Seminararbeit Eva Reiterer: Unterschied zwischen den Versionen

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== 1. Einleitung ==
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Das Internet ist ein Wide – Area – Network System, welches auf einem weltweit verwendeten Protokoll (TCP/IP) beruht. Es ist ein öffentliches Netz, in dem Informationen von Teilneh-mern codiert und decodiert von einem Computer zum anderen übertragen werden können (vgl. Jaspersen 2004, S. 294). Eine repräsentative Querschnittsstudie von INTEGRAL hat ergeben, dass im Jahr 1996 9% der österreichischen Bevölkerung das Internet genützt haben. Im 1. Quartal 2008 stieg die Zahl der User auf 69% das sind ca. 4, 72 Millionen Österreicher  an (vgl. INTEGRAL 2008). Anders gesagt verwendet heutzutage nahezu jeder Zweite in Ös-terreich das Internet. Dieses Medium nimmt somit Einzug in den Alltag der Menschen. Die beachtliche Steigerung der Internet – Nutzung für private und berufliche Zwecke macht es daher notwendig, sich aus der medienpädagogischen Sichtweise heraus dem Phänomen Inter-net und seinen Einflüssen zu nähern.
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In der Vorlesung „Einführung in die Medienpädagogik“ an der Universität Wien geleitet von Herr Prof. Dr. Christian Swertz wurden im Zusammenhang Internet als Medium und Macht die Positionen von Hartmut von Hentig (2002) und jene von Harold A. Innis (1941) darge-bracht. Die beiden Wissenschaftler vertreten unterschiedliche Ansichten im Bezug auf die Einflüsse der jeweiligen Neuen Medien auf die Kultur. In dieser vorliegenden Arbeit wird daher, eine Kontrastzierung der Positionen von Harold A. Innis in seinem Werk „Kreuzwege der Kommunikation“ (1941) und von Hartmut von Hentig in seinem Werk „Der technischen Zivilisation gewachsen bleiben Nachdenken über die Neuen Medien und das gar nicht mehr allmähliche Verwinden der Wirklichkeit“ (2002) im Bezug auf die Einflussnahme von Inter-net auf die Kultur durchgeführt. Demnach lautet die Fragestellung wie folgt:
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Wie sieht Harold A. Innis in seinem Werk über die Kommunikationswege (1941) den Einfluss des Internets und welche Position nimmt Hartmut von Hentig in seinem Werk über die techni-sche Zivilisationsentwicklung (2002) zu diesem Thema ein?
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Zur Beantwortung der Fragestellung wird die hermeneutische Methode in Verbindung mit einer systematischen Strategie herangezogen. Das bedeutet, die Texte der beiden Wissen-schaftler werden vorgestellt und ihre Argumentation im Blick auf Neue Medien und deren Einflüsse miteinander vergleichen. In Anlehnung an die richtungweisende Fragestellung un-terteilt sich die Arbeit daher in vier Kapitel.
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Um einen Einstieg in diese Thematik zu ermöglichen, wird zunächst mit grundlegenden Beg-riffserklärungen wie das Internet als Medium begonnen. Daher wird im Zuge der Auseinan-dersetzung mit dieser Art von Kommunikationstechnologie kurz auf die Geschichte und deren Nutzung als Medium ein näher eingegangen. Im zweiten Abschnitt wird ein Überblick über das Werk von Harold A. Innis gegeben und dessen Kernargumentation näher erläutert, um seine Position verständlich darzustellen. Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit dem Buch von Hartmut von Hentig und dessen Kernaussagen. Letztlich werden im Zuge der Beantwor-tung der Fragestellung die wichtigsten Erkenntnisse der einzelnen Kapitel vergleichend ge-genübergestellt.
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== 2. Das Internet ==
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Das Internet ist ein vernetztes hypertextuales Informationsarrangement, das den Usern welt-umspannend zur Verfügung steht (vgl. Marotzki et al. 2000, S.9). Es handelt sich um ein Me-dium, das 1969 vom US Verteidigungsministerium entwickelt wurde. Dieses Netzwerk wurde zunächst als ARPANET bezeichnet, wofür das TCP/IP (Transmission Control Protocol/ Inter-net Protocol) eingeführt wurde. Das ARPANET diente ursprünglich nur zur militärischen Kommunikation und erlangte mit der Zeit wachsende Bedeutung im wissenschaftlichen Kommunikationsbereich. Da das TCP/IP Protokoll eine Verknüpfung von mehren kleineren Netzwerken ermöglicht entstand schließlich das heutige Internet. Die Kommunikation mit Hilfe des Internet Protokolls ist paketorientiert aufgebaut. Zu den bekannten Diensten zählen Email, FTP, Telnet und WWW. Diese Dienste, die vom User direkt sichtbar sind, benutzen dieselben dahinter liegenden Strukturlevels wie zum Beispiel: HTTP, TCP/IP bis hin zur Hardware Ebene. Die rasante Entwicklung des Internets in den vergangenen Jahrzehnten ist auf die einfache Benutzung und die selbstständig Fehler korrigierenden Funktionen dieses Protokolls zurückzuführen (vgl. Jaspersen 2004). Dieses Medium hat durch seine weltweite Verbreitung und durch seinen großen Nutzen im privaten wie auch im wirtschaftlichen Be-reich immer mehr an Einfluss gewonnen. Für Unternehmen ergeben sich laut Jaspersen (2004) einerseits Vorteile im Bereich der internen Kommunikation und andererseits Nachteile im Hinblick auf die ständige Anpassung der IT Infrastruktur (vgl. Jaspersen 2004, S. 295). Das heißt, die Mitarbeiter haben die Möglichkeit Dateien und Informationen auf virtueller Ebene auszutauschen ohne sich physisch zu begegnen. Jedoch ergeben sich bei größer wer-denden Anzahl der Nutzer auch immer größere Probleme im Bereich der Datensicherheit, die man versucht mit Hilfe von geschützten Bereichen wie zum Beispiel: Verschlüsselungssyste-men (HTTPS), Virenscanner oder Firewalls zu beheben (vgl. ebd. S. 299). Diese kurze Ein-führung zum Thema Internet soll dem besseren Verständnis der folgenden Kapitel dienen. Im Folgenden wird die Position von Harold von Innis in seinem Werk: „Kreuzwege der Kommu-nikation“ näher gebracht.
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== 3. Harold A. Innis Kreuzwege der Kommunikation ==
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Das, für diese Seminararbeit herangezogene Werk: „Harold A. Innis – Kreuzwege der Kom-munikation“ ist 1997 erschienen und enthält ausgewählte Texte von Innis, die von Karlheinz Barck und seinem Team vom Englischen ins Deutsche übersetzt wurden. Des Weiteren ist dies das derzeit einzige verfügbare Werk zu diesem Thema an der Universität Wien. Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen wird im Folgenden ein, für die Beantwortung der Fragestellung zentrales Kapitel mit dem Titel: „The Bias of Communication“ näher erläutern.
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Harold A. Innis wurde 1894 in Kanada geboren. Er war Wirtschaftswissenschaftler, Soziolo-ge, Medientheoretiker und Philosoph, was sein Tun sehr beeinflusste. Durch die klassischen Studien über die Güterproduktion in Kanada und die große Menge an ökonomischen Daten verschaffte sich der Ökonom Innis Gehör. Dies konnte er später für seine geisteswissenschaft-lichen Ansätze über die Kommunikation nützen (vgl. Barck 1997, S. 20). Innis war geprägt von der technik- und ingenieurgeschichtlichen Forschung. Ihm ging es darum, auf die psychi-schen und sozialen Folgen von Technologien aufmerksam zu machen. So enthält jede neue Technologie die Gefahr von Unfällen und Katastrophen. In diesem Kapitel erläutert der Autor die Doppelgestalt der Kommunikationsmedien, die einerseits Realität erschaffen aber ande-rerseits auch selbst Realität sind. In diesem Zusammenhang spielt die Zeit und Raumgebun-denheit der Medien eine wesentliche Rolle. Er geht davon aus, dass Medien materielle Träger der Kommunikation sind. In dieser Funktion sind sie formbildend sowie verhaltenssteuernd und prägen die Umwelt des Menschen (vgl. ebenda, S. 4-6).
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Des Weiteren wurde seine These, Medien sind geschichtlich und systematisch aufeinander bezogen, von McLuhan zur Annahme, der Inhalt eines Mediums ist ein anderes Medium voll-endet. „Die technologische Form der modernen Presse“, so McLuhan in einem Brief an Innis, „bestimmt die Wirksamkeit weit mehr als die informative Absicht“ (McLuhan 1954, zit. nach Barck 1997, S. 12). Für McLuhan besitzt demnach die Technologisierung der Medien eine bestimmte Effektivität. Im Bezug auf die Volkswirtschaftlehre erklärt Innis den Begriff der Macht. Die Macht wird nach ihren Effekten beurteilt, die sich über räumliche Gebiete und über Zeitabschnitte bemerkbar machen (vgl. Barck 1997, S. 15). Welche Bedeutung er dem Raum und der Zeit zuschreibt, wird im folgenden Abschnitt dokumentiert.
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=== 3. 1. Die Bedeutung von Raum und Zeit ===
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Er beschreibt in diesem Werk, dass Raum und Zeit Kriterien sind, an denen man Zivilisation beurteilt. Darüber hinaus erläutert der Autor, dass die Kommunikationsmedien entscheiden wie Wissen in Zeit und Raum übertragen wird. Die Zivilisation ist in ihren unterschiedlichen Stadien von verschiedenen Kommunikationsmedien beherrscht worden. Daher ist nach Innis das Ziel der kulturellen Systeme, ein Gleichgewicht zwischen räumlicher und zeitlicher Kon-trolle aufrechtzuerhalten. In der Antike beispielsweise zählten zur räumlichen Kontrolle der weltliche und militärische Bereich der jeweiligen Kultur. Während zur zeitlichen Kontrolle die mündliche Überlieferung und die Bewahrung der Glaubenseinrichtungen zählten. Die Zi-vilisation müsste also nach Innis eine Balance in der Wissensverteilung im weltlichen Bereich einerseits und im Glaubensbereich andererseits schaffen, um zu funktionieren.
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Durch die Anwendung der Technologien funktioniert die Macht, so dass Raum und Zeit kon-trolliert werden. Wie sich Technologien verändern, so verändern sich auch die Gesellschafts-formen. Kommunikationstechnologien sind die Bedeutsamsten unter den Technologien nach Innis. Er gibt in seinem Werk einen Überblick über diese Kommunikationstechnologien der älteren Zeit, im Hinblick auf die verwendeten Materialen wie Stein, Ton, Holz und Papyrus; auf die Beschriftungsgeräte wie Meißel, Ritzstift, Pinsel und Feder und auf die Methoden der Lagerung und Konsultierung der Schriftstücke. Er erläutert also den Weg vom Papier über die Druckerpresse hin zum Buch (vgl. ebenda S. 16-18). Wie er die neueren Kommunikations-technologien erläutert, zeigt das folgende Unterkapitel.
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=== 3. 2. Die Eskalation der Kommunikationstechnologien ===
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In der Moderne charakterisiert er eine „Eskalation der Kommunikationstechnologien“ (Innis 1941, zit. nach Barck 1997, S. 18). Zu dieser führten u. a. die Druckwalze, die Massenproduk-tion von Zeitungen und die Verbreitung von Radio und Fernsehen. Neue Erfindungen be-schleunigen die Verarbeitung der Informationen und deren Konsum. Sie nehmen daher viel Raum zu Lasten des Zeitfaktors ein. Ein Kernargument von Innis bezieht sich auf die Balance zwischen Raum und Zeit. Er meint dieses Gleichgewicht wird durch die Entwicklung dieser neuen Kommunikationstechnologien zerstört. In dem Artikel „Die Eule von Minerva“ ver-sucht der Autor aufzuzeigen, dass die plötzliche Ausbreitung des Kommunikationswesens im Laufe der Geschichte kulturelle Unruhen widerspiegelt (vgl. Barck 1997, S. 23). Beispiels-weise steigerte der Ton die Macht des Tempels - also der Religion - während Papyrus die Ent-stehung politischer Organe förderte. Die Verbesserung der Schrift sowie die Vorteile des Per-gaments und des Kodex machten sich die Religionen zu Eigen. So stärkte die Buchdruckkunst das Interesse an der Bibel. Die Sprach und die Schriftentwicklung brachten, laut Innis, der Kultur des Abendlandes zahlreiche Veränderungen. Wobei bei der Kommunikation die münd-liche Überlieferung eine zentrale Bedeutung übernahm (vgl. ebd. S. 93).
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Über die Tendenzen der Kommunikation schreibt der Autor, dass jedes Kommunikationsmit-tel bei der Wissensverteilung in Raum und Zeit eine bedeutsame Rolle innehat. Je nach den Charakteristiken eignet sich ein Kommunikationsmitteln (=Medium) entweder besser für die zeitliche oder für die räumliche Wissensverarbeitung. Dies ist abhängig davon, wie es sich transportieren lässt. Zur Räumlichen tendiert man, wenn das Wissen durch das Medium leicht zu transportieren ist und zur Zeitlichen wenn dieses schwer zu transportieren ist. Man muss dabei die Gepflogenheiten des jeweiligen Zeitalters und der jeweiligen Kultur beachten. Im Gegensatz zu Papyrus verfügt Stein und Ton über eine längere Beständigkeit. Ein immer und überall existierender Einfluss eines Mediums schafft eine Kultur in der das Leben schwierig wird und so ein neues Medium auftritt, das schließlich zu einer neuen Kultur führen kann (vgl. ebd. S. 95-98). So wurde Stein und Hieroglyphen um zirka 2540 v. Chr. durch das neue Medium Papyrus und den Pinsel allmählich abgelöst. Es erfolgte eine Entfaltung im Bereich des Lesens und des Schreibens. Darüber hinaus entstanden allgemein gültige Schriftzeichen. Es folgten Machtkämpfe, Palastbauten und Eroberungen, wodurch das sumerische Schreib-system zur heiligen Sprache der Priester wurde (vgl. ebenda S. 98). Papyrus wurde durch das Pergament, welches ein landwirtschaftliches Produkt war, abgelöst. Dieses Material war durch Dauerhaftigkeit geprägt. Des Weiteren eignete es sich für die Bibel und Rechtschriften und brachte die Zensur auf den Plan. Die Klöster verbreiteten das durch Pergament gut trans-portierbare schriftliche Werk ausgehend vom hohen Norden. Die Religion richtete sich also ein Bildungsmonopol ein, welches durch das neue Medium Papier aus China große Konkur-renz erfuhr. Ab dem 13. Jahrhundert wurde Papier ausschließlich in Italien produziert. Mithil-fe dieses neuen Mediums rückten Begriffe von Räumlichkeit und Nationalismus ins Zentrum (vgl. ebenda S. 108-113). Im nächsten Abschnitt werden Aspekte der Zeit beschrieben um seine Argumentation deutlich zu machen.
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=== 3. 3. Das Plädoyer für die Zeit ===
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Heute hat sich das Gleichgewicht von Raum und Zeit in der Wissensverteilung zum Vorteil des Raums verändert. Der Autor nimmt daher eine Tendenz zum Raum wahr. Deswegen plä-diert er in seinem Vortrag für die Zeit. Zu seiner Forderung zählt, dass die Menschen aus der Vergangenheit lernen sollen, um die Zukunft besser bewältigen zu können. Im Plädoyer für die Zeit wiederholt Innis, dass eine Gesellschaft stabil ist, wenn sie ein richtiges Gleichge-wicht zwischen Raum und Zeit finden kann. Die einzelnen Kommunikationsmittel neigen nun dazu, dieses Gleichgewicht in der jeweiligen Kultur zu gefährden. Nur selten schafft ein Me-dium Stabilität. Die Religionen gaben der Zeit ihre wichtige Bedeutung indem sie Tage und Festlichkeiten festlegten, wodurch die Zeit fassbar wurde. Die Beherrschung der Zeit erfolgte durch die Priester während das Staatsgebilde sich bemühte die Kontrolle über den Raum zu erlangen. Es folgten Machtkämpfe über die Zeitherrschaft zwischen Religion und Staat. Durch die Architektur in Rom und Ägypten wurde das Bestreben der Religion um die Herr-schaft der Zeit demonstriert (vgl. Barck 1997, S.121-129).
