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In diesem Artikel werden zwei Rezensionen aus dem Jahr 1984 zu Homo Academicus von Pierre Bourdieu präsentiert. Die erste Rezension ist von Frédéric Gaussen (Le Monde, 16. November 1984) und die zweite Rezension von Robert Maggiori (Libération, 24. Dezember 1984)
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In diesem Artikel werden zwei Rezensionen aus dem Jahr 1984 zu Homo Academicus von Pierre Bourdieu präsentiert.  
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Die erste Rezension ist von Frédéric Gaussen (Le Monde, 16. November 1984) und die zweite Rezension von Robert Maggiori (Libération, 24. Dezember 1984)
 
Frédéric  Gaussen beginnt seine Rezension mit dem Titel „Pierre Bourdieu verrät ein Geheimnis. Eine soziologische Studie der Universitäten, die auch ein Manifest für die intellektuelle Freiheit ist.“  
 
Frédéric  Gaussen beginnt seine Rezension mit dem Titel „Pierre Bourdieu verrät ein Geheimnis. Eine soziologische Studie der Universitäten, die auch ein Manifest für die intellektuelle Freiheit ist.“  
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Bourdieu würde mit streng durchdachten Methoden, die  nur nach Fakten suchen und das Spekulative und Figurative entfernen, aufzeigen, wie Talent auf den Universitäten beinahe bedeutungslos ist und das soziale Erbe den Zugang und die Entwicklung von Karriereläufen bestimmen. Welche Studenten erwählt werden, wie sich die Forschung orientiert oder wie Bekanntheit auf Positionen zurückgeht, werde  durch den Bezug auf die soziale Herkunft erklärt, die wiederum sowohl die schulische als auch die universitäre Laufbahn prägt.
 
Bourdieu würde mit streng durchdachten Methoden, die  nur nach Fakten suchen und das Spekulative und Figurative entfernen, aufzeigen, wie Talent auf den Universitäten beinahe bedeutungslos ist und das soziale Erbe den Zugang und die Entwicklung von Karriereläufen bestimmen. Welche Studenten erwählt werden, wie sich die Forschung orientiert oder wie Bekanntheit auf Positionen zurückgeht, werde  durch den Bezug auf die soziale Herkunft erklärt, die wiederum sowohl die schulische als auch die universitäre Laufbahn prägt.
Bourdieu würde im Feld der Universitäten Frankreichs mondäne und akademische Hierarchien unterscheiden. Disziplinen wie Medizin und Jus würden zu den mondänen gehören, da Mediziner und Juristen oft  zu der oberen Klasse gehören, die sehr einflussreich sind im gesellschaftlichen Leben und nicht die Notwendigkeit sieht sich mit Forschung auseinanderzusetzen, da sie die Anerkennung oft nicht brauchen. Die Mediziner und Juristen stehen sowohl in einem schweigsamen Einverständnis als auch in Abhängigkeit zu der Institution Universität. Aus dieser Doppelheit erlangen sie auch ihre Autorität. Während der andere Teil wissenschaftlich tätig ist, aus der Mittelschicht kommt und ihre Macht und ihr Prestige von der wissenschaftlichen Produktion bedingt ist.
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Bourdieu würde im Feld der Universitäten Frankreichs mondäne und akademische Hierarchien unterscheiden. Disziplinen wie Medizin und Jus würden zu den mondänen gehören, da Mediziner und Juristen oft  zu der oberen Klasse gehören, die sehr einflussreich sind im gesellschaftlichen Leben und nicht die Notwendigkeit sieht sich mit Forschung auseinanderzusetzen, da sie die Anerkennung oft nicht brauchen. Die Mediziner und Juristen stehen sowohl in einem schweigsamen Einverständnis als auch in Abhängigkeit zu der Institution Universität. Aus dieser Doppelheit erlangen sie auch ihre Autorität. Während der andere Teil wissenschaftlich tätig ist, aus der Mittelschicht kommt und ihre  
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Macht und ihr Prestige von der wissenschaftlichen Produktion bedingt ist.
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Einen besonderen Status habe die Literaturwissenschaft als Disziplin, die eine Zwischenposition einnehme und sich aus intellektuellen und bildenden Berufen konstituiere. Sie würden kaum Beziehungen zur Macht unterhalten bzw. keine Machtpositionen einnehmen.  Ihre Bekanntheit würde sie auf der einen Seite durch die Produktion von kulturellen Gütern wie Bücher erlangen und auf der anderen Seite durch die so genannte cooptation, die mit der Wahl in eine Körperschaft zB: durch eine Doktorarbeit verbunden ist.
 
Einen besonderen Status habe die Literaturwissenschaft als Disziplin, die eine Zwischenposition einnehme und sich aus intellektuellen und bildenden Berufen konstituiere. Sie würden kaum Beziehungen zur Macht unterhalten bzw. keine Machtpositionen einnehmen.  Ihre Bekanntheit würde sie auf der einen Seite durch die Produktion von kulturellen Gütern wie Bücher erlangen und auf der anderen Seite durch die so genannte cooptation, die mit der Wahl in eine Körperschaft zB: durch eine Doktorarbeit verbunden ist.
 
