MS/Vo 04/Brutto (unzensiert)

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Es wird Sie freuen zu hören, dass unsere Audioaufzeichnungen ausfallsicher sind. Ich habe mein Gerät vergessen, aber es gibt drei weitere, die hier zur Verfügung stehen, wir zeichnen daher auf einem anderen Gerät auf. Die Vorlesung wird zur Verfügung stehen. Im Zusammenhang mit meinem Beitrag zur Ringvorlesung vergangene Woche hat mir eine Kollegin ein wirklich sehr amüsantes Youtube-Video geschickt über die Segnungen des Buches, eine völlig neue Technologie, die ganz ohne Batterien auskommt, vom Netz unabhängig ist, auch gibt es keine Abstürze. Außerdem hat es eine neuartige Darstellungstechnologie: es gibt nämlich Seiten, die von beiden Seiten her anzusehen sind, womit sich die Datenmenge natürlich verdoppelt, die mitgeteilt werden kann.

Es hat nun der Kollege freundlicherweise auch das Gotz-Video auf Youtube zur Verfügung gestellt. Ich werde das hier nicht riskieren, Ihnen dieses Flash zu zeigen, der Computer soll neu eingerichtet werden, wir wollen ihn in seinem jetzigen Zustand belassen. Eine weitere technische Angelegenheit, die ich ankündigen muss: wie Sie wissen fallen die nächsten drei Vorlesungen aus. In der alten Ordnung der Dinge ist das Anlass, von der Seite des Lehrenden her, ein wenig für Betroffenheit und Entschuldigung, man hat schließlich Vorlesungsverpflichtung, möchte einen Stoff auch möglichst ausführlich zur Verfügung stellen. Ich habe dies bei mir auch festgestellt und schon begonnen, an einer Entschuldigung zu basteln. Während ich dies getan habe wurde mir allerdings deutlich, dass das gar nicht angebracht ist. Ich sage Ihnen das, um Ihnen einen Einblick in die neue Ordnung der Dinge zu geben, unter der wir stehen seit einer sozusagen doch herrschaftlich internationalistisch, stromlinienförmig geordneten Universität. Was ist der Grund dafür, dass ich drei Wochen nicht da bin? Der erste Grund ist der, dass ich nach Pisa zu einem Arbeitsmeeting im Zusammenhang mit einem EU-Projekt fahre. Nun haben EU-Projekte absolute Priorität. Jeder, der ein EU-Projekt requiriert, kriegt einen kleinen Orden, eine freundliche Anerkennung oder ähnliches, d. h. EU-Projekte sind ein Muss. Es sieht sehr schlecht aus, wenn man keine hat. EU-Projekte haben es auch an sich dass man in der EU herumfahren muss um die Projektziele zu verwirklichen. Der zweite Grund: Wo bin ich dann? Dann bin ich in Prag. Dort habe ich keine EU-Projekte aber internationale Mobilität. Ich habe ein Stipendium bekommen, um in Prag bestimmte Sachen vorzutragen, Forschungsaustausch zu initiieren usw. usf. Der Effekt für Sie ist, dass Sie mich drei Wochen nicht hören. Ich werde mir vielleicht etwas einfallen lassen, um das ein bisschen auszutarieren, auszubalancieren. Die Pointe aber, die ich machen möchte ist eine allgemeinere, nämlich die, dass die Meinung, die man öfters hört, dass die Lehre leidet unter den gegenwärtigen Bedingungen, dass Studierende nicht mehr so wichtig sind, abgeschoben werden an TutorInnen, Leute die einführende Sachen machen, anhand dieses Beispiels einigermaßen belegt werden kann. Es ist schlicht und einfach in der finite time eines Semesters nicht möglich, die verschiedenen Aufgaben zu erfüllen, die da an uns herankommen. Sie kennen Ähnliches im Zusammenhang damit, dass von Ihnen appellativ erwartet wird, auch mobil zu sein, mit Erasmus irgendwo hinzufahren. Dann ergibt sich die Schwierigkeit, wie sich das im Bachelorstudium ausgeht. Die Bachelorstudien sind ohnehin schon gehörig komprimiert. Ich führe das nicht weiter aus, ich weise Sie nur darauf hin, dass das ein Typus von Problem ist, den man früher in diesem Sinne nicht gehabt hat, und gehe über zu den Griechen.

Zu dem angekündigten Segment über Platon. Dieses Segment über Platon werde ich vonseiten Platons her beginnen mit einer Äußerung Platons über Homer, über die Ilias. Wir haben ja schon ein bisschen über die Ilias gesprochen, und um Sie darauf einzustimmen habe ich zwei Schrift- und drei Tonbeispiele mitgebracht. Es ist das für Sie: eine griechische Inschrift, eine sonderbar klingende Inschrift. Zur allgemeinen Information: Die Ilias beginnt damit, dass der Dichter auffordert, die Göttin, die Thea, dass Sie singen soll, davon, dass Achilles, der der Sohn des Peleus ist, sehr wütend ist. Er ist wütend –Backgroundinformation- weil der Generalstabschef des griechischen Heeres, die die Feste Troja belagern, bei einer Plünderung nicht die richtigen Spoils, nicht die richtigen Güter bekommen hat und darum etwas, dass dem Achill zugestanden hat dem Achill weggenommen hat. Wie auch immer: Achill ist wütend, und diese Wut des Achills wirkt sich derartig aus, dass er nicht mehr mit den Griechen mitkommt, so dass die Griechen, die ihren besten Helden verloren haben, immer mehr in die Defensive gedrängt werden. Die Ilias ist zu einem großen Teil das Drama davon, wie es möglich ist, den Achill, der quasi der Superman ist, er ist es wahrlich, er ist wirklich ein Superman im ziemlich wörtlichen Sinn, dazu zu bringen, dass er für die Griechen kämpft. Wenn Sie wollen, nicht Superman, sondern Obelix, allerdings doch auch sterblich, muss man dazu sagen, eher wie Siegfried. Ich erzähl Ihnen das auch deswegen, weil Sie ein bisschen daraus hören können, was das für eine dramatische Thriller- und Helden- und Unterhaltungsgeschichte ist; nicht nur natürlich, aber es ist gewissermaßen ein richtiger Kriegsfilm. Heutzutage würde man Reservoir Dogs, Tarantino für so etwas bestellen. Auf Deutsch können Sie’s selber lesen. Was mir jetzt wichtig ist, womit ich die Platon-Überlegungen beginnen möchte, ist, Sie in drei Hinweisen darauf einzustimmen, dass das, obwohl Sie hier ganz offensichtlich eine Schrift und eine Übersetzung haben, etwas Mündliches ist. Es ist etwas, das passiert ist. Der Grund dafür, dass so etwas geschrieben wird ist, dass es eine mündliche Praxis der Überlieferung von wandernden Sängern gegeben hat, die – früher hat’s das gegeben- mit einem kleinen Puppentheater z. B. von Ort zu Ort gezogen sind und dort Puppenaufführungen gemacht haben. Das sind fahrende Sänger, die von Hof zu Hof gezogen sind und dieses Epos deklamiert haben. Man hat sich das nicht bestellen können beim Buchhandel, man musste warten darauf dass someone is in town, so wie der Zirkus früher. Bevor es Fernsehen gegeben hat, bevor es die Varietés gegeben hat, die DVDs, das Heimkino, was wir heutzutage für selbstverständlich annehmen, haben sich die Leute am Abend am Spinnrad getroffen und Geschichten erzählt, und immer wieder hat ihre Unterhaltung den zusätzlichen Aspekt gehabt, dass jemand gekommen ist und für sie Zirkus gespielt hat mit den ganzen Attraktionen. Und das konnte nur mündlich geschehen. Es war jemand da, der diese Sachen tatsächlich vorgetragen hat. Diese Form der Medialität ist in die humanistische Bildung als ein ferner Abglanz noch rübergekommen. Ich denke nicht, dass jemand von Ihnen, oder doch vielleicht, Sagen Sie mir’s ich, würde mich gerne verbrüdern, in der selben Situation gewesen sein wird, dass am Anfang des Griechischlernens im zarten Alter von 14 Jahren, nicht ganz des Griechischlernens, nachdem man die Basisgrammatik gekonnt hat, als man begonnen hat, Homer zu lesen, bevor man Homer gelesen hat, die Aufgabe die war, die ersten 2 Seiten der Ilias auswendig zu lernen und die mussten dann aufgesagt werden. Das schien mir damals ein sonderbares Unternehmen. Es tut mir leid im Nachhinein sagen zu müssen, die Idee war gar nicht so blöd. Es hat sich eingeprägt. Erst vor kurzem habe ich mit jemanden gesprochen. Es ist eine Konstante von all den Leuten, die so geprägt worden sind, wie die Taufe, wahrscheinlich viel nachhaltiger als die Taufe, denn an die erinnert man sich nun wirklich nicht, in aller Regel. Es ist sozusagen ein geheimes Band, das Leute die in dieser traditionellen humanistischen Weise aufgezogen worden sind, haben, und das ist nicht etwas was man Buchstabe für Buchstabe herausfindet: Ménis heißt Zorn, aeíde ist ein Imperativ, von Singen. Den Zorn singe und so. Das ist die Buchstaben-Zugangsweise zu sowas. Oúlomenén heißt Wüten, Entbrannt-Sein usf. Nicht diese Zugangsweise, sondern die über den Körper gehende Zugangsweise, die damit zu tun hat, dass das ein Gedicht ist, das ausgesagt wird, in der Performance, in der jeweiligen Performance. Weil das so ist habe ich Ihnen als erstes Soundbeispiel etwas hierher getan, was ein englischer Altphilologe sagt. Es ist das jetzt das Aufsagen der ersten paar Zeilen von der Ilias, damit Sie einen Eindruck haben nicht nur wie das klingt, sondern wie das klingt wenn heutzutage ein Gräzist den Homer hernimmt und rezitiert