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In dieser Zeit entstand die Industrialisierung, die Druckpressen, Zeitungen und Radios her-vorbrachte. Sie ermöglichte den Einsatz von unterschiedlichen Maschinen, wie etwa die Schnellpresse, die Zeilensetzmaschine und die Erforschung der Elektrizität. Technologische Kriegsmethoden und die Schrift als Kommunikationsmedium beschäftigten die Herrschafts-systeme in deren Bestreben möglichst lange ihre Position halten zu können. Durch Papier und Buchdruck hat sich die Überbetonung der Räumlichkeit durchgesetzt. Dem Staat ging es aus-schließlich um Erweiterung, wodurch er sich den zeitlichen Aufgaben nicht mehr verbunden fühlte und das Gleichgewicht empfindlich gestört wurde. Die Druckerindustrie erlebte einen Aufschwung während die abendländische Kultur zunehmend an Bedeutung verlor (vgl. ebd. S. 131).
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Es folgten Massenproduktion von Zeitungspapier, Sensationsgier, Werbestrategien und der Wunsch nach Aufregung. Darüber hinaus entstanden Nachrichtenmetropolen, wie etwa Lon-don oder New York die großen Einfluss besaßen. Das gedruckte Material verlor an Bedeutung durch die neuen Medien: Radio, Fernsehen und Film. Durch den zweiten Weltkrieg und durch die Mängel der Presse in Deutschland erlangte das Medium Radio einen großen Aufschwung. Die Politiker nützten diese Rundfunktechnologie um sich nun direkt an ihre Wähler zu rich-ten. Das Radio galt als Propagandamittel während der NS- Zeit. Laut Innis könnte man den 1. Weltkrieg als Konflikt zwischen Zeitung und Buch und den zweiten Weltkrieg als Konflikt zwischen Zeitung und Radio betrachten (vgl. Barck 1997, S. 135). Durch die Möglichkeit der Abbildbarkeit der Realität durch Kommunikationsmedien stieg auch die Möglichkeit der Täu-schung. Diese Tatsache nützten die Kriegsführer für ihre Machenschaften. Zu den Vorteilen des Radios zählte, dass es große Gebiete erreichen kann und dass es sogar Klassenunterschie-de überwindet. Jedoch charakterisiert diese Entwicklungen u.a. auch die zunehmende Kurzle-bigkeit. So standen Vergnügen und Unterhaltung beim Radio, Fernsehen und Film im Vor-dergrund. Der Spruch „Zeit ist Geld“ erlangte große Bedeutung. Laut Innis zerstörten diese Phänomene die Zeit (vgl. Barck 1997, 138, 257). Nachdem nun auf den Zeitfaktor näher ein-gegangen wurde, widmet sich das folgende Unterkapitel den von Innis diskutierten Raum.
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=== 3. 4. Das Problem des Raumes ===
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In einem weiteren Abschnitt des Kapitels über die Tendenzen der Kommunikation beschreibt der Autor das Problem des Raumes. Innis ging davon aus, dass die ägyptische Kultur von Raum und Zeitfragen geprägt war. So ist die Macht der Königsherrschaften und deren Ver-waltung möglicherweise auf die 4241 v. Chr. beginnende Zeitmessung zurückzuführen. Er nennt in diesem Zusammenhang die Pyramiden als Zeichen der Unbezwingbarkeit sowie Un-sterblichkeit des Königs und auch als Fähigkeit die Zeit zu überdauern. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, geht es im religiösen Kultus darum, über zeitliche und räumliche Kontrolle zu verfügen (vgl. Barck 1997, S. 147-149).
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Um 2000 v. Chr. erfolgte ein Rückgang der Zentralmacht und eine Verlagerung von definier-ter Raumkontrolle (Pyramide) hin zur Machtverteilung. Dies führte zur Ausbreitung des Schreibens und der Verwendung von Papyrus, wodurch das Volk erreicht werden konnte, und die Kontrolle über den Raum geschwächt wurde. Durch den Einsatz von Pferden und verbes-serten Kommunikationsmitteln in den kriegerischen Machenschaften der damaligen Zeit, konnte die räumliche Kontrolle wieder besser verteidigt werden. Gleichzeitig war der Glaube an die Götter so ausgeprägt, dass mehrere Tempelgemeinden zusammen einen Stadtstaat er-gaben, der einem jeweiligen Gott unterstellt war. So hatte der König zusammen mit den Ho-hen Priestern die entscheidende Herrschaft inne. Dies wiederum ermöglichte der Religion den Einfluss des Monopols über die Zeit für sich zu beanspruchen (vgl. ebd. S.150).
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Anders gesagt, die Herrschaft über die Zeit wurde durch die Religion gestärkt, während die Raumfrage von den Eroberern (Könige) gestaltet wurden. Er geht davon aus, dass in Ägypten eine mündliche Tradition in der Kommunikation vorherrschte, die aber auch über weitverbrei-tete Schreibkenntnisse verfügte. Die Schrift an sich wurde von der Religion sehr hoch einge-schätzt, führte doch Moses auf Befehl Gottes die Schreibkunst ein. Konnte ein Reich ein Gleichgewicht zwischen der Religion als Zeithüterin und der Politik als Raumhüterin errei-chen, brachte der technische Wandel ein Ungleichgewicht hervor. Zum Beispiel beendete die Entdeckung des billigen Eisens die Bronzezeit (vgl. ebd. S. 150-155).
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Für Innis zeigte sich das Problem des Raumes darin, dass zahlreiche Völker im Laufe der Ge-schichte in Ägypten, Rom und Griechenland versuchten soviel Land wie möglich zu besitzen. Wodurch Probleme der räumlichen Organisation sichtbar wurden und das Beständige zur Mangelware wurde. Zugleich stärkte die mündliche Überlieferung die Religion in diesen Ländern. Durch die Niederschrift und die damit einhergehende Anerkennung des Mündlichen ist das Neue Testament entstanden. Mittels der starken Uneinigkeit wurde die politische Stel-lung des Reichs von Konstantin immer schwächer und die Position der Kirche immer stärker (vgl. ebd. S. 164, 167).
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Jahrhunderte später als Karl der Große starb und sein Land aufgeteilt wurde, befreite sich die Kirche vom politischen Einfluss und gründete ein Kardinalskollegium. Der Staat übernahm für kurze Zeit die Kontrolle über Zeit und Fortbestand. So entstand ein Zeitmonopol, das durch Rom, die Lateinischen Sprachanwendung und das Zölibat gekennzeichnet war. Dieses Zeitmonopol führte dazu, dass die Organisation des Raumes wieder mehr diskutiert wurde. Die Verbreitung des Papiers von Asien ins heutige Europa führte zur Einführung der Kursiv-schrift und zur neuen Aufteilung des Raumes. Durch die Schrift entstanden neue Verwal-tungsorgane, der Handel und die Industrie florierten in Italien. (vgl. ebd. S. 175, 176). Laut Innis ist die Entstehung des Buchdrucks auf die wachsende Verstädterung zurückzuführen. Die Papier- und Druckindustrie sowie der Militarismus förderten die räumliche Monopolent-wicklung. Während sich die Bedeutung der Zeit in der Verwendung von Stein, Architektur und Bildhauerein als dauerhaft und haltbar präsentierte. Die Städte konzentrierten sich nun darauf Religion und Politik im Gleichgewicht zu halten (vgl. Barck 1997, S. 177, 179).
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Er widmete sich im letzten Abschnitt dem kritischen Rückblick über diese Entwicklung. Dar-in erklärte er eine Zunahme der Komplexität und der Verwirrung durch die Mechanisierung. Innis plädierte daher darauf, das Mündliche, also das mündliche Gespräch, wieder mehr in den Vordergrund zu rücken, zumindest dort wo es um das menschliche Handeln und Empfin-den geht. Bei der mündlichen Kommunikation ist es von zentraler Bedeutung, dass ein per-sönlicher Kontakt vorhanden ist und dass die Gefühle anderer berücksichtigt werden. Das alles, so Innis, bieten die mechanisierten Kommunikationsmittel nicht (vgl. ebd. S.182).
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Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Innis sich mit dem Verhältnis der Wissens-verbreitung von Zeit und Raum in der Zivilisation im Bezug auf die Entwicklung der einzel-nen Kommunikationsmittel hin befasst hat. Er erläuterte im Verlauf der Geschichte, welche Medien entstanden sind und wie sie die Kultur im Hinblick auf das Raum- und Zeitverhältnis beeinflusst haben. Der Autor kam zum Schluss, dass die Herrscherin über die Zeit die Religi-on ist und dass als Herrscher über den Raum der Staat bzw. die Politik angesehen werden kann. Dennoch gibt es in der Beziehung zwischen Raum und Zeit immer wieder Veränderun-gen, die mit der Einführung eines neuen Mediums einhergehen. Das Ziel der Zivilisation muss es sein, ein Gleichgewicht zwischen der Religion und der Politik zu erreichen. Dieses Vorha-ben wird jedoch durch den technischen Fortschritt erschwert. Die durch Industrialisierung entstehenden neuen Medien verhindern laut Innis eine solche Balance. Wir leben derzeit in einem Ungleichgewicht, in dem der Raum in der Wissensverbreitung über die Zeit dominiert. Daher plädiert Innis auch in seinem Artikel für die Zeit und für den Menschen. Darüber hin-aus fordert er in seinen Ausführungen, sich wieder mehr der mündlichen Kommunikation zuzuwenden, da sie den Menschen und sein Handeln in den Mittelpunkt stellt. Nach dieser Darstellung der Position von Innis gilt es nun die Kernaussagen von Hartmut von Hentig (2002) in den Blick zu nehmen.
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== 4. Hartmut von Hentigs der technischen Zivilisation ge-wachsen bleiben ==
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Hartmut von Hentig wurde 1925 geboren und ist Wissenschaftler, Lehrer und Publizist. Das für diese Seminararbeit herangezogene Werk: „ Der technischen Zivilisation gewachsen blei-ben. Nachdenken über die Neuen Medien und das gar nicht mehr allmähliche Verschwinden der Wirklichkeit“ ist 2002 erschienen. Darin beschreibt der Autor wie die Technologisierung in das Leben der Menschen Einzug genommen hat. Ihm geht es dabei darum, aufzuzeigen welchen Einfluss der Computer und seine Entwicklung auf den Alltag der Menschen nimmt. Zu seinen Hauptthesen zählt die Aufforderung sich nicht der Online-Technologie zu unter-werfen, sondern sich diese Neuen Medien anzueignen. Ein Beispiel hierfür wäre, den Engli-schen Terminus der IT ins Deutsche zu übersetzen. Laut Hentig ist der Computer ein Instru-ment und keine Lebensart - er ist Mittel zum Zweck und nicht mehr. Der Autor möchte also, dass die Menschen Herr über diese technische Entwicklung sind. Man sollte sich kundig ma-chen über die psychologischen, pädagogischen und philosophischen Fragen, die im Zusam-menhang mit der Technologisierung entstehen und sie nicht einfach als gegeben hinnehmen. Des Weiteren geht Hentig davon aus, dass ein Machtproblem existiert und dass man auch dessen Folgen beachten muss. Das heißt demnach, sich nicht der absoluten Kontrolle ent-mächtigen lassen. Es gibt laut Autor, eine Scheinfreiheit, die von dieser Entwicklung ausgeht. Man glaubt, man habe mehr Umwelt zur Verfügung. In Wirklichkeit bedeutet dies zugleich aber mehr Abhängigkeit von ihr (vgl. Hentig 2002, S. 165-171). Welchen Auftrag die Päda-gogik in diesem Zusammenhang hat und wie er Medien sieht, versucht das folgende Unterka-pitel darzustellen.
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=== 4. 1. Die Aufgabe der Pädagogik und der Medienbegriff ===
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Hentig geht in seinem Werk auch auf die Aufgabe der Pädagogik ein. So kann Pädagogik zwar als eine Einübung des jungen Menschen in die gegebenen Verhältnisse verstanden wer-den. Er jedoch versteht ihren Auftrag darin, die jungen Menschen frei von diesen Verhältnis-sen zu machen, dafür sind allgemeine Maßstäbe notwendig. Für ihn heißt Pädagogik selbstän-dig und vernünftig in der Welt zu stehen (vgl. ebd. S. 190, 200). Durch die technische Zivili-sation werden die Wirksamkeit und die Macht der Mittel erhöht und es erfolgt eine Entfrem-dung zu den Mitmenschen. Mit Hilfe des technischen Fortschrittes ist man in der Lage bei-spielsweise, Bankgeschäfte völlig ohne menschlichen Kontakt zu vollziehen. Man erledigt die Geldüberweisung von zu Hause aus über den Computer, unter Verwendung von gesicherten Internetverbindungen. Der Weg zur Bank bzw. zum Bankberater kann dadurch eingespart werden. (vgl. ebd. S. 66).
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Er meint, das Medium ist die Endstation unserer Wahrnehmung. Medien fesseln den Men-schen. So besagt eine Bedienungsanleitung, wie die Person das Gerät zu bedienen hat und nicht umgekehrt. Hier zeigt sich laut Hentig, eine Unterlegenheit der Menschen gegenüber der Technik. Er plädiert daher darauf, ein offenes, bewertendes, philosophisches Denken an den Tag zu legen, um mit dem Computer umgehen zu können. Was man jedoch seiner Meinung nach direkt am Computer nicht lernen kann (vgl. ebd. S. 67, 73). Was schreibt Hentig nun zum Thema Internet? Das Besondere am Medium Internet ist, dass es dem Menschen das Ge-fühl gibt, in dieser Welt spielt sich das wahre Leben ab. Das geht soweit, dass die Menschen ohne dieses virtuelle Netzwerk nichts von der eigentlichen Welt erfahren würden. Sie infor-mieren sich durch Websites über das aktuelle Wetter oder über die täglichen Nachrichten der Region. Da die neuen Medien den Menschen so sehr beeinflussen, ist es für die Pädagogik von Bedeutung, sich das gesamte Umfeld die Entwicklung, die Faktoren, die Bedingungen, die Auswirkungen der menschlichen Kultur bzw. der Technisierung vor Augen zu führen (vgl. Hentig 2002, S. 96, 73). Sein Anliegen, sich nicht der technischen Welt bedingungslos hinzugeben, unterstreicht der Autor, indem er auf die im nächsten Unterkapitel erläuterten Gefahren näher eingeht.
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=== 4. 2. Die Gefahren der Technologisierung ===
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In einem weiteren Abschnitt beschreibt er seine Verunsicherung im Bereich der Verbindun-gen, die Computer, Internet und Fernsehwelten miteinander eingehen. Wodurch die Wirklich-keit seiner Meinung nach schließlich auf Einschaltquoten, Kommunikation, Information und Wachstumsraten begrenzt wird. Er geht auch auf das Datenschutzproblem näher ein. Dabei geht er davon aus, dass jede Onlineaktivität Spuren hinterlässt. Was den Menschen scheinbar nicht bewusst ist. Der Datenschutz selber kommt nicht nach, da die User einerseits zu sorglos vorgehen und die Datenjäger andererseits zu raffiniert sind. Die mitunter entstehenden Viren sind äußerst problematisch und richten gigantische Schäden an (vgl. Hentig 2002, S. 121, 154, 161). Hartmut von Hentig widmet sich in diesem Zusammenhang auch den trügerischen Ma-chenschaften des Internets bzw. wie damit der Einzelne zum ausgelieferten Opfer wird. Darin beschreibt der Autor die durch das Internet entstandene Grenzverschiebung zwischen öffentli-chen und privaten Leben. So rückt der Staat immer näher in die persönliche Welt des Einzel-nen, wodurch die Privatheit stirbt. Des Weiteren gibt sich der Mensch der Vercodierung des Alltags hin. Die Brieftaschen der Leute sind voll mit Karten und Pincodes. Um Geld zu behe-ben oder um Einkaufen oder gar Zeitungen online zu abonnieren, überall wird der elektroni-sche Code eingesetzt. Dies ruft den Betrug und die damit steigende Kriminalität auf den Plan. Gleichzeitig breitet sich die Kriminalität der Unterwelt im Netz vollends aus. Beispielsweise findet man mit wenig Anstrengung im virtuellen Netzwerk Bombenbauanleitungen oder Sei-ten über Kinderpornographie sowie Hinweise auf Terrorismus. Es gibt darüber hinaus viel politische Machenschaften, die mit Hilfe des Internets weit verbreitet sind, was wiederum der Demokratie großen Schaden zufügt (vgl. ebd. S. 155-157).
