NIRTL, Bettina (Arbeit1)
DISKUSSION (1.Arbeit NIRTL, Bettina)
Die Referenzproblematik der Eigennamen
- verfasst von Nirtl Bettina, 9805219
- Erste Arbeit zu der Übung der Ringvorlesung, Univ.- Prof. Dr. Richard Heinrich, Wintersemester 2008
Zur Referenzproblematik der Eigennamen:
Ausgehend von der Vorlesung, die Frau Prof. Nemeth dieses Semester im Rahmen der
Ringvorlesungs- Veranstaltung gehalten hat, beschäftige ich mich in meiner Arbeit mit der
Problematik der Referenzen in der analytischen Sprachphilosophie.
Ich werde mich im Folgenden hauptsächlich auf das Werk von Ermanno Bencivenga „Die
Referenzproblematik“ beziehen.
Einleitung:
Philosophische Fragen sind in den seltensten Fällen einfach mit ja oder mit nein zu beantworten. Dies verdeutlicht sich unter anderem in der Vielzahl der Theorien, die zu jedem einzelnen philosophischen Problem existieren. Die Methode, die zur Klärung der Fragestellung führt, ist meist keine simple Formel, oder durch ein einfaches Experiment zu beweisen. Philosophen und Denker aller Disziplinen boten seit jeher Lösungsvorschläge in ihren Theorien an. Die Philosophie stellt Wahrheitsanspruch, was nicht primär die Suche nach dem Absoluten impliziert. Das zentrale Problem, die Hauptaufgabe der Philosophie bestand wohl schon immer darin zu klären, was wahr und was zu falsifizieren ist. In der analytischen Sprachphilosophie verdeutlicht sich dieses Streben im Beantwortungsversuch der Frage nach der Referenz eines bestimmten Ausdrucks, eines Terms.
Mit der Frage, wann ein Term als Eigenname zu betrachten ist, haben sich in der Philosophiegeschichte verschiedene Denker beschäftigt. In diesem Essay werde ich im Speziellen die Theorien von Bertrand Russell und die von Gottlob Frege gegenüberstellen und analysieren.
Zur Theorie:
Ein Eigenname ist, wenn man es banal betrachtet eine Vereinfachung. Er ist die Summe aller Eigenschaften, die das zu beschreibende Objekt aufweist, zusammengefasst in einem einzigen Ausdruck. Einem singulären Term. „Ein singulärer Term ist ein Ausdruck, der einen bestimmten Gegenstand oder eine spezifische Person bezeichnet.“ (vgl. Bencivenga, S.14) Gehen wir also von der Annahme aus, ein Eigenname ist ein singulärer Term. Demnach wären also „Thomas“, „Henry“ und „Tina Nirtl“ Eigennamen und daraus folgernd singuläre Terme.
Eigennamen in Russells Referenztheorie:
Bertrand Russell trifft in der Bezeichnung Eigenname Unterscheidungen. Zunächst sind für ihn hinweisende Fürwörter, wie z.B.: „dies“ oder „das“, die einzig „echten“ singulären Terme oder die einzig „logischen Eigennamen“. Diese haben nach Russell eine Referenz, da sie immer subjektiv gebraucht werden. (vgl. Bencivenga, S. 43) Weiters nennt Russell in seiner Terminologie grammatische Eigennamen (wie: „Tina Nirtl“) und Kennzeichnungen (wie: „war 2008 Studentin der Philosophie“), jedoch sind diese nicht als singuläre Terme anzusehen. Russell geht hier so weit zu sagen, grammatische Eigennamen und Kennzeichnungen sind überhaupt nichts. Zwar sieht der Satz: „a ist X“ wie ein normaler Subjekt-Prädikat-Satz aus, doch nach Russell hat er nicht die vertraute logische Form „Xa“, sondern eine komplexere logische Form, in der a überhaupt nicht mehr vorkommt.
Russell übernimmt die traditionelle Unterscheidung der mittelalterlichen Logik. Diese teilte Zeichen in kategorische Zeichen, die etwas direkt bezeichnen und synkategorische Zeichen, die selbst keine direkte Bedeutung haben, aber zu der Bedeutung des Kontextes beitragen. Russell nennt die kategorischen Zeichen „Terme“ und die synkategorischen Zeichen „unvollständige Symbole“. Grammatische Eigennamen und Kennzeichnungen sind für Russell unvollständige Symbole, die selbst eben keine Bedeutung haben, sondern zu der Bedeutung des Kontextes beitragen. Sie sind für ihn aber auch keine primitiven unvollständigen Symbole wie „und“ oder „nicht“, vielmehr sind grammatische Eigennamen und Kennzeichnungen für Russell definierte unvollständige Symbole. Es sind passende Abkürzungen um lange und komplizierte Ausdrücke zu vereinfachen. Ihre Definitionen sind Kontextdefinitionen. Demnach definieren sich in Russells Theorie grammatische Eigennamen und Kennzeichnungen nicht selbst, sondern nur die Zusammenhänge in denen sie vorkommen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass für Russell Eigennamen ohne beschreibenden Gehalt sind, aber dennoch auf etwas ganz bestimmtes verweisen.
