Seminararbeit (Katrin Erber): Unterschied zwischen den Versionen

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(Digital Inequality)
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Di Maggio differenziert die Unterscheidung zwischen jenen die über keinen Internetzugang verfügen und jenen die über einen  verfügen, indem er darüber hinaus drei verschiedene Ebenen des Zugangs unterscheidet:  
 
Di Maggio differenziert die Unterscheidung zwischen jenen die über keinen Internetzugang verfügen und jenen die über einen  verfügen, indem er darüber hinaus drei verschiedene Ebenen des Zugangs unterscheidet:  
  
''1. die Möglichkeit, das Internet an irgendeinen Ort zu nutzen,  
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2. die Verfügbarkeit eines Internetzugangs zu Hause,  
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(Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.102 zit. nach DiMaggio 2004, S.11f)
 
(Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.102 zit. nach DiMaggio 2004, S.11f)
  
 
Diese Differenzierung scheint sinnvoll, da davon auszugehen ist, dass man von dem Internet anders Gebrauch machen kann, wenn man zu Hause darüber verfügt. Schäfer und Lojewski gehen davon aus, dass der Nutzer in diesem Fall in der Lage ist das Medium spontaner und autonomer zu nutzen (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, 102).  
 
Diese Differenzierung scheint sinnvoll, da davon auszugehen ist, dass man von dem Internet anders Gebrauch machen kann, wenn man zu Hause darüber verfügt. Schäfer und Lojewski gehen davon aus, dass der Nutzer in diesem Fall in der Lage ist das Medium spontaner und autonomer zu nutzen (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, 102).  
Da es in dieser Arbeit darum gehen soll zu zeigen welche Wirkung die Nutzung des Internets auf die oft ungleichen Bildungschancen von Jugendlichen haben kann, und für diesen Ansatz eine Nutzung des Internets quasi vorausgesetzt ist, werde ich hier nicht genauer auf den „Digital Divide“ eingehen, und mein Hauptaugenmerk auf die Ungleichheiten in der Internetnutzung legen.  
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Da es in dieser Arbeit darum gehen soll zu zeigen welche Wirkung die Nutzung des Internets auf die oft ungleichen Bildungschancen von Jugendlichen haben kann, und für diesen Ansatz eine Nutzung des Internets quasi vorausgesetzt ist, werde ich hier nicht genauer auf den „Digital Divide“ eingehen, und mein Hauptaugenmerk auf die Ungleichheiten in der Internetnutzung legen.
  
 
==Digital Inequality==
 
==Digital Inequality==

Version vom 15. Juli 2008, 01:30 Uhr

Universität Wien
Institut für Bildungswissenschaft
190145 SE 5.2.2 Erziehung und Medien
Leitung: Christian Swertz
Sommersemester 2008
Internet, Ungleichheit und Bildungschancen


Katrin Erber
Matrikelnummer: 0509331
Studienkennzahl: a 297
E-Mail: katrin.erber@gmx.at


Das Internet – eine nützliche Waffe im Kampf gegen Bildungsunterschiede?

Einleitung

Computer- und Internetnutzung wird in der modernen Informationsgesellschaft als wichtige Ressource für Wissen und Information gesehen. Die neuen Medien werden vielfach als geeignetes Mittel zur Entwicklung von neuen Arten zu lernen und zu lehren gesehen, welche wiederum für die Zukunft unerlässlich scheinen. So sollen durch ihre Nutzung eigenverantwortliches, selbstbestimmtes Lernen sowie kommunikative Fähigkeiten gefördert werden. Besonders dem Internet wird diesbezüglich ein großes Potential zugesprochen (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S. 9f.). Der kritische, kreative und selbstbestimmte Umgang mit neuen Medien wird als Schlüsselqualifikation für den zukünftigen Arbeitsmarkt gesehen. Dieser hohe Stellenwert der Medienbildung Heranwachsender vor allem für ihre berufliche Zukunft, bleibt für die Schule, zu deren Aufgaben es gehört, SchülerInnen auf die bestehende Informationsgesellschaft vorzubereiten und ihre Chancen dahingehend bestmöglich zu stärken (Vgl. Hunneshagen 2005, S. 10), aber auch für alle anderen Bildungsanbieter, nicht ohne Folgen. Diese Chancen von Jugendlichen sind jedoch oft sehr ungleich verteilt. Die Herkunft und die soziale Schicht der Jugendlichen beeinflussen ihre Chancen in Bezug auf Ausbildung und Beruf drastisch. Alle Bildungsanbieter müssen ein Bewusstsein für diese Problematik entwickeln, und versuchen die Kinder- und Jugendlichen bestmöglich zu fördern. Denkt man diese zwei Aspekte zusammen, auf der einen Seite das vermeintliche Potential neuer Medien und insbesondere des Internets, Fähigkeiten zu fördern die von großer Bedeutung für die beruflichen Chancen der Kinder und Jugendlichen sind, und auf der anderen Seite das Problem der Bildungsschere, stellt sich die Frage nach etwaigen Wirkungen der Internetnutzung auf das Problem der ungleichen Bildungschancen.

Fragestellung und Vorgehensweise

Diese Arbeit macht es sich zur Aufgabe auf das Spannungsfeld aufmerksam zu machen, welches sich zwischen der Verwendung des Internets zu Bildungszwecken und den Bildungsunterschieden unter den NutzerInnen auftut. Ausgehend von dem wachsenden Problem der ungleichen Bildungschancen, welche ihre Wurzeln vor allem im sozialen Hintergrund der Kinder- und Jugendlichen haben, soll in dieser Arbeit die jugendliche Internetnutzung in den Blick genommen werden. Mit dem Ruf nach Medienkompetenz als neue Kulturtechnik, ist der Einsatz von neuen Medien in der Pädagogik zur Notwendigkeit geworden. Es stellt sich hier also nicht die Frage nach dem Einsatz von neuen Medien im Unterricht bzw. für verschiedenste Arten von Lernprozessen, sondern nach den Möglichkeiten, die diese für die Bildungschancen der Jugendlichen bieten können. Das Hauptaugenmerk soll dabei einerseits auf das Medium Internet und andererseits auf das Problem der Bildungsunterschiede zwischen sozial schwächeren Jugendlichen und Jugendlichen aus bildungsnäheren Schichten gelegt werden. Es soll gezeigt werden ob das Internet einen Beitrag leisten kann, die Ungleichheiten seiner NutzerInnen zu überwinden. Daraus ergibt sich folgende Hauptfragestellung, welche im Rahmen dieser Arbeit bearbeitet werden soll:

Kann der vermehrte Einsatz des Internets in der Pädagogik dazu beitragen, das Problem der oft großen Bildungsunterschiede zwischen sozial schwächeren Jugendlichen und Jugendlichen aus bildungsnäheren Schichten zu verringern?