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Zusammenfassend schreibt Hentig in seinem Werk, wie bereits im Titel ersichtlich, über die Anforderungen der technischen Zivilisationen. Er plädiert sehr stark darauf, sich nicht dem Computer und seinen Entwicklungen unkritisch auszuliefern. Der Mensch soll über die Tech-nik herrschen und nicht umgekehrt. Das Internet und andere neue Medien sind nur Mittel zum Zweck und sollten das auch bleiben. Er geht ausführlich auf die negativen Auswirkungen des Internets auf die Menschen ein, verneint dieses Medium jedoch nicht. Stattdessen plädiert er darauf, diesen und anderen zukünftigen Auswirkungen der technischen Zivilisation gewach-sen zu bleiben, indem sie und ihr Umfeld kritisch hinterfragt werden.
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== 5. Vergleich der beiden Werke ==
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In diesem Kapitel wird versucht die Argumentationen von Harold A. Innis mit dem vom Hartmut von Hentig in ihren hier zitierten Werken im Blick auf den Einfluss des Internets zu vergleichen. Dazu wird zunächst auf mögliche Gemeinsamkeiten der Werke Bezug genom-men, um im Anschluss auf die Unterschiede näher einzugehen.
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=== 5. 1. Gemeinsamkeiten der Werke ===
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Grundlegend kann davon ausgegangen werden, dass beide Autoren zumindest der Entwick-lung der modernen Kommunikationstechnologien kritisch gegenüberstehen. Hartmut von Hentig geht davon aus, dass die Menschen die elektronischen Medien nahezu bedingungslos hinnehmen ohne sie kritisch zu hinterfragen. Dieses Vorgehen endet seiner Meinung in dem Verschwinden der Wirklichkeit. Die Menschen geben ihre Vormachstellung auf und sind den Medien unterlegen. Er konstatiert, sich den neuen Technologien gesellschaftskritisch gegen-über zu stellen und ihnen dadurch nicht alles zu überlassen (vgl. Hentig 2002, S. 9, 66). Auch in Innis Werk lässt sich eine pessimistische Grundstimmung erkennen. Die Menschen werden überflutet von kurzlebigen Reizen, wobei das Denken des modernen Menschen von Augen-blickerfahrungen beherrscht wird (vgl. Barck 1997, S. 18).
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Ein zweiter Punkt, den beide möglicherweise gemeinsam haben, behandelt die Einflussgrößen der Gesellschaft. Innis wie auch Hentig beschreiben, dass sowohl die Politik als auch die Wirtschaft großen Einfluss auf die jeweilige Entwicklung der einzelnen Staaten haben. So üben die Regierungen innerhalb der einzelnen Kulturen ihre Macht aus, was wiederum die Wirtschaft mitbeeinflusst. (vgl. Barck 1997, S. 15). Hentig lässt außer Zweifel, dass die Poli-tik und die Ökonomie den Menschen wie auch die Kultur maßgeblich beeinflussen. Er geht davon aus, dass sich die Bevölkerung ihrer Politik unterwirft, wodurch diese ihre Geltung in der Gesellschaft stärkt (vgl. Hentig 2002, S. 51). Im Folgenden wird nun der Fragen nachge-gangen, welche Kontraste die beiden Autoren in ihren Werken zeigen.
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=== 5. 2. Unterschiede der Werke ===
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Ein grundlegender Unterschied besteht darin, dass die beiden Autoren andere Aspekte in ihren Ausführungen in den Mittelpunkt stellen. So geht Harold A. Innis vom Medium aus, während Hartmut von Hentig von der Kultur ausgeht. Es wird zunächst auf die Argumentation von Innis näher eingegangen und anschließend werden die Kernaussagen von Hentig erläutert.
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=== 5. 2. 1. H. A. Innis Kernaussagen im Blick auf den Einfluss des Internets ===
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Innis stellt in „Tendenzen der Kommunikation“ (1941) die historische Entwicklung der Ge-sellschaft an Hand der entstehenden Medien und deren Medienträger dar. Innis argumentiert auf empirische Art und Weise. So schreibt er über die Entwicklung der Sprache hin zur Schrift auf Papyrus, dann auf Pergament und schließlich auf Papier und deren Massenproduk-tion durch die Druckindustrie und weiter durch die zunehmende Technologisierung hin zum Radio, Film und Fernsehen. Die Einflussnahme dieser Medien in der jeweiligen Zeit zeigt sich dadurch, dass die Schrifteinführung und der Buchdruck beispielsweise der Kirche durch die Möglichkeit ihre Bibel in großen Mengen zu produzieren, zur größeren Verbreitung ver-halfen. Als anderes Beispiel nennt der Autor das Radio, welches den zweiten Weltkrieg durch dessen Einsatz als Propagandamedium mitbeeinflusst hat (Barck 1997, S.131).
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Des Weiteren erläutert der Wissenschaftler seine Hauptthese, dass sich die Zivilisation in ei-nem Gleichgewicht von Wissen in Zeit und Raum befinden muss um zu funktionieren. Durch die Einführung der unterschiedlichen Kommunikationstechnologien gerät diese Balance je-doch immer wieder aus dem Gleichgewicht. Bei dem langen Streit um die Herrschaft dieser Zeit- und Raumverhältnisse zeigte sich, dass die Kirche zur Hüterin der Zeit wurde, während der Staat bzw. die Politik und das Militär den Raum beispielsweise durch Eroberungen für sich beanspruchte. Zu der Zeit als der Autor sein Werk verfasste, ging er davon aus, dass sich die damalige Gesellschaft in einem Ungleichgewicht befindet. Die Raumfrage dominiere über die Zeit in der Wissensverteilung. Diese Annahme bewegte ihn dazu für die Zeit zu plädieren und das Menschliche in der Kommunikation wieder durch die Besinnung auf die mündliche Gesprächsführung hervorzuheben (vgl. Barck 1997, S.130-135).
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Über das Thema Internet schreibt der Autor explizit nicht, da dies erst nach seinem Tod ent-wickelt wurde. Es lässt sich jedoch implizit eine Verbindung herstellten. Innis verwendet sel-ten in seinen Ausführungen den Begriff Medien, spricht aber stattdessen häufig von Kommu-nikationstechnologien. Das Internet ist ein Medium, daher ist es nach dem Verständnis von Innis eine Kommunikationstechnologie. Diese beeinflussen, wie bereits an anderer Stelle er-wähnt, das Gleichgewicht der Wissensverteilung von Zeit und Raum in einer Zivilisation. Es kann daher angenommen werden, dass auch das Internet als eine solche Technologie Einfluss auf die Zivilisation nimmt. Darüber hinaus haben die Informationen auf Stein gemeißelt einen extrem langen Fortbestand, lassen sich aber schwer transportieren. Während die Daten im Internet im Vergleich dazu, eine sehr geringe Haltbarkeit aufweisen, sich jedoch äußerst leicht transportieren lassen. Beurteilt man nun die Zivilisation wie Innis meint, an den Kriterien Zeit und Raum, so wird der zeitliche Faktor zurückgedrängt und der räumliche Faktor dominiert. Dies führt möglicherweise zu einem Ungleichgewicht in der Zivilisation, welches durch das Medium Internet bestimmt ist und somit eine Beeinflussung darstellt. Das nächste Unterkapi-tel geht der Frage nach, welche Position Hentig im Bezug auf den Einfluss des Internets ein-nimmt.
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5. 2. 2. H. v. Hentigs Kernaussagen im Blick auf den Einfluss des Inter-nets
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In dem hier zitierten Werk von Hartmut von Hentig erläutert der Autor die Entwicklung der technischen Zivilisation. Er zeigt zunächst die allgemeine Kennzeichnungen der Gegenwart unserer Kultur auf, um darauf aufmerksam zu machen, dass es auch andere Bedingungen gibt, die das derzeitige Leben beeinflussen, wie etwa die mobile Zivilisation, die anhaltenden Weltbevölkerungswachstum oder die Verarmung und Verschuldung der öffentlichen Hand (vgl. Hentig 2002, S. 47). Er geht also in seinen Ausführungen nicht vom Medium aus, son-dern von der Kultur in der das Medium verankert ist.
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Er möchte dabei jedoch nicht die technologische Entfaltung, die in das heutige Leben Einzug gehalten hat, verurteilen, sondern plädiert dazu sich dieser Technologisierung nicht total aus-zuliefern. Der Mensch sollte sich ihr stattdessen kritisch, verändernd und bewertend gegen-überstellen. Erfolgt dies nach Hentig nicht, dann ist der Mensch den technischen Gegebenhei-ten ausgeliefert. Daher ist es wichtig, auch die derzeitige gesellschaftliche Entwicklung im Auge zu haben. Er zeigt auf, das die Neuen Medien von Nutzen sind, wenn man die Gefahren, die von ihnen ausgehen nicht vernachlässigt. Hentig erwähnt das Internet explizit in seinen Ausführungen, etwa in dem er fordert, dass sich die Menschen nicht der Online-Technologien unterwerfen sollen. Darüber hinaus diskutiert der Autor das Problem rund um den Daten-schutz im Internet als eine Gefahr, die von der technischen Zivilisation ausgeht. Da die User beispielsweise häufig achtlos das virtuelle Netz verwenden und ihre Daten leichtsinnig preis-geben, erleichtert dies den Datenmissbrauch (vgl. Hentig 2002, S.150-155).
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Dem Autor zufolge, so nimmt das Internet großen Einfluss auf die Gesellschaft, ohne das die-se kritisch darauf reagiert. Um der technischen Zivilisation gewachsen zu bleiben, ist es von zentraler Bedeutung sich diese Einflussnahme der unterschiedlichen neuen Medien (wozu auch das Internet gehört) vor Augen zu führen, damit die Herrschaft über das Medium dem Menschen nicht entgleitet. Sein Werk ist möglicherweise als eine Aufforderung zu verstehen, diesen Einfluss näher zu untersuchen.
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Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es sich hier um sehr unterschiedliche Sichtwei-sen handelt. So geht Innis vom Medium aus, während Hentig seinen Schwerpunkt in der Kul-tur sieht. Im Hinblick auf den Einfluss des Internets in den Kulturen, nennt Hentig Beispiele und geht somit explizit auf die Thematik ein. Er schreibt den technischen Kommunikations-medien zwar einen gewissen Nutzen so, gleichzeitig ist es wichtig sich mit ihnen kritisch aus-einander zu setzten. Als das Werk von Innis erschien, gab es noch kein Internet, daher sprach er von technologischen Kommunikationsmitteln. Diese beeinflussen seiner Meinung nach, das anzustrebende Gleichgewicht von Wissensverteilung in Raum und Zeit.
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== 6. Resümee ==
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Es soll noch einmal auf die anfangs erwähnte Fragestellung eingegangen und geklärt werden, ob die Antwort darauf mit Hilfe dieser Arbeit ein Stück weit erläutert werden konnte. Dazu wird an dieser Stelle die Frage noch einmal angeführt: Wie sieht Harold A. Innis in seinem Werk über die Kommunikationswege (1941) den Einfluss des Internets und welche Position nimmt Hartmut von Hentig in seinem Werk über die technische Zivilisationsentwicklung (2002) zu diesem Thema ein?
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Um diese Frage zu beantworten wurde zunächst erläutert, was man unter Internet versteht und wie sich dies entwickelt hat. Dieses 1969 entwickelte Medium ist ein vernetztes hypertextua-les Informationsarrangement, das weltweit verbreitet ist. Im zweiten Schritt wurden die Kern-aussagen des Artikels von Harold A. Innis (1941): „ The Bias of Communication“ darge-bracht. Die Zivilisation ist seiner Meinung nach auf ein Gleichgewicht von Wissen in Zeit und Raum angewiesen. Jede Einführung eines neuen Mediums hat die Gesellschaft verändert. Sie bestimmen demnach wie Wissen in Zeit und Raum übertragen wird. Daher beurteilt er eine Zivilisation danach, ob es ihr gelingt ihren Bestand durch eine Balance von Raum und Zeit-begriffen zu sichern. Im dritten Schritt wurde das Buch: „ Der technischen Zivilisation ge-wachsen bleiben“ von Hartmut von Hentig (2002) an Hand seiner Hauptargumente näher er-läutert. Hentig zeigt darin, dass die Neuen Medien, wie Computer und Internet zwar von Nut-zen für die jeweilige Gesellschaft sind. Gleichzeitig muss jedoch auch ihre Anwendung kri-tisch hinterfragt werden. Der Mensch soll sich nicht unterwerfen, sondern er soll über die Technologisierung verfügen. Er plädiert darüber hinaus dafür, auch immer die jeweilige Kul-tur und das Umfeld im Auge zu behalten. Er zeigt auf, wo die technische Entwicklung im Alltag des Menschen Einzug gehalten hat und warnt vor den auftretenden Gefahren. Nachdem beide Werke im Bezug auf ihre Argumente hin dargestellt wurden. Widmete sich das letzte Kapitel der Kontrastierung dieser Werke. Es stellte sich heraus, dass beide Werke auch Ge-meinsamkeiten aufwiesen. So sind Beide von Pessimismus geprägt. Darüber hinaus heben beide den Einfluss der Ökonomie und Politik im Zusammenhang mit den Medien hervor. Ein bedeutender Unterschied ist jedoch in der Schwerpunktsetzung der beiden Autoren ersicht-lich. Innis und Hentig stellen andere Aspekte in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten. So geht Innis von den Medien  bzw. von den Kommunikationstechnologien aus und beschreibt ihren histo-rischen Verlauf der Entwicklung und deren Einflussnahmen auf die jeweilige Kultur. Hentig jedoch setzt den Ausgangspunkt in der Kultur. Er erläutert die gegenwärtige Entwicklung der derzeitigen Kultur und stellt die Neuen Medien in Bezug dazu. Ein weiterer Unterschied zeigt sich in der Tatsache, dass Innis nicht direkt vom Internet spricht, da dieses als er lebte noch nicht bekannt war. Er erwähnt jedoch die technologischen Medien, zu diesen das Internet zählt. Seine Behauptung, die Medien bestimmen, wie Wissen in Zeit und Raum übertragen werden, legt nahe, dass auch das Internet in der Modernen Zeit durch diese Bestimmung die Kultur beeinflusst. Hentig hingehen diskutiert explizit über das Internet. Auch er geht davon aus, dass das Internet eine beeinflussende Wirkung ausübt, die beispielsweise zahlreiche Ge-fahren in sich birgt.
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Abschließend wird darauf hingewiesen, dass nur ausgewählte Textpassagen der hier zitierten Werke herangezogen wurden. Eine gesamte und ausführliche Analyse der beiden Werke wür-de den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
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== 7. Literatur ==
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Barck, K. (1997): Harold A. Innis- Kreuzwege der Kommunikation. Ausgewählte Texte. Springer Verlag: Wien und New York
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Hentig v., H. (2002): Der technischen Zivilisation gewachsen bleiben. Nachdenken über die Neuen Medien und das gar nicht mehr allmähliche Verschwinden der Wirklichkeit. Bletz Ta-schenbuch: Weinheim und Basel
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Jaspersen, T. (2004): Intranet/ Extranet. In: Faulstich, W. (Hrsg.): Grundwissen Medien. 5., vollständig überarbeitete und erheblich erweiterte Auflage. Wilhelm Fink Verlag: Paderborn S. 294- 303.
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Marotzki, W., Meister D. M., Sander U. (Hrsg.) (2000): Zum Bildungswert des Internet. Leske + Budrich Verlag: Opladen
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INTEGRAL. Markt und Meinungsforschung. (2008): Austrian Internet Monitor Kommunika-tion und IT in Österreich 1. Quartal 2008. URL: http://www.integral.co.at/dImages/AIM_Consumer_-_Q1_2008.pdf (20.05.2008)

