Tphff/Vo 03

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Einführender Hinweis

Univ.-Prof. Dr. Herbert Hrachovec (HH) wünscht sich, dass die Handhabung der Lehrveranstaltung „Technik und Philosophie des freien Forschungsaustausches“ ähnlich vonstattengeht wie es bei Filmvorführungen der Viennale der Fall ist: Dort gibt es immer eine Diskussion im Anschluss. Das Wiki ist nämlich extra dafür eingerichtet. In einer Lehrveranstaltung namens „Freier Forschungsaustausch“ geht es nicht darum, sich die Inhalte unberührt und unbeteiligterweise „frei reinzuziehen“. Freiheit kann man auf zwei Weisen interpretieren: a) als Freiheit im Sinne von „Freibier“ und b) frei im Sinne von freier Rede; hier zeigt sich eine normative Komponente –jeder tritt in die Gesprächssituation ein und jede gemachte Aussage hat Gewicht, es sollen also nicht nur einzelne etwas sagen. HH unternimmt verschiedene Aktionen zur Intensivierung und Verbesserung dessen, was in der Vorlesung geschieht, indem er die Vorlesung aufzeichnen und transkribieren lässt. Jeder ist aber mitverantwortlich. Diese Lehrveranstaltung lebt von Spaß, Engagement und Erkenntnisgewinnung und nicht davon, dass man sich in den Hörsaal setzt und sich berieseln lässt. Im Wiki gibt es zu jeder Seite eine dazugehörige Diskussionsseite –jeder sollte sich dort engagieren!

Moodle und Wiki: zwei Weltanschauungen

Moodle

Moodle ist eine elektronische Lernplattform, die für die Universität Wien adaptiert worden ist. Die Methode ist in der Welt des Buches gesagt folgendermaßen: Man will ein Buch schreiben und hat schon das Inhaltverzeichnis und die Überschriften vorgegeben. So kann man wie in ein Formular den Inhalt hineinschreiben. Moodle hat Vorteile in vielerlei Hinsicht. Für Lehrende gibt es eine zentrale identifizierende Benutzerverwaltung, sodass sie sehr gut kontrollieren können, was dort abläuft. Es steht ein reiches Instrumentarium zur Verfügung, u.a. verschiedenste Kommunikationsformen (Foren, Wiki-Diskussionen, Seiten zur Bereitstellung von Arbeitsmaterialien…). Moodle ist eine extra für den e-learning-Betrieb erstellte, sehr erprobte Komplettlösung, sozusagen ein Verkehrsleitsystem.

Wiki

Wiki dagegen ist eher mit einer „Wüste“ oder einem Landstrich ohne Verkehrsleitsystem vergleichbar. Sie wird von HH allerdings präferiert. Der große Nachteil ist, dass ständig automatisierte user aus z.B. Südkorea oder den USA hinausbefördert werden müssen, die sich im Wiki anmelden und informative Botschaften zu bestimmten Seiten verbreiten, indem man die Seite löscht oder sperrt. Man kann aber nicht verhindern, dass sie sich registrieren. Vandalen kann man rausfinden und sperren –aber man kann weder herausfinden, woher sie kommen noch welche die zugehörige IP-Adresse ist.

Wiki und der freie Forschungsaustausche

Wiki wird vor allem an Universitäten dazu verwendet, Vorlesungen trotz Überfüllung für alle Studierenden zugänglich zu machen, die sie besuchen wollen. Die Anmeldung ist demnach für jeden Studenten freigegeben. Das ist zugleich aber auch der Preis, der dafür zu zahlen ist: alle können sich anmelden. Die Alternative wäre, die Seite zu sperren. Allerdings kann man eine Entschädigung für die damit einhergehenden automatisierten Anmeldungen darin sehen, dass jeder Angemeldete einfach unerwünschte Beiträge löschen kann. Allerdings kann nur ein Administrator einen user löschen. Ein geschlossener Zugang wie bei Moodle würde als allererstes festlegen, dass alle Modalitäten der Anmeldung privat sind. Die Philosophie dahinter ist wie folgt: Es hat keinen Sinn eine Software zu schreiben, in der jedes Kind ein Skript schreiben kann und dann tausende von media-wiki-Installationen mit irgendwelchen Beiträgen überflutet werden.

