Open Culture - Beispiel Wikipedia

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Version vom 23. März 2006, 20:48 Uhr von Volker (Diskussion | Beiträge) (Erfolg der Wikipedia)
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Was ist Wikipedia?

3.1. Logo der englischen, der ersten Wikipedia

Die Wikipedia ist eine ausschließlich von freiwilligen Autoren verfasste, mehrsprachige, freie Online-Enzyklopädie mit derzeit 374.424 Artikeln in der deutschsprachigen Ausgabe.
Der Name setzt sich aus „Encyclopedia“ und „Wiki“ zusammen. Wiki („wikiwiki“ ist hawaiianisch und bedeutet „schnell“) bezeichnet eine Software mit der Nutzer die darauf aufbauenden Webseiten im Webbrowser überarbeiten oder neue Artikel (Seiten) anlegen können.


Open-Culture-Projekt Wikipedia

Was macht aus Wikipedia ein Open-Culture-Projekt? Ausgehend von der im Abschnitt zur Begriffsdefinition getroffenen Aussage, dass „Open Culture […] in diesem Zusammenhang ein gesellschaftliches System [bezeichnet], in dem Informationen möglichst frei zirkulieren und von allen Menschen beliebig verwendet, verarbeitet und weitergegeben werden können und dürfen“ ist die freie Enzyklopädie, wie auch im folgenden noch ausgeführt wird, eindeutig der Open Culture zuzuschreiben.

Prinzipien

Der folgende Abschnitt basiert überwiegend auf dem Abschnitt „Prinzipien“ des Artikels Wikipedia der freien Enzyklopädie.

Der vorgegebene Rahmen für die Autoren ist sehr weit gefasst. Die Initiatoren des Projektes haben nur wenige Richtlinien aufgestellt, die als unumstößlich gelten. Dazu zählt als erster Grundsatz, dass Wikipedia der Schaffung einer Enzyklopädie gewidmet ist. Davon werden andere Ausrichtungen abgegrenzt. Die Grundsätze neutraler Standpunkt, Verifizierbarkeit und Verzicht auf Primärrecherche legen die inhaltliche Ausrichtung der Artikel fest. Die Autoren willigen ferner mit dem Speichern darin ein, ihre Beiträge unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation (GFDL) zu veröffentlichen. Als Verhaltensvorschrift wird von Mitarbeitern am Projekt gefordert, ihre Mitautoren zu respektieren und niemanden persönlich anzugreifen.

Wikipedia ist eine Enzyklopädie

Wikipedia verfolgt wie andere Enzyklopädien das Ziel, die Gesamtheit des gegenwärtigen Wissens in lexikalischer Form anzubieten. Während frühere, gedruckte Enzyklopädien aus wirtschaftlichen und technischen Gründen Inhalte und Autorenzahl beschränken mussten, unterliegt die Wikipedia nur bedingt und nicht in gleichem Maße Beschränkungen.

Welche Themen aufgenommen werden und in welcher Form, bzw. was davon Bestand hat, entscheidet die Gemeinschaft in einem offenen Redaktionsprozess. Konflikte in der Wikipedia kreisen in diesem Zusammenhang meist darum, was themenbezogen Wissen darstellt, wo die Abgrenzung zu reinen Daten liegt und was unter enzyklopädischer Relevanz zu verstehen ist.

Neutraler Standpunkt – NPOV

In Wikipedia arbeiten Autoren mit unterschiedlichstem politischen, religiösen und weltanschaulichen Hintergrund mit, die freie Enzyklopädie schließt von vorneherein niemand aufgrund seiner Einstellungen aus. Um dabei unweigerlich aufkommende Kämpfe um Artikel zu verhindern bzw. einen Ausweg daraus zu schaffen, hat Gründer Jimmy Wales die Richtlinie des neutralen Standpunkts (NPOV, von englisch neutral point of view) aufgestellt. Danach soll ein Artikel so geschrieben sein, dass möglichst viele Autoren ihm zustimmen können. Existieren zu einem Thema mehrere verschiedene Ansichten, so soll sie ein Artikel fair beschreiben, aber nicht selbst Position beziehen. Der neutrale Standpunkt verlangt jedoch nicht, dass alle Ansichten gleichwertig präsentiert werden müssen: Die wissenschaftlich plausiblere Ansicht kann etwa an erster Stelle genannt werden . Wie die Eignung einzelner Artikel für eine Enzyklopädie wird auch die Einhaltung des neutralen Standpunkts durch den sozialen Prozess gewährleistet.