Version vom 15. Juli 2008, 13:27 Uhr

Seminar aus Medienpädagogik

Univ.-Prof. Christian Swertz

LV 190145: Erziehung und Medien


Eva Reiterer

Matrikelnummer: 0152279 Studienkennzahl: A 297

Einleitung

1. Einleitung

Das Internet ist ein Wide – Area – Network System, welches auf einem weltweit verwendeten Protokoll (TCP/IP) beruht. Es ist ein öffentliches Netz, in dem Informationen von Teilneh-mern codiert und decodiert von einem Computer zum anderen übertragen werden können (vgl. Jaspersen 2004, S. 294). Eine repräsentative Querschnittsstudie von INTEGRAL hat ergeben, dass im Jahr 1996 9% der österreichischen Bevölkerung das Internet genützt haben. Im 1. Quartal 2008 stieg die Zahl der User auf 69% das sind ca. 4, 72 Millionen Österreicher an (vgl. INTEGRAL 2008). Anders gesagt verwendet heutzutage nahezu jeder Zweite in Ös-terreich das Internet. Dieses Medium nimmt somit Einzug in den Alltag der Menschen. Die beachtliche Steigerung der Internet – Nutzung für private und berufliche Zwecke macht es daher notwendig, sich aus der medienpädagogischen Sichtweise heraus dem Phänomen Inter-net und seinen Einflüssen zu nähern.

In der Vorlesung „Einführung in die Medienpädagogik“ an der Universität Wien geleitet von Herr Prof. Dr. Christian Swertz wurden im Zusammenhang Internet als Medium und Macht die Positionen von Hartmut von Hentig (2002) und jene von Harold A. Innis (1941) darge-bracht. Die beiden Wissenschaftler vertreten unterschiedliche Ansichten im Bezug auf die Einflüsse der jeweiligen Neuen Medien auf die Kultur. In dieser vorliegenden Arbeit wird daher, eine Kontrastzierung der Positionen von Harold A. Innis in seinem Werk „Kreuzwege der Kommunikation“ (1941) und von Hartmut von Hentig in seinem Werk „Der technischen Zivilisation gewachsen bleiben Nachdenken über die Neuen Medien und das gar nicht mehr allmähliche Verwinden der Wirklichkeit“ (2002) im Bezug auf die Einflussnahme von Inter-net auf die Kultur durchgeführt. Demnach lautet die Fragestellung wie folgt: Wie sieht Harold A. Innis in seinem Werk über die Kommunikationswege (1941) den Einfluss des Internets und welche Position nimmt Hartmut von Hentig in seinem Werk über die techni-sche Zivilisationsentwicklung (2002) zu diesem Thema ein? Zur Beantwortung der Fragestellung wird die hermeneutische Methode in Verbindung mit einer systematischen Strategie herangezogen. Das bedeutet, die Texte der beiden Wissen-schaftler werden vorgestellt und ihre Argumentation im Blick auf Neue Medien und deren Einflüsse miteinander vergleichen. In Anlehnung an die richtungweisende Fragestellung un-terteilt sich die Arbeit daher in vier Kapitel.

Um einen Einstieg in diese Thematik zu ermöglichen, wird zunächst mit grundlegenden Beg-riffserklärungen wie das Internet als Medium begonnen. Daher wird im Zuge der Auseinan-dersetzung mit dieser Art von Kommunikationstechnologie kurz auf die Geschichte und deren Nutzung als Medium ein näher eingegangen. Im zweiten Abschnitt wird ein Überblick über das Werk von Harold A. Innis gegeben und dessen Kernargumentation näher erläutert, um seine Position verständlich darzustellen. Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit dem Buch von Hartmut von Hentig und dessen Kernaussagen. Letztlich werden im Zuge der Beantwor-tung der Fragestellung die wichtigsten Erkenntnisse der einzelnen Kapitel vergleichend ge-genübergestellt.

2. Das Internet

Das Internet ist ein vernetztes hypertextuales Informationsarrangement, das den Usern welt-umspannend zur Verfügung steht (vgl. Marotzki et al. 2000, S.9). Es handelt sich um ein Me-dium, das 1969 vom US Verteidigungsministerium entwickelt wurde. Dieses Netzwerk wurde zunächst als ARPANET bezeichnet, wofür das TCP/IP (Transmission Control Protocol/ Inter-net Protocol) eingeführt wurde. Das ARPANET diente ursprünglich nur zur militärischen Kommunikation und erlangte mit der Zeit wachsende Bedeutung im wissenschaftlichen Kommunikationsbereich. Da das TCP/IP Protokoll eine Verknüpfung von mehren kleineren Netzwerken ermöglicht entstand schließlich das heutige Internet. Die Kommunikation mit Hilfe des Internet Protokolls ist paketorientiert aufgebaut. Zu den bekannten Diensten zählen Email, FTP, Telnet und WWW. Diese Dienste, die vom User direkt sichtbar sind, benutzen dieselben dahinter liegenden Strukturlevels wie zum Beispiel: HTTP, TCP/IP bis hin zur Hardware Ebene. Die rasante Entwicklung des Internets in den vergangenen Jahrzehnten ist auf die einfache Benutzung und die selbstständig Fehler korrigierenden Funktionen dieses Protokolls zurückzuführen (vgl. Jaspersen 2004). Dieses Medium hat durch seine weltweite Verbreitung und durch seinen großen Nutzen im privaten wie auch im wirtschaftlichen Be-reich immer mehr an Einfluss gewonnen. Für Unternehmen ergeben sich laut Jaspersen (2004) einerseits Vorteile im Bereich der internen Kommunikation und andererseits Nachteile im Hinblick auf die ständige Anpassung der IT Infrastruktur (vgl. Jaspersen 2004, S. 295). Das heißt, die Mitarbeiter haben die Möglichkeit Dateien und Informationen auf virtueller Ebene auszutauschen ohne sich physisch zu begegnen. Jedoch ergeben sich bei größer wer-denden Anzahl der Nutzer auch immer größere Probleme im Bereich der Datensicherheit, die man versucht mit Hilfe von geschützten Bereichen wie zum Beispiel: Verschlüsselungssyste-men (HTTPS), Virenscanner oder Firewalls zu beheben (vgl. ebd. S. 299). Diese kurze Ein-führung zum Thema Internet soll dem besseren Verständnis der folgenden Kapitel dienen. Im Folgenden wird die Position von Harold von Innis in seinem Werk: „Kreuzwege der Kommu-nikation“ näher gebracht.

3. Harold A. Innis Kreuzwege der Kommunikation

Das, für diese Seminararbeit herangezogene Werk: „Harold A. Innis – Kreuzwege der Kom-munikation“ ist 1997 erschienen und enthält ausgewählte Texte von Innis, die von Karlheinz Barck und seinem Team vom Englischen ins Deutsche übersetzt wurden. Des Weiteren ist dies das derzeit einzige verfügbare Werk zu diesem Thema an der Universität Wien. Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen wird im Folgenden ein, für die Beantwortung der Fragestellung zentrales Kapitel mit dem Titel: „The Bias of Communication“ näher erläutern.

Harold A. Innis wurde 1894 in Kanada geboren. Er war Wirtschaftswissenschaftler, Soziolo-ge, Medientheoretiker und Philosoph, was sein Tun sehr beeinflusste. Durch die klassischen Studien über die Güterproduktion in Kanada und die große Menge an ökonomischen Daten verschaffte sich der Ökonom Innis Gehör. Dies konnte er später für seine geisteswissenschaft-lichen Ansätze über die Kommunikation nützen (vgl. Barck 1997, S. 20). Innis war geprägt von der technik- und ingenieurgeschichtlichen Forschung. Ihm ging es darum, auf die psychi-schen und sozialen Folgen von Technologien aufmerksam zu machen. So enthält jede neue Technologie die Gefahr von Unfällen und Katastrophen. In diesem Kapitel erläutert der Autor die Doppelgestalt der Kommunikationsmedien, die einerseits Realität erschaffen aber ande-rerseits auch selbst Realität sind. In diesem Zusammenhang spielt die Zeit und Raumgebun-denheit der Medien eine wesentliche Rolle. Er geht davon aus, dass Medien materielle Träger der Kommunikation sind. In dieser Funktion sind sie formbildend sowie verhaltenssteuernd und prägen die Umwelt des Menschen (vgl. ebenda, S. 4-6).

Des Weiteren wurde seine These, Medien sind geschichtlich und systematisch aufeinander bezogen, von McLuhan zur Annahme, der Inhalt eines Mediums ist ein anderes Medium voll-endet. „Die technologische Form der modernen Presse“, so McLuhan in einem Brief an Innis, „bestimmt die Wirksamkeit weit mehr als die informative Absicht“ (McLuhan 1954, zit. nach Barck 1997, S. 12). Für McLuhan besitzt demnach die Technologisierung der Medien eine bestimmte Effektivität. Im Bezug auf die Volkswirtschaftlehre erklärt Innis den Begriff der Macht. Die Macht wird nach ihren Effekten beurteilt, die sich über räumliche Gebiete und über Zeitabschnitte bemerkbar machen (vgl. Barck 1997, S. 15). Welche Bedeutung er dem Raum und der Zeit zuschreibt, wird im folgenden Abschnitt dokumentiert.

3. 1. Die Bedeutung von Raum und Zeit

Er beschreibt in diesem Werk, dass Raum und Zeit Kriterien sind, an denen man Zivilisation beurteilt. Darüber hinaus erläutert der Autor, dass die Kommunikationsmedien entscheiden wie Wissen in Zeit und Raum übertragen wird. Die Zivilisation ist in ihren unterschiedlichen Stadien von verschiedenen Kommunikationsmedien beherrscht worden. Daher ist nach Innis das Ziel der kulturellen Systeme, ein Gleichgewicht zwischen räumlicher und zeitlicher Kon-trolle aufrechtzuerhalten. In der Antike beispielsweise zählten zur räumlichen Kontrolle der weltliche und militärische Bereich der jeweiligen Kultur. Während zur zeitlichen Kontrolle die mündliche Überlieferung und die Bewahrung der Glaubenseinrichtungen zählten. Die Zi-vilisation müsste also nach Innis eine Balance in der Wissensverteilung im weltlichen Bereich einerseits und im Glaubensbereich andererseits schaffen, um zu funktionieren.

Durch die Anwendung der Technologien funktioniert die Macht, so dass Raum und Zeit kon-trolliert werden. Wie sich Technologien verändern, so verändern sich auch die Gesellschafts-formen. Kommunikationstechnologien sind die Bedeutsamsten unter den Technologien nach Innis. Er gibt in seinem Werk einen Überblick über diese Kommunikationstechnologien der älteren Zeit, im Hinblick auf die verwendeten Materialen wie Stein, Ton, Holz und Papyrus; auf die Beschriftungsgeräte wie Meißel, Ritzstift, Pinsel und Feder und auf die Methoden der Lagerung und Konsultierung der Schriftstücke. Er erläutert also den Weg vom Papier über die Druckerpresse hin zum Buch (vgl. ebenda S. 16-18). Wie er die neueren Kommunikations-technologien erläutert, zeigt das folgende Unterkapitel.

3. 2. Die Eskalation der Kommunikationstechnologien

In der Moderne charakterisiert er eine „Eskalation der Kommunikationstechnologien“ (Innis 1941, zit. nach Barck 1997, S. 18). Zu dieser führten u. a. die Druckwalze, die Massenproduk-tion von Zeitungen und die Verbreitung von Radio und Fernsehen. Neue Erfindungen be-schleunigen die Verarbeitung der Informationen und deren Konsum. Sie nehmen daher viel Raum zu Lasten des Zeitfaktors ein. Ein Kernargument von Innis bezieht sich auf die Balance zwischen Raum und Zeit. Er meint dieses Gleichgewicht wird durch die Entwicklung dieser neuen Kommunikationstechnologien zerstört. In dem Artikel „Die Eule von Minerva“ ver-sucht der Autor aufzuzeigen, dass die plötzliche Ausbreitung des Kommunikationswesens im Laufe der Geschichte kulturelle Unruhen widerspiegelt (vgl. Barck 1997, S. 23). Beispiels-weise steigerte der Ton die Macht des Tempels - also der Religion - während Papyrus die Ent-stehung politischer Organe förderte. Die Verbesserung der Schrift sowie die Vorteile des Per-gaments und des Kodex machten sich die Religionen zu Eigen. So stärkte die Buchdruckkunst das Interesse an der Bibel. Die Sprach und die Schriftentwicklung brachten, laut Innis, der Kultur des Abendlandes zahlreiche Veränderungen. Wobei bei der Kommunikation die münd-liche Überlieferung eine zentrale Bedeutung übernahm (vgl. ebd. S. 93).