Die Literaturwissenschaft stelle in Frankreich nicht nur eine eigene Disziplin, sondern auch eine eigene Fakultät dar (faculté des lettres). Im deutschen Sprachraum wird dies oft mit Geisteswissenschaft umschrieben.  Sie habe als Feld die Besonderheit, dass dort eine Art Gleichgewicht bzw. implizites Einverständnis bestehe zwischen jenen, die bereits ihre Titel haben und anderen, die den Anspruch haben sich die Titel noch zu erarbeiten. So gäbe es einen cursus type, der die Bedingungen einer wissenschaftlichen Laufbahn kennt, diese befolgen möchte, um an die Spitze zu kommen. Dazu würden bestimmte Faktoren gehören wie an der École Normale Supérieur studiert zu haben, in jungem Alter Doktor zu werden oder einen berühmten Betreuer zu haben.
 
Die Literaturwissenschaft stelle in Frankreich nicht nur eine eigene Disziplin, sondern auch eine eigene Fakultät dar (faculté des lettres). Im deutschen Sprachraum wird dies oft mit Geisteswissenschaft umschrieben.  Sie habe als Feld die Besonderheit, dass dort eine Art Gleichgewicht bzw. implizites Einverständnis bestehe zwischen jenen, die bereits ihre Titel haben und anderen, die den Anspruch haben sich die Titel noch zu erarbeiten. So gäbe es einen cursus type, der die Bedingungen einer wissenschaftlichen Laufbahn kennt, diese befolgen möchte, um an die Spitze zu kommen. Dazu würden bestimmte Faktoren gehören wie an der École Normale Supérieur studiert zu haben, in jungem Alter Doktor zu werden oder einen berühmten Betreuer zu haben.
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Dann jedoch treten Probleme auf, als sich die Anzahl der Studierenden vermehrt und man Assistenten rekrutieren muss. Diese verstehen, dass sie kein Prestige genießen werden und geringe Chancen haben die bisherigen Strukturen und Machtpositionen zu umgehen. Sie wissen, dass sie die Deklassierten sind. Sie identifizieren sich nicht mehr mit der Universität, die aufgehört hat ihre Erwartungen zu erfüllen. Pierre Bourdieu bezeichnet sie auch als enseignants subalternes, die meist aus der Arbeiterklasse sind. Viele Studenten unter ihnen studieren Soziologie und viele Studentinnen Psychologie.
 
Dann jedoch treten Probleme auf, als sich die Anzahl der Studierenden vermehrt und man Assistenten rekrutieren muss. Diese verstehen, dass sie kein Prestige genießen werden und geringe Chancen haben die bisherigen Strukturen und Machtpositionen zu umgehen. Sie wissen, dass sie die Deklassierten sind. Sie identifizieren sich nicht mehr mit der Universität, die aufgehört hat ihre Erwartungen zu erfüllen. Pierre Bourdieu bezeichnet sie auch als enseignants subalternes, die meist aus der Arbeiterklasse sind. Viele Studenten unter ihnen studieren Soziologie und viele Studentinnen Psychologie.
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Der Mai 68 ist ihre  spontane Antwort gegen die Machtverteilung auf den Unis,  sie ist die Revolte der Deklassierten.  
 
Der Mai 68 ist ihre  spontane Antwort gegen die Machtverteilung auf den Unis,  sie ist die Revolte der Deklassierten.  
 
Es kommt nach Bourdieu zu einer Politisierung, die das ausdrückt, was von allen wahrgenommen und erfahren wurde, worüber aber man geschwiegen hat oder es einfach unterdrückt hat. Mai 68 ist daher eine Bewegung, die sich gegen dieses Stillschweigen wendet.
 
Es kommt nach Bourdieu zu einer Politisierung, die das ausdrückt, was von allen wahrgenommen und erfahren wurde, worüber aber man geschwiegen hat oder es einfach unterdrückt hat. Mai 68 ist daher eine Bewegung, die sich gegen dieses Stillschweigen wendet.
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Bourdieu, der selbst in einer auf der Welt einzigartigen Elite Uni – Collège de France – gelehrt hat, weiß, dass er selbst Teil dieses Systems ist und schreibt aufgrund seiner eigenen Verwicklung über sein Buch Homo academicus : un livre à brûler (ein Buch zum Verbrennen). So umschreibt er auch sein Buch als vendre la mèche (ein Geheimnis verraten), indem er andeutet, dass,  viele, die  in diesen Raum der Universität involviert sind und ihre Privilegien schützen wollen, es bevorzugen darüber zu schweigen. So unternimmt Bourdieu das Projekt darüber zu sprechen und daraus kein Geheimnis mehr zu machen. Jedoch handelt es sich nicht bei Homo academicus um seine Bekenntnisse, sondern die stilistische Askese, die Pamphlet ähnliche Aggressivität, die Setzung von Vorstellungen hinter reinen Methoden und die wissenschaftliche Genauigkeit zeigen wie das Buch über die eigene Position hinausgeht.  Bourdieu wird von Gaussen als leidenschaftlicher Forscher beschrieben, der keine  Soziologie der reinen Fakten betreibe.  Für Bourdieu sei es wichtig, dass der homo academicus nicht drohe zu verschwinden, weil sie die Autonomie gegen die Mächtigen repräsentiert, die versuchen würden den Intellektuellen zu verführen und seine Kräfte zu reduzieren.
 
