Tugendhat

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(g.h. 18.1.04)

In der Diskussion hilfreich ist ein Aufsatz von Tugendhat (Ernst Tugendhat, Philosophische Aufsätze, S 251 „Der Wahrheitsbegriff bei Aristoteles“, stw 1017). Darin gibt Tugendhat eine für unsere Diskussion brauchbare Differenzierung des Wahrheitsbegriffes an, und zwar: die ‚Wahrheit von Aussagen’ und die ‚Wahrheit von Sachen’. Er beschreibt auch, dass beide Wahrheitsvorstellungen in der griechischen Philosophie gebräuchlich waren. Um dem Begriff Wahrheit etwas von seinem hehren, absoluten und göttlichen Touch zu nehmen, dient die – vielleicht heute nicht mehr umstrittene – Etymologie des griechischen Wortes alethea, die von Heidegger stammt: a – lethea. Das Un – Verborgene. Heutig übersetzt, könnte man vielleicht sagen das Offen – Sichtliche. Wahr ist, was (für alle oder viele oder zumindest für eine/n ) offensichtlich ist. Das betrifft bei Aussagen bestimmte Eigenschaften, also z.B. Grün, und kann relativ leicht geprüft werden. Bei Sachen liegt das schon komplizierter. Hier hängt es davon ab, was man von einer Sache will oder erwartet. Griechisch AGATHON, das letztlich Gewollte. Da wird man sich schon nicht so leicht einig werden. Es scheint mir aber offensichtlich, dass die Suche nach den beiden unterschiedlichen Wahrheiten unterschiedliche Grundhaltungen erfordert. Die Frage nach der Wahrheit von Aussagen, verlangt eine kritische Betrachterposition. Die nach der Wahrheit von Sachen verlangt Intentionen, Motive und unter Umständen Werthaltungen. Altertümlich könnte man das auch Wesens-Suche oder aktiv Wesens-Bestimmung nennen. Zweiteres gefällt mir besser. Was Demokratie, Freiheit, Staat bedeuten soll und kann, möchte ich gerne zumindest Mit-Bestimmen. In beiden Fällen, Wahrheit von Aussagen und Wahrheit von Sachen geht es nicht originär um das Wort „Wahrheit“ ( aber das sage ich jetzt schon zu oft ) Wichtig scheint mir, dass Wahrheit von Sachen ohne Aussagenwahrheit gar nicht geprüft werden kann. Denn es sind ja immer – richtige oder falsche - Aussagen über Sachen, die die Grundlage der Wesensbestimmung sind. Ein diagrammatische Darstellung, könnte also ungefähr so beginnen:

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Meistens beschreiben wir Sachen mit Hilfe der sog. analytischen Definition: Wir nennen einen Überbegriff oder ein Synonym und zählen die wesentlichen Merkmale einer Klasse von Dingen auf, die dem Begriff entsprechen. z.B.: Ein Sessel ist ein Möbelstück zum Sitzen mit (meistens) vier Beinen und einer Lehne... oder...Demokratie ist eine Herrschafts-/Regierungsform mit diesen und diesen Eigenschaften. Wittgenstein sagt im Tractatus unter 3.221 „Ein Satz kann nur sagen WIE ein Ding ist und nicht WAS es ist.“ (Übrigens in bemerkenswerten Widerspruch zu seinem berühmten ersten Satz 1:“Die Welt ist alles, WAS der Fall ist.“) Aussagen darüber WAS eine Sache /Ding konkret ist, münden also meistens eine Summe von Aussagen über die betreffende Eigenschaften.

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