[Einspielung Stanley Lombardo]

Wenn Sie nur ein bisschen eine Ahnung haben von dem, und ich hab‘s Ihnen ein bisschen gezeigt, kommen Sie relativ rasch drauf: der betont das sehr zivilisiert nach dem Satzbau. Er geht nicht nach dem Hexameter der da drinnen ist vor sondern er artikuliert so, dass man die syntaktisch-semantischen Zusammenhänge sieht, hört, genauer gesagt, die jeweiligen Satzteile. Aber immerhin ist das ein bisschen ein Gefühl dafür, wie es einen geregelten Rhythmus gibt, ein Ablaufen, einen Strom von Worten nach einer bestimmten Regel. Das Wichtige ist an dieser Stelle, eine wichtige Sache, viele wichtige Sachen, die, auf die ich aufmerksam machen möchte ist, dass Sie sich nach einem Ablauf, einem geregelten Ablauf halten können, von Mal zu Mal, von Strophe zu Strophe geht das weiter. Die zweite Tonshow, die ich gefunden habe am Netzt von einem Ioannidis Nikolaos finde ich deshalb interessant, weil damit etwas angedeutet wird wovon ich schon ein bisschen geredet habe in der ersten Stunde und noch reden werde: nämlich das Gedicht – Homer ist Epik, aber reden wir einmal von der Nähe von Epik und Lyrik, also von dichterischer Rede nicht im Sinne eines Romans, nicht im Sinne eines Theaters, sondern im Sinn einer episch-lyrischen Darstellung. Episch-lyrische Darstellung so wie sie heutzutage verstanden wird wenn Sie z. B. Ernst Jandl hören in Tonaufnahmen ist nicht gebunden an diese Form von repetitiver Rhythmik, sondern hat vielmehr mit Expression, mit Artikulation, wenn Sie Gerhard Rühm z. B. Konrad Bayer hören, hat etwas mit der Gestaltung von Individualität zu tun. Ich weiß nicht, wer von Ihnen Diamonda Galles kennt, also Tonkünstlerinnen, Phil Minton, habe ich hier nicht mitgebracht, die mit ihrer Stimme, mündlich wirksam sind in einer Kunstperformance. Das ist weit entfernt von dieser Regularität im homerischen Zusammenhang. Man könnte sagen: es ist modern individuell, man könnte auch sagen: es ist schon ziemlich verkünstelt. Was ich mit verkünstelt meine, spiele ich Ihnen jetzt hier vor. Es geht um dieselben, wenigen Verse.

[Einspielung Ioannidis Nikolaos]

[Einwand aus dem Auditorium: Aber er betont das sehr Neugriechisch!]

Ja sicher, das ist ein Neugrieche, der altgriechische Sachen singt. Ich habe den Link hier dazugesetzt. Ich bin keinerlei Experte darüber, wie das einzuschätzen ist im Kunstbereich, im Unterhaltungsbereich, wie die griechische Einstellung zu so etwas ist. Meine einzige Pointe ist, das ist die individualisierende Aneignung, die sich besser für unser Verständnis von griechischer Volksmusik oder alter Musik eignet. Diese beiden Sachen als kleine Highlights über das, was mündlich im Zusammenhang mit der Ilias in Frage kommt, also Themen, die sich hier stellen. Das dritte ist keine Ilias-Rezitation, ist aber ein Tonfile, das auf Rhodos aufgenommen worden ist.

[Einspielung Ilias m-Top10]