Bourdieu, der selbst in einer auf der Welt einzigartigen Elite Uni – Collège de France – gelehrt hat, weiß, dass er selbst Teil dieses Systems ist und schreibt aufgrund seiner eigenen Verwicklung über sein Buch Homo academicus : un livre à brûler (ein Buch zum Verbrennen). So umschreibt er auch sein Buch als vendre la mèche (ein Geheimnis verraten), indem er andeutet, dass,  viele, die  in diesen Raum der Universität involviert sind und ihre Privilegien schützen wollen, es bevorzugen darüber zu schweigen. So unternimmt Bourdieu das Projekt darüber zu sprechen und daraus kein Geheimnis mehr zu machen. Jedoch handelt es sich nicht bei Homo academicus um seine Bekenntnisse, sondern die stilistische Askese, die Pamphlet ähnliche Aggressivität, die Setzung von Vorstellungen hinter reinen Methoden und die wissenschaftliche Genauigkeit zeigen wie das Buch über die eigene Position hinausgeht.  Bourdieu wird von Gaussen als leidenschaftlicher Forscher beschrieben, der keine  Soziologie der reinen Fakten betreibe.  Für Bourdieu sei es wichtig, dass der homo academicus nicht drohe zu verschwinden, weil sie die Autonomie gegen die Mächtigen repräsentiert, die versuchen würden den Intellektuellen zu verführen und seine Kräfte zu reduzieren.
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Robert Maggiori beginnt seine Rezension mit einer Anspielung auf den  Titel einer anderen Publikation Bourdieus Ce que Bourdieu veut dire (Was Bourdieu sagen will; dies ist eine Anspielung auf Bourdieus Buch ce que parler veut dire =Was heißt sprechen)  
 
Robert Maggiori beginnt seine Rezension mit einer Anspielung auf den  Titel einer anderen Publikation Bourdieus Ce que Bourdieu veut dire (Was Bourdieu sagen will; dies ist eine Anspielung auf Bourdieus Buch ce que parler veut dire =Was heißt sprechen)  
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Bourdieu würde mit homo academicus versuchen Entstehung, Geschichte und Geografie auf der Universität und in der intellektuellen Welt darzustellen. Vor allem sei aber homo academicus in Anlehnung an Descartes ein discours de la méthode sociologique. Maggiori fragt, ob man überhaupt über dieses Buch sprechen kann, wenn es darum geht die eigene Komplizenschaft auszudrücken. Maggiori zeigt dieses Paradoxon an einem folgenden Beispiel: „Was kann ich tun, wenn jemand zu mir sagt: „Widersetz dich mir!“? Wenn ich gehorche, dann … widersetze ich mich. Und, wenn ich mich widersetze, dann gehorche ich …“  In solch einer Situation scheint sich nicht nur Bourdieu zu befinden, der es wagte dieses Buch zu schreiben, sondern auch die restlichen Beteiligten an der Uni.
 
Bourdieu würde mit homo academicus versuchen Entstehung, Geschichte und Geografie auf der Universität und in der intellektuellen Welt darzustellen. Vor allem sei aber homo academicus in Anlehnung an Descartes ein discours de la méthode sociologique. Maggiori fragt, ob man überhaupt über dieses Buch sprechen kann, wenn es darum geht die eigene Komplizenschaft auszudrücken. Maggiori zeigt dieses Paradoxon an einem folgenden Beispiel: „Was kann ich tun, wenn jemand zu mir sagt: „Widersetz dich mir!“? Wenn ich gehorche, dann … widersetze ich mich. Und, wenn ich mich widersetze, dann gehorche ich …“  In solch einer Situation scheint sich nicht nur Bourdieu zu befinden, der es wagte dieses Buch zu schreiben, sondern auch die restlichen Beteiligten an der Uni.
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So können wir zurück zum Titel kommen und auf Bourdieus Buch „ce que parler veut dire“, die Maggiori für die eigene Position des Kritikers mit  „ce que parler d´un livre de Bourdieu veut dire“ umschreibt (was es bedeutet es über ein Buch Bourdieus zu schreiben). Bourdieu geht es nicht besser, wenn er über sein Buch sprechen müsste und er würde antworten, so wie er dies bereits in Homo academicus kommentiert hat: „ein Buch zum Verbrennen“.  Er müsste sich fragen „ce que parler du monde des intellectuels veut dire (was bedeutet es über die Welt der Intellektuellen zu schreiben). Der Intellektuelle muss  bei solch einer Frage feststellen, dass er wie ein Fisch im Wasser ist.   
 