Bevor es zur Beantwortung der eigentlichen Frage kommen kann, ist es notwendig eine Begriffsklärung vorzunehmen. Einleitend wird kurz auf das Medium Internet und seine Qualitäten als Bildungsmedium eingegangen. Das nächste Kapitel widmet sich dem Bildungsbegriff, der dieser Arbeit zugrunde liegt, um schließlich im darauf folgenden Abschnitt den Bildungsdifferenzen zwischen Jugendlichen sowie ihren Ursachen, auf den Grund gehen zu können. Anschließend soll ein erster Bezug zur Forschung hergestellt werden, welche sich der Internetnutzung von Jugendlichen widmet. Abschließend wird es darum gehen, aufzuzeigen, in welchen Rahmen das Internet dazu beitragen kann, Bildungsunterschiede zwischen Jugendlichen auszumerzen. Hier sollen einerseits laufende Projekte erwähnt werden welche in diese Richtung gehen, andererseits aber auch auf die Grenzen hingewiesen werden, welche sich bei der Nutzung des Internets als Differenzen ausgleichendes Lernmedium zeigen.

Der Bildungsbegriff

Um die gestellte Forschungsfrage beantworten zu können, ist es in erster Linie notwendig, die für die Frage zentralen Begriffe zu klären. Starten werde ich mit dem Bildungsbegriff, hier geht es vor allem darum, festzustellen was Bildung in der modernen Wissensgesellschaft überhaupt bedeutet. Darüber hinaus soll geklärt werden, welche Definition von Bildung als Basis für diese Auseinandersetzung dienen soll.

Bildung als Kapital

Bildung wird oft mit Schulbildung gleichgesetzt. Dabei gilt je länger und erfolgreicher das formale Bildungssystem durchlaufen wird, desto gebildeter ist man (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.18). Die so erworbenen Bildungszertifikate garantieren schließlich die Verwertbarkeit der Bildung in der Gesellschaft. Wissen und im weiteren Sinne Bildung, wird in der modernen Wissensgesellschaft zu einer Ressource die über die soziale Platzierung und Karrierechancen von Individuen bestimmt und somit mit den Ungleichheitsverhältnis in der Gesellschaft zusammenhängt (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.24). So gesehen wird Bildung immer mehr als Kapitalsorte gesehen die in der Gesellschaft jedoch ungleich verteilt ist.

Dimensionen von Bildung

Schäfer und Lojewski haken hier ein, dass dieser Bildungsbegriff zu eng gefasst ist, da er nur den formalen Bildungsbereich berücksichtigt (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.18). Mit dem Wissen darüber, dass nur etwa 30% aller Lernprozesse im Rahmen von Bildungsinstitutionen stattfinden, scheint es auch für diese Arbeit notwendig, neben formeller Bildung auch nichtformelle bzw. informelle Bildungsprozesse in einer Definition von Bildung, zu berücksichtigen. Da ich diese Einteilung von Bildung nicht voraussetzen möchte, werde ich im Folgenden die eben genannten unterschiedlichen Formen von Bildung kurz erklären, dabei beziehe ich mich wiederum auch Schäfer und Lojewski (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.19).

Formelle Bildung

Formelle Bildung bezeichnet jene Bildungsprozesse, welche verpflichtenden Charakter haben, bestimmten Vorgaben (z.B. Lehrplänen) folgen und deren Erfolg überprüft und zertifiziert wird. Diese Art von Bildungsprozessen hat ihren Platz vorwiegend im Schul- und Ausbildungssystem. Als typisches Beispiel dieser Form der Bildung kann hier die Schulbildung genannt werden.

Nicht-formelle Bildung

Diese Form von Bildung umfasst jede Form von organisierter Bildung, die jedoch im Unterschied zur Formellen Bildung keinen verpflichtenden Charakter hat, sie erfolgt freiwillig und hat Angebotscharakter. Ein Beispiel für diese Art von Bildung stellen die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe dar, auf deren Angebote ich später noch zurückkommen werde.

Informelle Bildung

Informelle Bildung beschreibt alle Bildungsprozesse, die sich ungeplant im Alltag, im Familienleben, im Freundeskreis, in der Arbeit oder Freizeit usw. ergeben.

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass sich der jeweilige Bildungsstand einer Person aus allen Lernerfahrungen zusammensetzt, die diesen unterschiedlichen Dimensionen von Bildung zuzuordnen sind. Das Lernen ist nicht nur an bestimmte Institutionen gebunden, sondern es findet in allen Bereichen des Lebens statt. Deshalb soll auch dieser weit gefasste Bildungsbegriff, der eben alle diese unterschiedenen Formen von Bildung berücksichtigt, als Grundlage für diese Arbeit dienen. Es handelt sich demnach um einen Begriff von Bildung, welcher diese sowohl als notwendige Ressource im Hinblick auf ihre Verwertbarkeit in der Wissensgesellschaft sieht, aber auch als zweckfreies Streben nach höheren, wie Bildung historisch oft verstanden wurde. Nachdem der Bildungsbegriff geklärt wurde, soll im nächsten Kapitel gezeigt werden was das Medium Internet ausmacht, um später die Internetnutzung von Jugendlichen in den Blickpunkt rücken zu können.

Das Internet

In diesem Kapitel versuche ich eine Begriffserklärung für das Internet zu geben und darüber hinaus aufzuzeigen welche Erwartungen an dieses Medium in Hinblick auf seine Aufgaben als Bildungsmedium gestellt werden. Zuerst wird eine kurze Definition über das Medium erfolgen, anschließend werden seine Charakteristika diskutiert. Das impliziert auch die Ansprüche die an das Medium Internet in Bezug auf die Förderung von neuen Arten zu lernen gestellt werden, wie in der Einleitung schon angesprochen wurde.

Definition

Internet bedeutet soviel wie „Zwischennetz“ oder „Verbundnetz“, es kommt vom englischen Wort „interconnected“, das soviel wie „miteinander verbunden“ heißt (http://de.wikipedia.org/wiki/Internet [18.05.2008]). Bei diesem Medium handelt es sich um ein System zur Vernetzung von mehreren räumlich getrennten Computern. Es wurde ursprünglich ausschließlich für militärische Zwecke entwickelt, fand aber recht schnell andere Verwendung. 1989 wurde es durch den neu entwickelten Internetdienst World Wide Web (WWW) schließlich auch für Laien im privaten und gewerblichen Bereich interessant, da die Nutzung des Systems nun keine Programmierkenntnisse mehr erforderte. Neben einer einfachen und benutzerfreundlichen Bedienung liefert das WWW auch eine einheitliche, grafische Benutzerschnittstelle für weitere Netzdienste. Durch diese Entwicklung wurde das Internet zum wichtigsten Computernetzwerk weltweit (Vgl. Hirsch 2005, S.32). Heute verfügt das Medium über eine Vielfalt an unterschiedlichen Internetdiensten, wie z.B. Telefonie, E-Mail, Radio usw., dabei kann prinzipiell jeder Rechner weltweit mit jedem anderen Rechner verbunden werden (http://de.wikipedia.org/wiki/Internet [18.05.2008]).

