Open Culture - Versuch einer Begriffsdefinition: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Gesetz legte das Copyright auf ein Werk für 14 Jahre fest, die doppelte Dauer der damaligen Lehrausbildung. Für Werke vor 1710 gab es eine Sonderregelung, diese stellte ab 1710 zusätzliche 21 Jahre zur Rechtesicherung zur Verfügung. Dieses Gesetz wurde für den gesamten Commonwealth erlassen, fand jedoch lange Zeit keine Anwendung, da sich niemand darum kümmerte.
 
Das Gesetz legte das Copyright auf ein Werk für 14 Jahre fest, die doppelte Dauer der damaligen Lehrausbildung. Für Werke vor 1710 gab es eine Sonderregelung, diese stellte ab 1710 zusätzliche 21 Jahre zur Rechtesicherung zur Verfügung. Dieses Gesetz wurde für den gesamten Commonwealth erlassen, fand jedoch lange Zeit keine Anwendung, da sich niemand darum kümmerte.
  
William Shakespeare schrieb ''Romeo & Julia'' 1595. Die erste Veröffentlichung wird auf 1597 datiert, daraus folgt, dass das Copyright 1731 bereits abgelaufen war. 1774 dachten jedoch die meisten, dass das Recht weiter bei einem Verleger namens Jacob Tonson lag, der wiederum zur Verlegergruppe ''Conger'' gehörte, die den Britischen Buchmarkt kontrollierte und somit auch die Preise bestimmte.
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William Shakespeare schrieb ''Romeo & Julia'' 1595. Die erste Veröffentlichung wird auf 1597 datiert, daraus folgt, dass das Copyright 1731 abgelaufen ist. 1774 dachten jedoch die meisten, dass das Recht weiter bei einem Verleger namens Jacob Tonson lag, der wiederum zur Verlegergruppe ''Conger'' gehörte, die den Britischen Buchmarkt kontrollierte und somit auch die Preise bestimmte.
  
 
Der Schottische Verleger Alexander Donaldson begann in diesem Jahr Shakespeare Stücke zu drucken und nach England zu exportieren und verkaufte diese zu einem niedrigern Preis als Tonson. Da sich Tonson im Recht glaubte erhob er Einspruch gegen die ''Statute of Anne'', wurde jedoch zurückgewiesen. Damit gingen die Rechte an den Stücken Shakespeares für immer in den Besitz der Allgemeinheit über.
 
Der Schottische Verleger Alexander Donaldson begann in diesem Jahr Shakespeare Stücke zu drucken und nach England zu exportieren und verkaufte diese zu einem niedrigern Preis als Tonson. Da sich Tonson im Recht glaubte erhob er Einspruch gegen die ''Statute of Anne'', wurde jedoch zurückgewiesen. Damit gingen die Rechte an den Stücken Shakespeares für immer in den Besitz der Allgemeinheit über.

Version vom 27. Februar 2006, 20:57 Uhr

Konzept/Grundlage von Open Culture

Es stehen sich zwei Arten von Gütern gegenüber. Die Einen die produziert werden um verbraucht zu werden (z.B.: Autos, Getränke, ...), und die Anderen die produziert werden, jedoch aufgrund der Tatsache das diese immateriel sind, nicht verbraucht werden können (z.B.: Software, Kompositionen, ...).

Im Laufe der Geschichte stand die Gesellschaft immer wieder vor der Frage, wie sie mit überschüssigen Gütern umgehen soll. Darunter fallen etwa immaterielle Güter und Ideen, die ohne nennenswerten Aufwand reproduziert werden können und damit zumindest potenziell unbegrenzt zur Verfügung stehen. Die Grundfrage lautet in diesem Zusammenhang: Sollen überschüssige Güter künstlich verknappt werden, um deren geistige Urheber zu schützen oder sollen diese Güter in den "Besitz" der Allgemeinheit übergehen, um deren Verbreitung und Weiterentwicklung zu fördern?"

Das Open Culture Konzept ist eine mögliche Antwort auf diese Frage.

Geschichtlicher Rückblick

Vor dem Aufkommen eines funktionierenden, durchschlagskräftigen Justiz- und Exekutivsystems stellte sich die Frage nicht, ob immaterielle Produkte geschützt werden sollen oder nicht. Es war ohnehin unmöglich solche Besitzansprüche geltend zu machen. Ideen Anderer wurden einfach kopiert und beliebig für eigene Zwecke übernommen.

Vor Bits und Bytes

Im Venedig des 15. Jahrhunderts änderte sich dieser Zustand. Die Stadt begann einigen Produzenten ein besonderes Recht einzuräumen, ein neues Produkt für eine bestimmte Zeitspanne exklusiv herzustellen. Damit sollten diese für ihre Erfindungen belohnt werden. Andere Produzenten, die dieses Recht durch unrechtmäßige Kopien verletzten wurden bestraft.

Ich muß jetzt dieses Buch abholen, und die Dinge über Vendig reinschreiben. --mape 19:56, 27. Feb 2006 (CET)

Ähnliches geschah einige Zeit später in Großbritannien. Lange galt dort als ungeschriebenes Gesetz, dass wenn sich jemand das Recht an einem Werk erkaufte, er dieses auf unbestimmte Zeit behielt. Doch erst 1710 erließ das Britische Parlament tatsächlich ein entsprechendes Gesetz. Das "erste Copyright", die Statute of Anne war geboren.

Das Gesetz legte das Copyright auf ein Werk für 14 Jahre fest, die doppelte Dauer der damaligen Lehrausbildung. Für Werke vor 1710 gab es eine Sonderregelung, diese stellte ab 1710 zusätzliche 21 Jahre zur Rechtesicherung zur Verfügung. Dieses Gesetz wurde für den gesamten Commonwealth erlassen, fand jedoch lange Zeit keine Anwendung, da sich niemand darum kümmerte.

William Shakespeare schrieb Romeo & Julia 1595. Die erste Veröffentlichung wird auf 1597 datiert, daraus folgt, dass das Copyright 1731 abgelaufen ist. 1774 dachten jedoch die meisten, dass das Recht weiter bei einem Verleger namens Jacob Tonson lag, der wiederum zur Verlegergruppe Conger gehörte, die den Britischen Buchmarkt kontrollierte und somit auch die Preise bestimmte.

Der Schottische Verleger Alexander Donaldson begann in diesem Jahr Shakespeare Stücke zu drucken und nach England zu exportieren und verkaufte diese zu einem niedrigern Preis als Tonson. Da sich Tonson im Recht glaubte erhob er Einspruch gegen die Statute of Anne, wurde jedoch zurückgewiesen. Damit gingen die Rechte an den Stücken Shakespeares für immer in den Besitz der Allgemeinheit über.

Ab den 50er Jahren

In den 50er und Anfang der 60er Jahre gab IBM mit dem Mainframe (Großrechneranlage) den Ton auf dem "weltweiten" Computermarkt an. IBM selbst hatte nur Interesse am Verkauf der teuren Hardware. Die dazugehörige Software (inklusive Quellcode) wurde kostenlos mitgeliefert. IBM rief sogar dazu auf die Software weiterzuentwickeln und weiterzugeben, denn, so war die Annahme, je mehr gute Software verfügbar sei, desto mehr Hardware könne die Firma verkaufen.

Ende der 60er Jahre wurde in den Bell Labs von Ken Thompson und Dennis Ritchie das Betriebssystem UNIX entwickelt. Das UNIX Entwicklungsteam hatte sich die Aufgabe gestellt ihr Betriebssystem auf möglichst vielen Plattformen laufen zu lassen. UNIX war bis 1981 ohne Lizenz, d.h. ohne Zahlungen, oder besser gesagt nur für die Kosten der Datenträger zu haben. Ab 1981 begannen jedoch AT&T (Muttergesellschaft von Bell Labs), SCO und diverse andere Firmen, die in die Entwicklung des Betriebssystems investiert hatten, Lizenzgebühren einzuheben.

In der gleichen Zeit erlebte die Hackerkultur ihren Aufschwung. Als Hacker wurden jene Menschen bezeichnet die für ihren kreativen Umgang mit Technik (nicht nur Computer) bekannt waren. Der Begriff Hacker, sowie die Hackerkultur entstanden Umkreis des MIT Eisenbahner Clubs. Es entstand eine eigene Hackerphilosophie, die Hackerethik, basierend auf den folgenden Prinzipien.

  • Der Zugang zu Computer sollte unbegrenzt sein
  • Alle Informationen sollten frei sein
  • Misstraue Autoritäten – fördere Dezentralisierung
  • Computer können Kunst und Schönes schaffen
  • Computer können dein Leben verbessern

Freie Lizenzen - Copyleft

1984 läutete ein Druckerproblem den Anfang von Freier Software ein. Der Drucker am MIT gab keine Rückmeldung, ob ein Papierstau vorlag oder ihm Papier fehlte. Richard Mathew Stallmann (RMS) von der Universität bat daraufhin die Herstellerfirma Xerox um den Quelltext, um den Fehler in der Druckersoftware beheben zu können. Xerox weigerte sich jedoch diesen herauszugeben. Damit war klar, die Zeit der offenen Kooperation, wie sie in der Anfangszeit der Computerära vorherrschte, war endgültig vorbei.

Als Konsequenz gründete Richard Stallmann, der zuvor bereits das GNU Projekt (GNU's Not UNIX – ein freies UNIX-Derivat) ins Leben gerufen hatte, die Free Software Foundation (FSF). Diese versteht sich als Plattform und Gegenmodell zur kommerziellen, prorietären Softwareverwertung, mit dem Ziel, die freie Verfügbarkeit von Quellcode zu gewährleisten. Zu diesem Zweck wurde die GNU General Public License (GPL) ins Leben gerufen. Die bekannteste Software, die unter dieser Lizenz veröffentlicht wurde, ist das von Linus Torvald ins Leben gerufene freie Betriebssystem GNU/Linux.

Eine ähnliche Initiative zur Entwicklung freier Lizenzen startete im Jahr 2001 der Jurist Lawrence Lessig. Die daraus entstandene Creative Commons License (CCL) bietet eine Reihe verschiedener Lizenzmodelle, mit denen Produzenten ihre digitalen Inhalte je nach Bedarf, jedoch stets frei zur Verfügung stellen können. Die Auswahl reicht vom völligen Vorbehalt der Rechte an der eigenen Produktion bis zur völligen Freigabe. Anders als die GPL beschränkt sich die CCL nicht auf wenige Werkstypen wie z.B. Software, sondern ist für alle beliebigen Werke, seien es Texte, Bilder, Videos oder Musik anwendbar.

Durch Creative Commons, GPL und andere Freie Lizenzen wurde freie Kooperation institutionalisiert und legitimisiert. Der freie Tausch nutzt nun nicht mehr die Schwäche des Rechtssystems, sondern schafft sich seine eigene rechtliche Basis. Damit liegt es an den Menschen selbst, wie sie mit den von ihnen produzierten (leicht vervielfältigbaren und damit prinzipiell unbegrenzten) Gütern verfahren wollen.

Open Culture (Begriffsdefinition)

Neue Informations- und Kommunikationstechniken erlauben es dem einzelnen Menschen am Prozess der Bewertung, Einordnung und Hierarchisierung von Informationen mitzuwirken. Damit vollzieht sich ein Paradigmenwechsel, weg von einem elitären System, in dem Wissen durch Experten gehortet und an Eingeweihte weitergeleitet wird, hin zur einer demokratischeren, kollektiven Konstruktion von Wissen basierend auf einer möglichst großen Anzahl von Beteiligten. Intellektuelle Resourcen werden dadurch in bisher nicht gekanntem Maße mobilisiert.

Open Culture bezeichnet in diesem Zusammenhang ein gesellschaftliches System, in dem Informationen möglichst frei zirkulieren und von allen Menschen beliebig verwendet, verarbeitet und weitergegeben werden können und dürfen. Folgende Bereiche können unter dem Sammelbegriff Open Culture subsummiert werden:

  • Freie Software (Open/Free Software)
    ...basierend auf den drei Prinzipien: (1) freier Zugang zum Quellcode. (2) Software darf kopiert, verbreitet und genutzt werden. (3) Software darf verändert und in der veränderten Form weitergegeben werden.
    Im Gegensatz zu Open Software lehnt Free Software jegliche Form von geistigen Eigentumsrechten ab und stellt einen philosophischen Anspruch, wonach jede Form von immateriellen Gütern frei zugänglich sein sollte. Beispiele für freie Software sind: Linux, Mozilla Firefox, Sendmail und der Apachee Server.
  • Freie Inhalte (Open/Free Content)
    Neben dem bekanntesten Beispiel, der freien Enzyklopädie Wikipedia [1] fallen hierunter auch das Project Gutenberg [2] und das Open Directory Project [3].
    Im Rahmen der Open Access Initiative ([4], [5]) wird zudem angestrebt, sämtliche wissenschaftlichen Daten und Publikationen frei zugänglich zu machen.
  • Freie Medien bzw. Medienkanäle (Open/Free Media)
    Unter freien Medien(-kanälen) versteht man jene Netzwerke, die dezentral von der Community selbst gesteuert werden. Darunter fallen etwa BitTorrent-Netzwerke und P2P-Dateitauschbörsen (z.B. Gnutella oder Emule), sowie Blogs, freie Radios [6], freie Fernsehsender (Okto Community TV [7] und Sonovista [8]) und freie Funknetze [9].
    Weiters kann unter dieser Kategorie das freie Publikationswesen angeführt werden. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass jeder unzensiert Artikel veröffentlichen kann. Die Bewertung erfolgt dabei erst im Nachhinein durch die Leser.
  • Kollaborative Produktion (open work)
    Gemeinschaftliche Produktion und Verarbeitung von Informationen. Die prominentesten Beispiele sind opentheory.org, www.wikicities.com, sowie die Online-Softwareentwicklungsplattform git.
  • Open (Source) Politik
    Eine Art auf dem Internet basierende Basisdemokratie (siehe: Open Politics, opendemocracy.net)


zu Open Culture - Kritik

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