So können wir zurück zum Titel kommen und auf Bourdieus Buch „ce que parler veut dire“, die Maggiori für die eigene Position des Kritikers mit  „ce que parler d´un livre de Bourdieu veut dire“ umschreibt (was es bedeutet es über ein Buch Bourdieus zu schreiben). Bourdieu geht es nicht besser, wenn er über sein Buch sprechen müsste und er würde antworten, so wie er dies bereits in Homo academicus kommentiert hat: „ein Buch zum Verbrennen“.  Er müsste sich fragen „ce que parler du monde des intellectuels veut dire (was bedeutet es über die Welt der Intellektuellen zu schreiben). Der Intellektuelle muss  bei solch einer Frage feststellen, dass er wie ein Fisch im Wasser ist.   
 
Könnte man Bourdieu entgegnen, dass es nicht möglich sei auf eine neutrale Art und Weise über jene Welt zu schreiben, in die man selbst involviert ist?
 
Könnte man Bourdieu entgegnen, dass es nicht möglich sei auf eine neutrale Art und Weise über jene Welt zu schreiben, in die man selbst involviert ist?
 
Auf derartige Entgegnungen schrieb Bourdieu ein ganzes Kapitel, in der die soziologische Methodologie keine Frage offen zu lassen scheint und Einwände mit Antworten und Einwänden entgegnet wird. Die Umwege, die vom Forscher eingeschlagen werden können, um die Untersuchung zu verzerren, werden von Bourdieu ausfindig gemacht, abgesteckt und getilgt, so dass es weder zu perversen Resultaten noch zu Ausschmückungen der Wissenschaftlichkeit kommt.
 
Auf derartige Entgegnungen schrieb Bourdieu ein ganzes Kapitel, in der die soziologische Methodologie keine Frage offen zu lassen scheint und Einwände mit Antworten und Einwänden entgegnet wird. Die Umwege, die vom Forscher eingeschlagen werden können, um die Untersuchung zu verzerren, werden von Bourdieu ausfindig gemacht, abgesteckt und getilgt, so dass es weder zu perversen Resultaten noch zu Ausschmückungen der Wissenschaftlichkeit kommt.
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Bourdieu zeigt nach Maggiore auf erschöpfende Art und Weise, wie er seinen Gegenstand beherrscht, so dass jede Kritik schon zuvor verzweifelt. Die Definition der Umwelt der Meinungsforschung, die Methoden des repräsentativen Querschnitts. Die Wahl der Bevölkerung, die Kriterien, die aufgestellt werden, um das Prestige eines Intellektuellen zu fixieren, die Rolle der Intuition in der Umfrage, das Verhältnis zwischen der objektivistischen und perspektivistischen Annäherung, die Unterscheidung zwischen dem Werturteil, wovon sich die Soziologie fernhalten müsse, und der Bedeutung eines Werts, das sie registrieren müsse, die Gefahr, die darin besteht, eine feststellende Äußerung in eine performative Anprangerung umzuwandeln, all diese und viele andere Bedingungen werden vorbehaltlos ausgeführt und am Ende die Arbeit des Soziologen eine Epistemologie der Soziologie hervortreten lässt.
 
Bourdieu zeigt nach Maggiore auf erschöpfende Art und Weise, wie er seinen Gegenstand beherrscht, so dass jede Kritik schon zuvor verzweifelt. Die Definition der Umwelt der Meinungsforschung, die Methoden des repräsentativen Querschnitts. Die Wahl der Bevölkerung, die Kriterien, die aufgestellt werden, um das Prestige eines Intellektuellen zu fixieren, die Rolle der Intuition in der Umfrage, das Verhältnis zwischen der objektivistischen und perspektivistischen Annäherung, die Unterscheidung zwischen dem Werturteil, wovon sich die Soziologie fernhalten müsse, und der Bedeutung eines Werts, das sie registrieren müsse, die Gefahr, die darin besteht, eine feststellende Äußerung in eine performative Anprangerung umzuwandeln, all diese und viele andere Bedingungen werden vorbehaltlos ausgeführt und am Ende die Arbeit des Soziologen eine Epistemologie der Soziologie hervortreten lässt.
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Die Zusammenhaftigkeit und In-Sich-Geschlossenheit der Sprache erscheint wie eine feine Architektur, so dass die Wissenschaftlichkeit der Soziologie zu ihrem Ruhm kommt. Kann  man Bourdieu des Szientismus oder des Positivismus beschuldigen? Bourdieu würde darauf antworten, dass die Sorge die Sprache zu kontrollieren, das heißt die Rezeption der Sprache, den Soziologen zu einer wissenschaftlichen Rhetorik zwinge, die nicht gleich bedeutend ist mit einer Rhetorik der Wissenschaftlichkeit: es gehe ihm darum eine wissenschaftliche Lektüre aufzuerlegen und nicht den Glauben in die Wissenschaftlichkeit des Gelesenen.
 