Charakteristika

Wie schon einleitend skizziert, wurde dem Internet von Beginn an ein besonderes Potenzial zugeschrieben. Schäfer und Lojewski fassen zusammen, welche Charakteristika des Mediums diesen Erwartungen zugrunde liegen. Es wird davon ausgegangen, dass es für jeden gleichermaßen zugänglich ist, die enthaltenen Wissensbestände für jeden nutzbar und nützlich sind und es sich leicht für Lernprozesse instrumentalisieren lässt. Darüber hinaus wird das Internet als hierarchiefrei bezeichnet, das bedeutet dass sich jeder am Internet beteiligen kann und dass soziale Ungleichheiten für die Teilhabe- und Partizipationschancen keine Rolle spielen (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S. 10).

Zum einen stellt das Internet eine unendliche Fülle von Informationen bereit, zum anderen fungiert es aber, durch die Vielzahl an Internetdiensten wie Email, Chat, Newsgroups usw., auch als Kommunikationsmedium. Das Internet erfüllt demnach unterschiedliche Funktionen, welche Höflich folgendermaßen zusammenfasst: es ist zugleich ein Abrufmedium für Informationen, Nachrichten usw., ein Diskussionsmedium, z.B. in Foren sowie ein Medium interpersonaler oder Gruppenkommunikation, welche per Email oder Chat betrieben wird (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.96). An diese Vielfalt an Kommunikationsmöglichkeiten sind aber auch bestimmte kommunikative Kompetenzen gebunden, die beim Nutzer vorhanden sein müssen um im Internet kommunikativ tätig werden zu können. Außerdem ist hier anzumerken, dass die im Internet stattfindende computerbasierte Kommunikation, trotz der zunehmenden Verbreitung von Photo- und Videoblogs, Internet-Telefonie usw., bis jetzt zum Grossteil auf die Schriftsprache angewiesen ist. Einerseits ist genau diese Textbasiertheit mit der durch sie bedingten Anonymität, neben dem niedrigschwelligen Zugang, einer der Gründe für die Annahme, dass das Internet hierarchiefreie Kommunikation und Beteiligung ermöglicht, andererseits setzt diese Gebundenheit an die Schriftsprache wiederum Kompetenzen beim User voraus. Die Vermutung besagt dass die Anonymität des Mediums die Beteiligung steigen lässt, da soziale Merkmale wie Geschlecht, Herkunft usw. nicht sichtbar sind bzw. auch andere Identitäten angenommen werden können. So ist es dem Benutzer möglich, sich selbst beliebig zu inszenieren. Hier kommt noch dazu, dass im Internet prinzipiell jeder nicht nur Informationen empfangen kann, sondern auch selbst zum Produzenten werden kann. Im Vergleich zu anderen Medien ist es hier recht einfach eigene Inhalte, z.B. in Form von Forumsbeiträgen oder auch Homepages usw. zu gestalten (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.97f).

Das Bildungsmedium Internet

Das Internet als Bildungsmedium spielt in allen 3 zuvor genannten Dimensionen von Bildung eine Rolle. Es wird einerseits in der Schule genutzt, und so zu einem Werkzeug für formelle Lernprozesse, andererseits ist es aber auch im Kontext nicht-formeller und informeller Bildung von Bedeutung. Hier möchte ich betonen, dass das Internet nicht nur informellen Lernformen besonders entgegenkommt, sondern jeglicher Gebrauch des Internets in gewisser Art und Weise informelle Lernprozesse impliziert. Ich beziehe mich hier auf Kutscher und Otto, die diesen Zusammenhang folgendermaßen beschreiben:

Bei der Onlinenutzung setzen sich Jugendliche mit Informationen und wissen auseinander, eignen sich verschiedene Formen technischer, kommunikativer und reflexiver Kompetenz an und praktizieren in der sozialen und kommunikativen Interaktion die Auseinandersetzung mit Informationen, Strukturen und Personen. Auf diese Weise finden im virtuellen Raum durch die Aneignung von Inhalten, Strukturen und Handlungskompetenzen Prozesse der „informellen Bildung“ statt. (Otto, Kutscher, 2004, S.8)

Hier zeigt sich wie vielfältig das Medium Internet für Lernprozesse eingesetzt werden kann. Trotzdem wäre es übereilig anzunehmen, dass das Medium gleichzeitig auch eine positive Wirkung auf die Verbesserung der Bildungschancen seiner Nutzer hat. Es wäre ein Trugschluss, von den viel versprechenden Fähigkeiten des Internets, darauf zu schließen dass die sozialen Ungleichheiten zwischen Jugendlichen bei der Nutzung des Mediums nicht von Belangen wären. Um im Folgenden auf diese Problematik näher eingehen zu können, wird es im nächsten Kapitel nun darum gehen, die Ungleichheiten der Bildungschancen von Jugendlichen und auch die Gründe für diese Differenzen aufzuzeigen. Anschließend werde ich dazu übergehen, die eben erläuterten Qualitäten des Internets und die damit verbundenen Ansprüche im Bezug auf die Bildung seiner Nutzer, zu hinterfragen, und mit dem Problem der Differenzen von Bildungschancen in Zusammenhang zu bringen.

Ungleichheit von Bildungschancen

Nachdem nun der dieser Arbeit zugrunde liegende Bildungsbegriff geklärt wurde und auch das Medium Internet in seinen Grundzügen vorgestellt wurde, soll nun die Problematik der Bildungsdifferenzen von Jugendlichen unterschiedlicher sozialer Herkunft thematisiert werden. Das Hauptaugenmerk wird dabei auf die Frage gerichtet, wie es zu den angesprochenen Bildungsunterschieden kommt, und wie diese weitergetragen werden. Es sollen demnach Faktoren ermittelt werden, die eine Wirkung auf unterschiedliche Bildungsniveaus zeigen.

Soziale Ungleichheit

Die familiären Lebensverhältnisse von Kindern und Jugendlichen stehen meist in Zusammenhang mit den Bildungschancen über welche sie verfügen bzw. beeinflussen welchen Bildungsweg sie einschlagen. Hradil spricht hier von sozialer Ungleichheit welche vorliegt „wenn Menschen aufgrund ihrer Stellung in sozialen Beziehungsgefügen von den wertvollen Gütern einer Gemeinschaft regelmäßig mehr erhalten als andere“ (Schäfer, Lojewski 2007, S.24 zit. nach Baumert, Schümer 2001, S.351). Zu den hier angesprochenen „wertvollen Güter“ zählen einerseits materielle Dinge, aber auch Macht, Prestige und Bildung. Einflussfaktoren, die die Entstehung dieser sozialen Ungleichheit begünstigen, sind unveränderliche Merkmale wie Geschlecht, Alter, die ethnische Zugehörigkeit aber auch erworbene Merkmale wie Beruf und Bildungsstand (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.25). Die Bildung nimmt hier eine wechselseitige Stellung ein, einerseits hat das Bildungsniveau einer Person Einfluss auf die soziale Stellung bzw. auf die Tatsache in welchen Ausmaß sie von sozialer Ungleichheit betroffen ist, und andererseits führt soziale Ungleichheit dazu, dass die benachteiligten Gruppen weniger Chancen auf Bildung haben. (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.28). Will man die Reproduktion von sozialer Ungleichheit aufhalten, gilt es den Teufelskreis zu durchbrechen, der hier sichtbar wird.

Ungleichheiten im Bildungssystem

Eine Verschärfung erfährt diese Problematik sozialer Ungleichheit durch das Bildungswesen, welches die herkunftsbedingten unterschiedlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten der SchülerInnen ignoriert und so das Gefälle weiterträgt (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.30). Besonders betroffen von diesem Problem sind Migrantenkinder. So führen ihre mangelnden Sprachkenntnisse nicht nur zu schlechten Deutschnoten sondern auch zu einer überproportional hohen Zahl von Migrantenkindern in der Sonderschule. Darüber hinaus führen die „primären Ungleichheiten“, die von der Herkunft der Kinder herrühren, zu „sekundären Ungleichheiten“. Unter diesen Begriff werden Benachteiligungen verstanden, welche bei gleicher Kompetenz auftreten können und sich direkt auf den weiteren Bildungsverlauf des Kindes oder Jugendlichen auswirken. Das können zum Beispiel Wünsche der Eltern sein, oder das Beratungsverhalten einer Lehrkraft usw. Schäfer und Lojewski führen hier an, dass z.B. Kinder aus höheren Schichten, bei gleichen Schulleistungen, häufiger eine Empfehlung für das Gymnasium erhalten, als Kinder aus benachteiligten Verhältnissen (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.37). Unter diesem Blickpunkt ist es eher die Regel dass das Bildungssystem die sozialen Ungleichheiten und die damit verbundenen unterschiedlichen Lebens- und Bildungschancen weiterträgt, wenn nicht sogar verstärkt, als dagegen anzukämpfen. Die PISA Studie zeigte jedoch anhand von Ländern wie Finnland, Japan und Schweden, dass ein insgesamt hohes Kompetenzniveau bei nur geringen schichtabhängigen Unterschieden möglich ist. Die viel ausgeglicheneren Bildungschancen in diesen Ländern dürften auf einer, in Hinblick auf die Basisqualifikationen, besser gelingenderen Förderung von Schülern aus benachteiligten Schichten beruhen (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.40).

Andere Faktoren

Nicht nur das Bildungssystem hat Einfluss auch die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen, auch andere Faktoren spielen eine Rolle. So hat auch die „pädagogische Kultur“ Einfluss auf die Entstehung von Bildungsungleichheiten. Unter „pädagogischer Kultur“ versteht Vester die Ideale und Werthaltungen die der schulischen Praxis zugrunde liegen (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.43). So ist die „pädagogische Kultur“ meist so angelegt, dass sie den Bildungsidealen der bildungsbürgerlichen Hochkultur entgegenkommt, nicht aber mit den Bildungs- und Kompetenzverständnis von bildungsferneren Schichten vereinbar ist.

Nicht-formale und informelle Bildung als Chance

Die großen Probleme gegen die Bildungsbenachteiligungen von Kindern aufzukommen, die sich im formalen Bildungssystem zeigen, legen die Idee nahe, zu versuchen dem Problem auf einer anderen Ebene zu begegnen. So können in nicht-formellen und informellen Lerngelegenheiten Chancen gesehen werden, einen Beitrag dazu zu leisten, Bildungsdifferenzen auszumerzen. Der schon angesprochene Umstand, dass nur mehr etwa 30% des Lernens dem formalen Bereich zuzuordnen sind, und der Rest der Lern- und Bildungsprozesse außerhalb der Schule von statten geht, kommt dieser Sichtweise entgegen. Neben dem Umstand, dass die formelle Bildung nur schwer in der Lage ist die bestehenden Ungleichheiten zu kompensieren, ist auch von Relevanz, dass die sozialen Ungleichheiten selbst im informellen Kontext wurzeln. Das bringt die Vermutung nahe, dass die Problematik der sozialen Ungleichheiten im schulischen Bereich vielleicht gar nicht zu bewältigen ist bzw. in einem informellen Kontext leichter in den Griff zu bekommen wäre (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.50f).

Ungleichheit im Internet

In diesem Kapitel möchte ich eine Verbindung zwischen dem Medium Internet und der soeben beschriebenen Problematik sozialer Ungleichheiten knüpfen. Es soll gezeigt werden, dass die zuvor beschriebenen besonderen Charakteristika des Internets, welche einer hierarchiefreien Mediennutzung sehr entgegenkommen, nicht ausreichen um Ungleichheiten bzw. ungleiche Chancen in Bezug au die Internetnutzung auszuschließen. Zwar unterscheidet das Internet nicht zwischen sozialen Gegebenheiten wie Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit usw., doch können diese Faktoren auch nicht gänzlich unwirksam gemacht werden. Bevor ich im nächsten Kapitel genauer auf diese Problematik eingehen werde, indem ich Unterschiede in der Internetnutzung von Jugendlichen aufzeige, welche auf soziale Ungleichheiten zurückzuführen sind, möchte ich kurz allgemein auf den Stand der Forschung eingehen, welche sich mit der Chancenungleichheit beschäftigt die an die Internetnutzung gebunden ist.

Vom Digital Divide zur Digital Inequality

Grundsätzlich wird zwischen den Begriffen „Digital Divide“ und „Digital Inequality“ unterschieden (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S. 102). Während sich die Forschung im Kontext der digitalen Kluft („Digital Divide“) lange Zeit damit beschäftigte, wer das Internet nutzt und wer nicht, geht es nun vor allem darum den sozial bedingten unterschiedlichen Zugang zum Internet zu erforschen, welcher vom Begriff „Digital Inequality“ abgedeckt wird (Vgl. Otto, Kutscher, 2004 S.7). Bevor ich nun näher auf die „Digital Inequality“ eingehen werde um zu beschreiben, wie die zuvor beschriebenen sozialen Differenzen im virtuellen weitergetragen werden, möchte ich kurz einen Überblick über den Begriff des „Digital Divide“ geben.

