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Das ist daran abzulesen, dass mit dem Übergang von einer Universität für die 8 - 12 % der Akademikerinnenkinder plus einer gewissen Quote vom Rest der Bevölkerung, die in den 50 und 60 Jahren des vorigen Jahrhunderts noch normal war, eine Öffnung der Universitäten in Richtung Volksuniversitäten und Massenuniversitäten stattgefunden hat. Die Reihen hier haben sich ja schon ein wenig gelichtet, aber Sie kennen bestimmt eine ganze Reihe von Veranstaltungen vermutlich in der Philosophie und sonstwo, wo Sie gerade am Anfang des Semesters den Charakter der Massenuniversität am eigenen Leibe miterleben können, indem Sie nämlich hier hinten in die Ecke gedrängt oder überhaupt garnicht im Raum Platz haben. Mit dieser Form, in der auch noch vorgegeben ist - von gewissen politischen Instanzen, insbesondere der OECD und der EU -, dass die Akademikerinnenquote auf 30 - 40 % hinaufgehen soll, mit dieser Bildungspolitischen Entwicklung wird das beschriebene, ehemals geltende Versprechen einer einigermaßen abgekapselten, gediegenen Persönlichkeitsbildung, die mitverpackt ist in einem Universitätsstudium, zunehmend problematisch. Das ist nun der Punkt, an dem die Universitäten konfrontiert sind mit einem anderen Angebot - jetzt komme ich zu den Fachhochschulen -, und zwar nicht als: "Du kannst das und das auch noch lernen, und es hilf dir vielleicht im Beruf oder im Urlaub.", sondern an der Stelle wo die Universitäten platziert gewesen sind im Rahmen dieser akademischen Freiheit, für die 8-12 % der Bevölkerung, die es dort hinauf schaffen und es sich dann noch leisten können, an dieser Stelle noch nicht zu arbeiten. Für diese Leute gibt es ein anderes Angebot und dieses Angebot ist genau nicht durch akademische Freiheit platziert und definiert. Wenn es dort einen Senat gibt, dann trägt der keine schönen Talare und einen dies academicus wird es dort auch nicht so schnell geben - das wird vielleicht auch nicht ganz stimmen - weil die Logik solcher Institutionalisierungen darin besteht, dass sich das vielleicht auch unerwartet entwickelt.  
 
Das ist daran abzulesen, dass mit dem Übergang von einer Universität für die 8 - 12 % der Akademikerinnenkinder plus einer gewissen Quote vom Rest der Bevölkerung, die in den 50 und 60 Jahren des vorigen Jahrhunderts noch normal war, eine Öffnung der Universitäten in Richtung Volksuniversitäten und Massenuniversitäten stattgefunden hat. Die Reihen hier haben sich ja schon ein wenig gelichtet, aber Sie kennen bestimmt eine ganze Reihe von Veranstaltungen vermutlich in der Philosophie und sonstwo, wo Sie gerade am Anfang des Semesters den Charakter der Massenuniversität am eigenen Leibe miterleben können, indem Sie nämlich hier hinten in die Ecke gedrängt oder überhaupt garnicht im Raum Platz haben. Mit dieser Form, in der auch noch vorgegeben ist - von gewissen politischen Instanzen, insbesondere der OECD und der EU -, dass die Akademikerinnenquote auf 30 - 40 % hinaufgehen soll, mit dieser Bildungspolitischen Entwicklung wird das beschriebene, ehemals geltende Versprechen einer einigermaßen abgekapselten, gediegenen Persönlichkeitsbildung, die mitverpackt ist in einem Universitätsstudium, zunehmend problematisch. Das ist nun der Punkt, an dem die Universitäten konfrontiert sind mit einem anderen Angebot - jetzt komme ich zu den Fachhochschulen -, und zwar nicht als: "Du kannst das und das auch noch lernen, und es hilf dir vielleicht im Beruf oder im Urlaub.", sondern an der Stelle wo die Universitäten platziert gewesen sind im Rahmen dieser akademischen Freiheit, für die 8-12 % der Bevölkerung, die es dort hinauf schaffen und es sich dann noch leisten können, an dieser Stelle noch nicht zu arbeiten. Für diese Leute gibt es ein anderes Angebot und dieses Angebot ist genau nicht durch akademische Freiheit platziert und definiert. Wenn es dort einen Senat gibt, dann trägt der keine schönen Talare und einen dies academicus wird es dort auch nicht so schnell geben - das wird vielleicht auch nicht ganz stimmen - weil die Logik solcher Institutionalisierungen darin besteht, dass sich das vielleicht auch unerwartet entwickelt.  
 
In jedem Fall aber ist das Angebot, ein durchaus polemisches. Es gibt dort Zulassungsvoraussetzungen und Studienplatzgarantien und eine gewisse Form von Verpflichtung der Institution, an der Uni gibt es auch eine Verpflichtung der Institution - aber der Unterschied der Verpflichtung ist signifikant.
 