Verifizierbarkeit und Verzicht auf Primärrecherche

Als Lexikon kann Wikipedia nur Inhalte aufnehmen, die bereits an anderer Stelle publiziert sind. Hier muss es sich um anerkannte und überprüfbare Quellen handeln. Eine Enzyklopädie dient der Darstellung, nicht der Konstruktion von Wissen („Theoriebildung“). Dieser Grundsatz ist eng mit dem neutralen Standpunkt verbunden. Daher wird auch keine Primärrecherche betrieben (englisch: „no original research“), sondern nur auf Sekundärquellen zurückgegriffen.

Urheberrecht und Freiheit der Inhalte

Das Projekt bezeichnet sich als freie Enzyklopädie, weil sich sämtliche Mitarbeiter mit dem Einstellen oder Bearbeiten von Inhalten damit einverstanden erklären, alle Inhalte unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation zu veröffentlichen. Diese Lizenz räumt jedem anderen das Recht ein, die Inhalte unentgeltlich – auch kommerziell – zu nutzen, zu verändern und zu verbreiten. „Die Lizenz macht es damit unmöglich, Wikipedia-Artikel und auf diesen basierende Texte unter Berufung auf das Urheberrecht exklusiv zu verwerten (Copyleft-Prinzip)“<root><span id="ref_<tplarg><title>1</title></tplarg>" class="plainlinks" style="font-size: smaller; vertical-align: text-top; position: relative; top: -0.3em;">[<template><title>SERVER</title></template><template><title>localurl:<template><title>NAMESPACE</title></template>:<template><title>PAGENAME</title></template></title></template>#endnote_<tplarg><title>1</title></tplarg>]</span></root>, ohne die Änderungen respektive die Verbesserungen wieder ins Original zurückzuführen.

Für viele Autoren ist das Copyleft-Prinzip, das seinen Ursprung in der Freie-Software-Bewegung hatte, ein wesentlicher Grund, bei der Wikipedia mitzuarbeiten.

Vergleiche hierzu auch den Abschnitt „Die Rechtliche Frage“.

Respektvoller Umgang

Der respektvolle Umgang mit anderen Menschen sollte als Selbstverständlichkeit gelten, nichtsdestotrotz hat diese Richtlinie ihre Existenzberechtigung. Besonders die Offenheit des Projektes und der damit verbundene unkontrollierte Zustrom neuer Autoren, die rein schriftliche Kommunikation sowie die unterschiedliche soziale und kulturelle Herkunft der aktiven Benutzer machen es notwendig, sich von Zeit zu Zeit diese Richtlinie in Erinnerung zu rufen.
 

Erfolg der Wikipedia

Die Wikipedia (englischsprachig) wurde offiziell am 15. Jänner 2001 gegründet. Bald darauf – im Mai 2001 – wird die deutsche Wikipedia vorgestellt. Mit 374.424 Artikeln ist sie die zweitgrößte Wikipedia – nach der englischen, die bereits über 1.000.000 Artikel enthält.

3.2. Wachstumskurve der deutschsprachigen Wikipedia, Stand 05. März 2006

Bisher haben international etwa 100.000 angemeldete Benutzer und eine unbekannte Anzahl anonymer Mitarbeiter zum Projekt beigetragen, über 600 Autoren arbeiten ständig an der deutschsprachigen Ausgabe. Die Wikipedia übertrifft in ihrem Umfang – der Anzahl der Artikel – und speziell in ihrer Aktualität mittlerweile große kommerzielle Werke.