Exkurs zu den technischen Vorgängen im Wiki

Wenn man einen Beitrag zu einer Diskussionsseite im Wiki schreiben will dann, klickt man auf „Bearbeiten“ und kommt so auf die php- oder Index-Seite (sie enthält die Webcomputersprache, die die Erfordernisse von Website-Gestaltung in Zusammenarbeit mit Datenbanken unterstützt). Dieser Seite mit der Adresse „Discussion“ wird ein Kommando hinzugefügt; die Befehle ans php-Skript sind z.B. „action=edit“ beim Bearbeiten oder „action=safe“ beim Abspeichern. Man gibt eine Aufforderung ans php-Skript, das verlangte Interface zu geben. Dass man somit einen Programmierakt vollzieht, macht man sich als BenutzerIn oft gar nicht bewusst. Man ruft im Prinzip eine URL auf und diese URL enthält den Befehl, einen Benutzer anzulegen.

Diskussion: Vor- und Nachteile des Wiki

Eine Hörerin kritisiert das Wiki-System, da sie schlechte Erfahrungen damit gemacht hat. Die von ihr auf Wiki erstellten Internetprotokolle im Zusammenhang mit einer Lehrveranstaltung waren hinterher unter ihrem Benutzernamen im Internet zurückzufinden. Man hat also keine Kontrolle über die Konsequenzen der eigenen Tätigkeit. HH erwidert, dass es nicht zu leugnen ist, dass heute eine zugespitztere Situation herrscht als vor ein paar Jahren. Wenn in einer Lehrveranstaltung ein Wiki verwendet wird, müsste von Anfang an deutlich darauf hingewiesen werden, dass es keine geschlossene Plattform ist. Außerdem kann man selbst seine Beiträge (und auch die der anderen) wieder löschen –allerdings auch wiederherstellen. Dass sind nun mal die Regeln, auf die man sich einlassen muss, wenn man das Wiki nutzen möchte. Man muss sich bewusst sein, dass, wenn man was ins Wiki stellt, dass man es ins world wide web hineingibt! Man muss in diesem Zusammenhang auch die Frage stellen, inwieweit es im Sinn der Sache liegt, Beiträge, die den Wissensgenerierungsprozess begründen, im Nachhinein wieder zu löschen. Trägt man dann nicht das Fundament eines solchen Konzepts wie das des Wiki ab? Auf die Frage eines anderen Hörers, was der Sinn darin sei, dass jeder Benutzer jeden fremden Text bearbeiten und abändern darf, wenn es im Zweifelsfall gar nicht im Interesse des ursprünglichen Autors liegt, gibt HH folgende Antwort: Es haben sich auf Wiki gewisse Gepflogenheiten eingespielt. Änderungen kann man zum Beispiel als Diskussionsbeiträge markieren (indem man Einrückungen macht oder mit Farben arbeitet) und zusätzlich unterschreiben. In geschlossenen Webforen wird einem das abgenommen, man trägt Diskussionsbeiträge in Formulare ein und das wird dann graphisch auf der Website umgesetzt. Auf Wiki dagegen kann man die Gestaltung der Diskussion selbst in die Hand nehmen –und somit leider auch Unfug machen und z.B. Beiträge der anderen einfach löschen. Das ist allerdings noch nie ernsthaft passiert und kann zweitens wieder rückgängig gemacht werden. Es ist natürlich eine berechtigte Sicht, wenn man dagegen ist, dass die eigenen kleinen ersten Gehversuche als StudienanfängerIn der Philosophie von der ganzen Welt beobachtet werden können (vgl obige Kritik). HH hat aber in der ersten Vorlesung[[ tphff/Vo 01]] davon gesprochen, dass der alte Stil des Umgangs mit Universität, d.h. bevor in Kategorien wie „Early Stage Researchers“ gedacht wurde, Bildung im traditionellen Sinn impliziert hat. Studienanfänger wurden ernst genommen. Das gegenwärtige Universitätssystem tendiert dahin, Studierende erst ab der Vorphase des Doktorates als Akademiker ernst zu nehmen. Das will HH vermeiden. Das privacy-Problem ist nicht zu leugnen, aber in Kauf zu nehmen. Denn der freie Forschungsaustausch beginnt damit, dass jeder Diskussionen führen kann und solche auch in offenen Plattformen mit einem Minimum bürokratischer Kontrolle unterstützt werden.


