PROTOKOLLE - MuD09 - Gruppe1 - 27.10.

Aus Philo Wiki
Version vom 24. Oktober 2009, 20:27 Uhr von KANT (Diskussion | Beiträge) (Konstanze Renatus-Messmer)
Wechseln zu:Navigation, Suche

Zurück


Bitte posten Sie hier Ihr Protokoll der Vorlesung vom 22.10.09 - Gerhard Gotz!


Hannah Weinhardt

Ring-Vorlesung 19.10.2009 Professor Gotz

Den zweiten Teil seiner Ringvorlesung begann Prof. Gotz zunächst mit einem Rückblick auf die vorherige Vorlesung:

Während der Mensch in den Erfahrungswissenschaften ein Forschungsobjekt und wie alle anderen Lebewesen ein Organismus in Raum und Zeit ist, sprechen Religionen und teilweise auch die Philosophie ihm die Eigenschaft einer unsterblich Seele zu und platzieren ihn in einer überempirischen Welt. Diese zweite Auffassung kann leicht den Eindruck eines Trugbildes, einer Illusion erwecken, wirft sie doch die Frage auf: Wie kann etwas Unwirkliches aus dem Wirklichen entstehen? Wie kann aus Sinneseindrücken und unmittelbarem Erleben die Vorstellung von Unendlichkeit hervorgehen?

Dieser Prozess ist ein typisch Menschlicher und wird durch die verschiedenen Reflexionsstufen möglich: Unmittelbares Erleben wird im Geist zu Erinnerung, persönlicher Erfahrung und diese wiederum wird subjektiv beurteilt und somit zur Meinung. Dieser Prozess läuft im Gehirn verbalisiert ab und kann somit über die Sprache auch Mitmenschen übermittelt werden. Es entsteht eine Allgemeinheit. Diese Allgemeinheit stellt gemeinsam Fragen, reflektiert gemeinsam und findet Konsense. So entstehen auf einer Metaebene Gesellschaftsordnungen, Moralsysteme und Religionen. Doch auch diese können vom Individuum wieder hinterfragt, kritisiert und gegebenenfalls ersetzt werden, zum Beispiel durch Erfahrungswissenschaften. Jedoch können auch diese keine absolute Wahrheit liefern. Die Treppe der Reflexion geht also immer weiter und macht somit objektive Erkenntnis unmöglich.

Wie bewältigt der Mensch diese prekäre Situation praktisch? Wie kommt er letztlich zu seinen tatsächlichen Handlungen? Auf diese Fragen ging Prof. Gotz im zweiten Teil der Vorlesung ein:

Der unmittelbare Anstoß zur Handlung sind beim Menschen wie auch beim Tier die sinnlichen Triebe der Lebenserhaltung: Die Abhängigkeit von Nahrung, der Schutz vor Bedrohungen... Durch seine Fähigkeit zur Reflexion kann jedoch der Mensch diese Antriebe in größere Zusammenhänge bringen und durch verschiedene Filter (Religion, gesellschaftliche Normen, Ideologie) kritisch beurteilen. Unmittelbares Müssen wird so zu einer Fülle von Handlungsmöglichkeiten und eine Entscheidung ist nötig. Es muss ein Handlungsgrund gefunden werden, ein Zweck, welcher dann die Mittel, die eigentliche Handlung bestimmt. Doch auch hier tritt wieder das Problem der Reflexion auf: Durch Hinterfragen und kritische Beurteilung entsteht eine Fülle von möglichen Zwecken, die die Suche nach einem „höheren“ Zweck nötig machen. Auch dieser wird reflektiert und so weiter.

Letztlich gibt es nur eine einzige Wirklichkeit: Das eigene Ich. Auf dieses muss man sich also berufen um Entscheidungen zu treffen. Dieses Ich jedoch ist wesentlich gekennzeichnet durch die radikale Differenz zwischen Unmittelbarkeit und Reflexivität. Welches dieser beiden soll also „Zweck“ und welches „Mittel“ sein? Beide Möglichkeiten wurden von Gerhard Gotz gedanklich ausgeführt:

Die Unmittelbarkeit ist der Zweck (Egoismus):

Hier ist die oberste Maxime das Erlangen höchster Lust und die Vermeidung von Unlust. Die Reflexion wird also als Mittel zum lustvollen Leben gebraucht. Jedoch entsteht schnell ein innerer Widerspruch durch die Kollision mit der Umwelt, da diese Haltung von Mitmenschen selten akzeptiert wird. Der Egoist muss also seinen Egoismus aus egoistischen Grünen zügeln. Durch dieses Absurdum wird der Egoismus zu einer irrealen Position.

