Name und Notwendigkeit (K&L)

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Name und Notwendigkeit


Namen bedeutet im Folgenden Eigennamen, wie sie in der gewöhnlichen Sprache verwendet werden, das heißt Namen von Personen oder Städten und dergleichen. Kennzeichnungen der Form „der x, so daß fx“ sind keine Namen. Wenn ich zum Beispiel sage: „der Mann der die Saliera gestohlen hat“, so ist dieser Mann der Referent der Beschreibung, wenn nur ein Mann jemals die Saliera gestohlen hat. Als gemeinsamen Terminus für Namen und Beschreibungen verwendet Kripke den Ausdruck designator, was mit Bezeichnungsausdruck übersetzt wird. Um der Logik treu zu bleiben akzeptiert Kripke nur Referenten, auf die im Sinne „der x, so daß fx“ wirklich referiert wird, und nichts, das durch eine Verwechslung, die durch eine ungenaue Beschreibung entstehen kann, bezeichnet wird. Das Problem der Namen entsteht dadurch, daß nicht immer klar ist, wer oder was der Referent des Namens ist, den ein Sprecher verwendet. Zum einen sind Namen Beschreibungen oder Abkürzungen solcher Beschreibungen, die, wie im Falle des Ortsnamen Dartmouth, aus historischen Gründen nicht mehr zutreffen. Die Aussage: „Der Morgenstern ist der Abendstern.“ bedeutet aber nicht die Identität, Venus ist Venus, sondern, daß der Gegenstand der am Abend zu sehen war, der selbe ist, der auch am Morgen zu sehen ist. Frege sieht darin, daß ein Name verschiedene Beschreibungen erfüllen kann eine Schwäche oder Unschärfe der Sprache. Einen Ausweg bietet die Möglichkeit mehrer Beschreibungen zu einer Familie zu bündeln (cluster concept).
„Was immer in einem bestimmten Sinn hinreichend viele oder die meisten Beschreibungen der Familie erfüllt, ist der Referent des Namen.“ <Z 1 S. 41> Wenn die Existenz des Referenten negiert wird ergibt sich eine Verwirrung in der Auswirkung auf die Beschreibungen. Wittgenstein bietet hier ein schönes Beispiel in seinen philosophischen Untersuchungen §79, was dies in Bezug auf Moses bedeuten kann.
Kripke selbst lehnt es ab, daß Namen eine Bedeutung haben, aber er sieht zwei Möglichkeiten die Theorie des Bündelbegriffs zu betrachten:
1. Der Cluster gibt tatsächlich die Bedeutung des Namen an. (Bedeutungstheorie) 2. Der Cluster gibt an, was die Referenz des Namen bestimmt. (Referenztheorie) Wenn der Name keinen deskriptiven Gehalt hat muß eine Beschreibung gefunden werden, die Klarheit über den Referenten verschafft. Es stellt sich das Problem, ob ein Name überhaupt eine Referenz hat, oder was geschieht, wenn mehrere Beschreibungen auf einen Referenten zutreffen können. Ein klassisches Beispiel ist der Planet Venus, der sowohl als Morgen-, als auch als Abendstern benannt wurde.
A priori, notwendig und analytisch
Nach der Unterscheidung von Bedeutungs- und Referenztheorie wendet sich Kripke der Klärung der Begriffe Apriorität und Notwendigkeit zu. Es geht ihm darum, daß diese Begriffe nicht austauschbar zu verwenden sind. Apriorische Wahrheiten sind nach der kantischen Auffassung solche, die man unabhängig von jeder Erfahrung erkennen kann. Das erkennen können deutet eine Möglichkeit an, die aber kein erkennen müssen voraussetzt. Erkenntnisse die a priori erkannt werden können, müssen nicht unbedingt a priori erkannt werden, sondern könnten auch empirisch vermittelt werden. Die Apriorität ist ein Begriff erkenntnistheoretischen Ursprungs. Die Notwendigkeit ist ein Begriff der Metaphysik. Eine Aussage über die Welt kann wahr oder falsch sein. Wenn die Aussage falsch ist kann sie nicht wahr sein. Wenn sie wahr ist, kann sie kontingenter oder notwendiger Weise wahr sein. Das hängt davon ab, ob die Welt in Hinsicht auf die Aussage eine andere Möglichkeit gehabt hätte, oder nicht.