Open Access

Die gegenwärtige Situation des Doppelzahlsystems

Zwei bis drei große Verlage mit Oligopolstellung verlangen sehr viel Geld für wissenschaftliche Produktion, deren Ergebnisse gekauft von den Universitäten werden müssen, in denen ebendiese Ergebnisse auf Steuergeld erzeugt wurden. Dagegen reicht es nicht, zu sagen, „wenn jemand will, kann er ja seine Produktionen jemandem als Sonderdruck in die Hand geben oder als e-mail verschicken“, sondern es braucht ein breiteres System für den Ausweg aus dieser Situation.

Neue Möglichkeiten des freien Forschungsaustausches am Web

Es gibt heutzutage viele Möglichkeiten der Webverbreitung, mithilfe derer man die Verbreitung von Forschungsresultaten neu gestalten kann. Man muss sich nicht darauf beschränken, die Institutionen der alten Forschungsführung, d.i. der Verlage, bloß auszustatten mit neuen kommerziellen Möglichkeiten am Internet, d.h. die alten Bezahlungsformen beizubehalten und elektronisch gestalten. Es gibt einen anderen Zugang: Forschungsresultate sollen frei zur Verfügung stehen –man soll nicht ungebührlich dafür zahlen müssen. Das Verhältnis von wissenschaftlicher Tätigkeit und ihrer Publikation war vor einiger Zeit immer ein halbwegs austariertes. Nicht alles war unverhältnismäßig überteuert wie heute aufgrund der Globalisierung und der Möglichkeiten der heutigen Webdistribution, durch welche ein neuer Kostenfaktor gewachsen ist. Obwohl wir in den früheren Jahrhunderten uns niemals aufgeregt hätten, für die Dinge Geld zu zahlen, stellt sich heute die Frage neu: Müssen wir denn zahlen und wenn ja, wie viel, damit wir heute an die Forschungsresultate herankommen?

Strukturelle Hürden für einen freien Forschungsaustausch

Wenn man etwas tun will, um unter den neuen Bedingungen den Zugang zu Forschungsresultaten freizumachen, muss man zwei Dinge berücksichtigen:

a)die Eigentumsordnung, die unter dem sog „geistigen Eigentum“ diskutiert wird: Inwiefern sind Bildung und Forschung bezahlbar? „Wissen und Geld“ ist der Titel, unter dem zu diskutieren ist, unter welchen Umständen produktive ForscherInnen ein Recht darauf haben, ihre Forschung als ihnen gehörig zu betrachten, sie zu verkaufen, die Rechte für den Verkauf einem anderen zu übergeben…

b)das Distributionsverfahren Die Distributionsformen der großen Internetsites (s. Artikel von Montbiot) ist im Interesse des bisherigen Systems –Frage: welche Möglichkeiten gibt es, dem etwas auf weltweiter Basis entgegenzustellen?

Es stellt sich also die Frage: Wie hängt das Regime von Eigentumszuschreibung und Distribution von Forschungsresultaten mit dem Markt und dem Wissenschaftsbetrieb zusammen?

OAIPMH

„Open Archives Initiative Protocol for Metadata Harvesting“ ist eine Initiative im Web, die es möglich macht, speziell ausgezeichnete Artikel, die in bestimmten Archiven zur Verfügung stehen, automatisch im Web zusammenzusuchen und für alle Interessierten zur Verfügung zu stellen. Man findet dort Archivseiten, in denen man einen automatisierten Zugriff auf alle zur Verfügung stehenden freien Inhalte hat.

David Lewis: „The Inevitability of open access"

In diesem Artikel gibt Lewis eine Einschätzung der Erfolgsaussichten der Open Access (OA) Bewegung.

