Armut betroffen sind, stellen den Kontakt zu anderen Kindern in der Kita weniger häufig her. Auch wirkt sich der Aspekt der Armut auf das Gruppengeschehen negativ aus, da diese eben genannten Kinder weniger aktiv in der Gruppe agieren (Olk 2004, 29). Unterschiedliche Studien kamen zu dem Ergebnis, das unter anderen Aspekten von Armut betroffene Kinder in Bezug auf die soziale Integration schlechter abschnitten (Trabert, 2004, 43).

Die Stellung armer Jugendlicher im sozialen Umfeld(JsB)

Es werden grundsätzlich drei Armutspopulationen unterschieden, die Jugendlichen aus sozial schwachen Familien, die subjektiv Armen und die Arbeitslosen beziehungsweise Jungarbeiter. Nach den Angaben dieser drei Armutspopulationen nehmen sie vermehrt eine Randposition im Freundeskreis ein, wobei die Position des Außenseiters Arbeitslosen und Jungarbeiter zukommt. Durch Veränderungen der Wohnsituation so zum Beispiel der Umzug der Eltern mussten die Jugendlichen vermehrt ihre Freundschaften auflösen. Dieser Aspekt der Trennung von sozialen Kontakten ist für alle drei Armutspopulationen zutreffend (Mansel 1998, 153).

Positive und Negative Aspekte von Freundschaften für arme Heranwachsende(JsB)

Einerseits können Freundschaften für arme Jugendliche hilfreich in Bezug auf die Armutsproblematik sein, wenn sie im Freundeskreis Gespräche darüber führen können. Andererseits stellt die Freundschaft an sich eine Hürde für die armen Heranwachsenden dar, da sie den Standards, die in der Gruppe herrschen, nicht gerecht werden können. So führt die finanziellen Situation der deprivierten Jugendlichen oft zur einer Isolation, da sie befürchten, dass ihre monetäre Situation von den Gleichaltrigen negativ aufgefasst wird und Konsequenzen mit sich zieht. Auch kann es sein, dass die ökonomische Situation der Jugendlichen keine Teilnahme an diversen Unternehmungen erlaubt und sich die Jugendlichen mit ausgedachter Begründung den Aktivitäten entziehen. Das Verschweigen der finanziellen Situation ist damit zu erklären, dass aufgrund des Erzählens über die Armut für einige Jugendliche negative Konsequenzen folgen. Die Wichtigkeit der Freundschaften wird an der Tatsache deutlich, dass die soziale Isolation unter anderem vermehrten Kontakt zu den von den sozialen Normen abweichenden Jugendlichen mit sich bringt. Eine andere Methode, um mit Armut umzugehen, stellt die Orientierung an Konsumgütern dar, wobei der Selbstwert der deprivierten Jugendlichen über den Besitz bestimmter Güter definiert wird. Diese Orientierung an der Konsumgesellschaft und an Statussymbolen ist sowohl für ihre eigene monetäre Situation, als auch für die ihrer Eltern nicht förderlich. Von Armut betroffene Jugendliche fühlen sich in Gleichaltrigengruppen weniger wohl als Kinder mit höherem sozialen Status. Diese deprivierten Heranwachsenden geben häufiger an, vermehrt einsam zu sein.
Besonders die weiblichen Jugendlichen sind von der Arbeitslosigkeit der Eltern, die Belastungen im psychosozialen Bereich verursachen, betroffen. Beim männlichen Geschlecht gehen die Ergebnisse in eine ähnliche Richtung, sind jedoch nicht typisch (Hölscher 2003, 58 ff.).

Literaturverzeichnis

  • Beisenherz, H.G. (2002): Kinderarmut in der Wohlfahrtsgesellschaft. Das Kainsmal der Globalisierung. Leske + Budrich: Opladen
  • Hölscher, P. (2003): Immer muss Du hingehen und praktisch betteln. Wie Jugendliche Armut erleben. Campus: Frankfurt/Main
  • Mansel, J. (1998): Wohlbefinden von sozial benachteiligten Jugendlichen. Stressoren in der Lebenssituation sozial benachteiligter Jugendlicher. In: Mansel, J., Brinkhoff, K., P. (Hrsg.): Armut im Jugendalter. Soziale Ungleichheit, Gettoisierung und die psychosozialen Folgen. Juventa Verlag: Weinheim und München
  • Merten, R. (2003): Psychosoziale Folgen von Armut in Kindes- und Jugendalter. Familie als Mediator. In: Butterwegge C., Klundt M. (Hrsg.) Kinderarmut und Generationengerechtigkeit. Familien- und Sozialpolitik im demografischen Wandel. Leske + Budrich: Opladen, 2., durchgesehene Auflage.
  • Olk, T. (2004): Kinder in der Armut. Lebenslagen und Bewältigungsformen. In: Deutsches Kinderhilfswerk e.V. (Hrsg.): Kinderreport Deutschland 2004. Daten, Fakten, Hintergründe. kopaed: München.
  • Trabert, G. (2004): Armut und Augrenzung. Die Geschichte Marios. In: Deutsches Kinderhilfswerk e.V. (Hrsg.): Kinderreport Deutschland 2004. Daten, Fakten, Hintergründe. kopaed: München.

Siehe auch

Jugend und Armut