In jedem Fall aber ist das Angebot, ein durchaus polemisches. Es gibt dort Zulassungsvoraussetzungen und Studienplatzgarantien und eine gewisse Form von Verpflichtung der Institution, an der Uni gibt es auch eine Verpflichtung der Institution - aber der Unterschied der Verpflichtung ist signifikant.
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Während es in einer Fachhochschule, wenn Sie einmal drinnen sind, eine gewisse Garantie haben, dass ein entsprechend ausgetüffteltes und nach bestimmten Kriterien wirkungsvolles Studienprogramm Ihnen angeboten wird, mit dem Sie auf dem Arbeitsmarktsektor eine direkte, positive - sozusagen - Bewerbung platzieren können - wenn die Fachhochschulen das nicht leisten, haben sie ihren Zweck versäumt - gibt es im Gegensatz dazu das beschriebene Angebot an der Universität, das gerade nicht enthält, dass Sie, wenn viele Leute dort auch hingehen wollen, in jedem Hörsaal einen Platz finden werden. Sie haben den geradezu skurrilen Ungleichsfaktor, dass Fachhochschulen, die eigentlich eine viel fachspezifischere, eingeschränktere Breite und eine eingeschränkteres Angebot haben, in die Sie nur hineinkommen nach bestimmten Prüfungen, eine gewisse Qualität anbieten und halten können, gewisse Kriterien von Studierbarkeit als auch von Fachkompetenz anbieten und durchsetzen können, die wir an der Universität weder durchzusetzen gewohnt noch geneigt sind.
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Alle, die an die Universität kommen, können dort alle bzw. viele Veranstaltungen besuchen, können dort Prüfungen machen, und wenn Sie die Prüfungen nicht bestehen, dann können Sie diese immer wiederholen. Das ist eine Situation, die aus dem ehemaligen akademischen Freiheitsbereich kommt, der dadurch charakterisiert war, dass man es mit einer halbwegs überschaubaren und einem halbwegs vernünftigen Verhältnis  zwischen Lehrenden und Studierenden zu tun gehabt hat, die in diese Prozesse eingetreten sind. In einem Publizistikstudium, um ein extremes Beispiel zu nennen, ist das alles vollständig zerstört. Sie haben zwar die Freiheit alles zu machen, aber eher keine Chance in einer gedeihlichen Schritt-für-Schritt-Ausbildung, mit Rückmeldung,  mit vernünftigen Lernratios in die Sache hineinzugehen, und das heißt, an dieser Stelle ist das, was akademische Freiheit ist, eine sehr allgemeine aber zahnlose Affäre.
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Ich ende jetzt in meinen Bemerkungen zur Fachhochschule. Die Auseinandersetzung zwischen Universität und Fachhochschule müssen Sie unter diesem Aspekt sehen, nämlich das es da eine alte Institution gibt, die in ihrer Funktion einigermaßen erschüttert ist und die in dieser Erschütterung noch extra eine Konkurrenz mit den Fachhochschulen und eine Debatte zu führen hat, die sich auf die von mir genannten Basisbeobachtungen bezieht.
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==Bolognareform==
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Ich möchte, und dann komme ich weg von diesem Diskussionspunkt, zwei Dinge noch hervorheben. Das Eine ist, dass die Debatte um die Bolognareform ein wesentlicher Umschlagplatz ist, um den herum sich die genannten Schwierigkeiten gruppieren. Das ist der nächste Punkt, auf den ich eingehen will: "Wie ist das einzuschätzen? Was ist passiert mit der Bolognareform?"
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Der zweite Punkt ist der, dass ich nicht hier stehe um die bewährten Strukturen und Leistungen der Universität zu preisen und zu vertreten, sondern die Frage zu stellen, was denn die Voraussetzungen, die Entstehungsbedingungen und die Entwicklung dieses Bildungsbegriffes sind, den ich Ihnen zugegebenermaßer zunächst noch äußerst skizzenhaft in Erinnerung gerufen habe.
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Diese beiden Punkte: "Bolognareform und eine länger anhaltende Auseinandersetzung mit den Wurzeln des Bildungsbegriffs und ihrer Entwicklung in der europäischen Philosophiegeschichte", kann ich sehr gut beginnen, indem ich auf ein Buch verweise, das vor kurzem erschienen ist: Bildungsphilosophie. Grundlagen, Methoden, Perspektiven. von Rudolf Rehn (Hrsg.).
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Rudolf Rehn, der übrigens auch ein kleines Büchlein herausgegeben und kommentiert hat, über das Höhlengleichnis (griechisch/deutsch + Vorwort, Nachwort und Erläuterungen), hat zu Beginn dieses Bildungsphilosophiereaders einen Beitrag geleistet, in dem er etwas macht, was für mich sehr förderlich ist. Er bezieht auch die Bolognadebatte auf die klassische Philosophiegeschichte, auf die griechische Philosophie und auf Platon. Er tut das auf eine Art und Weise die von dem sehr unterscheidet, was ich vorhabe, aber es ist hilfreich und sinnvoll, das als einen Ausgangspunkt zu nehmen. Ich hätte Ihnen massiv aus den Debatten, vor allem im deutschen Feuilleton und in der deutschen Universitätslandschaft. um Bologna zitieren können. Es gibt eine ausgesprochen kräftige und weitgehende Ablehnung der Bolognainitiativen im deutschen Hochschulbereich. Im österreichischen Bereich ist es nicht ganz so artikuliert aber durchaus auch verbreitet. Woher kommt diese Ablehnung? Sie kommt wesentlich aus Faktoren, die zu tun haben damit, dass die Institution Universität sich in die Defensive gedrängt sieht durch die beschriebenen Öffnungen zur Massenuniversität. 
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Jemand der einigermaßen mit offenem Auge zusieht, welche Dinge wir hier an der Universität leisten können und welche wir nicht leisten können, wird zugeben müssen, dass die universitäre Existenz für Studierende im Sinne der Reifung der Persönlichkeit durch die Nähe zum Wissen, zur etablierten Gruppe von Hochschullehrenden, die in forschender Kommunikation mit Wahrheiten stehen, dass das in vielen Fällen sehr schlecht zu machen ist und sozusagen: je bedrohter dieses Ideal ist, umso nervöser sind die Reaktionen wenn kritisiert wird, dass das hier nicht geleistet werden kann.
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Die Bolognakritiker haben eine ausgesprochen traditionsgestützte Urszene für ihre Kritik an dem was ihnen da entgegengehalten wird, wie sie also selber kritisiert werden. Diese urszene ist "Sokrates gegen die Sophisten". Das ist etwas, was ich inhaltlich in der vergangenen Semestervorlesung ein bisschen ausgeführt habe. Wenn Sie Stellen suchen, in denen Sokrates gegen die Sophisten genau diesen Faktor, den ich gleich ansprechen werde, starkmacht, schauen Sie an den Anfang der Vorlesung vom vorigen Semester.
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Der Faktor ist der, dass die Sophisten Kurse anbieten. Sie bieten das an, was man für Geld als Erweiterung von eizelnen Kompetenzen erwerben kann. Die Situation, die hier zur Debatte steht, ist die, dass man sich Wissen leisten können muss. Das ist die Situation die hier zur Debatte steht und zwar insbesondere an der Stelle wo es um Wissen und um Einsicht geht. Wissen oder Einsicht, Wissenschaft oder Wahrheit, wie immer Sie das wollen, hat eine Position, die ein wenig anders funktioniert, das ist eine Beobachtung von der man ausgehen muss, als Autofahren oder Skifahren. Obwohl das natürlich auch Wissensbestandteile enthält.
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Wie kommt es dazu und was ist die Position und die Bedrohung, die sich mit diesen Wissenskompetenzen verbinden? Ich lese Ihnen vielleicht einmal ein wenig davon vor, was Herr Rehn da schreibt.
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"Ein europaweit geplantes, schon eingeführtes Bachelor/Masterstudium, das weitgehend unter marktstrategischen Gesichtspunkten konizipiert worden ist. Größere Effizienz durch Verkürzung der Studienzeit, Konzentration auf die Vermittlung eines berufsnahen Basiswissens, Leistungssteigerung durch Ausleheverfahren und permanente Leistungskontrolle. Nimmt man noch hinzu, dass die Wahlmöglichkeiten gegen Null tendieren, dann leuchtet ein, dass Bachelor und Master in der Tat einen radikalten Bruch mit dem bedeuten, was man bisher unter einem akademischen Studium verstanden hat. Nämlich ein im Rahmen des Möglichen selbstbestimmtes, freies Lernen, das sich an Sachproblemen orientierte und nicht an den Erfordernissen des Marktes."
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Das ist die starke Ansage von Vertretern des Universitätssystems und das ist die Profilierung gegenüber den Fachhochschulen, und es gibt für diese Position nun eben eine schöne Schablone, die die von mir humanistische Tradition geradezu ideal erscheinen lässt, um in dieser Diskussion ausgenützt zu werden: "Platons Idee einer ganzheitlichen, selbstbestimmten und durch Muße gekennzeichneten Bildung steht quer zu den vorherrschenden Tendenzen in der gegenwärtigen Bildungpolitik, die Ausbildung statt Bildung will, auf eine praktische, berufsnahe, marktorientierte Erziehung setzt, verkürzte Bildungs- und Erziehungsgänge anstrebt, Bildung in vielen Bereichen privatisiert, Studiengebühren einführt und Wissen auf Faktenwissn reduziert. "
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Und dann haben Sie die Schlagworte die daraus folgen: Die heutige Bildungspolitik ist sophistisch geprägt. Bildung geschrumpft auf das, was schnell, kurz und bündig erlernbar und in der Praxis anwendbar ist.

