Lyotard über Duchamps (ZuK)

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Jean-François Lyotard spricht in seinem Aufsatz über Barnett Newman vom Augenblick „als Zeit, die negativ extrahiert wird zwischen zwei Werken Marcel Duchamps, dem Großen Glas und Etant donnés. Bei diesen handle es sich um die Enthüllung der Braut, die Entblößung des obszönen Körpers“. Dennoch: In der Verzögerung im Glas hat es sich noch nicht ereignet, in den Büschen, hinter dem Guckloch, ist es schon eingetreten. Duchamp organisiere also den Raum der Braut gemäß dem noch nicht und den Raum von Etant donnés nach dem bereits nicht mehr1.

Die Unerblickbarkeit des entscheidenden Ereignisses, die wesentliche Unfähigkeit unserer Sehkraft, die Lyotard den „Anachronismus des Blickes“ nennt, ist nicht anders als der Augenblick zwischen den Werken als ausgezeichnetes Bild des traditionell verstandenen Jetzt. Hier ist die grundsätzliche Unmöglichkeit festgestellt von dem, was der Autor nach dem Thema des Künstlers als Weiblichkeit bezeichnet, und zwar von der Epiphanie des Anderen, von der Begegnung oder Berührung mit ihm, d.i. von dem Ereignis", weil uns die Zeit dafür, das Jetzt, von vornherein nicht gegeben ist. Wir können hier höchstens nur mit eigenen Vorstellungen in Anamnese und Erwartung über das Unerhörte erzählen, d.h. sie sukzessiv verbinden, um die Mitte, die ihnen einen Sinn gibt, zu konstruieren.


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