Doch was genau sind die Faktoren, die zum Erfolg in diesem Ausmaß beitragen beziehungsweise beigetragen haben? Sicherlich sind die oben genannten Prinzipien ausschlaggebend, doch sollen hier nochmals die wichtigsten und stärksten herausgegriffen werden:

Radikale Offenheit
Die Idee einer radikal offenen, und dadurch quasi zwingend selbstregulierenden Enzyklopädie wurde mit diesem Projekt verwirklicht. Jeder kann alles editieren.

Einfache aktive Teilnahme
Die Wikipedia lebt und gedeiht durch das Wiki-Prinzip.

Damit würde natürlich vom Wiki-Prinzip abgerückt werden. WYSIWYG bedeutet What You See Is What You Get und würde eine Editieroberfläche vergleichbar mit Microsoft Word oder OpenOffice bieten, das bedeutet, man sieht die fertig formatierten Text schon während der Bearbeitung. -->

- Verglichen mit dem Spezialwissen auf dieser Welt, teilweise bereits in enzyklopädischen Werken verfasst, hinkt die W. (noch) hinterher.
- Multimedia

Gerade der Aspekt, dass es sich um eine Enzyklopädie handelt, macht zu einem Gutteil die erfolgreiche kollaborative Arbeit erst möglich. Denn das Prinzip des NPOV (Neutral Point of View, zu Deutsch neutraler Standpunkt) der Wikipedia <root><span style="background:#FF0; cursor:help;" title="<tplarg><title>Q</title></tplarg>"><tplarg><title>P</title></tplarg></span></root>. Yochai Benkler sieht den qualitätssichernden Aspekt bei Wikipedia in der „norm-based social organization“, also der auf Normen basierenden sozialen Organisation, allen voran die Norm (das Prinzip) des neutralen Standpunkt, festgemacht.<root><span id="ref_<tplarg><title>1</title></tplarg>" class="plainlinks" style="font-size: smaller; vertical-align: text-top; position: relative; top: -0.3em;">[<template><title>SERVER</title></template><template><title>localurl:<template><title>NAMESPACE</title></template>:<template><title>PAGENAME</title></template></title></template>#endnote_<tplarg><title>1</title></tplarg>]</span></root>


Grundlage Normen, allen voran Neutraler Standpunkt Beispiel Konrad Lorenz

Anreize für Freiwilligkeit

Gefahren / Probleme

Obwohl im Abschnitt Kritik Probleme und mögliche Fallstricke von Open-Culture-Projekten aufgegriffen und erläutert werden, soll hier kurz auf die aus heutiger Sicht größten Gefahren für die freie Enzyklopädie eingegangen werden. Es sind generell betrachtet immer wieder zwei Themenbereiche, die diesbezüglichen Diskussionen zu Grunde liegen. Zum einen ist die wohl meistgestellte Frage zu Wikipedia, die nach der Qualität der Artikel beziehungsweise damit verbunden die Inhaltsverantwortlichkeit. Zum anderen wird die Finanzierung des Projekts problembehaftet gesehen.

Problem der Qualität der Artikel und Inhaltsverantwortlichkeit

Bei diesem Bereich spielen mehrere verschiedene Problematiken zusammen, die aber dennoch gemeinsame Ursachen haben. Als Beispiele seien genannt:

  • John Seigenthaler (US-Journalist und früherer Assistent von Robert Kennedy)
  • Problem der Offenheit versus Schutz der Privatsphäre; in gewissem Sinne: CCC versus Wikipedia.de
  • Chance gegen Lexika der Expertenwissen?
    • Studie des Magazins Nature, die bei 42 wissenschaftlichen Beiträgen durchschnittlich vier Fehler in Wikipedia-Artikeln fand und drei pro Encyclopedia Britannica.
    • Problem der Zitation durch Fehlen von Meilensteinen,

es fehlen vielleicht Anerkennungsmodi, -rituale von besonders bemühten Mitschreibern. --> Beispiel von oben spricht dagegen

Viele Forks geben als Ursache die Qualität der Artikel beziehungsweise die lange Zeitspanne bis zum Ausschluss von sogenannten Trolls, also das Fehlen elitärer [...]. Randbemerkung: Solche Phänomene sind immer wieder zu beobachten, siehe Fernsehen/Gestaltung des Fernsehprogramms an der Vorliebe der Massen.

    • Höhere Aktualität steht langsamen System der Expertenwissensenzyklopädien gegenüber.
    • Ankündigung von Jimmy Wales einer redigierten Version

Finanzierung des Projekts

Zwei Zitate sollen hier die Einleitung bilden:

  • „Für verlässliche Informationen müssen wir Zeit und allenfalls Geld investieren. (www.britannica.com 70 Dollar im Jahr, www.brockhaus.de 95,40 Euro). Der Vergleich sollte professionelle Wissensvermittler anspornen, denn drei versus vier Fehler scheint das Geld nicht wert zu sein.“
  • „Während frühere, gedruckte Enzyklopädien aus wirtschaftlichen und technischen Gründen Inhalte und Autorenzahl beschränken mussten, unterliegt die Wikipedia keinen solchen Einschränkungen: Festplattenplatz ist billig, die Autoren arbeiten ehrenamtlich.“<root><span id="ref_<tplarg><title>1</title></tplarg>" class="plainlinks" style="font-size: smaller; vertical-align: text-top; position: relative; top: -0.3em;">[<template><title>SERVER</title></template><template><title>localurl:<template><title>NAMESPACE</title></template>:<template><title>PAGENAME</title></template></title></template>#endnote_<tplarg><title>1</title></tplarg>]</span></root>

Im ersten Zitat spricht die Journalistin Antonella Mei-Pochtler der Tageszeitung Standard die oben erwähnte Studie von Nature an. Es wird dabei gegengerechnet, dass es kostenfrei ist in Wikipedia zu recherchieren, während Anmeldegebühren für andere Projekte, wie die Encyclopedia Britannica zu entrichten sind. Im Anschluss daran folgt ein Zitat aus der deutschsprachigen Wikipedia, das sich insofern gut mit ersterem zusammenfügt, weil hierbei die Rede von den ohnehin geringen Kosten für die Bereitstellung der freien Inhalte ist.

Nun, diese beiden Aussagen halten einer kritischen Betrachtung nur teilweise Stand, weil, auch rückblickend auf den Wikipedia-Spendenaufruf im ersten Quartal 2006 sehr wohl (Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Bereitstellungs-)Kosten anfallen.
Und die inzwischen erreichte Größenordnung des Projekts führt eben zu hohen sogearteten Kosten. Doch hat der Spendenaufruf nicht den gezielten Erfolg erreicht. Obwohl Wikipedia inzwischen zu den am meisten besuchten Websites im WWW zählt, ist nur eine Minderheit der Besucherinnen und Besucher Leute bereit einen Beitrag zu leisten.

Sollten die Kosten auf Dauer durch Spenden nicht gedeckt werden, könnte das zu einer Stagnation des Projekts, zum Beispiel durch Nichterreichbarkeit oder Langsamkeit der Website, führen.

Zusammenfassung

Die Wikipedia hat einen rasanten Aufstieg hinter sich gebracht und ist sicherlich mit eines der Vorzeigeprojekte einer Gemeinschaft von Menschen, die einen nicht geringen Teil ihrer Arbeitskraft dieser neuen Art von demokratischer, kollektiver Sammlung (und Produktion) von Wissen verschrieben haben.
Gleichzeitig hat sich das Projekt aufgrund ihrer in kurzer Zeit erreichten Größe, des Enthusiasmus, der ihr (dadurch) entgegengebracht wird und der damit verbundenen Verpflichtungen - siehe zeitgemäßes Konzept von Wahrheit - etlichen Problemen zu stellen, deren Bewältigung unmittelbar zu erfolgen hat, um nicht nur ein kurzes Aufblitzen im Verlauf der Geschichte gewesen zu sein, sondern eine beständige und erfolgreiche Weiterführung dieser großartigen Idee einer für jede Person freien Enzyklopädie zu gewährleisten.