Philosophie und (Sozial-) Wissenschaft

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Der Foliensatz zur Vorlesung wurde von Martin Kusch auf der Übersichtsseite zur VO zur Verfügung gestellt. B Praher 20:54, 2. Nov. 2009 (UTC)


Einleitung

Martin Kusch ist erst seit 1. August d.J. Professor für angewandte Wissenschaftstheorie und Erkenntnistheorie an unserem Institut. Zu Beginn erzählte er über seinen eigenen philosophischen Werdegang, um zwei grundlegende Fragen zu beantworten, die er sich auch selbst als Studienanfänger gestellt hat: 1. Wie kommen die PhilosophInnen zu ihren Fragestellungen? Und 2. Wie wird man eigentlich PhilosophIn? Danach gab er in drei Blöcken kurze Einblicke in seine Forschungsarbeit. Obwohl es sich auf den ersten Blick um völlig verschiedene Gebiete handelte, bestand ihr Zusammenhang doch in einer zentralen Fragestellung: Wie kann das Soziale im Zusammenhang mit Philosophie verstanden werden? In den drei inhaltlichen Vorlesungsteilen wurden folgende Möglichkeiten davon behandelt:

a) Das Soziale im politischen Sinn als Teil der Philosophiegeschichte b) Das Soziale im Diskurs über das Wissen und der Bedeutung von anderen für dieses Wissen c) Das Soziale als der Prozess des Verhandelns und Neuverhandelns von Bedeutungen und Klassifikationen in der Wissenschaft.


Zur philosophischen Biografie von Prof. Martin Kusch

Zu Beginn standen zwei Interessen im Zentrum: Einerseits war dies der Marxismus, der die Geschichte als Geschichte von Klassenkämpfen zwischen Klassen, die sich durch ihre verschiedenen Positionen im Produktionsprozess definieren, versteht, und andererseits die Psychoanalyse, die das menschliche Verhalten durch unsere Triebe, allen voran dem sexuellen Trieb, zu erklären versucht. Nachdem Kusch sich eine reale Form der klassenlosen Gesellschaft in einem israelischen Kibbutz angesehen hatte, begann er 1979 sein Studium in Berlin (West), wo zur selben Zeit Ernst Tugendhat seine Lehrtätigkeit dort begann. Für Tugendhat war das große Thema damals die sprachanalytische Philosophie, in der durch Analyse Fragestellungen aufgeworfen, wie: „Was ist eigentlich ein Satz?“ oder „Wie können wir uns mit Sätzen auf die Welt beziehen?“ Die Philosophie sollte dabei neu überdacht werden, wobei die neue Grundlage in der Sprache zu suchen bestehen sollte. Wichtige Namen in diesem Zusammenhang sind: Ludwig Wittgenstein und für die sprachanalytische Betrachtung von Moralphilosophie Georg Henrik von Wright. Ab 1981 setzt Kusch sein Studium in Finnland fort, wo vor allem die Klassiker (Kant, Hegel, Aristoteles, Platon) gelehrt wurden. Um den Kontakt zur gegenwärtigen Philosophie weiter aufrecht zu erhalten, begann er das zu dieser Zeit neu erschiene Buch „Theorie des kommunikativen Handelns“ von Jürgen Habermas zu lesen. Hier verbinden sich Marxismus und Soziologie als Hintergrund mit Psychoanalyse und schließlich der Sprachanalyse. 1998 schrieb er seine Dissertation zur Sprachphilosophie von Husserl und Heidegger, obwohl ihn das nicht sonderlich interessierte. Das eigentlich wichtig war die „Lehre“ bei seinem Doktorvater Jaakko Hintikka, dem wichtigsten finnischen Philosophen und Logiker. Als Lehrstuhlvertreter an der Universität von Oulu, beschäftigte er sich erstmals – auf Wunsch der Studierenden – mit Michel Foucault und der französischen Wissenschaftsgeschichte. Kusch bezeichnet dies als „die Wende“ in seiner Forschungsbiografie, durch die er endlich zu seinem Thema fand. Denn Foucault sucht den Zusammenhang von wissenschaftlichen Wissen und Macht, bzw. Kontrolle, wobei Gebiete wie Psychiatrie, Psychoanalyse oder die Polizeiwissenschaft im 19. Jh. untersucht werden. Da in diesen Feldern die politische Funktion bereits von vornherein offensichtlich ist, war Kusch unzufrieden und suchte seitdem eben jene Zusammenhänge in anderen Disziplinen, wie der experimentellen Psychologie, der Mathematik oder der Statistik. Als Lehrstuhlinhaber in Edinburgh, das damals das Zentrum der Wissenschaftssoziologie war, kam es zum Kontakt mit David Bloor, Collins und Steve Shapin. Sie waren der Meinung, Philosophie würde durch die Wissenschaftssoziologie ersetzt werden. Da Martin Kusch philosophisch argumentieren musste, um die Wissenschaftssoziologie zu verteidigen, kehrte er schließlich wieder stärker zu Philosophie zurück. Das zentrale Thema seither (in Cambridge und Wien) ist das Soziale und Politische in der Philosophie, und zwar in den Bereichen, wo es nicht selbstverständlich ist, wie z.B. in der Erkenntnistheorie oder der Sprachphilosophie.