Version vom 14. Oktober 2009, 12:40 Uhr

2. Einheit vom 20. März 2009 (Bildung und Datenbanken)

Über die Transkriptionen

Wir haben zu Beginn der vergangenen Sitzung kurz erwähnt, dass es vor einem Semester eine mehr oder weniger spontan entstandene Entwicklung gegeben hat, dass Studierende den Audio-Stream, den wir hier produzieren, genommen haben und auch gleich transkribiert haben. Sie können sich vielleicht erinnern, dass ich mit diesem Phänomen vorsichtig umgegangen bin, um Ihnen nicht irgendetwas aufs Auge zu drücken, was vielleicht nur im Kontext von Open-Source aktuell und motivierend gewesen ist. Sie sehen hier die Tabelle für dieses Semester.
Frau Rieck hat nicht nur am Montag schon gesagt, dass sie die erste Vorlesung transkribieren würde, sie hat es am Freitag auch schon durchgeführt gehabt, das heißt, wenn Sie hier auf Rieck drücken, haben Sie die gesamte Vorlesung vom vergangenen Freitag. Das sollte Sie bitte nicht dazu bewegen, wenn das das nächste Mal nicht schon am Donnerstag oder am Mittwoch oder Freitag vorhanden ist, zu sagen: "Wo ist die Vorlesung!?!, das ist doch ausgemacht gewesen!" Das halte ich für eine Unverfrohrenheit von der Art, die immer wieder einmal vorkommt und an der diese technischen Einrichtungen natürlich nicht ganz unschuldig sind, weil man Erwartungen erweckt, die dann einigermaßen habituell auch gleich eingeklagt werden. Es handelt sich aber, und das ist mir wichtig, nun wirklich nicht um etwas, was vom Establishment zusätzlich verordnet wird, als Lernplattform zu der man sich anmelden muss, damit man eine Note erhält, sondern es ist eine Aktivität, die mit Hilfe gewisser technischer Vorkehrungen angeboten wird und die ergriffen wurde von Studierenden. Die Anleitung darüber, wie man mit dem Projekt umgeht, stammt von Andreas Kirchner vom vergangenen Jahr. Ich habe sie herüber kopiert, da ist das alles ziemlich genau beschrieben. Ein kleiner Wehrmutstropfen im vergangenen Semester mit diesen Aktivitäten war die folgende, dass es zwar relativ leicht gelungen ist, Transkriptionen für die Vorlesung zu organisieren, dass aber die Diskussion im Wiki selbst, die eigentlich bei mir im Vordergrund gestanden wäre, als eine gemeinsame Aufarbeitung der Themen und Problemstellungen, während der Woche im Wiki, über die Diskussionsseite, nicht wirklich in Gang gekommen ist. Da ist in diesem Semester aber auch relativ rasch schon etwas passiert, was ich sehr wichtig und hilfreich finde. Es gibt nämlich schon eine erste Reaktion auf Themen vom vorigen Mal. Die Konvention ist die, dass das hier auf der Diskussionsseite gut unterkommt. Und hier haben wir eine Reihe von Faksimiles aus der letzten Falterbeilage "Durst", zu denen ich dann gleich etas sagen möchte.

Karajan und Toscanini

Beispiel für die durchaus pathetische Bildinszenierung Karajans
Quelle: http://www.musbook.com

Vorher noch eine kleine atmosphärische Bemerkung, auch als - sozusagen - Rahmenvorbereitung. Ich habe mir die Aufgabe gesetzt, soviel ich bekommen kann, eins zu eins, Woche für Woche ein kleines Video vom ersten Satz der 5. Symphonie Beethovens, sukzessive ins Wiki zu stellen. Ich werde das jetzt nicht weiter kommentieren. Wenn Sie wollen, ist das ein schöner Ansatzpunkt sich Gedanken darüber zu machen, was denn der Unterschied zwischen einer solchen Karajanaufführung aus den 60er Jahren und einer Toscaniniaufnahme ist. Ich gebe vielleicht zwei kurze Hinweise dazu.

Das was mit der Vermittlung von Bildungsgütern und mit der Einstellung der Kulturproduzenten im Rahmen dieser Vermittlung passiert ist im 20. Jahrhundert, lässt sich in der Differenz zwischen den beiden Einstellungen, Attitüden, Gesten sehr schön demonstrieren.

Und das Zweite, was ich kurz als Bemerkung mache: das wäre auch ein ausgesprochen lohnendes Beispiel für die Interaktion und Interdependenz von Medientechnik und Bildung. Also wenn Sie den Toscaniniclip sehen, dann werden Sie vermutlich darauf achten, dass zu einem Zeitpunkt, an dem die Videotechnik noch nicht so stark war, es einfach noch nicht so viele Kameras in der Gegend gab und die Kameras noch nicht so leistungsfähig und instrumentalisierbar waren, das da noch etwas möglich ist, was heutzutage beinahe schon nicht mehr möglich ist, nämlich, dass Sie ein Bild haben und in dem Bild bewegt sich etwas und Sie sehen das nicht richtig.

Arturo Toscanini
Quelle: http://www.i-italy.org

Das ist heutzutage, also gerade in Konzertaufnahmen eher "pfui". Eine Totale eines Orchesters und Sie sehen nicht wie das Orchester im Wellengang eine gemeinsame Bewegung vollzieht, sondern Sie sehen nur in der Mitte und weiter hinten Leute die ein bisschen verloren an ihren Streichinstrumenten schrummen. Als Dokumentation geht das durch, aber als etwas, das medienmäßig effektiv sein soll, ist das, sagen wir mal, eher ein Langweiler. Und Karajan hat die besondere Qualität gehabt, das schon sehr sehr früh zu bemerken und umzusetzen. Und eine Form der Darstellung von klassischen Musikstücken zu wählen, die angepasst ist und eingedacht ist auf die Möglichkeiten der medialen Vermittlung. Das wiederum ist ein entscheidender Beitrag in der gegenwärtigen Debatte um Bildung und um den Abgesang der Bildung um die Unbildung, was alles damit verbunden ist, nämlich insbesondere im Zusammenhang mit der Klage darüber, dass die Bildung verloren geht. Dass die Bildung nurmehr Anreize hat wenn es ums Geldverdienen geht. Das heißt, wenn man die Sache so darstellt und so präsentiert, dass man es verkaufen kann. Also diese Rahmenbedingungen will ich Ihnen ein bisschen in Erinnerung rufen, durch diese kleinen Hinweise.