„Die Goldbachsche Vermutung besagt, daß eine gerade Zahl, die größer als 2 ist, die Summe von zwei Primzahlen sein muß. Wenn das wahr ist, ist es vermutlich notwendig, und wenn es falsch ist, ist es vermutlich notwendig falsch.“ <Z 2 S. 46>
Ist die Vermutung wahr, so läßt sich für jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ein Primzahlenpaar finden. Wenn sich keine solchen Primzahlen finden lassen ist sie falsch. Diese Vermutung wurde im Jahr 2005 für alle Zahlen bis 2 E17 überprüft und hat sich soweit als wahr herausgestellt. Damit ist sie zumindest in diesem Bereich nicht kontingenter, sondern notwendiger Weise wahr. Ein mathematischer Beweis konnte bis heute nicht erbracht werden. Dadurch liegt kein apriorisches Wissen zu diesem Problem vor. Kripke kommt zu dem Schluß, daß die Ausdrücke a priori und notwendig also nicht synonym sind.
„auch wenn jemand sagte, daß es, wenn es überhaupt wahr ist, notwendig ist, daß jede gerade Zahl die Summe von zwei Primzahlen ist, folgt nicht, daß irgendjemand irgendetwas a priori darüber weiß.“ <Z 3 S. 47>
Kripke gibt zwei Gründe dafür an, daß die beiden Begriffe so oft bedeutungsgleich verwendet werden. 1. Wenn etwas in der wirklichen und in allen möglichen Welten wahr zu sein scheint, wird angenommen, daß es notwendig wahr ist, und wir sollten in der Lage sein es a priori zu erkennen, was aber nicht immer zutrifft. 2. wird gedacht, daß etwas, das a priori erkannt wird, notwendig sein muß, weil es erkannt wurde, ohne auf die Welt zu sehen. Der Terminus analytisch wird von Kripke durch folgende Definition festgesetzt. Eine analytische Aussage ist Kraft ihrer Bedeutung in allen möglichen Welten wahr. Etwas das analytisch wahr ist, ist es sowohl notwendig als auch a priori.
Einzelgegenstände selbst sind durch ihre Beschreibungen von diesen Unterscheidungen betroffen. Die Zahl 9 kann als ungerade, oder als die Zahl der Planeten beschrieben werden. Je nachdem welche dieser Beschreibungen gewählt wird, kommt ihr Notwendigkeit in allen möglichen Welten zu, oder nicht. Die wesentlichen Eigenschaften eines Gegenstandes macht seine Identität über mögliche Welten hinweg aus. Das Problem besteht darin, entsprechende und hinreichende Bedingungen angeben zu können, die einen Gegenstand über mögliche Welten hinweg identifizieren. Kripke gibt zu, daß die Mathematik der einzig ihm bekannte Fall sei, wo sie sogar innerhalb einer möglichen Welt angegeben werden. „Ich kenne keine solchen Bedingungen für die Identität materieller Gegenstände über die Zeit hinweg, und auch nicht für Menschen.“ <Z4 S.53> Um einen Gegenstand auf einer anderen möglichen Welt identifizieren zu können, ist es notwendig, ihn mit Begriffen von Eigenschaften beschreiben zu können. Sonst würde man den gewünschten Gegenstand einfach nicht erkennen.
„Eine mögliche Welt ist kein fernes Land, auf das wir stoßen oder das wir durch ein Fernrohr betrachten. Allgemein gesprochen: eine andere mögliche Welt ist zu weit entfernt. Selbst wenn wir schneller reisen als das Licht, werden wir sie nicht erreichen. Eine mögliche Welt ist gegeben durch die deskriptiven Bedingungen, die wir mit ihr verbinden.“ <Z5 S.54>
Vorgestellt werden nur diejenigen Dinge, die für die entsprechende Betrachtung relevant sind. Ob andere Eigenschaften auf der möglichen Welt wahr oder falsch sind ist ohne Bedeutung und verkompliziert nur die Vorstellung. Mögliche Welten werden festgesetzt und nicht entdeckt.
Identität über mögliche Welten hinweg (identity across possible worlds)
Etwas, das in jeder möglichen Welt den selben Gegenstand bezeichnet ist ein rigid designator od. starrer Bezeichnungsausdruck. Ein Bezeichnungsausdruck der das nicht leisten kann ist nicht starr oder akzidentell. Die Gegenstände müssen nicht in allen möglichen Welten existieren. Ein rigid designator, der einen Gegenstand, welcher notwendig existiert bezeichnet, ist auf starke Weise starr.
Kripke vertritt die These, daß Namen rigid designators sind. Im Falle Nixon bedeutet es so viel, wie der Name Nixon bezeichnet die damit verbundene Person, in jeder möglichen Welt, in der sie vorkommt. „Der Präsident der USA im Jahr 1970“ bezeichnet ebenfalls Nixon, aber nur in den Welten, in denen Nixon Präsident war. Das hätte in manchen möglichen Welten auch jemand anders sein können. Dadurch bezeichnet diese Beschreibung Nixon nicht starr.
Die Forderung nach rein qualitativer Beschreibung kontrafaktischer Situationen führt Kripke auf die Verwechslung von Erkenntnistheorie und Metaphysik zurück. Er führt dagegen an, daß kontrafaktische Situationen festgesetzt und nicht herausgefunden werden. Mögliche Welten brauchen nicht rein qualitativ gegeben zu sein.
Um das Problem der Identifizierung über mögliche Welten hinweg zu thematisieren werden zwei Beispiele angeführt. Zuerst die Aussage „England hat 1942 gegen Deutschland gekämpft.“ Diese Aussage läßt sich zwar nicht auf eine Aussage über Individuen reduzieren, aber eine Beschreibung aller Tatsachen der involvierten Personen kann trotzdem eine vollständige Beschreibung der Welt sein, die Rückschlüsse über die Nationen zuläßt. Analog verhält es sich mit den Molekülen eines Tisches. Gesucht sind in beiden Fällen Kriterien der Identität von Einzelgegenständen, die über Begriffe grundlegenderer (basic) Gegenstände erschlossen werden sollen. Das gleiche Problem sieht Kripke bei einer Identifizierung über die Zeit hinweg.
Transworld identification und ihre Unterscheidung zu den üblichen Konzepten:

„Erstens: wir können zwar versuchen, die Welt in Begriffen von Molekülen zu beschreiben, es ist jedoch durchaus in Ordnung, sie in Begriffen gröberer Entitäten zu beschreiben. ... Zweitens wird nicht angenommen, daß notwendige und hinreichende Bedingungen dafür, welche Arten von Molekülansammlungen diesen Tisch bilden, möglich sind ... Drittens befaßt sich der Begriff, mit dem wir es versuchen, mit Identitätskriterien von Einzelgegenständen in Begriffen anderer Einzelgegenstände, und nicht in Begriffen von Qualitäten.“ <Z6 S.62-63>
Nach Meinung des Autors kann ein Gegenstand nicht nur ein Bündel von Qualitäten sein. Er wäre sonst nur ein zugrunde liegendes Substrat. Ein Bündel von Qualitäten kann nur eine höhere Abstraktion als eine einzelne Qualität sein, aber kein konkreter Einzelgegenstand.
Eine qualitative Bestimmung kann nur durch Eigenschaften vorgenommen werden. Auf konkrete Einzelgegenstände kann durch Definition referiert werden. Bei der Identifizierung durch Eigenschaften entsteht das Problem, welche Eigenschaften dem Gegenstand wesentlich zukommen, und ob diese Eigenschaften dem Gegenstand in einer anderen möglichen Welt auch zukommen. Wir können versuchen etwas in Begriffen von Bestandteilen, wie Molekülen, zu identifizieren, aber diese Bestandteile sind weder Qualitäten, noch Gegenstände, die dem gegebenen Gegenstand ähnlich sind. Kripke sagt, daß eine solche Identifikation nicht erforderlich ist. Auf den Gegenstand kann direkt referiert werden. Zuerst wird ein Gegenstand genommen, den wir faktisch in der wirklichen Welt haben. Dann können Fragen gestellt werden, ob gewisse Dinge, die diesen Gegenstand betreffen, in möglichen Welten wahr sind.
Referenz und Synonymon
Die Definition „Stab S ist zur zeit t0 ein Meter lang“ legt eine Referenz für einen Meter fest, gibt aber nicht die Bedeutung dessen an, was als ein Meter bezeichnet wird. Ein Meter ist intuitiv eine starre Bezeichnung für eine bestimmte Länge in allen möglichen Welten. Der Stab S zu Zeit to kann das nicht leisten. Er kann in anderen möglichen Welten zur Zeit t0 eine andere Länge annehmen, wenn zum Beispiel eine andere Temperatur zur Zeit t0 angenommen wird, und ist dadurch nicht starr. Die kontrafaktische Aussage, daß S zu t0 in einer möglichen Welt nicht ein Meter lang sei liefert keinen Konflikt, wenn die Definition richtig interpretiert wird. Die Ausdrücke „ein Meter“ und „S zu t0“ sind nicht synonym, sondern der eine ist als Referent des anderen in der faktischen Welt festgesetzt. In einer möglichen Welt läßt sich vielleicht ein anderer Referent mit der geeigneten Länge finden. Zum Beispiel ein Bruchteil der Strecke, die das Licht in einer Sekunde zurücklegt. „Ein Meter“ ist also ein starrer Bezeichnungsausdruck, „S zu t0 ist ein Meter lang“ ist hingegen eine kontingente Wahrheit der faktischen Welt.
Ein Name, der dasselbe bedeuten würde wie ein Bündel von Beschreibungen ist kein rigid designator. Er könnte in anderen möglichen Welten auch andere Gegenstände beschreiben. Ein Name der nur den Referenten festlegt ist hingegen ein starrer Bezeichnungsträger. Nach den Theorien von Frege und Russel sind Namen non rigid.
Frege setzt den Sinn eines designators mit dessen Bedeutung gleich. Strawson zufolge ist ein Name zwar keine verdeckte Beschreibung, aber seine Referenz ist durch ein Bündel bestimmt. Im Beispiel Moses würde das bedeuten, daß er nicht eine bestimmte Eigenschaft aus dem Bündel haben müsse, sondern eine Disjunktion von Eigenschaften davon. Würde er keine einzige der Beschreibungen erfüllen wäre es keine kontrafaktische Situation von Moses. Kripke sieht das nicht notwendig so. Er beschreibt, daß wir auf Aristoteles mittels seines Namens referieren können, auch wenn das ganze Bündel an Beschreibungen, das zur Verfügung steht in einer möglichen Welt nicht zutrifft. Die Aussage, daß Aristoteles eine bestimmte Disjunktion von Eigenschaften habe, ist nur eine kontingente Wahrheit.


Kripke spaltet die Bündeltheorie in folgende sechs Thesen auf, um sie zu widerlegen:
„(1) Jedem Namen oder Bezeichnungsausdruck »X« entspricht ein Bündel von Eigenschaften, nämlich die Familie von Eigenschaften φ, für die gilt: A meint » φX«
(2) A meint, daß eine der Eigenschaften oder einige Eigenschaften zusammen einen bestimmten individuellen Gegenstand als einzigen herausgreifen.
(3) Wenn die meisten oder eine ausschlaggebende Menge der φ’s von einem einzigen Gegenstand y erfüllt werden, dann ist y der Referent von »X«.
(4) Wenn die Abstimmung nicht einen einzigen Gegenstand liefert, dann referiert »X« nicht.
(5) Die Aussage »Wenn X existiert, dann hat X die meisten der φ’s« weiß der Sprecher a priori.
(6) Die Aussage »Wenn X existiert, dann hat X die meisten der φ’s« drückt eine notwendige Wahrheit aus (im Idiolekt des Sprechers).
(B) Für jede gelungene Theorie gilt, daß die Erklärung nicht zirkulär sein darf. Die Eigenschaften, welche bei der Abstimmung verwendet werden, dürfen nicht selbst den Begriff der Referenz auf eine Weise enthalten, die seine Eliminierung letztlich unmöglich macht.“ <Z7 S. 85>
These 1 ist wahr, weil sie eine Definition ist, die anderen Thesen sind jedoch falsch. Als erstes wird These 6 an den Beispielen von Aristoteles und Hitler widerlegt. Beide Namen bezeichnen als starre Ausdrücke Personen, die uns aus der Geschichte bekannt sind. Mit beiden Namen verbinden wir gewisse Beschreibungen, die uns ebenfalls bekannt sind. Wenn man jede einzelne dieser Beschreibungen näher ansieht, stellt sich jedoch heraus, daß keine einzige eine notwendige Wahrheit über die Person enthält. Hitler hätte in einer möglichen Welt ein erfolgloser Maler, und Aristoteles ein bedeutungsloser Erzieher sein können. Selbst wenn ich eine Welt denke, in der Hitler nie existiert hat, referiert sein Name noch immer auf ihn, der in dieser Welt nicht existiert, und auf niemand anderen.
These 2 hat Probleme mit der Eindeutigkeit und Nicht-Zirkularität von Beschreibungen. Als Beispiele werden Einstein und Feynman herangezogen. Beide Physiker werden oft in Bezug auf die von ihnen entdeckten Theorien bechrieben.
Einstein ist ein berühmter Physiker. Einstein ist der Entdecker der Relativitätstheorie. Einstein ist der Erfinder der Atombombe.
Die erste Beschreibung ist zwar richtig, trifft aber auch auf andere berühmte Physiker zu. Die zweite greift ihn als einzigen heraus, ist aber mit einem Wissen um die Relativitätstheorie verbunden, das nicht unbedingt bei jedem ausreichend vorhanden ist. Jemand könnte mit dem Wort „Relativitätstheorie“ wieder „die Theorie von Einstein“ meinen, und dann wäre die Bedingung der Nicht-Zirkularität verletzt. Deswegen scheint These 2 falsch zu sein.
Einstein war nicht der Erfinder der Atombombe, sondern er entdeckte mit der quantitativen Äquivalenz vom e=mc² einen Teil der theoretischen Zusammenhände, die für den Bau der Bombe erforderlich waren. Die Bombe wurde später von einem großen Team von Wissenschaftlern gebaut. Jeder dieser Leute beschäftigte sich mit der technischen Umsetzung verschiedener Teile, die in Summe die Bombe ergeben. So gesehen trifft die Beschreibung von einem Erfinder der Atombombe auf niemanden zu. Einerseits können Beschreibungen auf falschen Aussagen basieren, andererseits können sie auch auf niemanden zutreffen.
Die Thesen 3 und 4 können zufällig wahr sein, und 5 trifft trotzdem nicht zu. Wenn ich denke, daß Einstein die Relativitätstheorie entdeckt hat, und nicht glaube, daß er die Bombe erfunden hat, stellen diese Meinungen, obwohl sie vielleicht richtig sind, noch kein apriorisches Wissen dar.
Die Beschreibungen der Beispiele sind mit den berühmten Leistungen der Namensträger verknüpft. Der Name bedeutet nicht die Leistung, die jemand vollbracht hat und es könnte sich immer wieder herausstellen, daß in Wahrheit jemand anders genau das getan hat, was in der Beschreibung angegeben wurde. Solange wir kein unabhängiges Referenzkriterium angeben können werden die Beschreibungen immer unter der Möglichkeit der Zirkularität Verwendung finden. Kripke kommt zu dem Schluß, daß eine Kommunikations-Kette, die vom Sprecher bis auf die beschriebene Person zurückreicht aufgebaut werden muß. Der Sprecher braucht dann keine konkreten Dinge über die Person zu wissen. Dadurch ist auch keine Zeremonie erforderlich, in der einer Person über Beschreibung eine Referenz zugeordnet wird. Strawson hatte schon eine ähnliche Idee in einer Anmerkung gefaßt.
„Die identifizierende Beschreibung könnte, obwohl sie keine Referenz auf die Referenz enthalten darf, die der Sprecher selbst auf das betreffende Einzelding vornimmt, eine Referenz auf eine Referenz enthalten, die ein anderer Sprecher auf dieses Einzelding vornimmt. … Die eine Referenz könnte also ihre Beglaubigung als echte identifizierende Referenz von einer anderen Referenz borgen, und diese wieder von einer anderen. Doch dieser Regreß ist kein infiniter.“ <Z8 S. 106>
Strawson stützte seine Kommunikations-Kette aber noch auf eine Meinung des Sprechers ab. Kripke rückt die tatsächliche Kette als das Relevante in den Vordergrund. Am Anfang der Kette steht eine Art Taufe. Dabei wird der Gegenstand durch einen Hinweis benannt, oder es wird eine Referenz des Namens durch eine Beschreibung festgelegt. Diese Beschreibung ist nicht synonym mit dem Gegenstand.

Die angeführten Zitate entstammen alle „Name und Notwendigkeit“, Saul A. Kripke, Suhrkamp, Taschenbuch Wissenschaft 1056, Frankfurt am Main, 1981