Die Reflexion ist der Zweck (Ideologie):

Hier sind Werte und Gesellschaft die wichtigsten Faktoren bei der Handlungsentscheidung. Jedoch setzt diese Denkweise den Glauben an bestimmte Axiome der Religion oder Ideologie voraus.

Letztlich steht der Mensch wieder vor einer Wahl: Egoismus oder Ideologie? Unmittelbarkeit oder Reflexion? Sein Wissen hilft ihm dabei nur bedingt. Es erkennt diese radikale Differenz zwar und steht somit über ihr, jedoch ohne eine Lösung finden zu können. Das Wissen schafft nur eine negative, keine positive Freiheit. Die Instanz, die es dem Menschen möglich macht, diesen scheinbar endlosen Kreis zu durchbrechen, ist sein Wille. Der Wille entscheidet, wann die Reflexion beendet und gehandelt wird. Er steht über Unmittelbarkeit, Reflexion und Wissen und muss eine Brücke schlagen über der radikalen Differenz. Er allein hat die positive Kraft der Setzung, der Entscheidung. Doch woran orientiert er sich? Wenn der Wille über allen bisher bekannten Instanzen steht, was steht dann über ihm? Was ist die absolute Sinngebung?

Die Suche danach ist Aufgabe der Philosophie.

Konstanze Renatus-Messmer

RING-VO 19.10.2009 – Methoden und Disziplinen der Philosophie (Prof. Gotz)

Zusammenfassung des VO-Inhaltes vom 15.10.09 zum Thema Erkenntnis- und Erfahrungswissenschaft: In der Erfahrungswissenschaft hat der Mensch die Problematik der radikalen Differenz zwischen seinem Gefühlserleben und dem sprachlich gefassten Wissen. Als reflexives Lebewesen und ICH ist es ihm möglich sich auf sich selbst zu beziehen und damit Subjekt und Objekt zu sein. Durch zeitliche Begrenzung und die Metaebene über dem Menschen kommt es zu Reflexionsstufen: Von der eigenen Wahrnehmung über die Erfahrung zur Vergesellschaftung und damit zu einer Sinngebung in einer überempirischen Welt, z.Bsp. Religion. Folgerung: Um die Erfahrungswissenschaft weiterzuentwickeln, benötigt es Methoden. Eine objektive Erkenntnis der Wissenschaft ist nicht möglich, da die subjektive Meinung kein Beweis für die Wissenschaft selbst und damit keine Garantie möglich ist. Die empirische Wissenschaft ist keine Garantie für Erkenntnis. Handeln die logische Folge der Meinung.

Möglichkeiten des Handelns: Durch Sinnlichkeit (Bedürfnisse, Triebe, Umwelt) besteht die Gefahr etwas unmittelbar zu tun. Zwischenmenschliche Anforderungen, gesellschaftliche Normen und ideologische Weltbilder relativieren unsere sinnlichen Antriebe. • Durch die Allgemeinheit unserer Reflexion ist kein unmittelbares Handeln möglich. • Durch die Reflexion verwandelt sich der Antrieb in Handlung. • Die Auswahl wie, wann, wo, warum und ob sind persönliche Antriebe/Möglichkeiten. • Durch Bewertung und Reduktion werden die Handlungsmöglichkeiten reduziert.

Als erstes Kriterium ist ein Zweck für die Auswahl der Möglichkeiten aus der Vielzahl der Reflexionen notwendig. Der Zweck ist ein Handlungsgrund. Es gibt nur mögliche Zwecke, sie sind nicht notwendig, sondern können auf der Metaebene oder als Medium der Möglichkeiten dienen. Die Reflexion ermöglicht eine Hierarchie der ausufernden Zwecke. Eine eigene Wirklichkeit ist die Voraussetzung für den Zweck und für die Auswahl notwendig. Das ICH ist der wirkliche Handlungsgrund. ICH ist in sich selbst differenziert, ein reflexives Wesen, das sich nicht vermischen lässt und in einem starken Spannungsverhältnis zur Unmittelbarkeit steht. Daraus entsteht die radikale Differenz. Das ICH entscheidet Zweck und Mittel.