Sie können sich noch erinnern, ich habe Ihnen auch Pirron und Knapp vorgespielt. Das ist etwas, was man in unserem Thema dazuhören muss, wenn man über Eingängigkeit, Rhythmus, Körperlichkeit des Mündlichen redet. Das waren jetzt nur wenig mündliche Geschichten. Es ist aber natürlich dazu zu sagen dass die Mündlichkeit in der Performance der Sänger, der prähomerischen Sänger ebenfalls unterstützt war von einem entsprechend lauten und eindeutigen Rhythmuselement, und einer der Gründe, warum ich Ihnen diese Passage gespielt habe ist, um Sie darauf aufmerksam zu machen: wir stehen in der Überlegung dieses Übergangs von mündlich zu schriftlich einerseits in einer Tradition von Klassik-Studien. Drum habe ich Ihnen die Geschichte erzählt vom Auswendiglernen der ersten Strophen der Ilias, die also in jedem Fall auftreten als Bildungsgut, als etwas, was uns überliefert ist. Bis zu Ihnen ist es vielleicht nicht mehr ganz gekommen, dieses Bildungsgut ist vielleicht vorher kurz gestrandet, bei mir aber ist es zumindest noch angekommen, und dieses Bildungsgut ist schließlich das, was noch an den Universitäten gelernt wird, gelehrt wird, allerdings wichtigerweise über die Texte und nicht über das Mündliche. Und jenseits, auf der anderen Seite dieses Bildungsgutes gibt es Überlegungen, bei denen man in die Richtung gedrängt wird zu sagen: Überlegen wir uns einmal, dass dieses Bildungsut von dem wir ja nur reden können weil es uns in Texten überliefert ist, ohne dass das jemand niedergeschrieben hätte gäbe es kein klassisches Altertum und keine Griechenlandforschung. Das, was es da alles gibt, jenseits aber haben wir in unserer Lebenswirklichkeit die Erfahrung von Rhythmus, die Erfahrung von Beat, ums Mal so zu sagen. Und der wichtige Punkt auf den das hinsteuert ist, dass man, wenn man dem folgt, worum‘s jetzt bei Platon geht, konfrontiert wird mit einer gewissen Schwierigkeit, diese beiden Dinge miteinander in Beziehung zu bringen. Ich sag‘s Ihnen auf die kürzestmögliche Art, die natürlich eine völlige Karikatur ist, es aber zunächst einmal in eine Vignette bringt: Der Platon hat sich das angehört und hat gesagt: das gehört doch nicht in die Schule. Platon hat zu arbeiten gehabt, hat zu reagieren gehabt auf eine Form von Rhythmik und von Performance, die in dieser Art insistent und sozusagen repetitiv gewesen ist, und die so wie Kinderreime - so wie’s heutzutage vielleicht Schlager sind; Sie müssen sich vorstellen: Beat oder Schlager, mit denen die Kinder von vornherein aufwachsen. Während sie heranwachsen kriegen sie dieses Musikgut mit, mit diesem Musikgut gleichzeitig natürlich die Inhalte von denen hier die Rede ist. Sowas wird man heutzutage auch noch finden. Michael Jackson, Madonna. Worum es da geht ändert sich natürlich mit den Generationen jeweils. Damit wachsen die Kinder auf, und das ist nicht Popkultur, sondern im damaligen Sinn ist das das Residuum der Volksweisheit - die Kinder wachsen auf mit den Storys die gesungen werden, die erzählt werden, die erfassen: „Wo kommen wir her, was sind die Götter , was haben die Götter gemacht, was ist in Troja passiert, was sind die Großtaten, die jemand sozusagen verbrochen hat?“ um es mal so zu sagen. Damit wachsen die Kinder auf, das lernen sie in der Erziehung und das ist tatsächlich, das weiß man, das griechische Erziehungsmodell gewesen.

[Aus dem Auditorium: Ich hab eine Frage, weil die Ilias wurde ungefähr vierhundert Jahre vor Platon niedergeschrieben. Also, wurde es dann zu Platons Zeiten überhaupt noch mündlich unterrichtet in der Schule?]

Nach dem Zeugnis von Platon ist das ein ganz entscheidender Bestandteil der Erziehung der griechischen Jünglinge zu seinen Zeiten. Das wird man an der Stelle gleich sehen, wie unglaublich Platon sich aufregt. Der Platon, um das nochmal schlagwortartig zu machen, reitet eine Breitseitattacke gegen die Kunst, gegen die Poetry, gegen Lyrik, gegen darstellende Kunst. Das ist etwas - was, das sag ich dann gleich. Kurz auf Ihre Frage geantwortet: Es ist so - dass sozusagen, Sie sagen: das ist schon vierhundert Jahre vor Platon geschrieben worden, wie gibt’s das? So ungefähr: wir werden doch nicht nach einem Lehrbuch unterreichtet das 1700 geschrieben worden ist. Das ist, das war eine der Grundfesten der griechischen Erziehung zur Zeit von Platon.

[Aus dem Auditorium: Nein, aber ich mein zu Platons Zeit wurde es schon nicht mehr gesungen, es war ja auch schon niedergeschrieben seit vierhundert Jahren]

Aber in den Schulen ist es gesungen worden. Wenn es in den sechziger Jahren in den österreichischen humanistischen Gymnasien noch Reste davon gibt, dass man einen Song sozusagen nimmt, sowas auswendig lernt, dann - das ist jetzt keine Logik, aber nach all dem was sozusagen dokumentiert ist, sind diese Gesänge praktiziert worden. Es ist aber natürlich richtig was Sie ansprechen, dass man quasi zwischen achthundert vor Christus und vierhundert vor Christus rechnen muss damit dass es einen sukzessiven Wandel in Richtung auf Schrifttechnologie gibt, aber man darf sich das nicht so vorstellen dass da überall die Bücher herumgelegen sind. Es hat Niederschriften gegeben, das war nicht zu kaufen, der Zweck war nicht, dass die Leute solche Bücher kaufen und dann das auswendig lernen.

Sie wollen das Licht kontrollieren.

[Zwei Herren kommen und kontrollieren das Licht]

Sie haben mich gestern am Abend vollkommen im Dunklen zurückgelassen. Am Abend, ja.

[Einer der Herren betätigt einen Schalter hinter der Tafel – und es ward Licht] Das ist da eine interessante Schaltung.

[Der zweite Herr kommentiert das Wunderwerk seines Kollegen: Des waß jo kana, des waß net amoi i]

Jetzt haben wir ein Geheimnis entdeckt. Gut. Danke.

[Die Herren verlassen den Raum].

Ich würd an der Stelle weitersagen: In unserem Erfahrungsbereich ist es natürlich so, dass wir an der Stelle, an der wir die Ilias auswendig gelernt haben, einen Text von der Ilias gehabt haben, das zuhause lesen konnten, es vom Lesen ins Gedächtnis übernommen haben und dann ausprobiert haben, ob wir’s auch können Das war mit Sicherheit nicht die Situation Griechenland. Da hat nicht jeder ein Schulbuch gehabt nach dem er das ausgeführt hat, sondern das hat man in der Schule durch Rezitieren gelernt. Das ist der wichtige Punkt bei der Betrachtung des Mediums. Ich würde vermuten, dass dasselbe noch immer stattfindet wenn es am afrikanischen Subkontinent Schulen gibt, die keine Schulbücher haben. Was macht man da? Da kann man nichts anderes tun als der ganzen Klasse in der Art und Weise des Miteinanderrredens, -singens, oder so was, diese Inhalte einflößen, weil es nichts gibt, worauf man sich separat davon beziehen kann. Worum’s mir jetzt geht, was ich Ihnen heute noch bringen werde sind drei Punkte. Der zweite Punkt ist jetzt Platon gegen die Dichter. Einige, ziemlich herzhafte Zitate von Platon gegen das, was die Dichter tun. Aus dem Staat, aus der Politeia - das verbunden mit einer Überlegung von Eric Havelock, mit dem ich begonnen habe. Die wirklich interessante, neue Zugangsweise von Havelock kann man so beschreiben, dass er sagt, wir lesen die Politeia, Sie werden‘s jetzt auch in Ausschnitten gleich sehen, und wir denken uns: Was hat den Platon da geritten? Warum ist er so gegen die Dichter, insbesondere gegen die Lyrik, gegen die Musik ganz allgemein? Ist er asketisch, ist er ein Mönch oder sowas ähnliches? Der Punkt von Havelock ist der, dass er sagt: die Platonische Kritik an der Dichtern kann man nur verstehen wenn man mitberücksichtigt, dass das gegen diese Form von mündlicher Erziehungspraxis gerichtet ist und das Platon eine neue Form der Zugangsweise zu Wissen, der Zugangsweise zu gemeinschaftlich diskutierten Fragen und zu Wissen gefunden hat und propagiert, die nun ziemlich dramatisch abgesetzt ist von der Zugangsweise zu Wissen die sich verbindet mit der rhythmisch-gemeinschaftlichen, musikalischen Performance. Das ist Platon gegen die Dichter. Und Havelock führt dann weiter. Das Buch heißt A Preface to Plato. Also: Bedingungen dafür - er will bestimmte medientheoretische Bedingungen angeben, wie es zu platonischen philosophischen Theoremen kommt und was er sagt und was ich selbst noch ein bisschen ausbauen werde ist, dass die uns bekannten platonischen Lehrstücke, insbesondere die der Vernunft, die die Seele anleitet, die in der Seele zuhause ist und die uns dazu führt, dass wir nicht einfach einzelne Events wahrnehmen, sondern dass wir gerichtet sind auf eidos, auf Gestalten, auf Ideen, auf Begriffe - wie immer man das nennen will, dass das wesentlich zu tun hat mit dem Switch in der Medialität, von dem wir hier reden. Das ist die Havelock-Position. Ich werde über diese Hinsicht auf die Ideen etwas sagen. Und das vierte ist dann eine Stelle, die Havelock interessanterweise nicht erwähnt, die aber für unsere weitere Vorlesung von Bedeutung sein wird. Es gibt im Buch Phaidros von Platon eine ganz berühmte Passage, in der es über die Vorteile und Nachteile des Buches geht. Da hat er also schon das Wissen davon, dass man diese Dinge aufschreiben kann, und er diskutiert, was dabei zu beachten ist, und insbesondere welche Komplikationen und Schwierigkeiten man mit Büchern hat aus der Sicht von jemanden, der noch mit einem Bein, wenn man will, in der Tradition der Mündlichkeit steht. Das ist das, was ich Ihnen heute noch zeigen möchte. Zunächst mal zu Platon gegen die Dichter. Das ist einigermaßen kunterbunt, ohne sehr viel von der Textstruktur jetzt zu bewahren, weil ich diese kleinen Zwischeneinwände einfach mal rausgenommen habe, aus Politeia 595, das ist der Beginn des Zehnten Buches aus dem Staat, wo Platon direkt mal in die Sache reinsteigt und sagt: „obwohl eine von Jugend auf an Homer mich fesselnde Liebe und Ehrfurcht mich abhält, zu äußern, was ich denke, es muß einmal heraus! Denn er ist offenbar von allen diesen feinen Theaterhelden der erste Lehrmeister und Anführer. Heraus muß es darum, was ich über ihn denke; denn eine menschliche Person darf nicht über die Wahrheit gestellt werden!“ Damit beginnt er gerade explizit auch im Rückgriff auf Homer eine Überlegung, die sich gegen etwas richtet, was im Griechischen Mimesis heißt. Nachmachen, nachahmende Darstellung. Die nachahmende Darstellung, das ist zugegebenermaßen wieder eine Karikatur, ist das, wenn Sie einen Beat, einen Rave haben, und den Rhythmus der Band von der Bühne nachahmend darstellen in Ihren Körperbewegungen. Tanz ist eine klare Form von nachahmender Darstellung. Nicht nur der Tanz, sondern auch z. B. wenn Sie jemanden nachahmen der einen hysterischen Anfalls hat oder der einen Wutausbruch hat oder wenn Sie in der Schrift, um’s bei Homer zu sagen, das Wüten von Achill nachmachen in den entsprechenden Worten, die halt zur Darstellung von Wut zur Verfügung stehen. Platon ist in dieser Passage – die lohnt sich wirklich, wenn Sie ein bisschen Zeit haben, Sie haben ja jetzt Zeit, eigens, in Ruhe zu lesen – von einer Ironie, die wirft einen geradezu um. Er sagt – ich les es Ihnen nicht vor sondern sage Ihnen die Ironie, reden wir jetzt einmal von Leuten, die wirklich was können. Also wirkliche, tolle Typen. Diese tollen Typen können Schuhe machen, können Häuser machen, nicht nur können sie Schuhe und Häuser machen, sie können Wiesen machen, sie können Schiffe machen, sie können mit Schiffen auf der See fahren, Tausendsassas, Leute, die praktisch alles können. Wer ist das, wieso können sie das? Es sind Maler, die können das alles malen, können das alles darstellen. Oder aber Epiker, Dichter, Homer. Homer kann sogar den Hector besiegen, kann zeigen wie man den Hector besiegt. Das ist doch eine wirklich tolle Geschichte. Der Punkt ist der – das ist eben schwer rüberzubringen – wenn man von einem modernen Verständnis von Lyrik ausgeht – der Punkt ist der, dass in einer oralen Tradition die Reproduktion von bestimmten Sprachformen, Mustern, Gesten - die Reproduktion davon ist schon für sich selbst die Art der Überlieferung. Es gibt keine geschichtliche Tradition innerhalb einer solchen oralen Betrachtungsweise, die nicht darauf angewiesen ist, dass Menschen körperlich einsteigen in das Eintrainierte, in die eintrainierten Maße und Gleise des Nachmachens, der Perpetuierung dieser Art von Inhalten: Weil abgesehen davon, dass es Leute lernen, gibt es sie nicht, ist es nicht vorhanden. An dieser Stelle kann man nicht anders als mit Mimesis operieren. In dem Moment, in den man eine Form von schriftlicher Niederschrift hat, ergibt sich aber eine neue Zugangsmöglichkeit. Das kann ich am besten vielleicht so sagen: Sie lernen, wenn Sie sozusagen in einer präschriftlichen Umgebung sind, und das ist nebenbei die Umgebung, die kleine Kinder noch immer haben bei uns, da lernen sie wie man zu so was da sagt. Zu sowas sagt man Sessel. Die kleinen Kinder lernen, dass man zu sowas Sessel sagt nicht durch das Studieren im Lesebuch, sondern dadurch dass ihnen gesagt wird: zu sowas sagt man Sessel. Das ist noch diese Form sozusagen von mündlicher Überlieferung, und sie lernen auch in diesem Zusammenhang, dass man in der Bezugsgemeinschaft, in der sie aufwachsen, zu bestimmten anderen Dingen nicht Sessel sagt. Wenn das Kind gelernt hat, Sessel zu sagen und auch zu dem Sessel sagen will, weil man sich draufsetzen kann, dann wird dem Kind gesagt: Nein das ist kein Sessel. Das ist eine Trial and Error Geschichte, wo man die Verwendung eines gesprochenen Wortes gebunden an die Lernsituation differentiell lernt. Der wichtige Punkt da dran ist, dass die Lernsituation an der Stelle tatsächlich in der Kleingruppe stattfindet. Der wichtige Punkt und der wichtige Unterschied ist der: In dem Moment, in dem Sie ein Wort niederschreiben - und dieses Wort heißt Sessel. SESSEL. Indem sie das niederschreiben und jemanden lehren, dass diese Buchstaben eine Wiedergabe dessen sind, was man spricht, wenn man Sessel sagt, gerät das Wort in eine Unabhängigkeit, in eine eigentümliche Unabhängigkeit, die abgelöst ist von diesen Lern- und Erfahrungssituationen. Also das ist - wenn Sie’s auditiv wollen, man kann das natürlich heutzutage mit Audio auch schon spielen - wie wenn Sie das gesprochene Wort Sessel, dass sie in der Lernsituation mit einem Recorder aufnehmen und mit diesem Recorder 500 Kilometer nach Süden, Norden, Osten oder Westen fahren und dort abspielen, dieses Audio-Wort Sessel, oder wenn Sie’s irgendwo spielen wo es nicht in der entsprechenden Erfahrungssituation drinnen ist – was entsteht an der Stelle? Es entsteht, dass entweder aus dem Prompt, sei’s Audioprompt oder grafischen Prompt Sessel das Kind so reagiert wie es gelernt hat auf Sessel zu reagieren, oder, zweite Möglichkeit, dass das falsch ist. Die andere Situation, dass die transferierte Situation, in der jetzt plötzlich so eine Zeichen auftritt, ein akustisches oder graphisches Zeichen auftritt wie Sessel, dass das plötzlich nicht eine Situation ist, in der das, was das Kind gelernt hat mit Sessel zu verbinden so funktioniert. Sessel verwende ich an der Stelle immer auch mit dem kleinen Hintergedanken, dass das ja die deutsch-österreichische Freundschaft nicht wirklich beschädigt aber doch betrifft, dass Sessel in 500 Kilometern im Westen nicht mehr das heißt, was bei uns Sessel heißt. Sie haben das graphische oder akustische Signal Sessel, und dieses Signal ist nun plötzlich mobil und stellt Sie vor die Frage: verstehe ich jetzt die Welt nicht mehr? Muss ich das uminterpretieren? Kann das zwei Bedeutungen haben? Es ist klar worauf‘s hinausläuft. Sie haben durch die Fixierung, durch die medientechnische Fixierung dessen, was in einer gesprochenen Lernsituation geschieht - haben Sie eine Variabilität, einen Unsicherheitsfaktor, eine mögliche Variabilität des Umgangs mit diesen Zeichen in verschiedenen Kontexten, die Sie vor einen neuen Typus von Frage stellt. Ich hab die - das ist jetzt nicht platonisch, aber es passt jetzt gerade zu dem, was ich Ihnen gesagt haben - ich greif da zurück auf das Beispiel der Vorlesung vom vergangenen Semester: Das hier ist sozusagen ein Sessel. Es gibt viele, viele - das handelt jetzt nicht vom - das ist keine Eins zu Eins Illustration von dem, was ich jetzt gesagt hab, ich will Ihnen nur das Problem andeuten in das man an dieser Stelle steuert: Das ist eine Realisierung von Sessel, und wir sind in der Lage, gegeben unsere Sozialisation, viele verschiedene einzelne Gegenstände als Sessel anzusprechen. In dieser Praxis liegt das Folgende drinnen: Es liegt drinnen, dass wir in der Lage sind, nicht für jeden Sesel einen Eigennamen zu verwenden, nicht jedem Sessel einen eigenen Namen zu geben und sich an der Stelle damit zu behelfen, dass wir jeden einzeln identifizieren, sondern wir abstrahieren etwas heraus, wir finden, dass alle diese Dinge die da herumstehen Instanzen von Sessel sind - daher kommt das aus dem Bereich der projektorientierten Programmierung - es gibt eine Klasse, es gibt eine Vorgabe für die Sesselheit, das was einen Sesel ausmacht, und das was den Sessel ausmacht ist etwas, was prinzipieller ist, was abstrakter ist als die einzelnen Sessel, die die Auswirkung von diesem Sessel sind. Das ist eine Betrachtungsweise, die erst an der Stelle, die zunächst einmal nicht besonders auffällig ist, aber an der Stelle wird sie spannend und interessant, wenn man sich fragt, wie schaut’s denn nun mit dem Verhältnis zwischen dem was allen Sesseln gemeinsam ist und den Einzelsesseln, wie sieht’s da aus damit? Was ist der Grund dafür, wie spreche ich darüber, wie spreche ich darüber was der Grund dafür ist, dass alle diese verschiedenen Sessel eine Gemeinsamkeit haben. Und das ist, kurz gesagt, darauf wollte ich hinleiten, die Platonische Idee eines Sessels, und diese platonische Idee eines Sessels, dass man sich überhaupt fragen kann, was steckt da hinter all diesen Sesseln eigentlich, hängt damit zusammen, dass wir die Frage stellen, die Einzelvorkommnisse des Wortes Sessel müssen doch etwas gemeinsam haben: Diese Einzelvorkommnisse haben eine gemeinsame Substanz und diese gemeinsame Substanz lässt sich nicht reduzieren auf das was wir jeweils greifen können, auf unser Sinnlichkeit, sondern mit dem, was wir da im Auge haben, mit dem Blick auf den Begriff, um es so zu sagen, kommen wir in einen neue philosophische Dimension, das ist die philosophische Dimension des Wesens, welche es sozusagen bis in unsere Gegenwart geschafft hat. Die eine Sache im Zusammenhang mit Wesen, die ich Ihnen an der Stelle sagen möchte ist die - darum habe ich dieses Beispiel hier gehabt - das wird – wahrscheinlich - im Österreichischen Sinn geht das durch als Sessel. Die interessante Frage ist natürlich, wie wir diese Gebilde nennen, ob wir die auch Sessel nennen können. Ich bring’s Ihnen deswegen, um Ihnen vor Augen zu führen, dass wir in diese Situation deswegen kommen weil wir ein Wort haben das für uns bestimmte Implikationen bedeutet und dieses Wort auch hier irgendwo verwenden wollen aber plötzlich vor der Frage stehen: Stimmt das wirklich? In dem neuen Kontext ist das vielleicht nicht der richtige Ausdruck für das, was ein Sessel sein soll. Aber was ich Ihnen - der Punkt an dem ich’s Ihnen ein bisschen deutlicher noch machen möchte ist etwas, was näher an Platon ist und was sich auch ein bisschen an die Internet-Erfahrung anknüpft die wir heutzutage haben. Es kommt aus Überlegungen über Bildung, die hier zu Grunde liegen, Überlegungen zur Bildung sind deswegen hier relevant weil, ich hab‘s Ihnen schon gesagt: das platonische Bildungskonzept ist ein Konkurrenzkonzept zu dem Bildungskonzept: Aneignung durch Nachmachen. Ich schlag ihnen sozusagen mal vor, das Experiment nachzuvollziehen, sie können es leicht verstehen. Sie nehmen ein Wort, nicht wie Sessel, sondern wie tapfer und Sie geben das in Google ein und Sie kriegen ganz gratis hundert, hunderte, hunderte verschieden Kontexte, wo tapfer vorkommt. ATX kämpft tapfer um das Wochenplus. Kuschelbären wollen tapfer sein. Tapfer lächeln. Tapfer aber chancenlos. Da kommt überall diese Sequenz vor. Und die Pointe, die entscheidende Pointe ist jetzt die: In einer mündlichen Tradition kommen Sie niemals in die Situation, dass Sie die unterschiedlichen Vorkommen der Sequenz tapfer jetzt vor sich liegen haben und sich überlegen: Hoppla, da ist tapfer, da ist tapfer da ist tapfer - was hat denn das miteinander zu tun? Sie kommen nicht zum vergleichen dieser unterschiedlichen Kontexte. In dem Moment, in dem Sie zum Vergleichen kommen ergibt sich eine neue Form von Problemstellung, und das Wichtige an dieser neuen Form von Problemstellung ist, dass Sie nicht mehr sich darauf berufen können, dass Sie etwas eingelernt haben, dass etwas so sein muss weil Sie‘s so gelernt haben. Sie können natürlich sagen, nicht nur können Sie‘s, in vielen Dingen, inklusive uns alle, ist es natürlich so, dass wir an dieser Stelle instinktiv sagen: ATX kämpft tapfer ums Wochenplus – das wirf einmal weg. Das ist eine nichtrichtige, keine hilfreiche Beschreibung. Du musst erst einmal wissen, was tapfer ist, dann kannst du, wenn du das einmal weißt, vielleicht auch verstehen was damit gemeint ist, dass der ATX ums Wochenplus kämpft, aber das kannst du zunächst einmal weglassen. Das heißt: diese Art von Regulation, von Regulation des Vergleichens, davon, dass gesagt wird, du hast zwar jetzt diese unterschiedlichen Praktiken, aber ich sage dir, welche dieser Praktiken die wichtigen sind, nach welchen du dich orientieren musst, um die richtigen Schlüsse in unserer Gesellschaft z. B. zu ziehen, um nicht übrig zu bleiben im darwinistischen Überlebenskampf und solche Sachen, diese Überlegungen gehen nahe zusammen mit dem platonischen Motiv, dass wir durch diese verschiedenen Vorkommnisse von tapfer an der Stelle uns nicht einschüchtern lassen sollen, wir sollen nicht - und das ist ein ganz zentraler platonischer Zug der da drin ist - wir sollen eines auf keinen Fall tun - wir sollen nicht schauen, in welchen Zusammenhängen überall tapfer verwendet wird und viele, viele Beispiele bringen in denen gesagt wird, irgendjemand ist tapfer. Wenn wir das nämlich tun dann verlieren wir uns in Sachen die unerheblich sind, dann geht uns die Ordnung verloren. Wir sollen eine Ordnung organisieren und diese Ordnung besteht darin, dass wir fragen: Was ist denn eigentlich tapfer? Und die Frage, was ist denn eigentlich tapfer, lässt sich natürlich als eine Wesensfrag verstehen in der sokratischen Tradition, auch in der Philosophietradition ist das eine Frage auf die Idee auf den Begriff, auf die Form, aber wenn Sie nicht bereit sind sich jetzt gleich auf diese Art von Wesensfrage einzulassen, dann schlage ich den ein bisschen gemäßigten Ausdruck vor: Worüber reden wir eigentlich, wenn wir tapfer reden? Allerdings mit dem Akzent auf eigentlich. Es kann jeder das Wort tapfer verwenden, das ist nicht verboten aber worüber reden wir eigentlich, wenn wir von tapfer reden? Da brauchen wir an dieser Stelle die Hilfe durch das Wesen. Worauf das alles hinausläuft, und da bin ich, ich hab da eine ganze Reihe von Sachen übersprungen, die ich inhaltlich schon dargestellt habe und die Sie nachlesen können, aber diesen einen Absatz von Havelock will ich Ihnen zur Illustration doch noch mal ein bisschen genauer vorstellen: Die platonische Darstellung ist die, dass im Erziehungsprozess die Sinneswahrnehmung, die sinnlichen Intuitionen nicht das letzte Wort sein können, dass man fragen muss: Woraufhin lesen wir diese sinnlichen Darstellungen im Hinblick auf Ideen. Mathema, object of study, das Konstrukt der Untersuchung, ist etwas, was für Platon eine episteme bedeutet. Das Gegensatzpaar ist doxa und episteme. Doxa ist das, was ich jeweils sehe, sinnlich aufnehme, episteme ist - da will ich‘s wirklich wissen - wovon reden wir eigentlich. Diese episteme ist gebunden in ein Objekt, Mathema, und dieses Mathema ist ein abstraktes Objekt, das ist der Grund, warum für den Platon, worauf wir jetzt nicht näher eingehen können, in der Politeia Mathematik die wirklich wichtige Beschäftigung für Philosophinnen und Philosophen ist, weil sie nicht auf die Sinnlichkeit geht sondern auf die Strukturen, die hinter der Sinnlichkeit sind und sie bestimmen: And what is to be the mathema or object of study which shall produce this effect of conversion? Die Konversion, die Wandlung der Seele vom sinnlichen in das Allgemeine. As he seeks the answer to this question and proposes 'number and calculation', as the first item in his curriculum, Plato drops into a linguistic usage which reaffirms, over and over again, the conception of the psyche as the seat of free autonomous reflection and cogitation. It is the learning process associated with arithmetic which 'leads to thought processes' Sense experience per se 'fails to challenge the thought process to undertake inquiry' and 'the psyche of most men is not compelled to put a question to the thought process'. Unterm Strich ist das ein Hinweis darauf - ist sozusagen Havelocks Art und Weise deutlich zu machen, dass Mathematik, wissenschaftliche Systematik, Verfolgung von Wissensansprüchen in der platonischen Tradition sich ergeben aus der Möglichkeit, mit Schrift zu operieren und dass die Konstruktion der menschlichen Seele, die so aussieht dass sie zwar auf der einen Seite an den Dingen hängt, wie man umgangssprachlich sagt: wir hängen an den Dingen, dass dieses an den Dingen und am Körper Hängen eine wesentliche Bedingung einer vorschriftlichen Kultur ist und dass dieses an den Dingen Hängen aufgebrochen werden kann und in einen typisch platonischen philosophischen Zusammenhang konvertiert werden kann in dem Moment in dem dieses an den Dingen hängen sozusagen durchkreuzt wird, dadurch dass man die Dinge loslässt. Und wie lässt man sie los? Wenn man sagt: an den Dingen hängen heißt sie nachmachen? Loslassen tut man sie, indem man sie niederschreibt. Ich kann sozusagen, statt dass ich etwas im Gedächtnis memoriert habe, in meinem Körper praktisch memoriert habe, aufschreiben und dann kann ich‘s vergessen weil es gibt ja etwas, wo ich hinschauen kann um es wieder zu beleben. Und das führt mich jetzt zum Phaidros, zum letzten Abschnitt hier. Denn die Frage die im Phaidros gestellt wird ist jetzt die: Ist das wirklich eine gute Idee, dass man etwas niederschreibt damit man’s vergessen kann - unter Anführungszeichen. Kleine Pause um Ihnen Gelegenheit zu geben, mündlich etwas beizutragen.

[Frage aus dem Auditorium: Bei Platon und auch in verschiedenen Fraktion spielt doch der Dialog eine enorme Rolle. Das ist ja eine völlig andere Form der Mündlichkeit als das Episch-Lyrische. Weil Sie jetzt immer das Episch-Lyrische und das Schriftliche gegenübergestellt haben]

Sie haben völlig Recht. Das gibt mir Gelegenheit auf etwas hinzuweisen was Havelock gerade im Zusammenhang mit Dialog sagt. Er sagt, das schicke ich vorher: eine der wichtigen Pointen in diesen platonischen Überlegungen ist ja, dass Platon schreibt, angestoßen von der Tätigkeit von Sokrates, der nichts geschrieben hat, der am Marktplatz mit Leuten geredet hat, also in einer Tradition, die jetzt keine epische Tradition ist aber die normale Marktplatzsituation, die wir im Prinzip noch immer haben. Epos haben wir in diesem Sinne nicht mehr aber die Markplatzsituation nach wie vor. Es ist eine entscheidende Pointe zu sehen dass Sokrates nichts geschrieben hat. Ich denke an dieser Stelle immer daran: Es gibt Studierende, die können praktisch nicht schreiben. Es gibt immer wieder diese Art von Phänomen. Leute die sitzen, die hören sich an, was gesagt wird, die lesen sogar auch sehr viel, sind in einem Zustand hoher Kompetenz, aber an der Stelle an der es darum geht, das niederzuschreiben, fehlt was. Da fehlt etwas, was immer das ist kann ich nicht im Einzelnen sagen, aber ich denke an dieser Stelle immer daran, dass das auch immer etwas sehr ernst zu Nehmendes ist, etwas sehr Respektables ist - weil dem Sokrates ist es in gewisser Weise auch so gegangen. Es war ihm wichtiger zu sprechen als diese Sache niederzuschreiben. Und die Pointe ist die: Wenn er nicht jemanden gehabt hätte, der das niedergeschrieben hätte wüssten wir kaum mehr etwas von dem. Und andererseits hätten wir den Inhalt, wir hätten sozusagen das, was der Platon uns überliefert hat, nicht, wenn nicht der Sokrates operiert hätte wie er operiert hätte. Das ist jetzt alles noch nicht Havelock, aber worauf Havelock hinweist und das beantwortet vielleicht ihre Frage ein bisschen direkter, dass im sokratischen Dialog eine Art des Umgangs mit Worten zu finden ist, die nicht mehr mit dem Epos, sondern eher schon mit der Schriftlichkeit zu tun, da sind wir sozusagen schon vierhundert Jahre später, und das ist das sogenannte Elenchos. Elenchos ist der geordnete Streit, das geordnete Streitgespräch über bestimmte Termini. Und die Geschichte die ich mit der Tapferkeit genannt habe ist ein schönes Beispiel: Der Sokrates geht an die Geschichte so heran. Was meinst du eigentlich mit Tapferkeit. Das heißt - das könnten wir übersetzen Was meinst du eigentlich mit Anführungszeichen Tapferkeit Anführungszeichen? Ich hab das ein bisschen überspielt in meinem Beispiel mit dem Internet, da war ich ein bisschen zu aktualistisch versessen, ich wollte Ihnen ein greifbares Beispiel geben, wie leicht man heute die Verstreutheit von Wortfetzen feststellen kann, aber von der Idee her ist dieser Umgang mit Wortfetzen auch bei Sokrates schon deutlich. Sokrates geht auf den Markt, geht in einer fiktiven Situation auf den Markt und hört dort fünfmal Tapferkeit genannt. Dann geht er zu jemanden hin und sagt: Ich habe gerade gehört du sagst tapfer. Was meinst die eigentlich mit tapfer? Das ist eine andere Art als das epische Sprechen, und ist aber eine reflektierende Art und Wiese mit Sprache umzugehen, die sich schon sozusagen viel besser verträgt mit der Technologie, dass man sozusagen Worte heraushebt. In dem Moment - die von der Redeweise her - im Epos kommt es nicht vor ein Wort herauszuheben. Am Rande vielleicht, aber das Epos funktioniert im Fluss, das Epos geht weiter und weiter und weiter, da können Worte Nebeneffekte haben, etwas anstoßen und so, aber das Epos ist geradezu geschrieben dafür dass es sich nicht zurückwendet du anfängt über ein Wort nachzudenken. Das würde aus dem Epos rausfallen. Ein Dialog hat sehr wohl die Möglichkeit sich auf sich zu wenden. Dieses sich auf sich wenden mit dem Dialog, das in Wirklichkeit ein sprachliches Phänomen ist, passt besser zu dieser Art von Schriftlichkeit.