Die Zusammenhaftigkeit und In-Sich-Geschlossenheit der Sprache erscheint wie eine feine Architektur, so dass die Wissenschaftlichkeit der Soziologie zu ihrem Ruhm kommt. Kann  man Bourdieu des Szientismus oder des Positivismus beschuldigen? Bourdieu würde darauf antworten, dass die Sorge die Sprache zu kontrollieren, das heißt die Rezeption der Sprache, den Soziologen zu einer wissenschaftlichen Rhetorik zwinge, die nicht gleich bedeutend ist mit einer Rhetorik der Wissenschaftlichkeit: es gehe ihm darum eine wissenschaftliche Lektüre aufzuerlegen und nicht den Glauben in die Wissenschaftlichkeit des Gelesenen.
 
Bourdieu leistet sich auch ein bisschen Ignoranz, indem er einen auf Sokrates macht, wenn er sagt: „etwas zu tun, ohne vollkommen zu wissen, was man tut, ist sich eine Chance zu geben, indem, was man tut etwas zu entdecken, das man nicht gewusst hat.“ Damit spielt er auf die Wunderwaffen an, die er sich durch die Autorität der Soziologie annimmt und auf den möglichen Vorwurf, in wie weit dies wirklich determiniert sind.
 
Bourdieu leistet sich auch ein bisschen Ignoranz, indem er einen auf Sokrates macht, wenn er sagt: „etwas zu tun, ohne vollkommen zu wissen, was man tut, ist sich eine Chance zu geben, indem, was man tut etwas zu entdecken, das man nicht gewusst hat.“ Damit spielt er auf die Wunderwaffen an, die er sich durch die Autorität der Soziologie annimmt und auf den möglichen Vorwurf, in wie weit dies wirklich determiniert sind.
 
Der erste Teil des Homo academicus zeichnet sich in seiner Stichhaltigkeit als ein „discours de la méthode“  sociologique aus und kulminiert in der Tatsache, dass die Umfrage von der universitären Welt und ihren Resultaten in den Hintergrund verdrängt wird: die möglicher Übereinanderüberlagerung des Feldes der Macht mit dem universitären Feld, die jeweiligen Positionen in der Struktur des universitären Feldes, die unterschiedlichen Fakultäten und ihre spezifischen Organisationformen, das Verhältnis zwischen den Disziplinen innerhalb der Fakultäten, das Verhältnis zwischen den Geisteswissenschaften und Humanwissenschaften, die Mechanismen des Erwerbs, der Erhaltung und Reproduktion der Macht, welche die Forscher positionieren.
 
Der erste Teil des Homo academicus zeichnet sich in seiner Stichhaltigkeit als ein „discours de la méthode“  sociologique aus und kulminiert in der Tatsache, dass die Umfrage von der universitären Welt und ihren Resultaten in den Hintergrund verdrängt wird: die möglicher Übereinanderüberlagerung des Feldes der Macht mit dem universitären Feld, die jeweiligen Positionen in der Struktur des universitären Feldes, die unterschiedlichen Fakultäten und ihre spezifischen Organisationformen, das Verhältnis zwischen den Disziplinen innerhalb der Fakultäten, das Verhältnis zwischen den Geisteswissenschaften und Humanwissenschaften, die Mechanismen des Erwerbs, der Erhaltung und Reproduktion der Macht, welche die Forscher positionieren.
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Die Krise oder der kritische Moment  (Mai 68)ist jene, die die Zeit bricht und das Feld an ihren Äderchen trennt.  Im Moment der Krise kann man mit nacktem Auge erkennen wie die Korrespondenz zwischen dem sozialen Feld, im Besonderen mit dem universitären Feld und der intellektuellen, ideologischen und politischen Stellungnahme besteht. Mit der Krise wird alles möglich, so dass mit ihr die gewöhnliche Erfahrung der Zeit  wie sie als eine Fortschreitung der Vergangenheit oder der Zukunft sein kann, gebrochen wird. Mai 68 bricht daher die Kette des Rechts auf den Verkauf des Möglichen und erschüttert die zeitliche Struktur des Feldes, die davor gesichert war durch Karriereprofile, Laufbahnen oder cursus honorum. So ist der Prozess der Reproduktion gebrochen.
 
Die Krise oder der kritische Moment  (Mai 68)ist jene, die die Zeit bricht und das Feld an ihren Äderchen trennt.  Im Moment der Krise kann man mit nacktem Auge erkennen wie die Korrespondenz zwischen dem sozialen Feld, im Besonderen mit dem universitären Feld und der intellektuellen, ideologischen und politischen Stellungnahme besteht. Mit der Krise wird alles möglich, so dass mit ihr die gewöhnliche Erfahrung der Zeit  wie sie als eine Fortschreitung der Vergangenheit oder der Zukunft sein kann, gebrochen wird. Mai 68 bricht daher die Kette des Rechts auf den Verkauf des Möglichen und erschüttert die zeitliche Struktur des Feldes, die davor gesichert war durch Karriereprofile, Laufbahnen oder cursus honorum. So ist der Prozess der Reproduktion gebrochen.
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Die vorläufige Unbestimmtheit des Möglichen führt die Agenten dazu, deren Positionen nicht mehr gesichert sind durch zyklische Reproduktion der Mächte, der Ehre oder des Prestiges, sich deutlich zu positionieren. So wird ein Verhältnis etabliert zwischen dem Raum der Stellungnahme der politischen Position und dem Raum der sozialen Position, die leserlicher las in der gewöhnlichen Erfahrung ist.
 
Die vorläufige Unbestimmtheit des Möglichen führt die Agenten dazu, deren Positionen nicht mehr gesichert sind durch zyklische Reproduktion der Mächte, der Ehre oder des Prestiges, sich deutlich zu positionieren. So wird ein Verhältnis etabliert zwischen dem Raum der Stellungnahme der politischen Position und dem Raum der sozialen Position, die leserlicher las in der gewöhnlichen Erfahrung ist.
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Maggiore meint, dass Bourdieu mit Homo academicus die Funktion des Soziologen vollziehe, die die soziale Welt verstehen will, nicht aber politische Mythen nähren oder irgendeiner Macht zu helfen sich der Macht besser zu bedienen.
 
Maggiore meint, dass Bourdieu mit Homo academicus die Funktion des Soziologen vollziehe, die die soziale Welt verstehen will, nicht aber politische Mythen nähren oder irgendeiner Macht zu helfen sich der Macht besser zu bedienen.

Aktuelle Version vom 11. November 2009, 12:40 Uhr

In diesem Artikel werden zwei Rezensionen aus dem Jahr 1984 zu Homo Academicus von Pierre Bourdieu präsentiert.

Die erste Rezension ist von Frédéric Gaussen (Le Monde, 16. November 1984) und die zweite Rezension von Robert Maggiori (Libération, 24. Dezember 1984) Frédéric Gaussen beginnt seine Rezension mit dem Titel „Pierre Bourdieu verrät ein Geheimnis. Eine soziologische Studie der Universitäten, die auch ein Manifest für die intellektuelle Freiheit ist.“

Bourdieu würde mit streng durchdachten Methoden, die nur nach Fakten suchen und das Spekulative und Figurative entfernen, aufzeigen, wie Talent auf den Universitäten beinahe bedeutungslos ist und das soziale Erbe den Zugang und die Entwicklung von Karriereläufen bestimmen. Welche Studenten erwählt werden, wie sich die Forschung orientiert oder wie Bekanntheit auf Positionen zurückgeht, werde durch den Bezug auf die soziale Herkunft erklärt, die wiederum sowohl die schulische als auch die universitäre Laufbahn prägt.

Bourdieu würde im Feld der Universitäten Frankreichs mondäne und akademische Hierarchien unterscheiden. Disziplinen wie Medizin und Jus würden zu den mondänen gehören, da Mediziner und Juristen oft zu der oberen Klasse gehören, die sehr einflussreich sind im gesellschaftlichen Leben und nicht die Notwendigkeit sieht sich mit Forschung auseinanderzusetzen, da sie die Anerkennung oft nicht brauchen. Die Mediziner und Juristen stehen sowohl in einem schweigsamen Einverständnis als auch in Abhängigkeit zu der Institution Universität. Aus dieser Doppelheit erlangen sie auch ihre Autorität. Während der andere Teil wissenschaftlich tätig ist, aus der Mittelschicht kommt und ihre Macht und ihr Prestige von der wissenschaftlichen Produktion bedingt ist.

Einen besonderen Status habe die Literaturwissenschaft als Disziplin, die eine Zwischenposition einnehme und sich aus intellektuellen und bildenden Berufen konstituiere. Sie würden kaum Beziehungen zur Macht unterhalten bzw. keine Machtpositionen einnehmen. Ihre Bekanntheit würde sie auf der einen Seite durch die Produktion von kulturellen Gütern wie Bücher erlangen und auf der anderen Seite durch die so genannte cooptation, die mit der Wahl in eine Körperschaft zB: durch eine Doktorarbeit verbunden ist. Die Literaturwissenschaft stelle in Frankreich nicht nur eine eigene Disziplin, sondern auch eine eigene Fakultät dar (faculté des lettres). Im deutschen Sprachraum wird dies oft mit Geisteswissenschaft umschrieben. Sie habe als Feld die Besonderheit, dass dort eine Art Gleichgewicht bzw. implizites Einverständnis bestehe zwischen jenen, die bereits ihre Titel haben und anderen, die den Anspruch haben sich die Titel noch zu erarbeiten. So gäbe es einen cursus type, der die Bedingungen einer wissenschaftlichen Laufbahn kennt, diese befolgen möchte, um an die Spitze zu kommen. Dazu würden bestimmte Faktoren gehören wie an der École Normale Supérieur studiert zu haben, in jungem Alter Doktor zu werden oder einen berühmten Betreuer zu haben.

