Pierre Bourdieu (Exzerpte)

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The chronicle of higher education / Today´s Newshttp://chronicle.com/free/2002/01/2002012503n.htm , 23.03.2006

Interview: By Scott McLemee

Professor für Soziologie Loic Wacquant unterrichtet an der Universität von Californien in Berkley. Er schrieb mit Pierre Bourdieu „ An Invitation to Reflexive Sociology“. Loic Wacquant über Pierre Bourdieu, sein Leben, seine Arbeit und sein Vermächtnis.

Pierre Bourdieu starb am 23.Jänner 2002, in Paris an Krebs. Er war einer der führenden Soziologen seiner Generation. Die bekannteste Arbeit in den United States ist, “Distinction: A Social Critique of the Judgment of Taste”. Obwohl er manchmal mit Jean-Paul Sartre verglichen wird, konnte Pierre Bourdieu sich in kurzer Zeit in der akademischen Welt etablieren und eine zentrale angesehen Position einnehmen. Er war eine öffentliche Figur in öffentlichen Debatten innerhalb von Europa und besonders in Deutschland. Er sprach über neue ideologische Ansichten – Neoliberalismus (-Marktlösung für alles!) Pierre Bourdieu zeigt durch seine Analysen von der Welt, der Wissenschaft, von den Medien, der Erziehung und der Kunst die Notwendigkeit auf, dass man diese einzelnen Gebiete von den anti-demokratischen Effekten und der totalen Zerstörung, von der stammenden Herrschaft der Ware beschützen muss. Er wollte den Menschen eine breite Möglichkeit (Instrumente) darbieten, dass diese für sich selbst denken können. Bourdieu wurde verbunden mit der Vernunft und der Wissenschaft und mit der Rolle wie die heutige Gesellschaft damit umgeht. Der Soziologe arbeitete prisante Themen immer sehr methodische und mit einer gewissen „coolness“ auf, welches man in seinen späteren Arbeiten von Erziehung erkennen kann. In den 1990 Jahren änderte sich seine Art des Schreibens, sie wurde direkter, um die öffentlichen Debatten zu beeinflussen.

Pierre Bourdieu war kein Fisch im Wasser, er passte nicht in die akademische Welt hinein. Er nahm durch die Kombination von Feldstudien, statistischen Analysen und Philosophie eine einzigartige Position ein und etablierte sich so in der Welt der akademischen Gelehrten.



Bourdieu, Pierre: Die zwei Gesichter der Arbeit: Interdependenzen von Zeit- und Wirtschaftsstrukturen am Beispiel einer Ethnologie der algerischen Übergangsgesellschaft: Die Erzeugung des ökonomischen Habitus.UVK, Univ.-Verl. Konstanz, 2000; S.7-20.

Titel der Originalausgabe: Algerie 60. Structures economiques et structures temporelles. Les Editions de Minuit, Paris 1977


Der Soziologe Pierre Bourdieu machte Anfang der 60er Jahre eine ethnologische Feldstudie und soziologische Analyse zum Verhältnis von Wirtschafts- und Zeitstrukturen in der algerischen Übergangsgesellschaft. „Angesichts der gegenwärtigen Krise der Arbeitsgesellschaft, wachsender Massenarbeitslosigkeit und sozialer Ausgrenzung treten zunehmend Symptome der Anomie an den Tag: Destrukturierung und Nichtigwerden von Zeit, Sinnentleerung des Alltags, fatalistisches Verharren in „toter Zeit“.“ (Pierre Bourdieu)

Durch den Befreiungskrieg in Algerien durch die französische Armee wurden ganze Bevölkerungsgruppen in Sammellagern zusammengeführt. Hier sah Pierre Bourdieu zwei Typen von Wirtschaftssystemen mit völlig konträren Anforderungen zur Koexistenz, welche gewöhnlich durch einen Zeitraum von mehreren hundert Jahren voneinander getrennt sind. (ebd.S.7)


Einige Eigenschaften der vorkapitalistischen Ökonomie (ebd.S.8)