[Aus dem Auditorium: Das heißt, Platon hätte seine Ideenlehre nicht entwickeln können ohne dass Ansätze einer schriftlichen Tradition vorhanfen gewesen wären. Die Frage ist, ob er die Ideenlehre auf Grund der Schrift entwickelt hat, erst entwickeln konnte, oder ob er sie entwickelt hat weil ihm das in der Schrift aufgefallen ist]

Das unterstreiche ich. Ich muss an der Stelle zugeben, dass ich das nicht beurteilen kann. Ich bin - meine Sicht von Havelock ist: das ist eine genialer Vorschlag, die Sache so zu sehen, wenn man wirklich darüber forschen würde, wie man diese Interaktion sehen würde überfordert mich ein bisschen. Mir ist es wichtiger, Ihnen zu zeigen, dass man in diese Richtung denken könnte, als dass ich jetzt beantworten könnte ob das eine oder das andere

[Aus dem Auditorium: Aber Platon nimmt jetzt nicht irgendwie Stellung, oder man weiß nicht ob er von Sokrates jetzt gesagt hat, dass Sokrates die Schrift studiert hat, und darüber erst auf die Idee gekommen ist, die Schrift zu reflektieren?]

Das weiß man schon. Das findet sich nicht. Dafür gibt’s keinen Anlass bei Platon

[Aus dem Auditorium: Man weiß nicht ob Platon gesagt hat, Sokrates hat gelesen und ist so erst auf die Idee gekommen, die Leute zu fragen, was Sie meinen?]

