Protokoll vom 23.01. (Melanie Holzinger-Neulinger & Daniela Leopold)

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Schwerpunkt dieser Seminareinheit ist es ein verbessertes Gerüst für den Bildungsbegriff der Wikipedia aufzustellen.

Überarbeitet und an einigen Stellen gekürzt. --anna 10:35, 30. Jan 2006 (CET)


Präliminarien

Im Rahmen der Auseindersetzung mit dem Bildungsbegriff im Seminar, wurde der Eintrag in der Wikipedia als unzureichend empfunden. Mögliche Änderungen sollen diskutiert werden. Welche Überlegungen dahinter stehen, warum und in welcher Hinsicht man etwas verbessern kann, soll in einem Protokoll gefasst werden und daraufhin soll Kontakt mit den Autoren des Wikipedia-Artikels aufgenommen werden.

Beginnen werden wir beim Brockhaus Online. Der Bildungsartikel im Brockhaus Online ist ein gutes Beispiel für die Aufgabe, einen weitläufigen und weiträumigen Artikel (nämlich im gedruckten Brockhaus) zusammenzufassen und lesbar zu machen.

Den Anfang unseres Verbesserungsvorschlages soll die Begriffsklärung darstellen. Der Wikipedia Eintrag beginnt mit einer „Suche nach dem Begriff“. Diese Formulierung ist für ein Lexikon unpassend, man möchte den Begriff ja nicht erst suchen, sondern sofort lesen können, was darunter zu verstehen ist.

Wir versuchen nun eine Aufstellung des begrifflichen Raumes:

Bei Brockhaus Online. Im ersten Abschnitt haben wir eine Aufstellung des Begriffsraumes. Welche Assoziationen gibt es beim Begriff Bildung? Hier fehlt im Brockhaus Online die Abgrenzung zu anderen Begriffen; nur das Positive des Bildungsbegriffes, wie innere Bildung, Prozess und Resultat des Prozesses, ist enthalten, nicht die Abgrenzung gegen Wissen, Lernen, Ausbildung, das könnte man in einem erweiterten Sinn unter Begriffsfeld miteinbeziehen. Bildung schließt ein, wogegen sich Bildung abhebt.

Frage (von Swertz): Wie wollen wir beginnen? Es gibt zwei Möglichkeiten:
  1. Was ist Bildung?
  2. Es gibt verschiedene Probleme, welche mit dem Bildungsbegriff verbunden sind, z.B.: muss man Bildung von Erziehung abgrenzen.
Nun gibt es verschiedene Positionen: Wir wollen nicht sagen was die Richtige ist, sondern zeigen die unterschiedlichen Positionierungen auf.
(Hrachovec) In der Wikipedia findet sich oft die Tendenz, aus Positionen einer kontroversen Debatte eine inhaltliche Aussage zu machen. Bsp.: " Es kann aber keinen perfekten Menschen geben;", "Der deutsche Idealismus wendet den Bildungsbegriff zum Subjektiven." Man sollte nicht mit Brocken aus inhaltlichen Auseinandersetzungen operieren und diese als Zusammenfassung ausgeben: "Der moderne dynamische und ganzheitliche Bildungsbegriff ..."

Gerüst der Darstellung

  1. Begriff
  2. Geschichte

In der Geschichte darf Humboldt sicherlich nicht fehlen, doch in der Wikipedia ist alles nach Humboldt ungegliedert. Die Darstellung wechselt zur Bildung als einem Wertproblem, als Ware und zu den Bildungszielen. Die Struktur unter den Punkten 3-7 ist nicht nachvollziehbar, sondern offenbar zusammengewürfelt. Es fehlt die neutrale Übersicht.

Anschließend wird die Gliederung des Bildungsartikels der Wikipedia noch einmal genauer betrachtet: Die Gliederung setzt sich zusammen aus: Suche nach dem Begriff, historische Entwicklung des Bildungsbegriffes, Lernen, Erziehung, Bildung, frühe Bildung und Bildung und soziale Ungleichheit, Bildungsziele, der pädagogisch begleitete Bildungsprozess nach Klafki, Fragen zur Bildung, Zitate siehe aus Literatur, Weblinks.

Eine mögliche Struktur könnte so aussehen:

Hauptunterpunkte

  1. Begriff
  2. Geschichte
  3. Bildungswesen
  4. Bildungsziele
Frage eines Studenten: Was versteht man unter Bildungswesen? Unter Bildungswesen versteht man die institutionalisierte Bildung. Unterpunkte sind: Vor der Schule, Schulbildung, Erwachsenenbildung und Bildungspolitik. Bildungswesen ist der Überbegriff von früher Bildung, Bildung und soziale Ungleichheit.
Einwurf von Swertz: Gehört das hier dazu oder sollte man für Bildungswesen, also Institution der Erziehung nicht einen eigenen Wikipedia Link einrichten. Die Seminargruppe stimmt dem zu.

In der neuen Version der Wikipedia, (seit Anfang Jänner) finden sich mindestens 12 Artikel, wo auf Bildung Bezug genommen wird. z.B.: Bildungstheorie. Solche verwandte Begriffe sind bei dem Wikipedia Artikel bei „Siehe auch“ zu finden. Eine solche Vorgehensweise wäre auch für den Begriff des Bildungswesens ideal.

Swertz wirft ein: Was aber unter der Perspektive von Ausbildungsformen trotzdem interessant wäre: Pädagogische Institutionen und diese Ausbildungsformen der Wissensgesellschaft gibt es nicht erst seit Aufkommen des Internets, sondern seit Aufkommen der Schrift, welche in einem engen Verhältnis zu den medialen Form steht. Die Erfindung der Schriftsprache hat zum Aufkommen pädagogischer Institutionen geführt hat. Unsere Schriftsprache ist auf die Keilschrift der Sumerer zurückzuführen, ~ 2400 v.Chr. Später wurde Lesen und Schreiben in Klosterschulen gelehrt. Trotz über 4000 Jahre Schriftsprachenerziehung ist dies nicht in die Familienerziehung eingegangen, im Unterschied zur gesprochenen Sprache. Dies wären Argumente das Bildungswesen gesondert zu bearbeiten.

Einwurf eines Studenten: Wir würden vorschlagen, dass Bildungswesen auszulagern. Unser Vorschlag für den Artikel soll mit dem Begriff „Bildung“ beginnen, dann die Geschichte separat. Nachdem wir das Bildungswesen auslagern wollen, kommen anschließend die Bildungsziele.

Bildungsziele

Formulierungen wie

der moderne, dynamische ganzheitliche Bildungsbegriff steht für den lebensbegleitenden Entwicklungsprozess des Menschen, bei dem er seine geistlichen, kulturellen und lebenspraktischen Fähigkeiten und seine personalen und sozialen Kompetenzen erweitert

enthalten zu viele Floskeln, die Bildungsziele sollten möglichst nüchtern sein. Allerdings gehören solche Formulierungen auch dazu. Vorerst sollt man explizit sein, auch wenn man erbaulich und wertorientiert ist. Wir verbinden mit dem Begriff Bildung auch die bereits genannten Wertvorstellungen. Da diese Wertvorstellungen nicht nur Wertvorstellungen sind, sondern für einzelne Positionen in der Diskussion um den Bildungsbegriff stehen.

Einwurf von Swertz: Für die einzelnen Positionen müssten wir darstellen, welche Bildungsziele jeweils in den Mittelpunkt kommen? Zum Beispiel ist emanzipatorisches Denken in Anlehnung an Horkheimer und Adorno, eine bildungstheoretische Position, die Emanzipation als Bildungsziel ausweist. Oder die Bildungstheorie von Humboldt, eine Position, die die Ausbildung der Kräfte zu einem harmonischen Ganzen als Bildungsziel ausweist. Wie grenzt sich jetzt diese kritische Bildungstheorie von anderen Begriffen ab. Lernen, Sozialisation, Erziehung, - wie wird Bildung hier abgegrenzt.
Einwurf eines Studenten: Wenn der Bildungsartikel etwas Sinnvolles werden soll, muss man auf bestimmte Inhalte genauer eingehen. Mehrere Ziele weisen auf mehrere Positionen, dies müsste in der Bildungstheorie sichtbar sein. Es macht keinen Sinn den Bildungsbegriff von Bildungstheorien zu trennen, da jede Vorstellung von Bildung an eine Bildungstheorie gebunden ist.

Formulierungsvorschläge

Als erstes Ergebnis unserer Diskussion könnte der erste Satz des Artikels wie folgt lauten:

Bildung ist Entfaltung oder Entwicklung der Fähigkeiten eines Menschen aus seinen Anlagen, Angriff und Gestalt durch seine Erziehung.

---> das kann ja wohl nicht stimmen

Dieser Satz stellt ein kurzes Vorwegnehmen dar, wie bei Zeitungen ein Aufmacher.

Hrachovec liest aus dem Wiki vor: Bildung muss inhaltlich und begrifflich getrennt werden. Das ist nicht verständlich. In Hinblick auf Bildung muss etwas getrennt werden?!? Als Einstieg völlig ungeeignet. Als Aufmacher muss etwas stehen, was den Leuten sofort im Kopf bleibt.

Swertz wirft ein: Das entscheidende, was im ersten Satz drinnen stehen muss:

Dass Bildung und Bildungstheorie in der Pädagogik dazu dienen, Bildungsziele unabhängig von religiösen, politischen, wirtschaftlichen und künstlerischen Interesse zu begründen.

Aufgrund der Diskussion ergibt sich ein Hinweis, dass Bildungstheorie, Bildungswesen in dieses Feld hineingehören. Am Anfang soll ein kurzer Verständigungspunkt sein, wo es um Bildung geht. Die Aufgabe dieses Artikels über Bildung besteht darin, dass noch diesseits der theoretischen Ausformulierung und diesseits der politischen Umsetzung und der sozialen Analyse ein Begriffs- und Geschichtskern von Bildung zu formulieren, den man heranziehen kann und zur Ausgestaltung in näherer Theorie oder in näherer gesellschaftlichen Praxis verwenden kann.

---> bitte diesen Satz sanieren


(Swertz):

Bildung ist die Entfaltung eines Verhältnisses zu sich Selbst, zu anderen und zur Welt. Wie diese Verhältnisse verstanden werden und wie sei sein sollten, ist je nach Bildungstheorie unterschiedlich bestimmt.

Hrachovec meint: Diese Idee passt eigentlich gut in die Ausführung des Bildungsbegriffes. Bildung ist die Entfaltung eines Verhältnisses zur Welt, wie diese Verhältnisse verstanden werden und wie sie sein sollten, ist je nach Bildungstheorie unterschiedlich bestimmt.

Student kritisiert: Der erste Satz ist wie in einem Lexikon, wo zuerst die mathematische Formel hingeschrieben wird. Die geeignete Stelle für diese Beschreibung der Verhältnisse, scheint das Elementardreieck des Wikipediaartikels zu sein. Dieses Elementardreieck beschreibt das Verhältnis von Wissen, Denken und Kommunizieren. Der Umweltbegriff unseres Vorschlages könnte den Begriff des Kommunizierens darstellen, jedoch passen die anderen Dimensionen nicht zu den von uns gerade aufgestellten.

Swertz kritisiert, dass das Verhältnis zur Welt fehlt und wo ist die sinnliche Erfahrung?

Der Bildungsbegriff dient dazu, pädagogisches Handeln zu legitimieren, unabhängig von gesellschaftlichen Interessen. Wie das zu geschehen hat, ist je nach Bildungstheorie und damit verbundene Bildungsbegriff unterschiedlich. Es macht einen Unterschied ob man Adorno, Spranger, Nohl, Humboldt, Platon, Schleiermacher, etc. betrachtet.

Bildung und Bildungstheorien

Ein Student meint, im Entwurf stehen die vier Positionen, die hermeneutisch-analytische, die platonische. Swertz antwortet: Das wäre die zweite Frage, ob wir es nach erkenntnistheoretischen Positionen machen oder nach Personen?

Hrachovec meint, die Intervention gehört in die Bildungstheorie. Es gibt einen interessanten und wichtigen Unterschied zwischen Bildung und Bildungstheorien. Bildung als etwas, was die ganze Welt interessiert und worüber man etwas sagen kann, ohne eine bestimmte Theorie darüber zuhaben. Bildung ist ein Anliegen jenseits/diesseits von Bildungstheorien. Bildungstheorien setzten das um, was interessiert. Der Bildungsbegriff hat Inhalte, welche nicht auf die einzelnen Bildungstheorien reduziert werden können.

Versuch der Integrierung einer Didaktischen Auffassung: Was ist der Kontext von Bildung? Bildung wird unterschieden von Lernen, Beziehung, Didaktik. Man sollte ein oder zwei zentrale Positionen ausmachen. Wäre nahe liegend nicht nach Personen, sondern nach erkenntnistheoretischen Ansätzen vorzugehen.

(Hrachovec) Bildung unterscheidet sich von Konditionierung, von Training, von Wissen. Dies ist eine sinnvolle Unterscheidung. Das eine, allgemeine Bild des Bildungsbegriffes, kann nicht mehr aufrecht gehalten werden. Was die Einzelnen an diese Stelle sagen, sollte unter der Rubrik Bildungstheorien erfasst werden. Bei Bildungstheorien ist man vorbereitet, dass man in einzelne Räume geführt wird. Wie sich das in den einzelnen Räumen Gefundene zueinander verhält, muss nicht unbedingt von mir beurteilt werden. Solange ich plausibel mache, dass es etwas mit Bildung zu tun hat. Der Begriff soll sozusagen „aufgeschlüsselt“ werden und mit einzelnen Theorien in Verbindung gebracht werden.

Bildung deutsch ?

Einwurf eines Studenten: In anderen Sprachen gibt es den Bildungsbegriff nicht in dieser Form. Im deutschen Begriff gibt es verschiedene Tendenzen, die es sonst nirgends gibt. Bildung ist etwas, das nicht nur im Deutschen vorkommt, sondern auch in anderen Sprachen, Ländern. Bildung als objektiver Geist, als etwas, das der Mensch mit seinen Fähigkeiten hervorbringt. Bildung ist als ein relevanter Begriff deutscher Geschichte zu sehen. Bildung ist nicht zu verwechseln mit Begriffen aus anderen Sprachen, die häufig mit dem Bildungsbegriff in Verbindung gebracht werden (z.B. (engl.) education oder (franz.) éducation). Andere Völker verwenden diesen Bildungsbegriff nicht, heißt das nun sie sind nicht „gebildet“?

Meist wird der Bildungsbegriff mehr als ein Erziehungsbegriff gesehen z.B. die Vorstellung von Erkenntnis eines Aborigines ist sicherlich anders als meine. Ich begreife diesen Begriff anders in meiner Kultur. Engländer z.B. würden sich nicht als gebildet beschreiben, da sie etwas anderes darunter verstehen.

Die Frage ist an welchen Punkten kann man diese unterschiedlichen Positionen (unterschiedlicher Völker und Sprachen) zum Bildungsbegriff gut sichtbar machen:

  • Kritik (well–educated – gebildet; Vernunft, Emanzipation)
  • Menschenbild (Anthropologie, Tabula Rasa (fraglich), Vernunftfähigkeit

Bildung muss inhaltlich und begrifflich getrennt werden. Der Begriff Bildung kann sehr schwer direkt in Zeit und Raum übersetzt werden. Hier würde sich der lateinische Begriff der Humanitas am besten eignen. Man kann allerdings inhaltliche Äquivalente in jeder Kultur finden.

Hier wird ein Zwischenstopp eingelegt.

Bei der nächsten Seminarsitzung wird die Begriffsklärung im Zentrum der Diskussion stehen. Die Schwerpunkte werden sein:

  • Begründung von pädagogischen Handelns
  • Unterschiedliche Positionen zu Bildungsbegriffen und Theorien




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