Digital Divide

Der „Digital Divide“ steht bezeichnend für die ungleich verteilten und stark von sozialen Faktoren abhängigen Chancen auf den Zugang zum Internet und anderen digitalen Informations- und Kommunikationstechniken. Diese Vorstellung der „digitalen Kluft“ impliziert die Befürchtung, dass der Zugang zu Internet und Co. ebenfalls bessere soziale und wirtschaftliche Entwicklungschancen für den Nutzer mit sich bringt (http://de.wikipedia.org/wiki/Digitale_Kluft [26.05.2008]). Di Maggio differenziert die Unterscheidung zwischen jenen die über keinen Internetzugang verfügen und jenen die über einen verfügen, indem er darüber hinaus drei verschiedene Ebenen des Zugangs unterscheidet:

1. die Möglichkeit, das Internet an irgendeinen Ort zu nutzen,

2. die Verfügbarkeit eines Internetzugangs zu Hause,

3. die Verfügbarkeit eines Internetzugangs zu Hause mit schneller Verbindungsgeschwindigkeit (Breitband)

(Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.102 zit. nach DiMaggio 2004, S.11f)

Diese Differenzierung scheint sinnvoll, da davon auszugehen ist, dass man von dem Internet anders Gebrauch machen kann, wenn man zu Hause darüber verfügt. Schäfer und Lojewski gehen davon aus, dass der Nutzer in diesem Fall in der Lage ist das Medium spontaner und autonomer zu nutzen (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, 102). Da es in dieser Arbeit darum gehen soll zu zeigen welche Wirkung die Nutzung des Internets auf die oft ungleichen Bildungschancen von Jugendlichen haben kann, und für diesen Ansatz eine Nutzung des Internets quasi vorausgesetzt ist, werde ich hier nicht genauer auf den „Digital Divide“ eingehen, und mein Hauptaugenmerk auf die Ungleichheiten in der Internetnutzung legen.

Digital Inequality

Die „Digital Inequality“ ist als Weiterentwicklung des Begriffs „Digital Divide“ zu verstehen. „Digital Inequality“ kann mit „Digitale Ungleichheit“ übersetzt werden. Sie unterscheidet nicht zwischen Nutzern und Nicht-Nutzern des Internets, sondern beschäftigt sich mit den Unterschieden die sich im Nutzungsverhalten der einzelnen User zeigen. Die Verbreitung von Computern und Internetanschlüssen schreitet immer mehr voran, so dass das Hauptaugenmerk nun nicht mehr auf deren Verfügbarkeit gelegt werden kann. Kutscher und Otto (Vgl. Otto, Kutscher, 2004, S.7), und Iske, Klein und Kutscher (Vgl. Iske, Klein, Kutscher 2004, S.1) machen gleichermaßen darauf aufmerksam, dass nun die Unterschiede in der Nutzung des Internets genauer in den Blick genommen werden müssen. Während bisher die technische Ausstattung als „Garant für die Teilhabe in der Informations- und Wissensgesellschaft“ (Otto, Kutscher, 2004, S.7) galt, belegen immer mehr Studien, dass die Verfügbarkeit der technischen Geräte nicht zwingender Weise mit einer gewinnbringenden Internetnutzung einhergeht. es zeigt sich, dass in der Gruppe derjenigen die das Internet nutzen große unterschiede hinsichtlich der Nutzung bestehen. Ich möchte hier wieder DiMaggio zitieren, da mit ihm sehr gut ersichtlich wird, wie viele Aspekte die Art der Internetnutzung beeinflussen. Er unterscheidet fünf Dimensionen von „Digital Inequality“ welche ich im Folgenden wiedergeben und auch mit einer kurzen Erklärung versehen werde:

1. die technischen Gegebenheiten,

2. das unterschiedliche Ausmaß von Autonomie bei der Nutzung,

3. unterschiedliche Fähigkeiten,

4. soziale Unterstützung und

5. Anlass und Ziel der Nutzung (Schäfer, Lojewski 2007, S.107 zit. nach DiMaggio 2004, S.30ff)

Die erste Dimension besagt dass die technischen Gegebenheiten, wie z.B. die Verbindungsqualität oder –geschwindigkeit einen Einfluss auf die Art der Nutzung haben, da sie die Nutzung je nachdem behindern oder fördern können. Unter dem zweiten Punkt führt DiMaggio die Autonomie der Nutzung an. Diese Autonomie im Umgang mit dem Internet ist vor allem vom Ort der Nutzung abhängig, da dieser wiederum darauf einwirkt wie spontan und flexibel das Internet verwendet werden kann. Der Ort des Zugangs hängt aber wiederum damit zusammen ob man sich z.B. einen Internetzugang zu Hause leisten kann. Der nächste Aspekt betrifft die Fähigkeiten welche dafür nötig sind, um das Potential des Internets ausschöpfen zu können sowie die Frustration auf der Seite des Nutzers zu verhindern. Hargittai stellte durch eine Untersuchung an Probanden fest, dass Alter, formale Bildung und Vorerfahrung einen Einfluss auf diese Onlinefähigkeiten von Internetnutzern haben. Auch die soziale Unterstützung spielt eine Rolle bei der Internetnutzung, da fehlende Kompetenzen teilweise durch Hilfestellungen von Bekannten, Freunden oder auch Personen im Familienkreis wettgemacht werden können. Auch können die Internetnutzer bezüglich ihrer Absichten und Ziele unterschieden werden, welche ihrer Internetnutzung zugrunde liegen, welche sich wiederum auf ihre Art das Internet zu nutzen auswirken können (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.107-110). Es gibt auch noch andere Aspekte digitaler Ungleichheit, so wurde z.B. im Kapitel 4 „Das Internet“ schon darauf aufmerksam gemacht, dass das Internet durch seine Textbasiertheit große Kompetenzen bezüglich der Schriftsprache bei seinen Nutzern voraussetzt oder auch dass kommunikative Fähigkeiten nötig sind um in der Lage zu sein das Internet als Kommunikationsmedium zu nutzen. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen noch genauer auf diese Problematik einzugehen, wichtig ist mir jedoch aufzuzeigen, dass diese Dimensionen der „Digital Inequality“ auch immer an Gegebenheiten geknüpft sind, die außerhalb des Internets liegen. So kann zusammenfassend festgehalten werden, dass „Kriterien wie formaler Bildungsgrad, Lese- und Schreibkompetenz, Vorwissen und Reflexionsfähigkeit, soziale Unterstützung“ (Vgl. Schäfer, Lojewski 2007, S.111f.) usw. darüber entscheiden ob und wie das Internet genutzt werden kann.

Unterschiede in der Internetnutzung von Jugendlichen

Im letzten Kapitel wurde vorgestellt welche Schwerpunkte sich für die Forschung in Hinblick auf die Nutzung bzw. Nichtnutzung des Internets sowie das Nutzungsverhalten der User ergeben. In diesem Kapitel soll nun die Verknüpfung der Problematik der Bildungsunterschiede und der Internetnutzung Jugendlicher erfolgen.

Ergebnisse der KIB-Studie

Um zu zeigen in welcher Art und Weise sich Unterschiede in der Internetnutzung Jugendlicher auftun, möchte ich kurz auf die KIB-Studie (Kompetenzzentrum informelle Bildung an der Universität Bielefeld) eingehen, welche die Nutzungsdifferenzen von Jugendlichen unter der Perspektive ihres formalen Bildungsniveaus untersucht hat. Ich beziehe mich hier auf einen Artikel von Iske, Klein und Kutscher, welche die Forschungsergebnisse dieser Studie zusammengefasst haben. Als zentrale Forschungsfrage sollte ermittelt werden, wie sich Jugendliche Bildung aneignen, indem sie mit dem Medium bzw. anderen Personen im Kontext des Internets interagieren und darüber hinaus, welche Implikationen Nutzungsungleichheiten für Beteiligungsunterschiede im virtuellen Raum haben. Im Rahmen dieser Studie kamen unterschiedliche Methoden zum Einsatz: Leitfaden- und Surfinterviews, Fragebogenerhebung und Onlineforen-Analysen (Vgl. Iske, Klein, Kutscher 2004, S.2f). Die Ergebnisse dieser Erhebungen sprechen für den Bildungshintergrund als zentrales Kriterium um Differenzen in der Nutzung des Internets zu erklären. Diese Annahme wird durch Untersuchungsergebnisse zum Versenden von E-Mail und zur Anmeldung an Seiten im Internet verdeutlicht: InternetnutzerInnen mit einem formal höheren Bildungsgrad nehmen eher an Abstimmungen teil, stellen eher Kontakt über Gästebücher her, veröffentlichen eher eigene Beiträge usw. als InternetnutzerInnen aus niedrigeren Bildungsschichten. Zweitere verwenden das Internet vor allem um sich die Zeit zu vertreiben, während Jugendliche mit formal höherem Bildungshintergrund es z.B. auch dazu verwenden, Informationen zu finden (Vgl. Iske, Klein, Kutscher 2004, S.4-8). In Bezug auf die Untersuchung des Feedbackforums des größten deutschen forenbasierten, professionellen Beratungsangebots im Internet, führen Iske, Klein und Kutscher drei wesentliche Einflusskriterien für die Beteiligung und potentielle Einflussnahme der NutzerInnen an. In welcher medialen Form (Forum, Chat, E-Mail,…) die NutzerInnen Unterstützung erhalten, zu welchen Themen sie Unterstützung erhalten und welche UnterstützungspartnerInnen den UserInnen zur Verfügung stehen. Weiters weisen die Autoren darauf hin, dass das Angebot solcher Internetseiten meist im Interesse bestimmter und dominanter NutzerInnen verändert wird, was zu einer Verstärkung der Prozesse sozialer Schließung führen kann (Vgl. Iske, Klein, Kutscher 2004, S.10ff). Iske, Klein und Kutscher deuten die Ergebnisse der KIB-Studie als eine Herausforderung für die Pädagogik, deren Aufgabe es ist, durch die Berücksichtigung der Differenzen, Angebote zu schaffen und zu erweitern, welche die Ungleichheiten der NutzerInnen überwinden können und einen Raum zur Aneignung und Bildung zur Verfügung stellen (Vgl. Iske, Klein, Kutscher, 2004, S.14).

Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen die Vermutung, dass die Beteiligung an den unterschiedlichen Angeboten des Internets und auch die Art und Weise dieser Nutzung stark von sozialen Einflussfaktoren und dem formalen Bildungsniveau geprägt sind. Im nächsten Kapitel möchte ich nun Möglichkeiten aufzeigen, wie die Pädagogik dazu beitragen kann diese starken Ungleichheiten der NutzerInnen zu überwinden.

Integrative, ungleichheitssensible Angebote

Um die zuvor beschriebenen unterschiedlichen Chancen der Jugendlichen ausgleichen zu können, braucht es Angebote, welche die Teilnahme sowie Bildungsprozesse im Internet möglich machen. Das Bewusstsein über die unterschiedlichen Nutzungs- und Beteiligungsweisen muss für eine reflexive Auseinandersetzung mit den vorhandenen Angebots- und Kommunikationsstrukturen genutzt werden (Vgl. Schäfer, Lojewski, 2007, S.135). Wichtig ist auch, dass hier nicht nur Online-Angebote gemeint sind, da, wie gezeigt wurde, viele Ungleichheiten vor allem im Offline-Bereich liegen bzw. sozial verankert sind, und so auch in diesem Rahmen aufgegriffen werden müssen. In diesem Kapitel werde ich auf beide Dimensionen von Angeboten für benachteiligte Jugendliche eingehen und kurz beschreiben, an welche Kriterien sie geknüpft sind.

Angebote im Internet

Online-Angebote, welche zur Überwindung von digitaler Ungleichheit beitragen sollen, müssen bestimmte Ansprüche erfüllen. Schäfer und Lojewski nennen in diesem Zusammenhang Usability, Inszenierung von Heterogenität, Niedrigschwelligkeit sowie die Ermöglichung von Partizipation als notwendige Kriterien. Usability bezeichnet das Ausmaß eines Produktes, in unserem Zusammenhang einer Internetseite, „in dem es von einem bestimmten Benutzer verwendet werden kann, um bestimmte Ziele in einem bestimmten Kontext effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen“ (Schäfer, Lojewski, 2007, S.136, zit. nach Schweibenz, Thiessen 2002, S.34). Kriterien zur Messung der Usability sind demnach der inhaltliche nutzen, die Schnelligkeit, die Übersichtlichkeit, die Veränderlichkeit und auch das ästhetische Erscheinungsbild des Angebots (Vgl. Schäfer, Lojewski, 2007, S. 137). Um eine größtmögliche Usability zu gewährleisten bieten sich bei der Erprobung neuer Online-Angebote „Surfinterviews“ mit Jugendlichen der Zielgruppe an, wie sie auch bei der KIB-Studie angewandt wurden. Mit Inszenierung von Heterogenität ist hier gemeint, dass bei der Erstellung eines Online-Angebots darauf geachtet werden muss, dass es zum einen überhaupt bildungsbenachteiligte Jugendliche anspricht, zum anderen aber auch andere Gruppen nicht fernhält. Es ist jedoch schwer unterschiedliche Zielgruppen gleichermaßen anzusprechen, da ja auch ihre Usability nicht übereinstimmt. Ein Internetangebot, dass sich z.B. nur Jugendliche mit Migrationshintergrund ansprechen würde, könnte jedoch kaum etwas zur Verminderung der Ungleichheit beitragen, ganz im Gegenteil, die Prozesse der sozialen Schließung würden im Internet wiederholt (Vgl. Schäfer, Lojewski, 2007, S. 138). Weiters ist es von Bedeutung, das die Angebote für benachteiligte Jugendliche im Internet einen niedrigschwelligen Einstieg ermöglicht. Niedrigschwelligkeit, also eine Nutzung des Angebots ohne etwaige Hemmschwellen, ist an mehrere Faktoren geknüpft: Die Anonymität des Users, die Transparenz der Beratungsinhalte- und Verläufe, die Erreichbarkeit zu jedem Zeitpunkt und von jedem internetfähigen Computer aus, die Vielfalt der angebotenen Themen, die Möglichkeit des sich Herantasten-Können an schwierige Themen, eine gestärkte Subjektstellung des Jugendlichen Nutzers, welche durch die Selbstbestimmung des Beratungsverlaufes gegeben ist, sowie die Möglichkeit der Interaktion und Partizipation, d.h. dass jeder Ratsuchender und Berater gleichzeitig sein kann (Vgl. Schäfer, Lojewski, 2007, S. 142-145). Die Ermöglichung der Partizipation von solchen Online-Angeboten nimmt einen besonders wichtigen Stellenwert ein. Das heißt die Teilnahme sowie die Artikulation der eigenen Interessen durch die Jugendlichen ist unumgänglich, will man ihnen helfen ihre Differenzen in Bezug auf Bildungschancen abzubauen. Leider zeigt sich gerade dieser Zusammenhang als sehr problematisch, denn Studien zeigen, dass vor allem Jugendliche aus benachteiligten Schichten bzw. mit formal niedrigem Bildungshintergrund es eher meiden, im Internet selbst Stellung zu nehmen. Dieses Phänomen wird unter dem Begriff „Voice Divide“ erfasst (Vgl. Schäfer, Lojewski, 2007, S. 145ff). Im Rahmen dieser Arbeit scheint es mir nicht notwendig, detailierter auf diese Zusammenhänge einzugehen. Ich hoffe jedoch, dass dieser grobe Überblick ausreicht, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie integrative, ungleichheitssensible Angeboten im Internet beschaffen sein müssen, um die Zielgruppe tatsächlich unterstützen zu können und welche Probleme sich auf dem Weg dorthin in den Weg stellen. Anschließend möchte ich nun auch noch darauf eingehen, wie dem Problem der digitalen Ungleichheit offline begegnet werden kann.

Angebote außerhalb des Internets

In Kapitel 5 „Ungleichheit von Bildungschancen“ wurde schon darauf hingewiesen, wie schwierig die sozialen Unterschiede im formalen Bildungssystem zu bekämpfen sind. bzw. dass es eher der Fall ist, dass die Schule diese Differenzen weiterträgt oder sogar verstärkt. Mit Angeboten im Offline-Bereich sind jedoch nicht nur schulische Maßnahmen inbegriffen, hierher gehören auch die Angebote der außerschulischen Jugendarbeit.

Die außerschulische Jugendarbeit

Ihr Vorteil gegenüber der Schule ist, dass sie auf Offenheit und Freiwilligkeit basiert und an den Interessen und der Lebenswelt der Jugendlichen orientiert ist. So bietet die außerschulische Jugendarbeit viel eher als die Schule die Möglichkeit einer flexiblen, handlungsorientierten und kreativ-gestaltenden Internetnutzung (Vgl. Schäfer, Lojewski, 2007, S. 153f). Im Rahmen der internetbezogenen Jugendarbeit werden unterschiedliche Methoden angewandt, demnach unterscheidet Düx hier fünf verschiedene Konzepte der Jugendarbeit, wobei diese in der Praxis nicht immer voneinander zu trennen sind. Die aktiv-gestaltende Internetarbeit möchte durch projektorientierte Einzel- und Gruppenarbeiten die Handlungskompetenzen der Nutzer aktivieren und zu einer aktiven Beteiligung bewegen. Der sozialräumlichen Internetarbeit geht es darum Räume zu schaffen, in welchen Jugendliche die Möglichkeit haben selbstbestimmt das Internet zu erproben. Das kann z.B. durch einen Internetzugang in Jugendzentren erreicht werden. Hier kann die Internetnutzung darüber hinaus auch in soziale Interaktionsprozesse miteinbezogen werden. Eine weitere Dimension der internetbezogenen Jugendarbeit hat ihre Zielsetzung vor allem in der kritischen Auseinandersetzung mit dem Internet und seiner kulturellen, politischen sowie gesellschaftlichen Rolle. Natürlich gibt es auch jene Internetarbeit, die das Medium lediglich als didaktisches Mittel zur Erreichung von Zielen benutzt, die außerhalb des Internets liegen. Diese Art des Interneteinbezugs findet sich häufig im schulischen Kontext. Hier wird das Medium nur zur Unterstützung und Präsentation von Lerninhalten eingesetzt. Die letzte Form die Düx unterscheidet ist die Online-Jugendarbeit, welche das Internet als Raum für pädagogische Kommunikationsprozesse, wie z.B. der Jugendberatung nutzt (Vgl. Schäfer, Lojewski, 2007, S. 154-158). In dieser Dimension finden wir uns jedoch wieder im Online-Bereich. Besonders geeignet für integrative, ungleichheitssensible Angebote scheinen hier vor allem die Strategien der Öffnung von Räumen um so den Jugendlichen eine selbstbestimmte Netzaneignung zu ermöglichen, während eine Internetarbeit, wie sie in der Schule eingesetzt wird, hier nicht von Bedeutung ist.

Anforderungen an die internetbezogenen Jugendarbeit

Hier scheint es mir noch wichtig zu klären, welche Bedingungen die Konzepte der außerschulischen Jugendarbeit nun erfüllen müssen, um einer integrativen und ungleichheitssensiblen Internetarbeit gerecht zu werden. Schäfer und Lojewski fassen sehr ausführlich zusammen, um welche Anforderungen es sich hierbei handelt:

• Unterstützung von bridging-Prozessen durch Erweiterung von Kommunikationsräumen und –anlässen im Internet, Förderung partizipativer Nutzungsweisen, Unterstützung bei der Artikulation eigener Interessen und Bedürfnisse sowie bei der Suche nach social support,

• Erweiterung des Nutzungsrepertoires durch Aufzeigen von alternativen Nutzungsmöglichkeiten und Einführung zusätzlicher Reflexionsebenen hinsichtlich eigener Nutzungsweisen; Stärkung der computerbezogenen Selbstwirksamkeit,

• Schaffung von Chancengleichheit im Hinblick auf Zugang und Nutzung des Internets durch Bereitstellung geeigneter Rahmenbedingungen für eine selbstbestimmte Nutzung (Emailadresse einrichten, selbständige Internetnutzung ermöglichen, Bereitstellung sozialer Unterstützungsstrukturen z.B. Ansprechpartner bei Problemen),

• Integrierte Vermittlung von Kompetenzen: Medienkompetenz bzw. computer und internet literacy in Verbindung mit Kulturtechniken wie Lesekompetenz sowie Schlüsselkompetenzen auf meta-kognitiver (Wissensmanagement), motivationaler (Selbststeuerungsfähigkeiten) und sozial-kommunikativer Ebene (Schäfer, Lojewski, 2007, S. 158)

In dieser Auflistung wird sichtbar wie komplex die Anforderungen sind, die an außerschulische Jugendarbeit mit Internetbezug gestellt werden.

Vernetzung

Die zuvor beschriebenen Online-Angebote für benachteiligte Jugendliche haben den großen Nachteil, dass sie die Nutzung des Internets durch die Jugendlichen der Zielgruppe schon voraussetzen, da sie nur über die Möglichkeit verfügen User direkt im Netz anzusprechen. Bei den Angeboten der außerschulischen Jugendarbeit, zeigt sich das Problem des Ansprechens der Zielgruppe nicht mehr so groß, trotzdem können auch hier nicht alle Bedürftigen erreicht werden. Es ist kein Geheimnis dass Angebote der Jugendhilfe häufiger von Jugendlichen genutzt werden, die über ein höheres formales Bildungsniveau verfügen (Vgl. Schäfer, Lojewski, 2007, S. 164). Ein Ausweg aus dieser Problematik könnte durch die Vernetzung mit dem formalen Bildungssystem der Schule gefunden werden, da hier die Jugendlichen dauerhaft erreicht werden können (Vgl. Schäfer, Lojewski, 2007, S. 166). Darüberhinaus könnte auch die Schule von einer begleitenden Jugendarbeit nur profitieren.

Fazit

Ziel dieser Arbeit war es, zu klären, ob der verstärkte Einsatz des Internets in der Pädagogik sich positiv auf die ungleichen Bildungschancen von Jugendlichen auswirken kann. Bis hierher konnte aufgezeigt werden, dass eine vermehrte Internetnutzung, trotz der demokratisierenden Wirkung des Mediums, sich nicht gleichfalls auch positiv auf die Bildungschancen der Nutzer auswirken muss. Zwar bietet das Internet eine Vielzahl an Lernmöglichkeiten, um dieses Potential des Mediums ausschöpfen zu können muss der User jedoch über bestimmte Fähigkeiten bzw. bestimmtes Vorwissen verfügen. Zu diesen Kompetenzen zählen kommunikative Fähigkeiten, technisches Verständnis aber auch die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben usw. Ob diese Kompetenzen beim Nutzer vorhanden sind bzw. wie stark sie ausgeprägt sind, ist wiederum auf seinen sozialen Hintergrund zurückzuführen. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass das Internet nicht als Mittel eingesetzt werden kann um Bildungschancen von Jugendlichen anzugleichen bzw. um die Chancen benachteiligter Jugendlicher zu stärken. Im letzten Kapitel konnte gezeigt werden durch welche Art von Online- sowie Offline-Angeboten diese Aufgabe erfüllt werden kann. Für die Beantwortung der eingangs gestellten Forschungsfrage bedeutet das Folgendes: Der vermehrte Einsatz des Internets in der Pädagogik kann einen Beitrag zur Verbesserung der Bildungschancen von benachteiligten Jugendlichen leisten, muss es aber nicht. Wenn die Internetnutzung der Jugendlichen begleitet wird bzw. sie die Möglichkeit haben Hilfeleistungen bezüglich Internet spezifischer Fragen in Anspruch zu nehmen, steht die Chance relativ gut, dass sie es schaffen das Potential des Internets auszuschöpfen und auch selbst davon zu profitieren. Diese Unterstützung beim Umgang mit dem Medium ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Gerade für sozial benachteiligte Jugendliche, bei denen sich im Familien- und Freundeskreis kaum Personen finden, die über Kompetenzen im Umgang mit Medien verfügen, stellen Angebote von Institutionen wie der Jugendhilfe die einzige Möglichkeit auf Unterstützung dar. Sind solche Angebote richtig angelegt, bzw. bestmöglich auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmt, dann können sie auch einen Beitrag zur Verbesserung der Bildungschancen dieser Jugendlichen leisten. Natürlich weisen auch solche Angebote keine absolute Verlässlichkeit auf. Schon bei der Frage wer von diesen Angeboten ausgeschlossen oder nicht erreicht wird, befinden wir uns erneut im Kreislauf des sozialen Ausschlusses. Obwohl es unmöglich ist alle Jugendlichen gleichermaßen zu erreichen und ihr Potential bezüglich ihrer Lebens- und Bildungschancen bestmöglich zu stärken und somit letztendlich die Bildungsunterschiede welche auf sozialen Differenzen beruhen wettzumachen, darf die Hoffnung auf Besserung nicht aufgegeben werden. Es konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass das Internet viele Möglichkeiten des Lernens bereithält. Die Aufgabe der Pädagogik ist es nun dieses Potential für die Benachteiligten nutzbar zu machen. Dafür wird es nötig sein die Forschung weiterhin verstärkt auf die Differenzen in der Internetnutzung zu legen. Nur so wird es möglich sein wirksame Bildungsangebote zu entwickeln, welche auf den Erfahrungs- und Kulturräumen der Zielgruppe aufbauen. Außerdem ist hier anzumerken dass die Erfolge einer integrativen und ungleichheitssensiblen Pädagogik umso größer sein werden, je mehr man bereit ist unterschiedliche Konzepte bzw. Dimensionen miteinander zu verknüpfen. So können formellen, non-formelle und informelle Lernformen sowie Schule und Jugendarbeit zusammenarbeiten, um der digitalen Ungleichheit auf allen Ebenen entgegenzuwirken.