Verlagssystem vs Open Access – „David und Goliath“

Man kann sprechen von einem Motiv des „David und Goliath“, wenn man das Verlagssystem und das Projekt des OA einander gegenüberstellt. Denn die gegenwärtigen Bedingungen der Karriere von ForscherInnen sind zunehmend davon gekennzeichnet, dass man in Publikationsorganen (wissenschaftliche Journale) publiziert haben muss, die besonders prestigeträchtig sind. Das bemisst sich daran, wie viele Ablehnungen diese Journale aussprechen –d.h. ein gutes Journal zeichnet sich dadurch aus, dass es aufgrund seiner scharfen Auswahlkriterien für die Beiträge oft zitiert wird. Man möchte als WissenschaftlerIn natürlich mit seinem Beitrag in ein solches Journal kommen und dafür die entsprechenden Publikationspunkte für sich vermerkt wissen. Das Geschäftsmodell der commercial publicers, ist eines, wo sich diese Art von Renommee über die Jahre aufbauen muss. Wenn man diese Reputation einmal hat, dauert es - wenn überhaupt- sehr lange, bis man die wieder verliert. Der Ruf stützt sich ja selbst. Diese Dynamik ist sehr stabil aufgrund dieses Punktesystems, da die Wissenschaftler immer weiter bei demselben Journal Beiträge einreichen wollen, wenn die Publikation dort viele Punkte bringt und somit der eigene Ruf gestärkt wird. Es gibt inzwischen eine Gegenbewegung durch das Software-System „Public Knowledge Project", welches eine Software namens „Open Journal System“ zur Verfügung stellt. Hier wird ein gratis Workflow-System zum selbst einzurichtenden Aufbau eines online-Journals angeboten, inklusive peer review, editorial port, submission process… Alles, was man für die Gründung eines open journals braucht, ist vorhanden. Man muss nur sein eigenes Logo einrichten und die Seite mithilfe von Stylesheets in HTML gestalten. Man ist dann im Besitz eines peer reviewed journal. Was aber nicht gratis kommt, ist die Bestätigung dafür, dass dieses Journal wichtig und in der Welt der Wissenschaft anerkannt ist. Es bleibt die große Einstiegshürde des Renommees („Das kostet nichts, aus denen wird nie was“)!

Lewis‘ Hoffnung auf das Prinzip der Disruptive Innovations

Lewis nimmt Bezug auf den Betriebswirtschaftler Clayton Christensen von der Harvard Business School, der die Theorie der „Disruptive Innovations“ aufgestellt hat. Es gibt in der Ökonomie des Kapitalismus kreative Prozesse, die sich daran bilden, dass etwas anderes zerstört wird (vgl. Schumpeter). In einer größeren Anzahl von Industriebranchen hat Christensen untersucht, wie eine solche Disruptive Innovation abläuft.

Ein paar Beispiele:

-Die US-amerikanische Auto-Industrie in Detroit hat jahrelang gut daran getan, die größten und komfortabelsten Autos zu produzieren. Als Toyota kleine Sportautos auf den Markt gebracht hat, wurde das erst nur belächelt. Allerdings ist man dann bald draufgekommen, dass man da einiges verpasst hat und dass das japanische Business-Modell („just-in-time“ Produktion, andere Distributions- und Preisgestaltung etc.) einen höheren Grad von Variabilität aufweist. Die große Autostadt ist an ihrem obsoleten Businessmodell letztlich gescheitert.

-IBM hat in den 70er Jahren die absolute Marktführerschaft bei Großrechnern innegehabt. Als die Idee des Personal Computer aufkam, hat IBM ebenso gelächelt –die Welt brauche maximal 10 Großcomputer, an diesen kleinen PCs habe keiner etwas. Viel zu spät hat IBM erkannt, dass inzwischen die eigene Klientel auf den PC umgesattelt war. IBM hat dann ein eigenes Betriebssystem kreiert, um Windows entgegenzuwirken, aber dieses System war schon nicht mehr durchsetzungsfähig.

-Digitalkameras: Sie haben eine Zeit lang koexistiert mit den klassischen Fotoapparaten –nach fünf Jahren Koexistenz sind letztere allerdings verschwunden. Einer der Gründe, weshalb die jeweils marktbeherrschenden Unternehmen sich nicht bedroht gefühlt haben, ist, dass die neuen Ideen noch nicht wirklich überzeugend waren. Nach und nach wird das aber besser und besser: Ein unterer Teil des Marktes wird besetzt, wo die Newcomers genügend Geld und Potenzial finden, um aufzusteigen. Die neue Technologie kann so auf dem Markt erscheinen und eine überwältigende Wirkung haben. Christensens Fazit daraus ist u.a., dass der Ratschlag „Höre auf deine Kunden“ der Beginn des Untergangs der großen Firmen ist. Die Kunden wissen selbst nicht, was sie genau wollen. Denn wenn neue Dinge erschlossen werden dann wird damit ein Kundenpotenzial zerstört und darum straucheln die großen Firmen oft an dieser Stelle. Lewis prognostiziert, dass es den derzeitigen Verlagen ähnlich gehen wird, nämlich aufgrund seiner Beobachtung, dass in 1993 noch lediglich 20 OA Journale mit 247 Artikeln erschienen sind, in 2000 sich die Zahl auf 741 Journale mit 35000 Artikeln erhöht hat; 2005 waren es schon 2837 Journale und heute sind es um die 4700 . Der Anteil von OA Zeitschriften beträgt inzwischen 7,7%. Lewis macht seine Prognose, dass die Kurve irgendwann nach oben ausreißt, aufgrund der Idee, dass Disruptive Innovations es an sich haben, dass es eine Latenzzeit gibt, in der die Sache sich zuspitzt; aber irgendwann bricht die Innovation plötzlich durch. „Gold OA has all of the attributes of a disruptive innovation. It combines a new technology, digital distribution of content using the Internet, with a new business model, free distribution to the reader with cost paid by the author or through other means.”

Exkurs: EU-Projekt Agora

HH koordiniert grade ein EU-Projekt namens „Agora“ mit der Aufgabe, zwei OA Journale neu zu gründen und auszuprobieren. Eines davon heißt Nordic Wittgenstein Review. Im Beirat dieses Journals sitzen die Leute, die man aus den alten normalen Journalen auch kennt. In der Philosophie macht es keinen Unterschied, in welchem Beirat man sitzt, da man als Philosoph sowieso in keinem Beirat was verdient. Insofern ist schon gratis alles da, was man braucht, um wichtig auszuschauen – inklusive, dass es peer reviewed wird und dass es ein neues funded project ist. Außerdem wird man mit einer Art open peer review experimentieren, d.h. es können zum einen ExpertInnen und zum anderen die Öffentlichkeit dieses Journal vorlesen und kommentieren (im geschlossenen System). Hier tut sich ein zusätzlicher greifbarer Wert des Open Access auf, nämlich dass die Leute agieren und sich in der Entstehung des Artikels selbst einschalten können. Gerade weil ihnen das ermöglicht wird, entsteht ein genuines Interesse daran. Durch die erleichterte, persönlichere und offensichtlich erwünschte Partizipation sollen automatisch das Engagement und die Größe der Leserschaft steigen.

Farben-Nomenklatur des Open Access

Es hat sich eine Nomenklatur eingespielt, die auf den Open Access Verfechter Stevan Harnad zurückgeht, einem Forscher aus der kognitiven Psychologie, der sich mit der Wirkung von Farben auseinandergesetzt hat. Die gute Farbe ist Gold. Gold OA liegt vor, wenn man in Journalen publiziert, die auf eine Art finanziert werden, die noch offen ist und wo von vorneherein der Zugang zu den Resultaten durch die Infrastruktur für alle Leute in vollem Maße gewährleistet ist Green OA: Man bekommt von den Verlagen die Erlaubnis, den Inhalt des Artikels als e-print der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, aber nicht via das Distributionsmittel selbst. Für die gesamte Zeitschrift muss man noch immer zahlen, aber wenn man in dieser Zeitschrift geschrieben hat, darf man seine Beiträge zur Verfügung stellen. Beispiele zur Handhabung des Copyright bei verschiedenen Verlagen:

1) Der Bielefeld-Verlag [1] verbietet strikt jegliche nicht autorisierte Verbreitung des Inhalts: Das sind die „klassischen Daumenschrauben".

2) Turia und Kant Verlag [2] spricht den AutorInnen das Copyright zu.

Beide Beispiele gehören zum green OA, weil diese Bücher in diesem Sinne keine OA Bücher sind. Aber im zweiten Beispiel dürfen die AutorInnen mit ihrer Publikation machen, was sie wollen. Im ersten Fall nicht.

Beim Golden OA gibt es überhaupt keine Probleme dieser Art. Es ist Tatsache, dass eine der allergrößten Schwierigkeiten heute diese Rechtsunsicherheiten zwischen den beiden Modellen ist (s. obige Beispiele).

Übergangsprojekte

Delayed Open Access

Delayed OA: z.B. der „Ontos-Verlag“ verlangt von „Nordic Wittgenstein Review“ für die Herausgabe der Akten des Wittgenstein-Kongresses von 1908 ein Jahr lang Exklusivrecht und danach darf alles veröffentlicht werden, was darin ist. Jeder Autor darf dann nach dem besagten abgelaufenen Jahr seine Beiträge zur Verfügung stellen.

Sammelpunkt. Elektronisch Archivierte Theorie

Sammelpunkt. Elektronisch Archivierte Theorie ist ein Archiv für philosophische Literatur. HH sprach bis jetzt davon, was mit Sammelbänden und Büchern passiert, die in den letzten 30 Jahren geschrieben worden sind und wo die Leute, die noch immer arbeiten, begonnen haben, ihr wissenschaftliche Arbeit anzusetzen.  Es ist kein Journal mit neuen Beiträgen sondern eine Institution, die versucht, aufzusammeln, was sie an traditionellen Publikationen bekommen kann und so aufarbeitet, dass sie de facto in das Open Access Protokoll hineinpassen.

Open Access Situation im Rahmen der Philosophie

Mit dem Projekt der Wittgenstein-Webseite wollte John Foster (war Sekretär der brit. Ludwig-Wittgenstein-Gesellschaft) seine Idee realisieren, eine Website einzurichten, wo Tag für Tag dokumentiert wird, was Wittgenstein vor 100 Jahren gemacht hat. Der Anstoß hierfür war der 100.Jahrestag (18.Oktober) des Tages, an welchem Wittgenstein Bertrand Russell besucht hat, um mit ihm über Philosophie zu reden. Foster bedient sich aller Quellen, die öffentlich und als Bücher zur Verfügung stehen. Das Projekt ist eine sehr reichhaltige, ambitionierte und für Einsteiger interessante Sache. Aber bei den FAQ kann man u.a. fokgende Frage lesen: „Why does this site as yet feature so few photos of Wittgenstein?” Die Antwort liegt im Copyright. Weiters darf Foster auch nichts von der elektronischen Ausgabe von Wittgensteins Briefwechsel auf die Seite stellen aufgrund der Rechtslage. Die Universität Wien kann sich die gesammelten Werke Wittgensteins aus der intelex online library gerade noch leisten. Aber es wird der Zugriff auf die Datenbank mitprotokolliert und für alle Zugriffe auf diese muss wiederum jährlich gezahlt werden –das kann problematisch werden.

An der University of Reading sieht die Lage allerdings anders aus. So hat der Senior Dozent für Philosophie an der Universität John Preston folgendes Angebot gemacht: Sollte es gelingen, dass die Universität sich die gesammelten Werke Wittgensteins aus der intelex online library kauft , wird er einen e-mail Service einrichten, an dem man subskribiert, damit man für den jeweiligen Tag die Textstücke Wittgensteins zugeschickt bekommt. Denn nur die E-Mail Kommunikation ist noch unberührt von der Rechtslage des Copyrights (vgl. Buch-Kopie verschicken). Man sieht, was für Verrenkungen gemacht werden müssen um eine simple Idee so zu realisieren, dass sie unter den Bedingungen der Eigentumsverhältnisse, der Webverbreitung und der philosophischen Initiative eine machbare Option ist.

Links

Es gibt mehrere Links (s.unten) dazu, was in dieser Debatte aktuell wird. Es gibt z.B. an der BoKu Wien eine eigene OA Politik. Der Impact und die Tragweite von OA werden nach und nach aufgenommen in die universitären Institutionen. Es geht hier um eine Bewegung, von der die Universitätsleitungen sich langsam überzeugt geben und zu der Auffassung kommen dass es etwas ist, was für die Zukunft der Universitäten des freien Forschungsaustausches von großer Wichtigkeit ist.

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Richard Poynder, “Suber: Leader of a Leaderless Revolution,”

Mikael Laakso et.al. The Development of Open Access Journal Publishing

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