Charakteristika der vorkapitalistischer ökonomischer Praktiken finden ihren gemeinsamen Nenner darin, dass sie als ökonomische Verhaltensweisen angesehen werden, dennoch sind sie nicht als solche konstituiert und verselbstständigt, dass heißt sie werden noch nicht aus einer besonderen Ordnung stammend betrachtet. „Die Logik des Gabentausches vereint sich mit der mythisch-rituellen Logik zu einem Verbot, ein Utensil leer zurückzugeben.“ ( ebd.S.8-9) Meistens sind beide Parteien daran interessiert ihren Handel nicht in aller Öffentlichkeit zu schließen. Der Ausleihende versucht seine Mittellosigkeit zu verdecken und der Besitzer spielt bei diesem Spiel mit, um die Transaktion geheim zu halten, welche nicht ganz mit dem Gerechtigkeitssinn in Einklang steht. Solche Praktiken werden bedeutend unverhohlener praktiziert, wenn sich die Partner untereinander nicht kennen und je neutraler und unpersönlicher die Beziehung zwischen ihnen ist. (ebd.S.9) Ein Prototyp für solch kriegerische ökonomische Praktiken sind Märkte, allerdings nicht so sehr Dorfmärkte, da sich hier die Leute untereinander kennen und schätzen. Die Transformation von landwirtschaftlichen zu handwerklichen Tätigkeiten, welche zuvor immer der landwirtschaftlichen Tätigkeit untergeordnet war, ging das gesamte System an Konventionen, welche mit der traditionellen Solidarität verbunden ist zugrunde. Jedem wurde ein Beruf zugeschrieben.


Die ökonomischen Bedingungen des Zugangs zu den ökonomischen Praktiken (ebd.S.14)

„Der Eintritt in die urbane Lebenswelt und in die ökonomische Ökonomie erzwingt den Bruch, setzt eine tiefgehende Transformation der grundlegenden Verhaltensdispositionen voraus, welche die gesamte Beziehung zur ökonomischen Welt bestimmen.“ (ebd.S.19)



Fuchs-Heinritz, Werner / König, Alexandra: Pierre Bourdieu: Die Einführung. UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2005; S.157-171.


1.Kapital

Gehört zu den Theoremen und Konzepten von Bourdieu. Die Aneignung von Kapital, durch einzelne Personen und mehreren ist eine Aneignung von sozialer Energie, da es ein akkumuliertes, vererbbares oder auf andere Weise übertragbares Kapital gibt, haben die Menschen unterschiedliche Möglichkeiten des Handelns. (ebd.S.157) Die Unterscheidung der einzelnen Kapitalsorten hängt mit dem Feldbegriff zusammen, diese einzelnen Kapitalien bilden Abgrenzungsmöglichkeiten der Felder untereinander. Die verschiedenen Kapitalsorten sind mehr oder weniger gegenseitig konvertibel, weil Arbeit, Anstrengung und Mühe in jeder von ihnen materialisiert sind. Bourdieu verwendet die einzelnen Begriffe für Kapitalsorten nicht immer konsistent, er spricht auch manchmal von wissenschaftlichen, staatlichen, literarischen oder juristisch-wirtschaftlichen und technologischen Kapital,…

1.1 Ökonomisches Kapital

Zum ökonomischen Kapital zählen alle Formen des materiellen Besitzes, welche in Gesellschaften mittels Geld getauscht werden können. Das ökonomische Kapital ist das wichtigste Kapital und liegt allen anderen Kapitalsorten zugrunde aber andererseits lassen sich die anderen Kapitalsorten nicht direkt auf das ökonomische Kapital zurückführen. (ebd.S.161)

1.2 Kulturelles Kapital

Das kulturelle Kapital ist in drei Kristallisierungsformen gegliedert, erstens in seiner objektivierenden Form besteht kulturelles Kapital aus Büchern, Bildern,…, zweitens in inkorporiertem Zustand besteht kulturelles Kapital aus den kulturellen Fähigkeiten, Kenntnissen und Fertigkeiten eines Individuums, drittens institutionalisiert tritt das kulturelle Kapital in Gestalt von Abschlusszeugnissen und Bildungstiteln auf. Die Legitimität spielt eine große Rolle. (ebd.S.162-166)

1.3 Soziales Kapital

Das soziale Kapital besteht aus Möglichkeiten, wie andere um Hilfe zu bitten, das Substrat dieser Kapitalsorte ist das Netz der sozialen Beziehungen. (Freundeskreis, etc.) Dieses Kapital dient vor allem dazu, die Chancen der Erhaltung und der Vermehrung des ökonomischen und des kulturellen Kapitals zu sichern. (ebd.S.167)

1.4 Symbolische Kapital

Das symbolische Kapital besteht aus den Chancen, soziale Anerkennung und soziales Prestige zu gewinnen und zu erhalten, dazu gehört die Legitimierung des kulturellen Kapitals. (ebd.S.169) Dieses Kapital ist nicht eine besondere Art von Kapital, sondern jenes was aus der Art von einem Kapital wird. In diesen Konzentrationsprozessen wo das symbolische Kapital monopolisiert wird, liegt bis heute die Macht des Staates begründet. (ebd.S.170)