Bei der Unmittelbarkeit ist Maximierung von Lust und Unlust der Handlungsgrund und damit das Ziel der Sinnlichkeit. Die Reflexion ist das Mittel, das Ziel die Maximierung eines lustvollen Lebens, folglich der EGOISMUS.

EGOISMUS: Der Egoismus entsteht durch die Reflexion des ICHs. Der Mensch entscheidet die Zwecksetzung und damit den obersten Wert. Egoismus entsteht nur beim Menschen, nicht beim Tier. Mittel sind z.Bsp. Kultur und Gesellschaft, der Zweck ist der Egoismus an sich als oberster Zweck.

Der Egoismus ist eine irreale Position, ein oberster Zweck, nur für den Einzelnen selber, nicht für außen und innen, sinnvoll. Als Mittel benutzt er andere Menschen oder die Natur (Bakterien z.Bsp.). Aus egoistischen Mitteln muss sich der Egoismus zurücksetzen (Schwäche des Egoismus) und rücksichtsvoll sein, damit ein Teil seine egoistischen Ziele erreichen kann. Ein Mittel ist auch der eigene Körper, den er zur Zielerreichung disziplinieren muss. Egoisten widerlegen ihre Subjektivität durch den Widerspruch in sich selbst, denn ihr Handeln ist objektiv.

REFLEXIVITÄT: Der Zweck der Reflexivität und Erreichung des höchsten Ziels über allem, ist die Einigung auf Werte und folglich eine gemeinsame Sicht der Welt. Als Beispiel können Religion und Ideologie wie z. Bsp. Sozialismus, Rassismus genannt werden. Ideologie relativiert sich gegenseitig zum obersten Zweck, unmittelbar und reflexiv führt sie zu einer Relativierung aneinander. Es ist keine praktische Orientierung möglich, da das Wissende über dem Egoismus, der Ideologie steht. Durch Selbstreflexion entsteht eine radikale Differenz. Das Wissen ist die eine Seite der radikalen Differenz. Denken ist die Selbstreflexion, relativiert die Zwecksetzung und kann damit keinen Zweck setzen. Sie gibt uns nur Möglichkeiten, wirkliches Handeln ist Faktum. Beschränkt auf Unmittelbarkeit und Reflexion ist keine Handhabung möglich.

WILLE: Die fehlende Instanz in dieser Problematik ist der WILLE. Der Wille ist eine Kraft, die über das Denken herrscht und entscheidet. Er setzt sich über das Risiko der Zwecksetzung hin weg und bittet keine Garantie für den Erfolg der Absicht. Das Handeln bleibt riskant. Der Wille ist das eigentliche Handlungsprinzip und entscheidet über Denken und Handeln. Wille ist kein unmittelbarer Antrieb, er steht über der Problematik, ist reflexiv und muss sich an keine Vernunft (Wissen) halten. Er ist eine individuelle Kraft und entscheidet über Zweck und Mittel einer Tätigkeit. Als sogenannte „Brücke“ vereint er sinnliche Vorlage und Interpretation und schließt eine Wertung nicht aus. Seine Aufgabe ist die Ordnung der sinnlichen Qualitäten und deren Umsetzung in Werte. Seine Entscheidungen sind frei und jederzeit änderbar. Die Freiheit des Willens kann sich konkret nur auf die eigene Situation beziehen, durch eine daraus folgende Handlung ermöglicht er neue, sinnliche Eindrücke. Wille verbindet praktische Theorie und theoretische Praxis (Praxis aus der Reflexion). Durch den Willen setzen wir etwas als „absolut“. Der Wille ist das Prinzip der Werte.

Wie soll man handeln? Der Wille muss das Denken, woran man sich orientieren soll, entscheiden. Er wendet sich an sich selbst, ist seine eigene Absolutheit und kann die radikale Differenz berichtigen. Dafür ist die Wirklichkeit des ICHs vorauszusetzen. Eine Differenz muss vorgegeben sein, damit der Wille sie mitgestalten kann. Der Wille ist endlich und nie sein eigener Grund. Er muss über sich einen Grund haben, der den Willen zum Handeln ermächtigt.

Was ist eine absolute sinngebende Ebene? Es ist Aufgabe der Philosophie einen Grund dafür zu erstellen. Die Philosophie schafft eine universelle Grundlagenwissenschaft in praxisorientierter Absicht und ein Gebot der absoluten Begründung dieser sinngebenden Ebene. Handeln bestätigt einen absoluten Grund.

Philosophie bedeutet eigenes Sehen – Einsicht – Konsens.


Zurück