Über die Tendenzen der Kommunikation schreibt der Autor, dass jedes Kommunikationsmit-tel bei der Wissensverteilung in Raum und Zeit eine bedeutsame Rolle innehat. Je nach den Charakteristiken eignet sich ein Kommunikationsmitteln (=Medium) entweder besser für die zeitliche oder für die räumliche Wissensverarbeitung. Dies ist abhängig davon, wie es sich transportieren lässt. Zur Räumlichen tendiert man, wenn das Wissen durch das Medium leicht zu transportieren ist und zur Zeitlichen wenn dieses schwer zu transportieren ist. Man muss dabei die Gepflogenheiten des jeweiligen Zeitalters und der jeweiligen Kultur beachten. Im Gegensatz zu Papyrus verfügt Stein und Ton über eine längere Beständigkeit. Ein immer und überall existierender Einfluss eines Mediums schafft eine Kultur in der das Leben schwierig wird und so ein neues Medium auftritt, das schließlich zu einer neuen Kultur führen kann (vgl. ebd. S. 95-98). So wurde Stein und Hieroglyphen um zirka 2540 v. Chr. durch das neue Medium Papyrus und den Pinsel allmählich abgelöst. Es erfolgte eine Entfaltung im Bereich des Lesens und des Schreibens. Darüber hinaus entstanden allgemein gültige Schriftzeichen. Es folgten Machtkämpfe, Palastbauten und Eroberungen, wodurch das sumerische Schreib-system zur heiligen Sprache der Priester wurde (vgl. ebenda S. 98). Papyrus wurde durch das Pergament, welches ein landwirtschaftliches Produkt war, abgelöst. Dieses Material war durch Dauerhaftigkeit geprägt. Des Weiteren eignete es sich für die Bibel und Rechtschriften und brachte die Zensur auf den Plan. Die Klöster verbreiteten das durch Pergament gut trans-portierbare schriftliche Werk ausgehend vom hohen Norden. Die Religion richtete sich also ein Bildungsmonopol ein, welches durch das neue Medium Papier aus China große Konkur-renz erfuhr. Ab dem 13. Jahrhundert wurde Papier ausschließlich in Italien produziert. Mithil-fe dieses neuen Mediums rückten Begriffe von Räumlichkeit und Nationalismus ins Zentrum (vgl. ebenda S. 108-113). Im nächsten Abschnitt werden Aspekte der Zeit beschrieben um seine Argumentation deutlich zu machen.

3. 3. Das Plädoyer für die Zeit

Heute hat sich das Gleichgewicht von Raum und Zeit in der Wissensverteilung zum Vorteil des Raums verändert. Der Autor nimmt daher eine Tendenz zum Raum wahr. Deswegen plä-diert er in seinem Vortrag für die Zeit. Zu seiner Forderung zählt, dass die Menschen aus der Vergangenheit lernen sollen, um die Zukunft besser bewältigen zu können. Im Plädoyer für die Zeit wiederholt Innis, dass eine Gesellschaft stabil ist, wenn sie ein richtiges Gleichge-wicht zwischen Raum und Zeit finden kann. Die einzelnen Kommunikationsmittel neigen nun dazu, dieses Gleichgewicht in der jeweiligen Kultur zu gefährden. Nur selten schafft ein Me-dium Stabilität. Die Religionen gaben der Zeit ihre wichtige Bedeutung indem sie Tage und Festlichkeiten festlegten, wodurch die Zeit fassbar wurde. Die Beherrschung der Zeit erfolgte durch die Priester während das Staatsgebilde sich bemühte die Kontrolle über den Raum zu erlangen. Es folgten Machtkämpfe über die Zeitherrschaft zwischen Religion und Staat. Durch die Architektur in Rom und Ägypten wurde das Bestreben der Religion um die Herr-schaft der Zeit demonstriert (vgl. Barck 1997, S.121-129).

In dieser Zeit entstand die Industrialisierung, die Druckpressen, Zeitungen und Radios her-vorbrachte. Sie ermöglichte den Einsatz von unterschiedlichen Maschinen, wie etwa die Schnellpresse, die Zeilensetzmaschine und die Erforschung der Elektrizität. Technologische Kriegsmethoden und die Schrift als Kommunikationsmedium beschäftigten die Herrschafts-systeme in deren Bestreben möglichst lange ihre Position halten zu können. Durch Papier und Buchdruck hat sich die Überbetonung der Räumlichkeit durchgesetzt. Dem Staat ging es aus-schließlich um Erweiterung, wodurch er sich den zeitlichen Aufgaben nicht mehr verbunden fühlte und das Gleichgewicht empfindlich gestört wurde. Die Druckerindustrie erlebte einen Aufschwung während die abendländische Kultur zunehmend an Bedeutung verlor (vgl. ebd. S. 131).

Es folgten Massenproduktion von Zeitungspapier, Sensationsgier, Werbestrategien und der Wunsch nach Aufregung. Darüber hinaus entstanden Nachrichtenmetropolen, wie etwa Lon-don oder New York die großen Einfluss besaßen. Das gedruckte Material verlor an Bedeutung durch die neuen Medien: Radio, Fernsehen und Film. Durch den zweiten Weltkrieg und durch die Mängel der Presse in Deutschland erlangte das Medium Radio einen großen Aufschwung. Die Politiker nützten diese Rundfunktechnologie um sich nun direkt an ihre Wähler zu rich-ten. Das Radio galt als Propagandamittel während der NS- Zeit. Laut Innis könnte man den 1. Weltkrieg als Konflikt zwischen Zeitung und Buch und den zweiten Weltkrieg als Konflikt zwischen Zeitung und Radio betrachten (vgl. Barck 1997, S. 135). Durch die Möglichkeit der Abbildbarkeit der Realität durch Kommunikationsmedien stieg auch die Möglichkeit der Täu-schung. Diese Tatsache nützten die Kriegsführer für ihre Machenschaften. Zu den Vorteilen des Radios zählte, dass es große Gebiete erreichen kann und dass es sogar Klassenunterschie-de überwindet. Jedoch charakterisiert diese Entwicklungen u.a. auch die zunehmende Kurzle-bigkeit. So standen Vergnügen und Unterhaltung beim Radio, Fernsehen und Film im Vor-dergrund. Der Spruch „Zeit ist Geld“ erlangte große Bedeutung. Laut Innis zerstörten diese Phänomene die Zeit (vgl. Barck 1997, 138, 257). Nachdem nun auf den Zeitfaktor näher ein-gegangen wurde, widmet sich das folgende Unterkapitel den von Innis diskutierten Raum.


3. 4. Das Problem des Raumes

In einem weiteren Abschnitt des Kapitels über die Tendenzen der Kommunikation beschreibt der Autor das Problem des Raumes. Innis ging davon aus, dass die ägyptische Kultur von Raum und Zeitfragen geprägt war. So ist die Macht der Königsherrschaften und deren Ver-waltung möglicherweise auf die 4241 v. Chr. beginnende Zeitmessung zurückzuführen. Er nennt in diesem Zusammenhang die Pyramiden als Zeichen der Unbezwingbarkeit sowie Un-sterblichkeit des Königs und auch als Fähigkeit die Zeit zu überdauern. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, geht es im religiösen Kultus darum, über zeitliche und räumliche Kontrolle zu verfügen (vgl. Barck 1997, S. 147-149).

Um 2000 v. Chr. erfolgte ein Rückgang der Zentralmacht und eine Verlagerung von definier-ter Raumkontrolle (Pyramide) hin zur Machtverteilung. Dies führte zur Ausbreitung des Schreibens und der Verwendung von Papyrus, wodurch das Volk erreicht werden konnte, und die Kontrolle über den Raum geschwächt wurde. Durch den Einsatz von Pferden und verbes-serten Kommunikationsmitteln in den kriegerischen Machenschaften der damaligen Zeit, konnte die räumliche Kontrolle wieder besser verteidigt werden. Gleichzeitig war der Glaube an die Götter so ausgeprägt, dass mehrere Tempelgemeinden zusammen einen Stadtstaat er-gaben, der einem jeweiligen Gott unterstellt war. So hatte der König zusammen mit den Ho-hen Priestern die entscheidende Herrschaft inne. Dies wiederum ermöglichte der Religion den Einfluss des Monopols über die Zeit für sich zu beanspruchen (vgl. ebd. S.150).

Anders gesagt, die Herrschaft über die Zeit wurde durch die Religion gestärkt, während die Raumfrage von den Eroberern (Könige) gestaltet wurden. Er geht davon aus, dass in Ägypten eine mündliche Tradition in der Kommunikation vorherrschte, die aber auch über weitverbrei-tete Schreibkenntnisse verfügte. Die Schrift an sich wurde von der Religion sehr hoch einge-schätzt, führte doch Moses auf Befehl Gottes die Schreibkunst ein. Konnte ein Reich ein Gleichgewicht zwischen der Religion als Zeithüterin und der Politik als Raumhüterin errei-chen, brachte der technische Wandel ein Ungleichgewicht hervor. Zum Beispiel beendete die Entdeckung des billigen Eisens die Bronzezeit (vgl. ebd. S. 150-155).

Für Innis zeigte sich das Problem des Raumes darin, dass zahlreiche Völker im Laufe der Ge-schichte in Ägypten, Rom und Griechenland versuchten soviel Land wie möglich zu besitzen. Wodurch Probleme der räumlichen Organisation sichtbar wurden und das Beständige zur Mangelware wurde. Zugleich stärkte die mündliche Überlieferung die Religion in diesen Ländern. Durch die Niederschrift und die damit einhergehende Anerkennung des Mündlichen ist das Neue Testament entstanden. Mittels der starken Uneinigkeit wurde die politische Stel-lung des Reichs von Konstantin immer schwächer und die Position der Kirche immer stärker (vgl. ebd. S. 164, 167).

Jahrhunderte später als Karl der Große starb und sein Land aufgeteilt wurde, befreite sich die Kirche vom politischen Einfluss und gründete ein Kardinalskollegium. Der Staat übernahm für kurze Zeit die Kontrolle über Zeit und Fortbestand. So entstand ein Zeitmonopol, das durch Rom, die Lateinischen Sprachanwendung und das Zölibat gekennzeichnet war. Dieses Zeitmonopol führte dazu, dass die Organisation des Raumes wieder mehr diskutiert wurde. Die Verbreitung des Papiers von Asien ins heutige Europa führte zur Einführung der Kursiv-schrift und zur neuen Aufteilung des Raumes. Durch die Schrift entstanden neue Verwal-tungsorgane, der Handel und die Industrie florierten in Italien. (vgl. ebd. S. 175, 176). Laut Innis ist die Entstehung des Buchdrucks auf die wachsende Verstädterung zurückzuführen. Die Papier- und Druckindustrie sowie der Militarismus förderten die räumliche Monopolent-wicklung. Während sich die Bedeutung der Zeit in der Verwendung von Stein, Architektur und Bildhauerein als dauerhaft und haltbar präsentierte. Die Städte konzentrierten sich nun darauf Religion und Politik im Gleichgewicht zu halten (vgl. Barck 1997, S. 177, 179).