Universitäten und Fachhochschulen

Aber damit mal genug dazu und nun ein paar Bemerkungen zu dem Beitrag von Herr oder Frau Googolplex. Dieser Beitrag besteht darin, dass in dieser Broschüre "Durst" eine Auseinandersetzung, die, wie ich zustimmend bemerken würde, eher halblustig ist, zwischen Universitäten und Fachhochschulen stattfindet. Diese Auseinandersetzung, die auf der Ebene einer Karikatur, eines gefaketen Psychotests und einer ganzen Reihe von anderen Schlagworten stattfindet, ist nun, scheint mir, tatsächllich instruktiv und hilfreich für jemanden, der an Universität heute so eine Vorlesung macht, zum Thema "Bildung", das durchaus mit all den allgemeinen und kulturtragenden Assoziationen verbunden ist, die der Bildungbegriff heutzutage eben mit sich führt. Die Auseinandersetzung, die hier zu führen ist in diesem Zusammenhang, habe ich ein bisschen zuzuspitzen versucht, in Anschluss an diese Auseinandersetzung Fachhochschule und Universität, und ich würde folgende Bemerkungen zunächst einmal in die Debatte einführen:

Erste Bemerkung: Dass es nämlich erstens bestimmte wissensvermehrende Tätigkeiten gibt, also Kurse, um es sehr neutral zu sagen, die immer wieder in verschiedenen Bereichen angeboten werden, die gewisse Kompetenzen stärken und die außerhalb des Bildungsgedankens positioniert sind. Also als Beispiele habe ich genannt: Skikurse, Kochkurse, Türkischkurse um drei verschiedene zu nehmen. Das sind Dinge, da geht man hin, ohne dass man in diese allgemeine Bildungsdebatte irgendwie eingebunden ist. Das ist einfach eine Bereicherung von menschlichen Kapazitäten. Da ist nicht die Rede, da ist natürlich schon die Rede davon, dass es bessere und schlechtere Skikurse gibt. Die sind auch bewertbar, mit Sternchen oder sonst etwas, aber die besseren oder die schlecheren Skikurse beziehen sich auf die Kundenfreundlichkeit, könnte man so sagen. Auf ein beschränktes Ziel der Steigerung von Kapazitäten und Fähigkeiten.

Zweite Bemerkung: Es hat diesen Typus von Fähigkeiten von Trainieren, Verstärken und Aneignen von Fähigkeiten. Den gibt es durchaus auch in dem, was die klassische Universität ist. Und als Beispiel habe ich das Medizinstudium genannt, man könnte auch sagen das Jusstudium. Das sind zwei zentrale Pfeiler der klassischen Universität, die beide eine ganz stark reglementierte und von Berufsinteressen gesteuerte Ausbildungsordnung vorschreiben, die einem sehr sehr viel abverlangt und aus der man nicht beliebig wählen kann und aus der man nicht raus fallen kann, ohne das Ziel zu verfehlen. Nicht umsonst haben die Rechtsanwaltskammer und die Ärztekammer den Griff auf diese Universitätsausbildung. Das sind sozusagen sehr verschulte Bereiche in denen man seit hunderten Jahren Berufsausbildung mitgeliefert, also auch nicht nur mitgeliefert, sondern auch hauptgeliefert bekommt. Und diese integrierten, in die klassische Universität integrierten, Fakultäten der Berufsausbildung sind niemals, nicht wirklich, als Teil der Universität problematisiert worden. Es gibt die Klage unter den Betroffen, Medizin sei keine Wissenschaft, sondern ein Handwerk in einer Weise, und an der Universität lernt man an dieser Stelle etwas Handwerkliches. Aber die Universität selbst ist von dieser Form von Fachgerichtetheit nicht betroffen. Unter anderem auch weil die Lehre natürlich eingebettet ist in einen zusätzlichen zweiten Bereich, den Forschungsbereich. Und nun gibts aber nach den historischen Gegebenheiten die sogenannte ehemalige große philosophische Fakultät - das was man dann Geisteswissenschaften genannt hat - und dann, was heutzutage Kulturwissenschaften bzw. Sozialwissenschaften sind im Schwerpunkt. Und diese Abteilungen, diese Fakultäten der jeweiligen Universität sind nach einem tatsächlich anderen Prinzip organisiert: nach dem Prinzip des akademischen Vorgehens, des akademischen Lebens. Historisch gesehen sind die verschiedenen lateinischen Worte, die als Relikte oder als Indikatoren noch vorhanden sind, also wie z.B. "Senat" oder "dies academicus", solche Sachen, oder wenn man es weniger philologisch nimmt, mit Formulierungen wie akademische Freiheit, akademisches Viertel oder höhere Bildung sind Erinnerungszeichen daran, dass hier eine Konzeption von Erziehung Platz hat und verteidigt worden ist, die sich beruft, ganz explizit von der Geschichte her auf das humanistische Erziehungsprojekt also auf das was seit den griechischen Aufbrüchen von denen ich das letzte Mal schon erzählt habe, im Anschluss an Hardot, einen bestimmten Typus von menschlicher Lebensgestaltung enthält und dieser Typus ist dadurch gekennzeichnet, um es einmal sehr abgekürzt zu sagen, dass man jenseits der Sekundarstufe, das ist jetzt ein neutraler, gegenwärtiger Begriff, also nach 16, 18 Jahren nach dem man aufgesetzt über die Elementarschule noch ein erstes Bildungsunit da drinnen hat, jenseits der Sekundarstufe, wenn man an die Universität geht, dass diese "an die Universität gehen" um sich noch weiter auszubilden und zu lehren, dass das im klassischen Sinn in einem neuartigen Freiraum geschieht. Sie sind schon Erwachsene, Sie sind nicht mehr Adoleszente, Sie sind jenseits der Pubertät und von Ihnen wird verlangt und es wird Ihnen angebotenen einen Typus - also jetzt natürlich in den Geisteswissenschaften, wie gesagt in der Medizin und in der Rechtswissenschaft sieht das anders aus - der Auseinandersetzung mit Wissen der eine höhere Verantwortung, eine höhere Freiheit, eine höhere Ambition enthält, nämlich die der höheren Bildung, der akademischen Würde der Doktoratstudien, was immer Sie dabei haben wollen. Und zu dieser höheren Würde gehört eben eine Verantwortung und gehört eine neue Form des intermediären Lebens zwischen der Teenagersituation und der Berufssituation also Berufssituation wo es darum geht: was können Sie verwenden; wo bekommen Sie Geld für das was Sie können? und die Teenagersituation wo Sie noch herumprobieren dürfen zwischen den beiden gibt es eine Lehrsituation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Sie das Angebot haben sich selbst auszusuchen wie Sie sich vervollkommnen, mit der Erwartung und durchaus auch dem Versprechen dabei dass dieser Prozess Ihrer eigenen Vervollkommnung letztlich Ihnen dabei hilft auch genügend Geld zu verdienen, mehr Geld zu verdienen als die, die sich diesen Prozess der Selbstvervollkommnung nicht gegeben haben.

Ich erzähle Ihnen Selbstverständlichkeiten aus dem traditionellen Bildungssystem und der Grund, warum ich es Ihnen erzähle ist, weil hier einerseits ganz starke und durchaus plausible Voraussetzungen und gesellschaftlich gebahnte Routinen enthalten sind. Also einen Magister oder ein Doktorat zu haben, ist noch immer etwas, weil aber zweitens auch nicht zu verbergen ist, dass da ganz massive Einbrüche in der Selbstverständlichkeit dieser Karrieren stattfinden: "Also soviel ist es wiederum auch nicht mehr heutzutage ein Doktorat zu haben"; das wäre quasi die zweite Situation.

Und woher kommt das? Wo ist das zu sehen?

Das ist daran abzulesen, dass mit dem Übergang von einer Universität für die 8 - 12 % der Akademikerinnenkinder plus einer gewissen Quote vom Rest der Bevölkerung, die in den 50 und 60 Jahren des vorigen Jahrhunderts noch normal war, eine Öffnung der Universitäten in Richtung Volksuniversitäten und Massenuniversitäten stattgefunden hat. Die Reihen hier haben sich ja schon ein wenig gelichtet, aber Sie kennen bestimmt eine ganze Reihe von Veranstaltungen vermutlich in der Philosophie und sonstwo, wo Sie gerade am Anfang des Semesters den Charakter der Massenuniversität am eigenen Leibe miterleben können, indem Sie nämlich hier hinten in die Ecke gedrängt oder überhaupt garnicht im Raum Platz haben. Mit dieser Form, in der auch noch vorgegeben ist - von gewissen politischen Instanzen, insbesondere der OECD und der EU -, dass die Akademikerinnenquote auf 30 - 40 % hinaufgehen soll, mit dieser Bildungspolitischen Entwicklung wird das beschriebene, ehemals geltende Versprechen einer einigermaßen abgekapselten, gediegenen Persönlichkeitsbildung, die mitverpackt ist in einem Universitätsstudium, zunehmend problematisch. Das ist nun der Punkt, an dem die Universitäten konfrontiert sind mit einem anderen Angebot - jetzt komme ich zu den Fachhochschulen -, und zwar nicht als: "Du kannst das und das auch noch lernen, und es hilf dir vielleicht im Beruf oder im Urlaub.", sondern an der Stelle wo die Universitäten platziert gewesen sind im Rahmen dieser akademischen Freiheit, für die 8-12 % der Bevölkerung, die es dort hinauf schaffen und es sich dann noch leisten können, an dieser Stelle noch nicht zu arbeiten. Für diese Leute gibt es ein anderes Angebot und dieses Angebot ist genau nicht durch akademische Freiheit platziert und definiert. Wenn es dort einen Senat gibt, dann trägt der keine schönen Talare und einen dies academicus wird es dort auch nicht so schnell geben - das wird vielleicht auch nicht ganz stimmen - weil die Logik solcher Institutionalisierungen darin besteht, dass sich das vielleicht auch unerwartet entwickelt. In jedem Fall aber ist das Angebot, ein durchaus polemisches. Es gibt dort Zulassungsvoraussetzungen und Studienplatzgarantien und eine gewisse Form von Verpflichtung der Institution, an der Uni gibt es auch eine Verpflichtung der Institution - aber der Unterschied der Verpflichtung ist signifikant.

Während es in einer Fachhochschule, wenn Sie einmal drinnen sind, eine gewisse Garantie haben, dass ein entsprechend ausgetüffteltes und nach bestimmten Kriterien wirkungsvolles Studienprogramm Ihnen angeboten wird, mit dem Sie auf dem Arbeitsmarktsektor eine direkte, positive - sozusagen - Bewerbung platzieren können - wenn die Fachhochschulen das nicht leisten, haben sie ihren Zweck versäumt - gibt es im Gegensatz dazu das beschriebene Angebot an der Universität, das gerade nicht enthält, dass Sie, wenn viele Leute dort auch hingehen wollen, in jedem Hörsaal einen Platz finden werden. Sie haben den geradezu skurrilen Ungleichsfaktor, dass Fachhochschulen, die eigentlich eine viel fachspezifischere, eingeschränktere Breite und eine eingeschränkteres Angebot haben, in die Sie nur hineinkommen nach bestimmten Prüfungen, eine gewisse Qualität anbieten und halten können, gewisse Kriterien von Studierbarkeit als auch von Fachkompetenz anbieten und durchsetzen können, die wir an der Universität weder durchzusetzen gewohnt noch geneigt sind.

Alle, die an die Universität kommen, können dort alle bzw. viele Veranstaltungen besuchen, können dort Prüfungen machen, und wenn Sie die Prüfungen nicht bestehen, dann können Sie diese immer wiederholen. Das ist eine Situation, die aus dem ehemaligen akademischen Freiheitsbereich kommt, der dadurch charakterisiert war, dass man es mit einer halbwegs überschaubaren und einem halbwegs vernünftigen Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden zu tun gehabt hat, die in diese Prozesse eingetreten sind. In einem Publizistikstudium, um ein extremes Beispiel zu nennen, ist das alles vollständig zerstört. Sie haben zwar die Freiheit alles zu machen, aber eher keine Chance in einer gedeihlichen Schritt-für-Schritt-Ausbildung, mit Rückmeldung, mit vernünftigen Lernratios in die Sache hineinzugehen, und das heißt, an dieser Stelle ist das, was akademische Freiheit ist, eine sehr allgemeine aber zahnlose Affäre.

Ich ende jetzt in meinen Bemerkungen zur Fachhochschule. Die Auseinandersetzung zwischen Universität und Fachhochschule müssen Sie unter diesem Aspekt sehen, nämlich das es da eine alte Institution gibt, die in ihrer Funktion einigermaßen erschüttert ist und die in dieser Erschütterung noch extra eine Konkurrenz mit den Fachhochschulen und eine Debatte zu führen hat, die sich auf die von mir genannten Basisbeobachtungen bezieht.

Bolognareform

Ich möchte, und dann komme ich weg von diesem Diskussionspunkt, zwei Dinge noch hervorheben. Das Eine ist, dass die Debatte um die Bolognareform ein wesentlicher Umschlagplatz ist, um den herum sich die genannten Schwierigkeiten gruppieren. Das ist der nächste Punkt, auf den ich eingehen will: "Wie ist das einzuschätzen? Was ist passiert mit der Bolognareform?"

Der zweite Punkt ist der, dass ich nicht hier stehe um die bewährten Strukturen und Leistungen der Universität zu preisen und zu vertreten, sondern die Frage zu stellen, was denn die Voraussetzungen, die Entstehungsbedingungen und die Entwicklung dieses Bildungsbegriffes sind, den ich Ihnen zugegebenermaßer zunächst noch äußerst skizzenhaft in Erinnerung gerufen habe.

Diese beiden Punkte: "Bolognareform und eine länger anhaltende Auseinandersetzung mit den Wurzeln des Bildungsbegriffs und ihrer Entwicklung in der europäischen Philosophiegeschichte", kann ich sehr gut beginnen, indem ich auf ein Buch verweise, das vor kurzem erschienen ist: Bildungsphilosophie. Grundlagen, Methoden, Perspektiven. von Rudolf Rehn (Hrsg.).

Rudolf Rehn, der übrigens auch ein kleines Büchlein herausgegeben und kommentiert hat, über das Höhlengleichnis (griechisch/deutsch + Vorwort, Nachwort und Erläuterungen), hat zu Beginn dieses Bildungsphilosophiereaders einen Beitrag geleistet, in dem er etwas macht, was für mich sehr förderlich ist. Er bezieht auch die Bolognadebatte auf die klassische Philosophiegeschichte, auf die griechische Philosophie und auf Platon. Er tut das auf eine Art und Weise die von dem sehr unterscheidet, was ich vorhabe, aber es ist hilfreich und sinnvoll, das als einen Ausgangspunkt zu nehmen. Ich hätte Ihnen massiv aus den Debatten, vor allem im deutschen Feuilleton und in der deutschen Universitätslandschaft. um Bologna zitieren können. Es gibt eine ausgesprochen kräftige und weitgehende Ablehnung der Bolognainitiativen im deutschen Hochschulbereich. Im österreichischen Bereich ist es nicht ganz so artikuliert aber durchaus auch verbreitet. Woher kommt diese Ablehnung? Sie kommt wesentlich aus Faktoren, die zu tun haben damit, dass die Institution Universität sich in die Defensive gedrängt sieht durch die beschriebenen Öffnungen zur Massenuniversität.

Jemand der einigermaßen mit offenem Auge zusieht, welche Dinge wir hier an der Universität leisten können und welche wir nicht leisten können, wird zugeben müssen, dass die universitäre Existenz für Studierende im Sinne der Reifung der Persönlichkeit durch die Nähe zum Wissen, zur etablierten Gruppe von Hochschullehrenden, die in forschender Kommunikation mit Wahrheiten stehen, dass das in vielen Fällen sehr schlecht zu machen ist und sozusagen: je bedrohter dieses Ideal ist, umso nervöser sind die Reaktionen wenn kritisiert wird, dass das hier nicht geleistet werden kann.

Die Bolognakritiker haben eine ausgesprochen traditionsgestützte Urszene für ihre Kritik an dem was ihnen da entgegengehalten wird, wie sie also selber kritisiert werden. Diese urszene ist "Sokrates gegen die Sophisten". Das ist etwas, was ich inhaltlich in der vergangenen Semestervorlesung ein bisschen ausgeführt habe. Wenn Sie Stellen suchen, in denen Sokrates gegen die Sophisten genau diesen Faktor, den ich gleich ansprechen werde, starkmacht, schauen Sie an den Anfang der Vorlesung vom vorigen Semester.

Der Faktor ist der, dass die Sophisten Kurse anbieten. Sie bieten das an, was man für Geld als Erweiterung von eizelnen Kompetenzen erwerben kann. Die Situation, die hier zur Debatte steht, ist die, dass man sich Wissen leisten können muss. Das ist die Situation die hier zur Debatte steht und zwar insbesondere an der Stelle wo es um Wissen und um Einsicht geht. Wissen oder Einsicht, Wissenschaft oder Wahrheit, wie immer Sie das wollen, hat eine Position, die ein wenig anders funktioniert, das ist eine Beobachtung von der man ausgehen muss, als Autofahren oder Skifahren. Obwohl das natürlich auch Wissensbestandteile enthält.

Wie kommt es dazu und was ist die Position und die Bedrohung, die sich mit diesen Wissenskompetenzen verbinden? Ich lese Ihnen vielleicht einmal ein wenig davon vor, was Herr Rehn da schreibt.

"Ein europaweit geplantes, schon eingeführtes Bachelor/Masterstudium, das weitgehend unter marktstrategischen Gesichtspunkten konizipiert worden ist. Größere Effizienz durch Verkürzung der Studienzeit, Konzentration auf die Vermittlung eines berufsnahen Basiswissens, Leistungssteigerung durch Ausleheverfahren und permanente Leistungskontrolle. Nimmt man noch hinzu, dass die Wahlmöglichkeiten gegen Null tendieren, dann leuchtet ein, dass Bachelor und Master in der Tat einen radikalten Bruch mit dem bedeuten, was man bisher unter einem akademischen Studium verstanden hat. Nämlich ein im Rahmen des Möglichen selbstbestimmtes, freies Lernen, das sich an Sachproblemen orientierte und nicht an den Erfordernissen des Marktes."

Das ist die starke Ansage von Vertretern des Universitätssystems und das ist die Profilierung gegenüber den Fachhochschulen, und es gibt für diese Position nun eben eine schöne Schablone, die die von mir humanistische Tradition geradezu ideal erscheinen lässt, um in dieser Diskussion ausgenützt zu werden: "Platons Idee einer ganzheitlichen, selbstbestimmten und durch Muße gekennzeichneten Bildung steht quer zu den vorherrschenden Tendenzen in der gegenwärtigen Bildungpolitik, die Ausbildung statt Bildung will, auf eine praktische, berufsnahe, marktorientierte Erziehung setzt, verkürzte Bildungs- und Erziehungsgänge anstrebt, Bildung in vielen Bereichen privatisiert, Studiengebühren einführt und Wissen auf Faktenwissn reduziert. "

Und dann haben Sie die Schlagworte die daraus folgen: Die heutige Bildungspolitik ist sophistisch geprägt. Bildung geschrumpft auf das, was schnell, kurz und bündig erlernbar und in der Praxis anwendbar ist.