Protokolle - MuD09 - Gruppe4 - 02.12.

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Version vom 29. November 2009, 14:07 Uhr von Ki (Diskussion | Beiträge) (Nachname, Vorname)
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Karpf, Elke

Das Thema der von Univ.Prof. Dr. Violetta L. Waibel vorgetragenen Vorlesung am 26. November 2009 betraf die Beschäftigung mit (philosophischen) Texten. Philosophie ist unter anderem eine Buchwissenschaft und hat daher mit Lesen zu tun. So wie man sagen kann, dass man beim Fechten 4mal im Leben auf unterschiedliche Arten das Gehen lernt, kann man das Lesen immer wieder neu und auf anderen Ebenen bzw. Stufen lernen.

1.)Erlernen des ABCs

2.)Lesen in der Schule

3.)Philologisches Lesen und Verstehen (historisch, synchron und diachron)

4.)Philosophisches Lesen und Verstehen (systematisch, synchron und diachron)

5.)Ästhetisches, emotionales Lesen und Verstehen (v. Kunstwerken z.B.)


In dieser Vorlesung ging es vorrangig um die Punkte 3. und 4. und dabei um den Unterschied zwischen der Philosophie, die sich historisch, und der Philosophie, die sich systematisch versteht.

Da es in Seminaren beim Philosophiestudium Probleme gibt beim Erarbeiten von Texten, ist es nützlich, sich mit der Frage, was Lesen ist, zu beschäftigen. Die Stufe 1 ist lediglich eine Basis für die hochkomplexe Kulturtechnik Lesen.

Philosophie als Gespräch: Philosophie kann man als Gespräch der Geister einer Zeit bezeichnen. Zwei Zeiten sind in der Philosophie besonders interessant: die Antike und der Deutsche Idealismus.

Ressourcen der Philosophie: Diachronie – Beschäftigung mit Werken in der Achse der Zeit

Geschichte der Philosophie: gibt es nicht, denn was gelesen wird, hat zum einen mit der jeweiligen Zeit zu tun, dessen Geist entdeckt werden muss, zum anderen kommt zum Verständnis eines Textes Subjektivität und Relativität hinzu.

Für die Philosophie als Gespräch ist wichtig, zuhören und lesen zu lernen. Nicht nur erhält man Antwort auf Fragen; es entstehen auch neue Fragen.

Erforderlich ist:

die philologische Vertrautheit mit der Textur des Ganzen: Aufbau, Intentionen, Bezüge, Rahmendarstellungen usw.

Lautgestalt und Öffentlichkeit: Laut zu lesen eröffnet eine neue Dimension

Jede Zeit erfindet ihre Geschichte der Philosophie, die ein Gespräch ist. Man erfindet Texte, indem man etwas in ihnen findet, mit seinen persönlichen Interessen, Sichtweisen und Perspektiven.


Ad 1) Lernen des ABCs

Wenn man sich mit philosophischen Texten beschäftigt, ist man schon weit vom Lesen Lernen in der Kindheit entfernt. Die Erfahrung, die man damals gemacht hat, wiederholt sich jedoch im Philosophiestudium, aber auch beim Lernen neuer Schriften und Sprachen, beim Erlernen der Notation der Musik, der Gebärdensprache usw. Sprache ist ein Kodifizieren, das auch Dekodifizieren erfordert. Als Urerlebnis vollzieht sich dies beim Erlernen des ABCs und wird später auf höheren Ebenen wiedererfahren. Das Erfassen von kleinen Einheiten zu größeren Einheiten ist dabei ein Grundprinzip.

Der Unterschied zwischen Sprechen und Lesen ist anzumerken. Im Vergleich zum gesprochenen Wort, das flüchtig ist und nicht immer exakt wiederholbar, hat das geschriebene Wort größeres Gewicht und auch Macht – die reflektiert und mitunter gebrochen werden muss.


Ad 2) Sätze- und Textverstehen in der Schulzeit

Das Begreifen von Zusammenhängen führt zu einer Ansammlung von Wissen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Inhalt, nicht auf der inneren Architektur und Komposition der Texte. Vertieftes Lesen Lernen geschieht durch die Arbeit mit Wörterbücher, Schreibübungen (Aufsätze, Tagebücher...), Parallelerfahrungen in der eigenen Sprache, fremden Sprachen, Übersetzungen usw.


Ad3) Philologisches Lesen und Verstehen(historisch, synchron und diachron)

Man soll sich darüber bewusst sein, dass Textsorten mit spezifischen Intentionen existieren – sowohl in der Literatur, als auch in der Philosophie. Man kann unterscheiden zwischen: geschlossenen Abhandlungen Haupt- oder Nebenschrift eines Autors Werke im Rahmen eines größeren Ganzen (z.B.Kant) im Nachlass überlieferte Texte (z.B. Fichtes Wissenschaftslehren) Kollegnachschriften Fragmente (z.B. Spinoza) Briefzeugnisse fingierte Briefe Selbstverständigungsversuche für spätere Veröffentlichung bestimmte Texte usw.

Weiters ist beim Lesen eines Textes wichtig, sich klar zu werden über:

Intertextualität:

synchron (Bezugnahme auf Autor in eigener Zeit) diachron (Bezugnahme auf Autor in früherer Zeit) – kommt häufiger vor implizite und explizite Referenzen auf andere Autoren Historische, zeitgeschichtliche, biografische Einflüsse. Autorintention:

Diese ist nicht gleichzusetzen mit der Leseintention. Hilfen für das Textverständnis sind dabei die Rekonstruktion nahe am Werke, Befassung mit der Terminologie, dem Zusammenhang zwischen Kapiteln, Titel … und Erkennen der verschiedenen Textsorten innerhalb eines Werkes wie z.B. Beweise, Erläuterungen.


