Schnittpunkte (T): Unterschied zwischen den Versionen

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'''Meine Zwischenbilanz der bisher in den Diskussionen um die Vorlesung aufgetauchten Fragestellungen. Ergänzungsbedürftig.''' --[[Benutzer:Anna|anna]] 09:17, 25. Nov 2005 (CET)  
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'''Zwischenbilanz Ende Wintersemester 2005/06''' --[[Benutzer:Anna|anna]] 12:04, 7. Feb 2006 (CET)
  
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(Die Version vom November 2005 findet sich [http://timaios.philo.at/wiki/index.php?title=Schnittpunkte_%28T%29&oldid=5983 hier].
  
 
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* Toleranz
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== Toleranz im Dreieck von Wahrheit - Herrschaft - Anerkennung ==
** eine Charaktereigenschaft
 
** eine politische Strategie, Theorie
 
** eine ethische Forderung
 
  
* in das begriffliche Umfeld von Toleranz gehört
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=== Wahrheit ===
** der Antagonismus zwischen Positionen
 
** die Insistenz auf Behauptungen/Verhaltensweisen (Intoleranz unerlässlich)
 
** die partielle Relativierung/Suspension dieser Behauptungen
 
  
* sprachanalytisch lassen sich hervorheben
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* Standpunkte sind Momentaufnahmen in Argumentationszusammenhängen. Sie werden durch Gründe gestützt.
** eine Praxis mit wahren Aussagen
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* Behauptungen können einer bipolaren Logik unterliegen, oder in komplizierterer Weise aufeinander bezogen sein
** damit verbunden die Negation in mehreren Funktionen (Dialektik)
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** Das Negationszeichen wird sehr unterschiedlich verwendet
*** bezahlt/nicht bezahlt, bezahlbar/nicht bezahlbar, "unbezahlbar"
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* Behauptungsketten manifestieren die Praxis des Begründens für eine soziale Gruppe
** Objektsprache und Metasprache
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** Sie lassen inhaltliche Variationen zu, aber sie operieren mit einem gemeinsamen Begriff von "Grund".
*** die Distanzierung als Verlust von Inhalt und als ein eigenständiges Inhaltsmoment 
+
* "Fremde Gründe" sind an einer sozialen Gruppe beobachtete Sprachstrategien, denen der Status von Argumentationen zugestanden wird, ohne (von Seiten der Betrachterinnen) überzeugend einlösbar zu sein.
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** Es sind stellenweise Gründe ''honoris causa''. Sie sind - wiederum seitens der Betrachtung - ''nicht verdient''.
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* Wittgensteins Hasenente: wer den Hasen, nicht aber die Ente sieht, kann die Darlegung der Gegenposition nur als fremde Gründe auffassen.
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** Die Situation spiegelt sich sprachlich : ''keine' Ente/unter einem ''anderen Gesichtspunkt'' eine Ente.
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** Hier beginnt eine Folge von Sprachebenen, die eigens zu diskutieren ist.
  
* Parteilichkeit und Neutralität
+
=== Macht ===
** Ist Toleranz eine neutrale Forderung? (Der Richter in der Ringparabel hat auch einen Ring.)
 
** Der Januskopf der reflexiven Distanz: abgehoben und selber situiert
 
** zwischen Befreiung und Verfahrenstrick
 
*** die Einführung einer neutralen Instanz (Schiedsrichter, Friedenstruppe) ist auch ein politischer Schachzug
 
** Wie bewegt man sich zwischen Neutralität (Verfahrensregeln) und inhaltlichen Festlegungen
 
  
* Toleranz und Normativität
+
* Die Praktiken der Machtausübung sind vielfältig und detailliert. Hervorzuheben ist im gegebenen Zusammenhang die Staatsmacht.
** Muss man (kann man) die Forderung nach Toleranz aus ethischen Prinzipien ableiten?
+
* Ein Verfassungsstaat enthält Vorkehrungen zur rechtlichen Gleichstellung aller in ihm auftretenden Personengruppen
** Wie unterscheiden sich Toleranz und wechselseitige Anerkennung?
+
* Die Verfassung ist ein Rahmen, innerhalb dessen Gesetze entwickelt und eingehalten/eingeklagt werden.
 +
** Der Rahmen ist den Gesetzen gegenüber neutral, seinerseits aber sozio-historisch geprägt.
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** Verfassungskonforme Gesetze können/dürfen (im liberalen Rechtsstaat) nicht diskriminieren.
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** Die ''Anwendung'' von Gesetzen hat einen Toleranzspielraum. Das ist ein Sinn von "Toleranz", der mit politischer Toleranz nur am Rand zu tun hat.
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* Toleranz im Dreieck von Wahrheit - Herrschaft - Anerkennung
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==== Wahrheit und Macht ====
** ein Mischbegriff (vgl. "Mischfarbe")
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** ohne Wahrheit handelt es sich um politischen Pragmatismus und Sittlichkeit
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* Die Divergenz von Argumentationsketten (als Indikator divergenter Lebensweisen) gerät in das Spannungsfeld der politischen Machtausübung.
** ohne Macht fehlt der Konfliktraum
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* Die Regeln der Wahrheitsfindung sind den Diskursen vorgegeben. Wenn sie übertrumpft werden, wird Wahrheit eine Machtstrategie.
** ohne Anerkennung bleibt Toleranz ein juridisches Konstrukt, das auf Gerechtigkeit hin konvergiert
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* Davon unterscheiden sich die Regeln der ''politischen Durchsetzung'' von Wahrheiten.
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** "Fremde Gründe" können in der Öffentlichkeit zugelassen, oder unterdrückt werden
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** Das Beispiel der Hasenente kann man sich auch in einer Gesellschaft vorstellen, in welcher Enten heilige Tiere sind.
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=== Anerkennung ===
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* Im Umgang mit wahr-falschen Sätzen ist eine Art von Anerkennung nötig. Letztlich verweist sie auf eine soziale Qualität zwischen Personen
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* Die Navigation durch mehrfach geschichtete Argumentationsketten verlangt Flexibilität im Festhalten und Freigeben von Standpunkten.
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** Daher denkt man bei Toleranz oft an das tolerante Verhalten reifer Persönlichkeiten.
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** Eine Balance ist unverzichtbar: weder kann jemand ''nur'' den eigenen Standpunkt, noch ''alles'' verstehen.
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** Die Sprache ist so beschaffen, dass sie Grenzen zwischen Argumentationsketten (und auch argumentativen Leerläufen) zu fixieren und zu verwischen gestattet.
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==== Wahrheit und Anerkennung ====
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==== Macht und Anerkennung ====
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=== Beispiele ===
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* Der Hund im Gemeindebau
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* Straßenbau in Australien und Island
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* [[Kopftuchdebatte (T)]]
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* Karikaturen von Religionsgründern
  
 
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Aktuelle Version vom 11. April 2006, 09:40 Uhr

Zwischenbilanz Ende Wintersemester 2005/06 --anna 12:04, 7. Feb 2006 (CET)

(Die Version vom November 2005 findet sich hier.


Toleranz im Dreieck von Wahrheit - Herrschaft - Anerkennung

Wahrheit

  • Standpunkte sind Momentaufnahmen in Argumentationszusammenhängen. Sie werden durch Gründe gestützt.
  • Behauptungen können einer bipolaren Logik unterliegen, oder in komplizierterer Weise aufeinander bezogen sein
    • Das Negationszeichen wird sehr unterschiedlich verwendet
  • Behauptungsketten manifestieren die Praxis des Begründens für eine soziale Gruppe
    • Sie lassen inhaltliche Variationen zu, aber sie operieren mit einem gemeinsamen Begriff von "Grund".
  • "Fremde Gründe" sind an einer sozialen Gruppe beobachtete Sprachstrategien, denen der Status von Argumentationen zugestanden wird, ohne (von Seiten der Betrachterinnen) überzeugend einlösbar zu sein.
    • Es sind stellenweise Gründe honoris causa. Sie sind - wiederum seitens der Betrachtung - nicht verdient.
  • Wittgensteins Hasenente: wer den Hasen, nicht aber die Ente sieht, kann die Darlegung der Gegenposition nur als fremde Gründe auffassen.
    • Die Situation spiegelt sich sprachlich : keine' Ente/unter einem anderen Gesichtspunkt eine Ente.
    • Hier beginnt eine Folge von Sprachebenen, die eigens zu diskutieren ist.

Macht

  • Die Praktiken der Machtausübung sind vielfältig und detailliert. Hervorzuheben ist im gegebenen Zusammenhang die Staatsmacht.
  • Ein Verfassungsstaat enthält Vorkehrungen zur rechtlichen Gleichstellung aller in ihm auftretenden Personengruppen
  • Die Verfassung ist ein Rahmen, innerhalb dessen Gesetze entwickelt und eingehalten/eingeklagt werden.
    • Der Rahmen ist den Gesetzen gegenüber neutral, seinerseits aber sozio-historisch geprägt.
    • Verfassungskonforme Gesetze können/dürfen (im liberalen Rechtsstaat) nicht diskriminieren.
    • Die Anwendung von Gesetzen hat einen Toleranzspielraum. Das ist ein Sinn von "Toleranz", der mit politischer Toleranz nur am Rand zu tun hat.


Wahrheit und Macht

  • Die Divergenz von Argumentationsketten (als Indikator divergenter Lebensweisen) gerät in das Spannungsfeld der politischen Machtausübung.
  • Die Regeln der Wahrheitsfindung sind den Diskursen vorgegeben. Wenn sie übertrumpft werden, wird Wahrheit eine Machtstrategie.
  • Davon unterscheiden sich die Regeln der politischen Durchsetzung von Wahrheiten.
    • "Fremde Gründe" können in der Öffentlichkeit zugelassen, oder unterdrückt werden
    • Das Beispiel der Hasenente kann man sich auch in einer Gesellschaft vorstellen, in welcher Enten heilige Tiere sind.

Anerkennung

  • Im Umgang mit wahr-falschen Sätzen ist eine Art von Anerkennung nötig. Letztlich verweist sie auf eine soziale Qualität zwischen Personen
  • Die Navigation durch mehrfach geschichtete Argumentationsketten verlangt Flexibilität im Festhalten und Freigeben von Standpunkten.
    • Daher denkt man bei Toleranz oft an das tolerante Verhalten reifer Persönlichkeiten.
    • Eine Balance ist unverzichtbar: weder kann jemand nur den eigenen Standpunkt, noch alles verstehen.
    • Die Sprache ist so beschaffen, dass sie Grenzen zwischen Argumentationsketten (und auch argumentativen Leerläufen) zu fixieren und zu verwischen gestattet.

Wahrheit und Anerkennung

Macht und Anerkennung

Beispiele

  • Der Hund im Gemeindebau
  • Straßenbau in Australien und Island
  • Kopftuchdebatte (T)
  • Karikaturen von Religionsgründern




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