Soziologische Geschichte der Philosophie: Was hat die Philosophie der Psychologie mit Macht zu tun?

Als erstes „praktisches Beispiel“ zum Forschungsgebiet von Prof. Martin Kusch, steht die Denkpsychologie, bzw. Denkphilosophie zu Beginn des 20. Jh, im speziellen der Kontroverse zwischen der „Leipziger Auffassung“ von Wilhelm Wundt und der „Würzburger“ um Oswald Külpe und Karl Bühler. Wilhelm Wundt stellte eine Struktur des menschlichen Bewusstseins auf, die auf folgender Klassifikation beruht: Es gibt drei primitive Bewusstseinselemente: Empfindungen, Vorstellungen und Gefühle, die Wahrnehmung, Erinnerungs- oder Phantasiebilder und Gefühle auf der zentralen Achse von Lust und Unlust einschließen. Gedanken allerdings bauen auf diesem Fundament auf und sind komplizierte Kombinationen dieser Elemente, die durch Willensakte erzeugt werden. Die Gedanken sind nun das eigentlich wertvolle im menschlichen Geist, während die primitiven Elemente zwar vorhanden sein müssen, aber nicht in gleicher Weise bedeutsam sind. Diese strenge, hierarchische Struktur wird grafisch in einer Pyramide ausgedrückt. Die Gedanken stehen über der Masse der primitiven Bewusstseinselemente. Die Rolle des Willens ist hervorgehoben, da es ohne ihn gar keine Gedanken geben kann. Der „Leipziger Auffassung“ steht nun ein antihierarchisches Modell gegenüber, das in Würzburg vor allem von Oswald Külpe und Karl Bühler vertreten wurde. Der Geist besteht nicht aus drei, sondern aus vier Grundelemente, denn die Gedanken sind selbst genauso primitiv und nicht weiter analysierbar, wie Empfindungen, Vorstellungen und Gefühle. Es besteht somit keine Notwendigkeit, den Aufbau von Gedanken theoretisch zu begründen. Zu dieser Meinungsverschiedenheit gab es eine große öffentliche Resonanz, die nicht nur Psychologen oder Philosophen, sonder z.B. auch Theologen, Rechtswissenschaftler beinhaltete.


Durch eine soziologische Analyse können nun drei politische Dimensionen aus dieser Denkauffassung und dem darum entstandenen Disput herausgelesen werden:

1) Für Wundt ist die hierarchische Struktur des Bewusstseins nun gleichzusetzen mit der Struktur des Faches Psychologie. Die experimentelle Psychologie, stellvertretend für das Individuum steht nun der Psychologie des „ethnisch homogenen Volkes“, gegenüber. Wobei die „Völkerpsychologie“ den Platz der Gedanken an der Spitze der Pyramide einnimmt, denn die komplizierten Gedanken können laut Wundt nur auf der Ebene des Kollektivs untersucht werden, was durch die Analyse von Sprache und Sitte geschieht. Das Volk steht weit über dem Individuum, dessen moralische Pflicht es ist, sich für den viel wertvolleren Staat (auch mit dem Leben) zu opfern. Auch an Wundts Institut in Leipzig ist diese Hierarchie anwendbar, so durfte sich nur er selbst mit der Völkerpsychologie auseinandersetzen. Privatdozenten, Assistenten und Studenten hatten sich mit experimenteller Psychologie auseinander setzen, als dessen Vater aber paradoxerweise Wilhelm Wundt selbst gilt. Es gibt also eine Verknüpfung zwischen der sozialen Struktur von Wundts Institut, einer bestimmten Vorstellung des Faches Psychologie und einer bestimmten Struktur des menschlichen Bewusstseins. Die Würzburger griffen diese hierarchische Struktur, und damit auch die Unterscheidung zwischen experimenteller Psychologie und Völkerpsychologie, an. Denn wenn Gedanken genauso einfach sind, wie die übrigen Bewusstseinselemente, ist keine spezialisierte Völkerpsychologie, bzw. deren Spezialisten notwendig.

2) Es stellt sich die Frage, was ist wichtiger, der Staat oder das Individuum? Für Wundt sind das ganz klar der Staat und das Volk, die die höchsten Werte repräsentieren, was auch das Denken mit einschließt. Diesem Nationalismus steht der Individualismus gegenüber, den die Würzburger vertreten. Denn Gedanken lassen sich laut ihnen auch im Individuum erforschen und der Staat muss sich vor dem Einzelnen rechtfertigen. Gleichzeitig waren die Würzburger – vor dem Hintergrund des ersten Weltkrieges – auch stark international orientiert.

3) Als letzte Dimension, die der Disput um die Denkphilosophie erreichte, ist der Konfessionsstreit zwischen Katholizismus und Protestantismus zu nennen. Letzterer ist stark mit dem Voluntarismus, also der Bedeutung des Willens, von Martin Luther und Emmanuel Kant verknüpft. Kantisch war damals gleich protestantisch, schließlich müssen sich die Katholiken der römischen Kirche unterordnen, was der Selbstbestimmung Kants widerspricht. Während Wundt in Leibzig militanter Protestant war, lehrten Külpe und Bühler an der katholisch orientierten Universität in Würzburg. Hier war die Idee des „reinen Intellekts“ von Thomas von Aquin zentral, die (u.a.) erklärte, warum sich die Seele des Körpers bedient. In der Würzburger Bewusstseinsauffassung sind die Gedanken rein und haben nichts mit Empfindungen etc. zu tun. Damit wurde Thomas von Aquins Idee durch experimentelle Psychologie bewiesen. Das war der Grund, warum die Theologen ebenfalls an dieser Kontroverse interessiert waren. Sie hatten so die Möglichkeit, einen Beweis für die ihre jeweilige Auffassung der Seele, in der Psychologie, bzw. Philosophie zu finden.

Erkenntnistheorie und Gemeinschaft: Die Rolle der Anderen in meinem Wissen und meiner Erkenntnis

In diesem Teil geht es nun um die Erkenntnistheorie, insbesondere um die Philosophie der Zeugnisse. Der Begriff des Wissens wird seit der Antike versucht zu erklären. Die einflussreichste Analyse sagt: Das Wissen ist gerechtfertigter, wahrer Glaube. Das bedeutet: Ich glaube etwas, es ist wahr und ich kann meine Meinung rechtfertigen.

Es werden traditionell vier verschiedene Wissensquellen in der Erkenntnistheorie unterschieden:

a) Wahrnehmung: Sinneseindrücke

b) Logisches Denken (reasoning): Neues Wissen durch Nachdenken erworben.

c) Erinnerung: Wenn ich mich an etwas erinnere, dass ich gestern schon wusste, weiß ich es jetzt auch.

d) Zeugnis: Mitmenschen als Wissensquelle


Diese Quellen stehen in unterschiedlichen Verhältnissen zueinander: Einerseits gibt es die individuellen Wissenssquellen (a-c), die ein Individuum für sich alleine hat. Andererseits gibt es die Unterscheidung durch die Begriffe „generativ“ (a-b) und „nicht-generativ“ (c-d). Während Wahrnehmung und Logisches Denken neues Wissen hervorbringen können, handelt es sich sowohl bei der Erinnerung, als auch bei den Zeugnissen um übertragenes Wissen. Daher sind letztere für die herkömmliche Ansicht eher unbedeutend.


Sind Zeugnisse je eine generative Wissensquelle?

Um das Soziale in die Erkenntnistheorie einbringen zu können, müsste nun gezeigt werden, dass auch die Zeugnisse generativ sein können. Ein Individualist würde sagen, dass dies nicht möglich ist, da es beim Wissen immer auf das Individuum ankommt. Ein Kommunitarist hingegen würde behaupten, dass auch in einer Gruppe Wissen generiert werden kann.

Um zu zeigen, dass Zeugnisse generativ sein können, müsste es Fälle geben, in denen der Berichtende einem Empfänger etwas erzählt, dass er oder sie zuvor auch noch nicht wusste. Das heißt, der Akt der Mitteilung selbst, müsste Wissen generieren. Um Beispiele dafür zu geben, wird die amerikanische Philosophien Jennifer Lackey herangezogen:

1) Die Lehrerin Frau Schmidt lehrt ihre SchülerInnen die Evolutionstheorie, obwohl sie nicht daran glaubt. Wenn Wissen nun als begründeter, wahrer Glaube definiert ist, wissen zwar die SchülerInnen danach von der Evolution, die Lehrerin aber immer noch nicht, da sie nicht daran glaubt. Hier gibt es den Einwand, dass dieses Wissen trotzdem nicht generativ ist, da es ja in Büchern etc. schon wiedergegeben wurde. Die Wissenskette läuft also von Darwin bis zu den SchülerInnen.

2) Beim Fall von Maria soll nun gezeigt werden, dass eine Wissenskette auch erst durch Zeugnis beginnen kann. Maria wurde gesagt, dass sie nach ihrer Augenoperation nicht mehr Farbsehen kann. Sie glaubt das ihrem Arzt, obwohl der sich allerdings geirrt hat. Auf der Straße fragt sie ein Freund ohne Nachzudenken, ob die Ampel eh grün ist. Sie bestätigt, dass die Ampel grün ist, weil sie nicht daran denkt, dass sie eigentlich keine Farben sehen kann. Die Zeugin berichtete also etwas, dass sie nicht wusste. Mit ähnlichen Beispielen kann auch gezeigt werden, dass Erinnerungen generativ sind.


Lässt sich unser Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen?

Hier ist die Frage, ob man im Allgemeinen den Urteilen Anderer vertrauen kann? Und anschließend, ob sich dafür ein Argument liefern lässt?

Ein Individualist geht davon aus, dass sich Vertrauen auf Zeugnisse rational rechtfertigen lassen muss. Argumente hierfür lieferten u.a. die folgenden Philosophen:

1) David Hume unterscheidet zwischen drei Gruppen von empfangenen Berichten. Hier gibt es einerseits eigenes Wissen, das Berichte bestätigt, zweitens Berichte, denen vom eigenen Wissen widersprochen wird und drittens Berichte zu Themen, für die kein eigenes Wissen vorhanden ist. Da man viel häufiger Berichte bestätigt als widerlegt, kann ich auf die Richtigkeit der (zukünftigen) Berichte vertrauen. Hume legt die gleiche Proportion auch auf die Berichte an, von denen kein eigenes Wissen vorhanden ist. Allerdings ist gerade dieser Bereich noch viel größer, als der Teil des Wissens, das man bereits hat.

2) Thomas Reid hingegen argumentiert mit Gott. Denn dieser hätte uns Menschen so geschaffen, dass wir die Wahrheit sagen und anderen glauben. Demnach können Zeugnisse ebenso fundamentale Wissensquellen sein. Allerdings wissen wir das von der Bibel, die ebenfalls ein Zeugnis darstellt. So kommt es also zu einer zirkulären Rechtfertigung.

Für den Kommunitaristen kann die Frage nach einer allgemeinen Rechtfertigung nicht beantwortet werden, da jede Rechtfertigung auf Vertrauen auf Andere, bereits Vertrauen vorraussetzt. Und da Zeugnisse generativ sind, ist Interaktion für das Wissen wesentlich und nicht nur zufällig.

Risto-Suche und Seppo-Suche: zwei Spiele zum Thema Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft

Risto-Suche Es gibt zwei SpielerInnen (A und B), einen Stempel und ein großes Zimmer mit vielen Gegenständen. A geht aus dem Raum, B stempeln zehn Gegenstände versteckt ab. Wenn A zurückkommt muss er innerhalb von 2 Minuten die „Ristos“ finden. Die Ristos werden aufgrund von Wahrnehmung identifiziert (Stempel). Das Risto-Spiel hat eine festgelegte Extension, also eine bestimmte, stabile Menge. A identifiziert die Ristos durch ihre Identität, und zwar den gleichen Stempelabdruck. Und da es eine Extension gibt, ist leicht von Fortschritt zu sprechen, es gibt schließlich ein klares Ziel.

Seppo-Suche Es gibt drei SpielerInnen (A, B und C). A verlässt den Raum, während B und C sich drei Gegenstände aussuchen, die einander in irgendeiner Weise ähnlich sind. Diese drei „Seppos“ werden A gezeigt, sobald er zurück ist. Nun muss A weitere Gegenstände für diese Reihe vorschlagen und argumentieren, warum dies ein Seppo ist. Dabei wird immer von allen drei SpielerInnen abgestimmt. Wenn ein neues Seppo hinzukommt, fällt das älteste weg. Gewinner wäre die Person, die in ihrer Spielrunde die anderen am besten von neuen Seppos überzeugt. Zusätzlich zur Wahrnehmung (Ähnlichkeitsbeziehung) wird ein Seppo durch Verhandlung und Abstimmung mit anderen identifiziert. Es gibt keine unwandelbare Extension, denn wenn ein neuer Seppo kommt, fällt ein anderer weg. Dadurch kann man auch nicht von Fortschritt im herkömmlichen Sinn sprechen. Um ein Seppo zu identifizieren, orientiert sich A an einer Ähnlichkeitsbeziehung.

Wozu sind diese Spiele nun aber gut? Eine Methode des Philosophierens ist es, über Vereinfachung und Reduzierung auf den zentralen Kern (durch einfache Modelle) komplexere Zusammenhänge zu verstehen. Nachdem ein gewisser Gegensatz oder Grundsatz klar geworden ist, kann ein Modell dann wieder de-idealisiert werden, um für die Realität angewendet zu werden. Diese folgenden beiden Spiele können nun als zwei unterschiedliche Modelle herangezogen werden, um Sprache in Beziehung mit Gemeinschaft, Wahrheit, Fortschritt und Wissenschaft zu sehen. Dabei wäre Risto laut Kusch die Art, wie sich die meisten Philosophen diese Beziehungen vorstellen. Das realistischere Modell wäre aber vielleicht das Seppo-Modell. Leider konnte Professor Kusch für bzw. gegen diese Behauptungen nicht mehr ausführlich argumentieren. Drei zentrale Punkte, die für das Seppo-Modell sprechen, hat er allerdings auf seinen Folien angegeben:

  • Die Idee „der Wahrheit“ macht keinen Sinn.
  • Verhandlung ist so wichtig wie Wahrnehmung.
  • Die soziale Dimension ist der Wissenschaft wesentlich.


Zusammenfassung der Modelle:

Risto-Suche Seppo-Suche
Identifikation der Gegenstände: durch Wahrnehmung durch Wahrnehmung und Verhandlung (sozialer Prozess)
Objektmenge: unwandelbare Extension keine unwandelbare Extension
Wie identifiziert A den Gegenstand: orientiert sich an Identität (Stempel) orientiert sich an Ähnlichkeit
Fortschritt Da es eine Extension gibt, kann man von Fortschritt sprechen. Da es keine Extension gibt, kann man nicht von Fortschritt sprechen.
Was ist die Wahrheit? Ein Gegenstand G ist wahr, wenn er einen Stempelabdruck hat.

Diese Wahrheit ist erkennungsunabhängig.

Erfolgreiche Spieler nähern sich der Wahrheit.

Ein Gegenstand G ist wahr, wenn er von der Gruppe als ähnlich beurteilt wird.

Das gemeinschaftliche Ähnlichkeitsurteil orientiert sich an empirischen Eigenschaften.

Die Wahrheit ist nicht erkennungs-unabhängig.

Es gibt keine Annäherung an die Wahrheit.