Er widmete sich im letzten Abschnitt dem kritischen Rückblick über diese Entwicklung. Dar-in erklärte er eine Zunahme der Komplexität und der Verwirrung durch die Mechanisierung. Innis plädierte daher darauf, das Mündliche, also das mündliche Gespräch, wieder mehr in den Vordergrund zu rücken, zumindest dort wo es um das menschliche Handeln und Empfin-den geht. Bei der mündlichen Kommunikation ist es von zentraler Bedeutung, dass ein per-sönlicher Kontakt vorhanden ist und dass die Gefühle anderer berücksichtigt werden. Das alles, so Innis, bieten die mechanisierten Kommunikationsmittel nicht (vgl. ebd. S.182).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Innis sich mit dem Verhältnis der Wissens-verbreitung von Zeit und Raum in der Zivilisation im Bezug auf die Entwicklung der einzel-nen Kommunikationsmittel hin befasst hat. Er erläuterte im Verlauf der Geschichte, welche Medien entstanden sind und wie sie die Kultur im Hinblick auf das Raum- und Zeitverhältnis beeinflusst haben. Der Autor kam zum Schluss, dass die Herrscherin über die Zeit die Religi-on ist und dass als Herrscher über den Raum der Staat bzw. die Politik angesehen werden kann. Dennoch gibt es in der Beziehung zwischen Raum und Zeit immer wieder Veränderun-gen, die mit der Einführung eines neuen Mediums einhergehen. Das Ziel der Zivilisation muss es sein, ein Gleichgewicht zwischen der Religion und der Politik zu erreichen. Dieses Vorha-ben wird jedoch durch den technischen Fortschritt erschwert. Die durch Industrialisierung entstehenden neuen Medien verhindern laut Innis eine solche Balance. Wir leben derzeit in einem Ungleichgewicht, in dem der Raum in der Wissensverbreitung über die Zeit dominiert. Daher plädiert Innis auch in seinem Artikel für die Zeit und für den Menschen. Darüber hin-aus fordert er in seinen Ausführungen, sich wieder mehr der mündlichen Kommunikation zuzuwenden, da sie den Menschen und sein Handeln in den Mittelpunkt stellt. Nach dieser Darstellung der Position von Innis gilt es nun die Kernaussagen von Hartmut von Hentig (2002) in den Blick zu nehmen.

4. Hartmut von Hentigs der technischen Zivilisation ge-wachsen bleiben

Hartmut von Hentig wurde 1925 geboren und ist Wissenschaftler, Lehrer und Publizist. Das für diese Seminararbeit herangezogene Werk: „ Der technischen Zivilisation gewachsen blei-ben. Nachdenken über die Neuen Medien und das gar nicht mehr allmähliche Verschwinden der Wirklichkeit“ ist 2002 erschienen. Darin beschreibt der Autor wie die Technologisierung in das Leben der Menschen Einzug genommen hat. Ihm geht es dabei darum, aufzuzeigen welchen Einfluss der Computer und seine Entwicklung auf den Alltag der Menschen nimmt. Zu seinen Hauptthesen zählt die Aufforderung sich nicht der Online-Technologie zu unter-werfen, sondern sich diese Neuen Medien anzueignen. Ein Beispiel hierfür wäre, den Engli-schen Terminus der IT ins Deutsche zu übersetzen. Laut Hentig ist der Computer ein Instru-ment und keine Lebensart - er ist Mittel zum Zweck und nicht mehr. Der Autor möchte also, dass die Menschen Herr über diese technische Entwicklung sind. Man sollte sich kundig ma-chen über die psychologischen, pädagogischen und philosophischen Fragen, die im Zusam-menhang mit der Technologisierung entstehen und sie nicht einfach als gegeben hinnehmen. Des Weiteren geht Hentig davon aus, dass ein Machtproblem existiert und dass man auch dessen Folgen beachten muss. Das heißt demnach, sich nicht der absoluten Kontrolle ent-mächtigen lassen. Es gibt laut Autor, eine Scheinfreiheit, die von dieser Entwicklung ausgeht. Man glaubt, man habe mehr Umwelt zur Verfügung. In Wirklichkeit bedeutet dies zugleich aber mehr Abhängigkeit von ihr (vgl. Hentig 2002, S. 165-171). Welchen Auftrag die Päda-gogik in diesem Zusammenhang hat und wie er Medien sieht, versucht das folgende Unterka-pitel darzustellen.

4. 1. Die Aufgabe der Pädagogik und der Medienbegriff

Hentig geht in seinem Werk auch auf die Aufgabe der Pädagogik ein. So kann Pädagogik zwar als eine Einübung des jungen Menschen in die gegebenen Verhältnisse verstanden wer-den. Er jedoch versteht ihren Auftrag darin, die jungen Menschen frei von diesen Verhältnis-sen zu machen, dafür sind allgemeine Maßstäbe notwendig. Für ihn heißt Pädagogik selbstän-dig und vernünftig in der Welt zu stehen (vgl. ebd. S. 190, 200). Durch die technische Zivili-sation werden die Wirksamkeit und die Macht der Mittel erhöht und es erfolgt eine Entfrem-dung zu den Mitmenschen. Mit Hilfe des technischen Fortschrittes ist man in der Lage bei-spielsweise, Bankgeschäfte völlig ohne menschlichen Kontakt zu vollziehen. Man erledigt die Geldüberweisung von zu Hause aus über den Computer, unter Verwendung von gesicherten Internetverbindungen. Der Weg zur Bank bzw. zum Bankberater kann dadurch eingespart werden. (vgl. ebd. S. 66).

Er meint, das Medium ist die Endstation unserer Wahrnehmung. Medien fesseln den Men-schen. So besagt eine Bedienungsanleitung, wie die Person das Gerät zu bedienen hat und nicht umgekehrt. Hier zeigt sich laut Hentig, eine Unterlegenheit der Menschen gegenüber der Technik. Er plädiert daher darauf, ein offenes, bewertendes, philosophisches Denken an den Tag zu legen, um mit dem Computer umgehen zu können. Was man jedoch seiner Meinung nach direkt am Computer nicht lernen kann (vgl. ebd. S. 67, 73). Was schreibt Hentig nun zum Thema Internet? Das Besondere am Medium Internet ist, dass es dem Menschen das Ge-fühl gibt, in dieser Welt spielt sich das wahre Leben ab. Das geht soweit, dass die Menschen ohne dieses virtuelle Netzwerk nichts von der eigentlichen Welt erfahren würden. Sie infor-mieren sich durch Websites über das aktuelle Wetter oder über die täglichen Nachrichten der Region. Da die neuen Medien den Menschen so sehr beeinflussen, ist es für die Pädagogik von Bedeutung, sich das gesamte Umfeld die Entwicklung, die Faktoren, die Bedingungen, die Auswirkungen der menschlichen Kultur bzw. der Technisierung vor Augen zu führen (vgl. Hentig 2002, S. 96, 73). Sein Anliegen, sich nicht der technischen Welt bedingungslos hinzugeben, unterstreicht der Autor, indem er auf die im nächsten Unterkapitel erläuterten Gefahren näher eingeht.

4. 2. Die Gefahren der Technologisierung

In einem weiteren Abschnitt beschreibt er seine Verunsicherung im Bereich der Verbindun-gen, die Computer, Internet und Fernsehwelten miteinander eingehen. Wodurch die Wirklich-keit seiner Meinung nach schließlich auf Einschaltquoten, Kommunikation, Information und Wachstumsraten begrenzt wird. Er geht auch auf das Datenschutzproblem näher ein. Dabei geht er davon aus, dass jede Onlineaktivität Spuren hinterlässt. Was den Menschen scheinbar nicht bewusst ist. Der Datenschutz selber kommt nicht nach, da die User einerseits zu sorglos vorgehen und die Datenjäger andererseits zu raffiniert sind. Die mitunter entstehenden Viren sind äußerst problematisch und richten gigantische Schäden an (vgl. Hentig 2002, S. 121, 154, 161). Hartmut von Hentig widmet sich in diesem Zusammenhang auch den trügerischen Ma-chenschaften des Internets bzw. wie damit der Einzelne zum ausgelieferten Opfer wird. Darin beschreibt der Autor die durch das Internet entstandene Grenzverschiebung zwischen öffentli-chen und privaten Leben. So rückt der Staat immer näher in die persönliche Welt des Einzel-nen, wodurch die Privatheit stirbt. Des Weiteren gibt sich der Mensch der Vercodierung des Alltags hin. Die Brieftaschen der Leute sind voll mit Karten und Pincodes. Um Geld zu behe-ben oder um Einkaufen oder gar Zeitungen online zu abonnieren, überall wird der elektroni-sche Code eingesetzt. Dies ruft den Betrug und die damit steigende Kriminalität auf den Plan. Gleichzeitig breitet sich die Kriminalität der Unterwelt im Netz vollends aus. Beispielsweise findet man mit wenig Anstrengung im virtuellen Netzwerk Bombenbauanleitungen oder Sei-ten über Kinderpornographie sowie Hinweise auf Terrorismus. Es gibt darüber hinaus viel politische Machenschaften, die mit Hilfe des Internets weit verbreitet sind, was wiederum der Demokratie großen Schaden zufügt (vgl. ebd. S. 155-157).

Zusammenfassend schreibt Hentig in seinem Werk, wie bereits im Titel ersichtlich, über die Anforderungen der technischen Zivilisationen. Er plädiert sehr stark darauf, sich nicht dem Computer und seinen Entwicklungen unkritisch auszuliefern. Der Mensch soll über die Tech-nik herrschen und nicht umgekehrt. Das Internet und andere neue Medien sind nur Mittel zum Zweck und sollten das auch bleiben. Er geht ausführlich auf die negativen Auswirkungen des Internets auf die Menschen ein, verneint dieses Medium jedoch nicht. Stattdessen plädiert er darauf, diesen und anderen zukünftigen Auswirkungen der technischen Zivilisation gewach-sen zu bleiben, indem sie und ihr Umfeld kritisch hinterfragt werden.

5. Vergleich der beiden Werke

In diesem Kapitel wird versucht die Argumentationen von Harold A. Innis mit dem vom Hartmut von Hentig in ihren hier zitierten Werken im Blick auf den Einfluss des Internets zu vergleichen. Dazu wird zunächst auf mögliche Gemeinsamkeiten der Werke Bezug genom-men, um im Anschluss auf die Unterschiede näher einzugehen.

5. 1. Gemeinsamkeiten der Werke

Grundlegend kann davon ausgegangen werden, dass beide Autoren zumindest der Entwick-lung der modernen Kommunikationstechnologien kritisch gegenüberstehen. Hartmut von Hentig geht davon aus, dass die Menschen die elektronischen Medien nahezu bedingungslos hinnehmen ohne sie kritisch zu hinterfragen. Dieses Vorgehen endet seiner Meinung in dem Verschwinden der Wirklichkeit. Die Menschen geben ihre Vormachstellung auf und sind den Medien unterlegen. Er konstatiert, sich den neuen Technologien gesellschaftskritisch gegen-über zu stellen und ihnen dadurch nicht alles zu überlassen (vgl. Hentig 2002, S. 9, 66). Auch in Innis Werk lässt sich eine pessimistische Grundstimmung erkennen. Die Menschen werden überflutet von kurzlebigen Reizen, wobei das Denken des modernen Menschen von Augen-blickerfahrungen beherrscht wird (vgl. Barck 1997, S. 18).

Ein zweiter Punkt, den beide möglicherweise gemeinsam haben, behandelt die Einflussgrößen der Gesellschaft. Innis wie auch Hentig beschreiben, dass sowohl die Politik als auch die Wirtschaft großen Einfluss auf die jeweilige Entwicklung der einzelnen Staaten haben. So üben die Regierungen innerhalb der einzelnen Kulturen ihre Macht aus, was wiederum die Wirtschaft mitbeeinflusst. (vgl. Barck 1997, S. 15). Hentig lässt außer Zweifel, dass die Poli-tik und die Ökonomie den Menschen wie auch die Kultur maßgeblich beeinflussen. Er geht davon aus, dass sich die Bevölkerung ihrer Politik unterwirft, wodurch diese ihre Geltung in der Gesellschaft stärkt (vgl. Hentig 2002, S. 51). Im Folgenden wird nun der Fragen nachge-gangen, welche Kontraste die beiden Autoren in ihren Werken zeigen.

5. 2. Unterschiede der Werke

Ein grundlegender Unterschied besteht darin, dass die beiden Autoren andere Aspekte in ihren Ausführungen in den Mittelpunkt stellen. So geht Harold A. Innis vom Medium aus, während Hartmut von Hentig von der Kultur ausgeht. Es wird zunächst auf die Argumentation von Innis näher eingegangen und anschließend werden die Kernaussagen von Hentig erläutert.