Dieser Ansatz sei an einem Beispiel ausgeführt:
„1+1=2“
Nach Russell ist die Ziffer „2“ in diesem Fall eine Abkürzung für den Ausdruck „1+1“ und gehört nicht zur Objektsprache. Sie ist eine direkte, explizite Definition und eben keine Kontextdefinition. Kommen wir nun zu dem Satz:
„2+1=3“
Ersetzen wir nun die Abkürzung „2“ durch „1+1“ erhalten wir folgenden Satz,
„1+1+1=3“
der ebenso wahr ist wie der ihm vorausgehende.
Für grammatische Eigennamen und Kennzeichnungen gilt dies nicht. Sie sind dem Sinn nach nichts. Substituieren wir sie für ein Zeichen, dass sie abkürzen, bleibt kein Bestandteil, der ihnen entspricht. Wie in dem Satz:
„P oder Q“
Würden wir nun „oder“ substituieren bliebe nichts was ihm entspricht. Einzig im Kontext („P oder Q“) findet das „oder“ seine Entsprechung, aber nicht wenn es alleine steht.
Was sind Eigennamen nun aber tatsächlich?
Nach Russells Theorie sind grammatische Eigennamen Abkürzungen für Kennzeichnungen. Demzufolge wäre der grammatische Eigenname „Tina Nirtl“ die Abkürzung für die Kennzeichnung „Tochter von Gerlinde Nirtl, die Studentin der Philosophie ist“ oder „Pegasus“ eine Abkürzung für „das fliegende Pferd“. Daraus folgernd ist
„Pegasus ist smaragdgrün“
eine Abkürzung für
„Das fliegende Pferd ist smaragdgrün“,
dies wieder ist die Abkürzung für
„Es gibt genau ein fliegendes Pferd und alle fliegenden Pferde sind smaragdgrün“
Da die erste Aussage falsch ist, ist demnach auch die zweite zu falsifizieren.
Anders zeigt es sich in dem Fall:
„Tina Nirtl ist Wienerin“
ist eine Abkürzung für
„Die Tochter von Gerlinde Nirtl, die Studentin der Philosophie ist, ist Wienerin“
ist die Abkürzung für
„Es gibt nur eine Tochter von Gerlinde Nirtl, die Studentin der Philosophie ist und alle Töchter von Gerlinde Nirtl, die Philosophie studieren sind Wienerinnen.
Da die letzte Aussage in diesem Beispiel wahr ist, ist es auch die erste.
Eigennamen und Kennzeichnungen sind nach Russell austauschbar, ohne die Bedeutung zu verändern.
Eigennamen in Freges Referenztheorie:
„Nach Gottlob Frege sind alle Kennzeichnungen und alle grammatischen Eigennamen der
Umgangssprache echte singuläre Terme, in seiner Terminologie Eigennamen.“ (Bencivenga, S.72) Betrachten wir zunächst wie in Bencivengas Werk das Problem der leeren Referenz, der Bedeutung wie Frege sie nennt.
Betrachten wir seine Theorie an einem Beispiel:
„Pegasus existiert nicht“
Für Frege liegt die Aussagekraft des vorangehenden Satzes an dem Ausdruck „existiert“. „Nach Freges Ansicht ist „existiert“ aber keine Eigenschaft von einzelnen Objekten, sondern eine Eigenschaft, die eine Menge von Objekten bezeichnet.“ ( vgl. Bencivenga, S.75) Der Prädikatsausdruck „existiert“ ist nach Frege gleich bedeutend mit dem Ausdruck „es gibt“. Verdeutlicht wird dies durch einen Satz der Form:
„(Die A) sind C.“
Dieser Satz kann bedeuten, dass jedes einzelne A ein C ist, oder eben auch, dass die Menge derer die A sind, ein C ist. ( vgl. Bencivenga., S.73)
Dies sei nach Frege an folgendem Beispiel überprüft:
„Tina Nirtl existiert.“
Das bedeutet demnach: „Es gibt mindestens ein Ding, das mit Tina Nirtl identisch ist.“ Oder anders ausgedrückt: „Die Menge der Dinge, die identisch mit Tina Nirtl sind, ist nicht leer.“
Auf das erste Beispiel Bezug nehmend folgt:
„Es gibt kein Ding das identisch mit Pegasus ist.“
Oder wieder anders ausgedrückt:
„Die Menge, die mit Pegasus identisch ist, ist leer.“
Dies klingt derart anschaulich vorgeführt logisch, denkt man aber weiter, stößt man auf die Frage wie es im umgekehrten Fall „Pegasus existiert“ aussehen würde. Ist diese Aussage sinnvoll? Dieses Problem behandelt Frege in seiner Theorie von Sinn und Bedeutung. Für Frege ist auch ein Eigenname wie Pegasus, der keine Bedeutung hat, nicht sinnlos.