Dann jedoch treten Probleme auf, als sich die Anzahl der Studierenden vermehrt und man Assistenten rekrutieren muss. Diese verstehen, dass sie kein Prestige genießen werden und geringe Chancen haben die bisherigen Strukturen und Machtpositionen zu umgehen. Sie wissen, dass sie die Deklassierten sind. Sie identifizieren sich nicht mehr mit der Universität, die aufgehört hat ihre Erwartungen zu erfüllen. Pierre Bourdieu bezeichnet sie auch als enseignants subalternes, die meist aus der Arbeiterklasse sind. Viele Studenten unter ihnen studieren Soziologie und viele Studentinnen Psychologie.

Der Mai 68 ist ihre spontane Antwort gegen die Machtverteilung auf den Unis, sie ist die Revolte der Deklassierten. Es kommt nach Bourdieu zu einer Politisierung, die das ausdrückt, was von allen wahrgenommen und erfahren wurde, worüber aber man geschwiegen hat oder es einfach unterdrückt hat. Mai 68 ist daher eine Bewegung, die sich gegen dieses Stillschweigen wendet.

Bourdieu, der selbst in einer auf der Welt einzigartigen Elite Uni – Collège de France – gelehrt hat, weiß, dass er selbst Teil dieses Systems ist und schreibt aufgrund seiner eigenen Verwicklung über sein Buch Homo academicus : un livre à brûler (ein Buch zum Verbrennen). So umschreibt er auch sein Buch als vendre la mèche (ein Geheimnis verraten), indem er andeutet, dass, viele, die in diesen Raum der Universität involviert sind und ihre Privilegien schützen wollen, es bevorzugen darüber zu schweigen. So unternimmt Bourdieu das Projekt darüber zu sprechen und daraus kein Geheimnis mehr zu machen. Jedoch handelt es sich nicht bei Homo academicus um seine Bekenntnisse, sondern die stilistische Askese, die Pamphlet ähnliche Aggressivität, die Setzung von Vorstellungen hinter reinen Methoden und die wissenschaftliche Genauigkeit zeigen wie das Buch über die eigene Position hinausgeht. Bourdieu wird von Gaussen als leidenschaftlicher Forscher beschrieben, der keine Soziologie der reinen Fakten betreibe. Für Bourdieu sei es wichtig, dass der homo academicus nicht drohe zu verschwinden, weil sie die Autonomie gegen die Mächtigen repräsentiert, die versuchen würden den Intellektuellen zu verführen und seine Kräfte zu reduzieren.


Robert Maggiori beginnt seine Rezension mit einer Anspielung auf den Titel einer anderen Publikation Bourdieus Ce que Bourdieu veut dire (Was Bourdieu sagen will; dies ist eine Anspielung auf Bourdieus Buch ce que parler veut dire =Was heißt sprechen)

Bourdieu würde mit homo academicus versuchen Entstehung, Geschichte und Geografie auf der Universität und in der intellektuellen Welt darzustellen. Vor allem sei aber homo academicus in Anlehnung an Descartes ein discours de la méthode sociologique. Maggiori fragt, ob man überhaupt über dieses Buch sprechen kann, wenn es darum geht die eigene Komplizenschaft auszudrücken. Maggiori zeigt dieses Paradoxon an einem folgenden Beispiel: „Was kann ich tun, wenn jemand zu mir sagt: „Widersetz dich mir!“? Wenn ich gehorche, dann … widersetze ich mich. Und, wenn ich mich widersetze, dann gehorche ich …“ In solch einer Situation scheint sich nicht nur Bourdieu zu befinden, der es wagte dieses Buch zu schreiben, sondern auch die restlichen Beteiligten an der Uni.

So können wir zurück zum Titel kommen und auf Bourdieus Buch „ce que parler veut dire“, die Maggiori für die eigene Position des Kritikers mit „ce que parler d´un livre de Bourdieu veut dire“ umschreibt (was es bedeutet es über ein Buch Bourdieus zu schreiben). Bourdieu geht es nicht besser, wenn er über sein Buch sprechen müsste und er würde antworten, so wie er dies bereits in Homo academicus kommentiert hat: „ein Buch zum Verbrennen“. Er müsste sich fragen „ce que parler du monde des intellectuels veut dire (was bedeutet es über die Welt der Intellektuellen zu schreiben). Der Intellektuelle muss bei solch einer Frage feststellen, dass er wie ein Fisch im Wasser ist. Könnte man Bourdieu entgegnen, dass es nicht möglich sei auf eine neutrale Art und Weise über jene Welt zu schreiben, in die man selbst involviert ist? Auf derartige Entgegnungen schrieb Bourdieu ein ganzes Kapitel, in der die soziologische Methodologie keine Frage offen zu lassen scheint und Einwände mit Antworten und Einwänden entgegnet wird. Die Umwege, die vom Forscher eingeschlagen werden können, um die Untersuchung zu verzerren, werden von Bourdieu ausfindig gemacht, abgesteckt und getilgt, so dass es weder zu perversen Resultaten noch zu Ausschmückungen der Wissenschaftlichkeit kommt.

Bourdieu zeigt nach Maggiore auf erschöpfende Art und Weise, wie er seinen Gegenstand beherrscht, so dass jede Kritik schon zuvor verzweifelt. Die Definition der Umwelt der Meinungsforschung, die Methoden des repräsentativen Querschnitts. Die Wahl der Bevölkerung, die Kriterien, die aufgestellt werden, um das Prestige eines Intellektuellen zu fixieren, die Rolle der Intuition in der Umfrage, das Verhältnis zwischen der objektivistischen und perspektivistischen Annäherung, die Unterscheidung zwischen dem Werturteil, wovon sich die Soziologie fernhalten müsse, und der Bedeutung eines Werts, das sie registrieren müsse, die Gefahr, die darin besteht, eine feststellende Äußerung in eine performative Anprangerung umzuwandeln, all diese und viele andere Bedingungen werden vorbehaltlos ausgeführt und am Ende die Arbeit des Soziologen eine Epistemologie der Soziologie hervortreten lässt.

Die Zusammenhaftigkeit und In-Sich-Geschlossenheit der Sprache erscheint wie eine feine Architektur, so dass die Wissenschaftlichkeit der Soziologie zu ihrem Ruhm kommt. Kann man Bourdieu des Szientismus oder des Positivismus beschuldigen? Bourdieu würde darauf antworten, dass die Sorge die Sprache zu kontrollieren, das heißt die Rezeption der Sprache, den Soziologen zu einer wissenschaftlichen Rhetorik zwinge, die nicht gleich bedeutend ist mit einer Rhetorik der Wissenschaftlichkeit: es gehe ihm darum eine wissenschaftliche Lektüre aufzuerlegen und nicht den Glauben in die Wissenschaftlichkeit des Gelesenen. Bourdieu leistet sich auch ein bisschen Ignoranz, indem er einen auf Sokrates macht, wenn er sagt: „etwas zu tun, ohne vollkommen zu wissen, was man tut, ist sich eine Chance zu geben, indem, was man tut etwas zu entdecken, das man nicht gewusst hat.“ Damit spielt er auf die Wunderwaffen an, die er sich durch die Autorität der Soziologie annimmt und auf den möglichen Vorwurf, in wie weit dies wirklich determiniert sind. Der erste Teil des Homo academicus zeichnet sich in seiner Stichhaltigkeit als ein „discours de la méthode“ sociologique aus und kulminiert in der Tatsache, dass die Umfrage von der universitären Welt und ihren Resultaten in den Hintergrund verdrängt wird: die möglicher Übereinanderüberlagerung des Feldes der Macht mit dem universitären Feld, die jeweiligen Positionen in der Struktur des universitären Feldes, die unterschiedlichen Fakultäten und ihre spezifischen Organisationformen, das Verhältnis zwischen den Disziplinen innerhalb der Fakultäten, das Verhältnis zwischen den Geisteswissenschaften und Humanwissenschaften, die Mechanismen des Erwerbs, der Erhaltung und Reproduktion der Macht, welche die Forscher positionieren.

Die Krise oder der kritische Moment (Mai 68)ist jene, die die Zeit bricht und das Feld an ihren Äderchen trennt. Im Moment der Krise kann man mit nacktem Auge erkennen wie die Korrespondenz zwischen dem sozialen Feld, im Besonderen mit dem universitären Feld und der intellektuellen, ideologischen und politischen Stellungnahme besteht. Mit der Krise wird alles möglich, so dass mit ihr die gewöhnliche Erfahrung der Zeit wie sie als eine Fortschreitung der Vergangenheit oder der Zukunft sein kann, gebrochen wird. Mai 68 bricht daher die Kette des Rechts auf den Verkauf des Möglichen und erschüttert die zeitliche Struktur des Feldes, die davor gesichert war durch Karriereprofile, Laufbahnen oder cursus honorum. So ist der Prozess der Reproduktion gebrochen.

Die vorläufige Unbestimmtheit des Möglichen führt die Agenten dazu, deren Positionen nicht mehr gesichert sind durch zyklische Reproduktion der Mächte, der Ehre oder des Prestiges, sich deutlich zu positionieren. So wird ein Verhältnis etabliert zwischen dem Raum der Stellungnahme der politischen Position und dem Raum der sozialen Position, die leserlicher las in der gewöhnlichen Erfahrung ist.

Maggiore meint, dass Bourdieu mit Homo academicus die Funktion des Soziologen vollziehe, die die soziale Welt verstehen will, nicht aber politische Mythen nähren oder irgendeiner Macht zu helfen sich der Macht besser zu bedienen.