Ad4) Philosophisches Lesen und Verstehen (systematisch, synchron und diachron)

Im Anschluss an einem Vorverständnis des Textes kann ich mir einige Fragen stellen: Was will ein Text? Was bedeuten Titel, Kapitel, Überschriften, Komposition und innerer Strukturaufbau? Was sind die Argumente des Autors? (z.B. Kant spricht von Raum und Zeit idealisch – was sind die Argumente dafür) Wie ist die Methodologie des Werkes? - z.B. Mathematische Methode, Dialektik, Transzendentalphilosophie, Phänomenlogie – dies ermöglicht die Zuordnung der Termini.

Leseintention:

Das richtige Verständnis und der Umgang mit einem Text ermöglicht seine genaue Erschließung. Die Reflexion der Zeitdifferenz ist aufgrund der Spannung erforderlich. Die Sprache der Philosophen musste erst erfunden werden, im deutschen Sprachraum geschah dies durch Christian Wolff. Es besteht eine Reibung zwischen einem Wort, wie es im Alltag verwendet wird und in der Philosophie, z. B. die Begriffe „Raum“ oder „Subjekt“. Mit den Unterschieden befasst man sich in der Philosophie- Augustinus hat zum Begriff „Zeit“ gemeint: fragt man nicht, was die Zeit ist, so weiß man es, soll es aber erklärt werden, so weiß man es nicht.

Terminologie:

Die Terminologie, die ein Philosoph verwendet, wie Vokabel zu erlernen und zu erarbeiten, ist hilfreich, da es philosophische Schlüsselwörter gibt, die von den Autoren unterschiedlich verwendet werden z.B. „Substanz“, „Sein“..

Definitionen:

Kant hält in der Philosophie nur Worterläuterungen für möglich, jedoch nicht Definitionen. Eine Definition ist für Kant die ursprüngliche Darstellung eines ausführlichen Begriffs eines Dinges innerhalb seiner Grenzen. Weder für empirische, das heißt, in der Erfahrung liegende, noch für apriorische Begriffe, vor der Erfahrung liegende Begriffe, sind angemessene Definitionen möglich. Bei empirischen Begriffen ist eine knappe Definition nicht hilfreich und seine Synthesisbildung unabschließbar. Bei apriorischen Begriffen spricht man besser von Expositionen . Spinoza hingegen beginnt jedes seiner Bücher der Ethik mit einer Definition. Er erklärt z.B. „Substanz“, so wie ER es im diesem Buch versteht.

Systematisches Verstehen:

Dies ist das Erkennen von Zusammenhängen. Gegenteilig zu Systemen sind Fragmente, Stückwerke usw. wo man Widersprüchlichkeiten im Denken erkennen kann, die jedoch nicht geglättet, sondern sichtbar gemacht werden müssen.

Kant spricht in der KdrV über die Architektonik als Kunst der Systeme. Die systematische Einheit ist, was eine gemeine Erkenntnis zur Wissenschaft macht. Der Begriff „Aggregate“ - Einheiten, aus denen ein System gemacht wird - zieht sich durch Kants Werke. - Lesen kann eine bloße Anhäufung von Wissensinhalten, von Aggregaten sein – dessen soll man sich bewusst sein. Kant ist bestrebt, Erkenntnisse zu einem System zu bilden. Das Ziel ist der Vernunftbegriff in Form eines Ganzen, apriori bestimmt. Der szientifische Vernunftbegriff enthält Zweck und Form eines Ganzen. Kant entwickelte die Kategorien beispielsweise nach einem System im Gegensatz zu Aristoteles. Dabei entsteht eine Gliederung des Ganzen anstatt eine Häufung, sowie ein innerlicher Wachstum. Kant spricht sich für Wolffs Methode für künftige Systeme aus. Nicht nur ein Werk, sondern auch die Vernunft soll als System verstanden werden, als ein System der Nachforschung nach Grundsätzen der Einheit, zu welcher Erfahrung allein den Stoff hergeben kann.


Wolff: Er befasste sich in den Marburger Vorlesungen mit dem Unterschied zwischen zusammenhängendem und nicht zusammenhängendem Verstand. Ersterer deckt verborgene Strukturen und Verbindungen der Welt auf. Wolff hält wie Leibnitz diese Welt für die vollkommenste aller Welten, wenngleich uns das Verständnis ihrer Komplexität unmöglich ist. Es ist wichtig, Zusammenhänge sichtbar zu machen, die sich der unmittelbaren Beobachtungen entziehen.


Johann H. Lambert: Dieser Zeitgenosse Kants hat ein Fragment namens „Systematologie“ hinterlassen. Das Werk, das 47 Paragraphen enthält, findet man in den „Logischen und philosophischen Abhandlungen“, herausgegeben von J. Bernoulli. Einer seiner Überschriften ist „das System“ überhaupt. Für Lambert ist ein System jedes Ganze, das kein Chaos ist und keine Verwirrung. 5 Kriterien bestimmen nach Lambert ein System: 1)Teile, aus denen 2)verbindende Kräfte wirksam sind 3)ein gemeinsames Band 4)ein oder mehrere Absichten des Ganzen, die erkennbar sein sollen 5)der Gleichgewichtszustand von Systemen.

Ein System kann vieles sein, z. B. Maschinen oder Lehrgebäude. Das WIE des Systems betrifft die Anordnung der Teile und die Methode, die einem System zugehört. Ein System ist eng mit seiner Methode verknüpft – das Wort „System“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „zusammenstellen“.


Philosophieren geht mit einem Anspruch des Denkens einher. Es ist der Ansatz zu einem System oder Systemizität. Der Interpret eines Textes hat die Aufgabe, Methode, System/Systemizität zu rekonstruieren.

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