5. 2. 1. H. A. Innis Kernaussagen im Blick auf den Einfluss des Internets

Innis stellt in „Tendenzen der Kommunikation“ (1941) die historische Entwicklung der Ge-sellschaft an Hand der entstehenden Medien und deren Medienträger dar. Innis argumentiert auf empirische Art und Weise. So schreibt er über die Entwicklung der Sprache hin zur Schrift auf Papyrus, dann auf Pergament und schließlich auf Papier und deren Massenproduk-tion durch die Druckindustrie und weiter durch die zunehmende Technologisierung hin zum Radio, Film und Fernsehen. Die Einflussnahme dieser Medien in der jeweiligen Zeit zeigt sich dadurch, dass die Schrifteinführung und der Buchdruck beispielsweise der Kirche durch die Möglichkeit ihre Bibel in großen Mengen zu produzieren, zur größeren Verbreitung ver-halfen. Als anderes Beispiel nennt der Autor das Radio, welches den zweiten Weltkrieg durch dessen Einsatz als Propagandamedium mitbeeinflusst hat (Barck 1997, S.131).

Des Weiteren erläutert der Wissenschaftler seine Hauptthese, dass sich die Zivilisation in ei-nem Gleichgewicht von Wissen in Zeit und Raum befinden muss um zu funktionieren. Durch die Einführung der unterschiedlichen Kommunikationstechnologien gerät diese Balance je-doch immer wieder aus dem Gleichgewicht. Bei dem langen Streit um die Herrschaft dieser Zeit- und Raumverhältnisse zeigte sich, dass die Kirche zur Hüterin der Zeit wurde, während der Staat bzw. die Politik und das Militär den Raum beispielsweise durch Eroberungen für sich beanspruchte. Zu der Zeit als der Autor sein Werk verfasste, ging er davon aus, dass sich die damalige Gesellschaft in einem Ungleichgewicht befindet. Die Raumfrage dominiere über die Zeit in der Wissensverteilung. Diese Annahme bewegte ihn dazu für die Zeit zu plädieren und das Menschliche in der Kommunikation wieder durch die Besinnung auf die mündliche Gesprächsführung hervorzuheben (vgl. Barck 1997, S.130-135).

Über das Thema Internet schreibt der Autor explizit nicht, da dies erst nach seinem Tod ent-wickelt wurde. Es lässt sich jedoch implizit eine Verbindung herstellten. Innis verwendet sel-ten in seinen Ausführungen den Begriff Medien, spricht aber stattdessen häufig von Kommu-nikationstechnologien. Das Internet ist ein Medium, daher ist es nach dem Verständnis von Innis eine Kommunikationstechnologie. Diese beeinflussen, wie bereits an anderer Stelle er-wähnt, das Gleichgewicht der Wissensverteilung von Zeit und Raum in einer Zivilisation. Es kann daher angenommen werden, dass auch das Internet als eine solche Technologie Einfluss auf die Zivilisation nimmt. Darüber hinaus haben die Informationen auf Stein gemeißelt einen extrem langen Fortbestand, lassen sich aber schwer transportieren. Während die Daten im Internet im Vergleich dazu, eine sehr geringe Haltbarkeit aufweisen, sich jedoch äußerst leicht transportieren lassen. Beurteilt man nun die Zivilisation wie Innis meint, an den Kriterien Zeit und Raum, so wird der zeitliche Faktor zurückgedrängt und der räumliche Faktor dominiert. Dies führt möglicherweise zu einem Ungleichgewicht in der Zivilisation, welches durch das Medium Internet bestimmt ist und somit eine Beeinflussung darstellt. Das nächste Unterkapi-tel geht der Frage nach, welche Position Hentig im Bezug auf den Einfluss des Internets ein-nimmt. 5. 2. 2. H. v. Hentigs Kernaussagen im Blick auf den Einfluss des Inter-nets

In dem hier zitierten Werk von Hartmut von Hentig erläutert der Autor die Entwicklung der technischen Zivilisation. Er zeigt zunächst die allgemeine Kennzeichnungen der Gegenwart unserer Kultur auf, um darauf aufmerksam zu machen, dass es auch andere Bedingungen gibt, die das derzeitige Leben beeinflussen, wie etwa die mobile Zivilisation, die anhaltenden Weltbevölkerungswachstum oder die Verarmung und Verschuldung der öffentlichen Hand (vgl. Hentig 2002, S. 47). Er geht also in seinen Ausführungen nicht vom Medium aus, son-dern von der Kultur in der das Medium verankert ist.

Er möchte dabei jedoch nicht die technologische Entfaltung, die in das heutige Leben Einzug gehalten hat, verurteilen, sondern plädiert dazu sich dieser Technologisierung nicht total aus-zuliefern. Der Mensch sollte sich ihr stattdessen kritisch, verändernd und bewertend gegen-überstellen. Erfolgt dies nach Hentig nicht, dann ist der Mensch den technischen Gegebenhei-ten ausgeliefert. Daher ist es wichtig, auch die derzeitige gesellschaftliche Entwicklung im Auge zu haben. Er zeigt auf, das die Neuen Medien von Nutzen sind, wenn man die Gefahren, die von ihnen ausgehen nicht vernachlässigt. Hentig erwähnt das Internet explizit in seinen Ausführungen, etwa in dem er fordert, dass sich die Menschen nicht der Online-Technologien unterwerfen sollen. Darüber hinaus diskutiert der Autor das Problem rund um den Daten-schutz im Internet als eine Gefahr, die von der technischen Zivilisation ausgeht. Da die User beispielsweise häufig achtlos das virtuelle Netz verwenden und ihre Daten leichtsinnig preis-geben, erleichtert dies den Datenmissbrauch (vgl. Hentig 2002, S.150-155).

Dem Autor zufolge, so nimmt das Internet großen Einfluss auf die Gesellschaft, ohne das die-se kritisch darauf reagiert. Um der technischen Zivilisation gewachsen zu bleiben, ist es von zentraler Bedeutung sich diese Einflussnahme der unterschiedlichen neuen Medien (wozu auch das Internet gehört) vor Augen zu führen, damit die Herrschaft über das Medium dem Menschen nicht entgleitet. Sein Werk ist möglicherweise als eine Aufforderung zu verstehen, diesen Einfluss näher zu untersuchen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es sich hier um sehr unterschiedliche Sichtwei-sen handelt. So geht Innis vom Medium aus, während Hentig seinen Schwerpunkt in der Kul-tur sieht. Im Hinblick auf den Einfluss des Internets in den Kulturen, nennt Hentig Beispiele und geht somit explizit auf die Thematik ein. Er schreibt den technischen Kommunikations-medien zwar einen gewissen Nutzen so, gleichzeitig ist es wichtig sich mit ihnen kritisch aus-einander zu setzten. Als das Werk von Innis erschien, gab es noch kein Internet, daher sprach er von technologischen Kommunikationsmitteln. Diese beeinflussen seiner Meinung nach, das anzustrebende Gleichgewicht von Wissensverteilung in Raum und Zeit.

6. Resümee

Es soll noch einmal auf die anfangs erwähnte Fragestellung eingegangen und geklärt werden, ob die Antwort darauf mit Hilfe dieser Arbeit ein Stück weit erläutert werden konnte. Dazu wird an dieser Stelle die Frage noch einmal angeführt: Wie sieht Harold A. Innis in seinem Werk über die Kommunikationswege (1941) den Einfluss des Internets und welche Position nimmt Hartmut von Hentig in seinem Werk über die technische Zivilisationsentwicklung (2002) zu diesem Thema ein?

Um diese Frage zu beantworten wurde zunächst erläutert, was man unter Internet versteht und wie sich dies entwickelt hat. Dieses 1969 entwickelte Medium ist ein vernetztes hypertextua-les Informationsarrangement, das weltweit verbreitet ist. Im zweiten Schritt wurden die Kern-aussagen des Artikels von Harold A. Innis (1941): „ The Bias of Communication“ darge-bracht. Die Zivilisation ist seiner Meinung nach auf ein Gleichgewicht von Wissen in Zeit und Raum angewiesen. Jede Einführung eines neuen Mediums hat die Gesellschaft verändert. Sie bestimmen demnach wie Wissen in Zeit und Raum übertragen wird. Daher beurteilt er eine Zivilisation danach, ob es ihr gelingt ihren Bestand durch eine Balance von Raum und Zeit-begriffen zu sichern. Im dritten Schritt wurde das Buch: „ Der technischen Zivilisation ge-wachsen bleiben“ von Hartmut von Hentig (2002) an Hand seiner Hauptargumente näher er-läutert. Hentig zeigt darin, dass die Neuen Medien, wie Computer und Internet zwar von Nut-zen für die jeweilige Gesellschaft sind. Gleichzeitig muss jedoch auch ihre Anwendung kri-tisch hinterfragt werden. Der Mensch soll sich nicht unterwerfen, sondern er soll über die Technologisierung verfügen. Er plädiert darüber hinaus dafür, auch immer die jeweilige Kul-tur und das Umfeld im Auge zu behalten. Er zeigt auf, wo die technische Entwicklung im Alltag des Menschen Einzug gehalten hat und warnt vor den auftretenden Gefahren. Nachdem beide Werke im Bezug auf ihre Argumente hin dargestellt wurden. Widmete sich das letzte Kapitel der Kontrastierung dieser Werke. Es stellte sich heraus, dass beide Werke auch Ge-meinsamkeiten aufwiesen. So sind Beide von Pessimismus geprägt. Darüber hinaus heben beide den Einfluss der Ökonomie und Politik im Zusammenhang mit den Medien hervor. Ein bedeutender Unterschied ist jedoch in der Schwerpunktsetzung der beiden Autoren ersicht-lich. Innis und Hentig stellen andere Aspekte in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten. So geht Innis von den Medien bzw. von den Kommunikationstechnologien aus und beschreibt ihren histo-rischen Verlauf der Entwicklung und deren Einflussnahmen auf die jeweilige Kultur. Hentig jedoch setzt den Ausgangspunkt in der Kultur. Er erläutert die gegenwärtige Entwicklung der derzeitigen Kultur und stellt die Neuen Medien in Bezug dazu. Ein weiterer Unterschied zeigt sich in der Tatsache, dass Innis nicht direkt vom Internet spricht, da dieses als er lebte noch nicht bekannt war. Er erwähnt jedoch die technologischen Medien, zu diesen das Internet zählt. Seine Behauptung, die Medien bestimmen, wie Wissen in Zeit und Raum übertragen werden, legt nahe, dass auch das Internet in der Modernen Zeit durch diese Bestimmung die Kultur beeinflusst. Hentig hingehen diskutiert explizit über das Internet. Auch er geht davon aus, dass das Internet eine beeinflussende Wirkung ausübt, die beispielsweise zahlreiche Ge-fahren in sich birgt.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass nur ausgewählte Textpassagen der hier zitierten Werke herangezogen wurden. Eine gesamte und ausführliche Analyse der beiden Werke wür-de den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

7. Literatur

Barck, K. (1997): Harold A. Innis- Kreuzwege der Kommunikation. Ausgewählte Texte. Springer Verlag: Wien und New York

Hentig v., H. (2002): Der technischen Zivilisation gewachsen bleiben. Nachdenken über die Neuen Medien und das gar nicht mehr allmähliche Verschwinden der Wirklichkeit. Bletz Ta-schenbuch: Weinheim und Basel

Jaspersen, T. (2004): Intranet/ Extranet. In: Faulstich, W. (Hrsg.): Grundwissen Medien. 5., vollständig überarbeitete und erheblich erweiterte Auflage. Wilhelm Fink Verlag: Paderborn S. 294- 303.

Marotzki, W., Meister D. M., Sander U. (Hrsg.) (2000): Zum Bildungswert des Internet. Leske + Budrich Verlag: Opladen

INTEGRAL. Markt und Meinungsforschung. (2008): Austrian Internet Monitor Kommunika-tion und IT in Österreich 1. Quartal 2008. URL: http://www.integral.co.at/dImages/AIM_Consumer_-_Q1_2008.pdf (20.05.2008)