Das weiß man nicht, nein. Und es ist auch eher unwahrscheinlich würde ich sagen. Erstens mal weiß man’s so nicht. Ich würde im Anschluss an die Antwort von vorhin sagen: wahrscheinlicher erscheint es mir dass - ich habe diese Story erzählt von der kleinkindlichen Sprache und der Gebundenheit der Sprachkompetenz an einzelne Lernsituationen - mir scheint es in dem Zusammenhang wahrscheinlicher zu sagen, das Griechenland, das Athen im fünften, vierten vorchristlichen Jahrhundert unterscheidet sich vom homerischen dadurch, dass es hier wirklich schon ein bisschen globalisierend zugeht. Diese großen Handelsstädte, Athen z. B. sind plötzlich Umschlagplatz von unterschiedlichen Sprachtraditionen. Das ist der Punkt - das kann man wirklich sagen jetzt - des Auftretens der Sophisten. Interessanterweise – Sophisten sind Wanderlahrer – das passt witzigerweise zu meinem Wanderzirkus, ein bisschen. Die Wanderlehrer kommen aus Sizilien, aus Kleinasien und bieten bestimmte Praktiken und Betrachtungsweisen an. Die kommen nach Athen, die sind nicht hausgemacht, sind sozusagen die unternehmungslustigsten Lebensberater sag ich mal so - das muss man an der Stelle, kann man auch sagen - sind sozusagen Leute, die Lebenshilfe anbieten und zwar Hilfe im Gericht, Hilfe bei Verhandlungen, Hilfe in der Familie, die dir einfach sagen, so sollst – es ist sinnvoll, es ist sinnvoll, dein Leben so oder so zu gestalten. Das Bedürfnis nach dieser Art von Lebenshilfe entsteht erst, wenn etwas erschüttert ist, wenn es keine bäuerliche und adelige Stabilität mehr gibt, wenn das gesellschaftliche Gefüge genügend durchmischt ist durch Handel, durch Reisen, durch Informationen, durch Kunst und so ähnlich, wenn es so durchmischt ist dass man sich fragt, was soll ich jetzt eigentlich tun? Der klassische griechische Ausdruck, das Kennwort war Areté. Areté heißt: Tüchtigkeit, übersetzt man normalerweise, Lebensbefähigung, Prestige, prestigevolles Leben. Was muss ich machen, damit ich in meiner Gesellschaft Prestige habe. Das weiß man in einer bäuerlichen oder Adelsgesellschaft ungefähr, das ist so ähnlich wie jetzt noch immer in Hietzing sagen wir einmal. Bestimmte Gesellschaftskreise in Hietzing sind genau definiert dadurch, dass man weiß: das musst du machen damit du Prestige hast, sonst bist du unten durch. Die Schwierigkeit ist die: in den Moment, in dem sich das durchmischt, man einen Lifestyle-Berater braucht. Das sind in gewissen Sinn die Sophisten. Die Sophisten zeigen dir, welche Techniken du verwenden kannst um mit Hilfe von Worten, mit Hilfe deines Wortschatzes optimale Ergebnisse zu erzielen. Klassischer Fall der vor Gericht. Wenn du das richtig darstellen kannst, wenn du richtig darstellen kannst wie es denn da stattgefunden hat und wenn du auf die richtige Art und Weise die Sachen erklärst, verschweigst, verkleinerst, die gegen dich sind und die anderen entsprechend spinnst - für die Politik ganz normal, die Sophisten waren auch Politikberater - kannst du dafür Geld kriegen. Das war in Griechenland ähnlich wie es heute auch noch ist. Dagegen ist Sokrates aufgetreten. Das ist die Pointe, auf die das hingezielt hat. Als jemand, der ein Produkt einer schon verunsicherten Gesellschaft ist, der sich aber gegen die Tendenz wehrt, dass man sich ein Prestige und einen gesellschaftliche Status dadurch erwirbt, indem man jemanden zahlt damit er einem zeigt, wie man das vollbringt. Das ist der Beginn der Philosophie. Ich meine, es ist eine Sache, die ich immer wieder schon gesagt habe, ich sag‘s kurz noch einmal: Dass jemand wie Sokrates sich gegen die Politikberatung stellt und sagt: ich brauche nichts zu zahlen, ich appelliere an das, was durch ein Gespräch durch Kommunikation und Kritik von Ansprüchen herauskommt, das ist sozusagen der Anfangsschub für den Platon. Und das zweite was dazu zu sagen ist, dass der zum Tod verurteilt wird, weil er die Jugend verdirbt. Die Athener seiner Zeit haben nicht gesehen, wie wertvoll das ist, ganz im Gegenteil, sich verunsichert gefühlt haben von ihm und geglaubt haben dass Sokrates an den Grundlagen der Gesellschaft gräbt, wo in Wirklichkeit die Sophisten diejenigen sind, die Athen ruiniert haben - nach Platon. Das ist eine der entscheidenden Ausgangsgegebenheiten der europäischen Philosophie.

Der letzte Punkt: Phaidros. Auf das sei kurz noch hingewiesen. Es ist praktisch – Platon, vermutlich erfindet er einen Mythos von Theut, den berühmten Mythos von Theut, die Erfindung des Buchstabens: Theut sagt: Diese Kenntnis, o König, wird die Ägypter weiser und erinnerungsfähiger machen, denn als ein Hilfsmittel für das Erinnern sowohl als für die Weisheit ist sie erfunden. Thamus aber, der griechische König, dem das angeboten worden ist, sagt: Na, mein Lieber Theut, da machst du mir aber falsche Versprechungen, die Schrift ist in Wirklichkeit geradezu ein Gift für die Erinnerung und nicht eine Hilfe für die Erinnerung. So hast auch du jetzt, als Vater der Buchstaben, aus Vaterliebe das Gegenteil von dem gesagt, was ihre Wirkung ist. Denn Vergessenheit wird dieses in den Seelen derer, die es kennenlernen, herbeiführen durch Vernachlässigung des Erinnerns, sofern sie nun im Vertrauen auf die Schrift von außen her mittelst fremder Zeichen, nicht von innen her aus sich selbst, das Erinnern schöpfen. Nicht also für das Erinnern, sondern für seinen Anschein hast du ein Hilfsmittel erfunden. Schrift verstärkt nicht das Gedächtnis, sondern lagert etwas aus, und diese Auslagerung führt dazu, dass man sich‘s sparen kann das Gedächtnis entsprechend zu pflegen, und nicht nur das, sondern das Ergebnis ist, auf das habe ich vergangenes Mal schon hingewiesen, eine eigentümliche Waisensituation, Vater- und Mutterlosigkeit. Diese Auslagerung, von der ich gerade gesprochen habe, ist ein Depot, eine Deponierung, und dieses Deponieren von solchen Zeichen außerhalb des Zusammenhangs, in dem man mit ihnen operiert, führt dazu, dass diese Schriftzeichen hilflos sind. Platon sagt das genau: dass der Effekt eintritt den ich schon beschrieben habe, dass man mit solchen Worten konfrontiert ist und nicht weiß wie man mit solchen Worten umgehen soll, weil die Worte alleine - das Vorliegen der Worte gibt keine Auskunft darüber, wie ich sie richtig verwende. Ich kann Vokabel lernen, dass ich Vokabel im Auge habe, oder sie vom Blatt runter lesen, aber wie diese Sachen de facto zur Verständigung verwendet werden sagt mir das Wort auf dem Papier nicht. Damit möchte ich vielleicht schließen, weil das eine Passage ist, die so wunderschön zu unserer gegenwärtigen Situation und zum Internet und zu dem womit ich begonnen und zu den Plagiatsgeschichten passt als ob Platon es direkt darauf geschrieben hätte in einer Glosse: Dieses Mißliche nämlich, o Phaidros, hat doch die Schrift, und sie ist darin der Malerei gleich. Denn die Erzeugnisse auch dieser stehen wie lebendig da, wenn du sie aber etwas fragst, schweigen sie sehr vornehm. Geradeso auch die Reden, du könntest meinen, sie sprechen, als verständen sie etwas, wenn du aber in der Absicht, dich zu belehren, nach etwas von dem Gesprochenen fragst, zeigen sie immer nur eines und dasselbe an. Und wenn sie einmal geschrieben ist, so treibt sich jede Rede aller Orten umher gleicherweise bei den Verständigen wie nicht minder bei denen, für die sie gar nicht paßt, und weiß nicht, bei wem sie eigentlich reden und nicht reden soll, vernachlässigt aber und ungerecht geschmäht, hat sie immer ihren Vater als Helfer nötig, denn selbst vermag sie weder sich zu wehren noch sich zu helfen.