Nehmen wir nach Frege an, dass ein Satz der Form
„a=b“
wahr ist. Dies bedeutet, dass a und b dasselbe Objekt bezeichnen und darüber hinaus ihre Bedeutung identisch ist, da die Aussage des Satzes wahr ist. Als Beispiel sei angeführt:
„Tina Nirtl= Studentin der Philosophie im Jahre 2008“
Da die Bedeutung von a und b in diesem Fall tatsächlich identisch ist, besagt dieser Satz nach Frege nichts anderes als ein Satz der Form:
„a=a“
also
„Tina Nirtl=Tina Nirtl“
Der nahe liegende Schluss dieser Gleichungen ist, dass da a und b dieselbe Bedeutung haben, auch die Bedeutung der beiden Aussagen (a=b und a=a) identisch ist, der Unterschied liegt in ihrem Wert. „Freges Antwort ist, dass das was ein Satz aussagt, nicht nur von der Bedeutung der Zeichen, die er enthält abhängt, sondern auch vom Sinn dieser Zeichen.“ (Bencivenga, S.77) Nach Freges Ansicht ist der Sinn eines Zeichens durch die Art und Weise in der wir darauf Bezug nehmen bestimmt und somit zu differenzieren. Demnach besagt ein Identitätssatz der Form a=b etwas anderes als ein Identitätssatz der Form a=a, wenn die beinhalteten Eigenschaften a und b verschiedenen Sinn haben, gleichgültig ob sie dieselbe Bedeutung haben oder nicht.
Frege ging noch einen Schritt weiter und postulierte, dass selbst wenn ein Eigenname x keine
Bedeutung hat, er dennoch einen Sinn haben kann, das heißt er kann ein Objekt auf eine
gewisse Art und Weise zu benennen versuchen, wenn auch vergeblich.
„Das fliegende Pferd“ hat nach Frege einen Sinn. Seine Bedeutung soll sein, dass es ein
Objekt ist, das fliegen kann und ein Pferd ist. Selbstverständlich wissen wir, dass es ein
solches Objekt nie gab und nie geben wird.
Unterschiede der beiden behandelten Theorien:
Für Frege sind im Unterschied zu Russell alle grammatischen Eigennamen und alle
Kennzeichnungen echte singuläre Terme.
Für Russell sind einzig hinweisende Fürwörter logische Eigennamen. Grammatische
Eigennamen sind in seiner Terminologie wie Kennzeichnungen zu behandeln.
Der Satz „Pegasus existiert nicht“ ist zwar sowohl nach Freges als auch nach Russells
Theorie wahr, jedoch haben sie verschiedene Ursachen hierfür postuliert. Für Russell
liegt der Wahrheitsanspruch des genannten Satzes an seinem grammatischen
Eigennamen. Im Gegensatz dazu liegt für Frege die Ursache der Verifizierung an der
Aussagekraft des Ausdrucks „existiert“.
Für Frege sind selbst Eigennamen ohne Bedeutung nicht sinnlos. In der Auffassung, dass ein Eigenname identisch mit seiner Referenz ist stimmen zwar beide überein, jedoch hat nach Frege ein Eigenname wie „Pegasus“ einen Sinn, obwohl er ohne jegliche Bedeutung ist. Frege postuliert alle wahren Sätze haben dieselbe Bedeutung, aber einen unterschiedlichen Sinn. Eine falsche Aussage hat vom Wahrheitsanspruch her gesehen vielleicht keine Bedeutung, aber sie hat den Sinn etwas Falsches über eine Sache auszusagen, sie somit zu beschreiben, auch wenn die Aussage zu verifizieren ist. Hierin liegt wohl der bedeutende Unterschied der beiden Theorien.
Literatur:
Bencivenga, Ermanno (1987): Die Referenzproblematik. Eine Einführung in die analytische Sprachphilosophie, Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag