Kommentare zum Vortrag Ramharter - MuD09 - Gruppe4 - 13.01.: Unterschied zwischen den Versionen

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Spannend fand ich das angesprochene Problem der logischen Beweisführung als „ars inveniendi“, das bei den methodischen Gesichtspunkten genannt und auch als Vorwurf an die aristotelische Logik formuliert wurde, wenn ich das richtig notiert habe. Bis heute könnte dieser Vorwurf gegenüber streng deduktiven Schlussverfahren und Erhebungen gelten, die im Grunde nur jene Fragen stellen können, die vorab bereits bekannt bzw. „gedacht“ wurden. Ein interessanter Gesichtspunkt, der für die Entwicklung sozialwissenschaftlicher Methoden zumindest weitreichende Nachwirkungen hatte.
 
Spannend fand ich das angesprochene Problem der logischen Beweisführung als „ars inveniendi“, das bei den methodischen Gesichtspunkten genannt und auch als Vorwurf an die aristotelische Logik formuliert wurde, wenn ich das richtig notiert habe. Bis heute könnte dieser Vorwurf gegenüber streng deduktiven Schlussverfahren und Erhebungen gelten, die im Grunde nur jene Fragen stellen können, die vorab bereits bekannt bzw. „gedacht“ wurden. Ein interessanter Gesichtspunkt, der für die Entwicklung sozialwissenschaftlicher Methoden zumindest weitreichende Nachwirkungen hatte.
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'''Gertrude Dvornikovich:'''Der Mensch braucht für seine Lebensführung, um zu überleben,  eine gewisse Orientierung – dies ist durch den Glauben gegeben. Diese Thematik der Gottesbeweise hat viele Philosophen in der Vergangenheit und auch heute noch beschäftigt. Wie sinnvoll ist es, Gottesbeweise zu liefern?
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In der Vorlesung von Frau Prof. Ramharter haben wir gehört, dass Anselm von Canterbury  folgendes  in seinem Gottesbeweis sagte: Gott ist das, worüber nichts Größeres gedacht werden kann und daraus soll folgen, dass er in Wirklichkeit existiert. Wie ist das „Größer“ zu verstehen?
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Ist es irgendeine Art von Eigenschaft, die zwei Individuen ins Verhältnis zueinander setzt? Frau Prof. Ramharter bringt das Beispiel „Lieben“, einer liebt den anderen. Hier ist die Verwendung„etwas ist größer, wie etwas anderes“ gegeben. Anselm gibt uns eine einzige Information, wodurch etwas größer wird, nämlich indem wir ihm Existenz in Wirklichkeit hinzufügen. Er sagt aber nicht, dass man gewisse Eigenschaften nicht hinzufügen könnte. Anselm zeigt in seinem „Gott ist das, worüber nichts Größeres gedacht werden kann“ einfach folgendes: Es gibt keine Eigenschaft, es ist nicht der Fall, dass es eine Eigenschaft gibt, die Gott nicht hat. Ich kann nichts mehr hinzufügen, weil es Nichts gibt, was ich hinzufügen könnte. Daraus folgt tatsächlich, dass Gott existiert. Dies ist nichts Anderes als eine andere Sprechweise für „Gott hat alle Eigenschaften“, dann hat er auch die eine Eigenschaft in Wirklichkeit zu existieren. Egal ob man es für richtig oder falsch hält, es gibt das was Anselm sagt besser wieder.
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In der ersten Rekonstruktion in der Prädikatenlogik hat uns Frau Prof. Ramharter „Größe“ als eine Relation zwischen zwei Individuen als verstanden gezeigt. Dann ist es so, dass die Existenz Gottes in Wirklichkeit nur folgt, wenn man zusätzliche Annahmen macht, die aber bei Anselm einfach nicht stehen.
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In der Prädikatenlogik zweiter Stufe hat sie zu rekonstruieren versucht, größer heißt einfach, dass es eine Eigenschaft hat, die das andere Ding nicht hat. Dann folgt logisch die Existenz Gottes aus der Definition Gottes.
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Wenn man einen Beweis haben will, handelt man sich immer eine bestimmte Theorie mit ein.
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Frau Prof. Ramharter lieferte uns eine von ihr unüberprüfte These, und zwar, dass ein Interesse an Beweisen gegeben ist, man von vornherein weiß, dass dies falsch ist, trotzdem interessiert man sich für den Beweis. Ihre Hypothese – es ist ein sehr junges Phänomen, ist 20. Jahrhundert. Könnte mir gut vorstellen, dass das Interesse der Aufdeckung von falschen Beweisen eine Weiterentwicklung der Logik wäre.
  
 
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Version vom 23. Dezember 2009, 11:31 Uhr

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Hier bitte nur die Kommentare zum Vortrag von Esther Ramharter einfügen!

Für Überlegungen zum Vortrag von Klaus Puhl finden Sie einen eigenen Link in der Übersicht zum Übungstermin am 13.01.--Roland Lukesch 12:58, 16. Dez. 2009 (UTC)




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Elke Karpf:meiner Meinung nach ist Gottesglaube vorallem Lebenshilfe - er gibt Sinn und Trost. Trotzdem haben Philosophen mit ihrem Verstand und der Logik versucht, Gott zu beweisen. Der psychologische, historische und soziokulturelle Kontext wäre da interessant - die Motivation für die Gottesbeweise. Soviel ich weiß, meinte Kant, Gott zu beweisen oder nicht zu beweisen, wäre beides unmöglich und Beweise wären nur für sinnlich Wahrnehmbares zulässig. Das bestätigt meine Ansicht der Sinnlosigkeit von Gottesbeweisen, doch halte ich Kants Aussagen trotzdem für interessant, ebenso die Frage, ob die Existenz einer Sache Wissen darüber voraussetzt, wie Austin laut Prof. Ramharter meinte.

Ich denke, keine logische Definition von Gott ist deckungsgleich mit jener Vorstellung oder Erfahrung, die jemand von Gott hat, das heißt aber nicht, dass das völlig daneben ist. Ich würde daher nicht sagen, dass Gottesbeweise unter allen Umständen sinnlos sind. Beispielsweise redet man in der Mathematik auch von Transzendenten Zahlen oder Überabzählbaren Mengen, die nicht sinnlich wahrnehmbar sind und die rational nicht vollständig fassbar sind; und man kann trotzdem Eigenschaften von ihnen beweisen (die Kryptografie lebt z.B. davon).--Andyk 00:06, 21. Dez. 2009 (UTC)
In einer gewissen Weise kann man wahrscheinlich behaupten, dass es gerade sinnlich nicht wahrnehmbare Dinge sind, bei denen Beweise interessant werden. In der Wahrnehmung haben wir eine relative Sicherheit, die im Alltag zumeist ausreicht und ich wüsste nicht, was im wahrnehmbaren Bereich ein Beweis im strengen Sinn sein sollte. Bei nicht sinnliche wahrnehmbaren 'Dingen' gibt es zumindest in bestimmten Bereichen die Möglichkeit Systeme zu konstruieren, innerhalb derer bewiesen werden kann. Und das fängt schon mit den natürlichen Zahlen an. Es ist sehr fraglich, ob natürliche Zahlen etwas Wahrnehmbares sind. Vgl. dazu Freges 'Die Grundlagen der Arithmetik' aus 1884, in denen er sich (im Zuge seiner eigenen Bestimmung des Zahlbegriffs) über "Pfefferkuchen- und Kieselsteinarithmetik" lustig macht. --Paul Wedrich 16:47, 21. Dez. 2009 (UTC)

Die These von Prof. Ramharter, dass im 20. Jhdt. Beweise versucht werden für Dinge, die man falsch hält, finde ich auch interessant. Das Thema "Gottesbeweis" enthält viele wissenswerte Aspekte, daher freue ich mich auf eine genauere Auseinandersetzung damit im Laufe des Studiums. Einen praktischen Nutzen stelle ich allerdings ebensowenig wie ein zufriedenstellendes Resultat der Reflexion in Frage, generell glaube ich, dass manche Dinge nur erspürbar sind und eine Rationalisierung sinnlos. Ich vermute, die Gottesbeweise waren auch eher typisch für die europäische Philosophie, in der die Ratio eine große Rolle spielt?!

Katharina Baur:mich hat der Vortrag von Prof. Ramharter sehr fanziniert und auch etwas irritiert. Ich empfand es als nicht ganz angemessen, Anselms Gottesbeweise mit moderner Logik zu untersuchen, da sie dadurch aus dem historischen Kontext gerissen werden. Wir wissen, dass in Bezug auf Gottesbeweise empirische Methoden nicht funktionieren, also bleibt nur die Logik. Aber mit Logik, so scheint mir, kommen wir oft zu Antinomien, Sätzen die sich gegenseitig ausschließen. Dass Gott unendlich ist können wir nicht beweisen. Aber wenn Gott ein Endliches wäre, müsste er auch ein Gewordenes sein, das Vergänglich ist. Das widerspricht unserer Vorstellung von Gott. Ich glaube, bei Kant gelesen zu haben, es existiere kein einzig wahrer Gottesbeweis. Dabei war Kant ein gläubiger Mensch, der auf einen Beweis einfach verzichten konnte. Zu Anselm: Gottes Nichtsein kann nicht gedacht werden, also ist seine Existenz notwendig. Diese Schlußfolgerung stellt das menschliche Denken über alles andere (sogar über Gott)und macht die Dingedavon abhängig, ob sie gedacht werden können, oder nicht. Auch die zweite Theorie funktioniert nicht, denn wenn wir Gott alle Eigenschaften zusprechen, dann beinhaltet das auch seine Sterblichkeit.

Man könnte ihm alle "positiven" Eigenschaften zuschreiben, was immer das ist. Leibniz bezieht sich darauf mit dem Terminus "Perfektionen". Gödel tut das im Anschluss an Leibniz auch. --Andyk 00:06, 21. Dez. 2009 (UTC)
Wodurch zeichnet sich in diesen Überlegungen die Menge der positiven Eigenschaften gegenüber der Menge der nicht-positiven Eigenschaften aus? --Paul Wedrich 16:47, 21. Dez. 2009 (UTC)
Für Leibniz sind positive Eigenschaften jene Eigenschaften, die (1) keine Negation in sich enthalten oder (2) eine Kombination von solchen "negationslosen" Eigenschaften sind. Dabei geht er von (genauso fragwürdigen) einfachsten Eigenschaften aus. Der Grund, warum er Negationen vermeiden will ist: Er möchte die Möglichkeit der Existenz Gottes beweisen. Gott hat eine Menge von göttlichen Eigenschaften (genannt: Perfektionen, wie gesagt). Die Existenz eines Individuums ist genau dann möglich, wenn die Perfektionen untereinander keinen Widerspruch ergeben. Bsp.: Wenn Gott sowohl die Eigenschaft "gut" als auch die Eigenschaft "nicht gut" hätte, würde das einen Widerspruch und damit die Unmöglichkeit demonstrieren. Deswegen möchte Leibniz die Perfektionen mit einfachsten Eigenschaften aufbauen, die keine Negation enthalten, d.h. die nicht durch einen Mangel definiert sind. "Rot-Sein" ist keine positive Eigenschaft, da sie die Eigenschaft "Nicht-Blau-Sein" enthält. Leibniz gibt kein Beispiel einer einfachsten Eigenschaft. Es ist daher genauso schwierig, von einfachsten Eigenschaften wie von positiven Eigenschaften auszugehen; die Problematik ist bei Leibniz nur verschoben. Leibniz selbst zweifelt übrigens ein bisschen daran, zu sowas wie einfachsten Eigenschaftne zu kommen:
"Ob aber jemals von Menschen eine vollkommene Analyse der Begriffe bis zum ersten Möglichen und bis zu den unauflösbaren Begriffen durchführbar ist, ob sie (was dasselbe bedeutet) ihre Gedanken bis zu den absoluten Attributen Gottes selbst, welche die ersten Ursachen und der letzte Grund der Dinge sind, zurückführen können, das möchte ich jetzt nicht zu entscheiden wagen. Meist sind wir damit zufrieden, die Realität gewisser Begriffe durch Erfahrung aufgewiesen zu haben, um sodann aus ihnen, nach dem Vorbild der Natur, andere Begriffe zusammenzusetzen." Leibniz, Gottfried W. ; Herring, Herbert (Hrsg.): Fünf Schriften zurLogik und Metaphysik. Stuttgart : Reclam, 1995 (Universal-Bibliothek 1898)
Gödel lässt sich nicht auf eine Analyse der positiven Eigenschaften ein, sondern arrangiert seine Axiome so, dass sich eine implizite Definition der positiven Eigenschaften ergibt. (1) Für ihn ist eine positive Eigenschaft ein Prädikat zweiter Stufe (d.h. man braucht für sein axiomatisches System die Prädikatenlogik 2. Stufe als Voraussetzung). (2) Die Prädiakte "Göttlich-Sein" und ""Notwendige Existenz" (hier könnte man bestreiten dass das ein Prädikat ist) sind per Axiom positive Eigenschaften; (3++) Und noch ein paar andere Axiome. Im Rahmen dieses axiomatischen Systems kann Gödel zeigen, dass positive Eigenschaften konsistent sind, das heißt, dass Individuen sie in diesem System gleichzeitig haben können. Damit hat er auch schon beinahe die Möglichkeit Gottes gezeigt, weil er Gott definiert als ein Individuum, das alle göttlichen Eigenschaften hat. --Andyk 22:57, 21. Dez. 2009 (UTC)
Danke für die hilfreichen Ausführungen! Meine Frage zielte darauf ab, ob es nicht möglich ist (1) im Leibniz'schen System analog die Existenz eines Wesens der nicht-positiven Eigenschaften zu beweisen. Inwiefern das durch die einfachen Eigenschaften verhindert oder erschwert wird, habe ich mir noch nicht überlegt. Und (2) wie schaut es in Gödels Beweis mit der dualen Seite aus? Erhält man "denselben" Beweis, wenn man "Göttlich-Sein" und "Notwendige Existenz" einfach umdefiniert als nicht-positive Eigenschaft (ebenso an den anderen Stellen, an denen P() vorkommt )? Weiß man überhaupt, (3) von was man hier die Existenz beweisen will? --Paul Wedrich 23:17, 21. Dez. 2009 (UTC)
Ad (1): Bei Leibniz kann ich es nicht genau sagen; aber hier mal ein Versuch: Die einfachsten Eigenschaften wurden von Leibniz ja bewusst ins Spiel gebracht, um daraus die Möglichkeit eines höchsten Wesens zu beweisen (hierbei knüpft Leibniz an traditionellle Gottesvorstellungen des Christentums an; genauso wie Anselm, würde ich sagen). Wenn positive Eigenschaften jene Eigenschaften sind, die aus den einfachsten Eigenschaften aufgebaut sind, dann wird es schwer, die Möglichkeit eines Wesens zu beweisen, das alle nicht-positiven Eigenschaften in sich einschließt, denn man kann bei dieser Menge nicht davon ausgehen, dass sie negationslos definiert wurden; daher kann man auch nicht davon ausgehen, dass sie widerspruchsfrei sind.
Ad (2): Bei Gödel sehe ich das ähnlich. Der Konsistenznachweis (das heißt der Nachweis, dass die Existenz eines Individuums mit einer positiven Eigenschaft möglich ist) arbeitet noch nicht mit den beiden Axiomen, die "Göttlich-Sein" und "Notwendige Existenz" als positive Eigenschaft deklarieren. Man braucht dafür nur zwei Axiome:
  1. Jede Eigenschaft ist entweder positiv oder negativ
  2. Was eine positive Eigenschaft notwendig einschließt, ist selbst eine positive Eigenschaft
Wenn man beim zweiten Axiom positiv mit negativ ersetzt, kann man nur noch für die negativen Eigenschaften zeigen, dass sie konsistent sind; das ist aber ein starker Eingriff in das axiomatische System. (vgl. hier, S.17) Prinzipiell vertauschst du die Namen, und nicht die Struktur des axiomatischen Systems; hilft dir das? Bin nicht ganz sicher, worauf du hinaus willst.
auf genau das. --Paul Wedrich 08:06, 22. Dez. 2009 (UTC)
Ad (3): Gute Frage! Bei Gödel weiß man es - wie oben bereits erwähnt - durch die Definition eines göttlichen Individuums: Gx ⇔ ∀X(PX → Xx) (Ein Individuum ist göttlich (G), wenn es alle positiven Eigenschaften besitzt). Ob das Prädikat G jetzt Gott oder Gödel heißt und inwiefern ein Individuum mit Prädikat G etwas mit Gott im religiösen Sinn zu tun hat, wird in der Sekundärliteratur durchaus diskutiert. --Andyk 23:59, 21. Dez. 2009 (UTC)
OK, diese Definition von G hängt also an den positiven Eigenschaften, die wir ohne weiteres umbenennen dürfen in "negative" Eigenschaften. Inwiefern folgt aus dem (gödelschen) Beweis, dass "Gottes" Existenz bewiesen wird und eben nicht die "des Bösen" oder so etwas? --Paul Wedrich 08:06, 22. Dez. 2009 (UTC)
Wie definierst du Gott oder das Böse? ;) Im Beweis wird lediglich gezeigt, dass es (in diesem axiomatischen System) notwendigerweise genau einen Gott gibt, wobei Gott jenes Individuum ist, das alle positiven Eigenschaften hat, wobei Eigenschaften so definiert sind, dass sie entweder positiv oder negativ sind. Die Unterscheidung zwischen positiven und negativen Eigenschaften lässt er eigentlich offen; wichtig ist nur, dass diese Eigenschaften dem Axiom 2 genügen (Was eine positive Eigenschaft notwendig einschließt, ist selbst eine positive Eigenschaft); dadurch wird u.A. garantiert, dass positive Eigenschaften keine negative Eigenschaften notwendig einschließen. Ob dabei das rauskommt, was man gemeinhin unter Gott oder Satan versteht, hängt wohl davon ab, welche Eigenschaften du als positiv deklarierst. Gödel hat die Prädikate "Göttlich-Sein" sowie "Notwendige Existenz" als positive Eigenschaften deklariert, das heißt sein Beweis geht schon in eine bestimmte Richtung. Strukturell sind die positiven Eigenschaften in seinem axiomatischen System jedenfalls "mächtiger" als die negativen Eigenschaften, weil Axiom 2 für die positiven Eigenschaften formuliert ist, und das ist zentral für den Konsistenzbeweis (in Form eines Reductio-Beweises).--Andyk 13:20, 22. Dez. 2009 (UTC)
Ich definiere das gar nicht, aber ich definiere auch keine "positiven" Eigenschaften. Ich schrecke auch vor dem Schritt zurück, den Beweis herzunehmen und durch meine Vorstellung von positiven Eigenschaften zu ergänzen, um zu einem "vollständigeren" Beweis und einer näheren Bestimmung des als existent Bewiesenen zu gelangen. Die Pointe scheint mir zu sein, dass man durch die Abstraktheit der positiven Eigenschaften (die eben nichts "Positives" an sich haben müssen) die notwendige Existenz von etwas herausbekommt, von dem man aber keine Ahnung hat, was es ist. (Die Asymmetrie in Axiom 2 scheint zumindest zu verhindern, dass man die Existenz von Gott und Satan gleichzeitig beweist.) Die leibniz'sche Forderung der Negationsfreiheit scheint mir wesentlich stärker zu sein (wahrscheinlich so stark, dass die leere Menge rauskommt). --Paul Wedrich 14:14, 22. Dez. 2009 (UTC)

Wenn wir annehmen, dass Gott die Welt erschaffen hat (vielleicht auf eine Weise, die nicht zwingend mit der Bibel übereinstimmen muss), dann hat er das vermutlich bewusst und absichtlich getan. Gott hätte also ein Bewusstsein und ein Selbstbewusstsein. Und wenn er wirklich allmächtig ist, dann kann er es auch vermeiden, gesehen und bewiesen zu werden. Dieser Gedanke entbehrt nicht einer gewissen Komik, ich finde ihn dennoch interessant.

Versuchst du gerade, etwas zu beweisen (hier gibt es doch zwei Annahmen und zwei Implikationen? Das könnte man sehr schön in ein axiomatisches System bringen) ;) Und dieser Absatz ist ja nur mehr eine Stufe höher angesiedelt als die Gottesbeweise. Was ich daher an der Beschäftigung mit Gottesbeweisen spannend finde, ist die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit (oder stärker: der Notwendigkeit) von Gott. Welche Annahmen und Folgerungsmechanismen akzeptiert man, um im Rahmen eines Systems von der Möglichkeit/Existenz/Notwendigkeit eines Wesens mit bestimmten Eigenschaften (benannt mit dem Kürzel "Gott", wie sehr das mit einem intuitiven Verständnis von Gott zusammenhängt, sei dahingestellt) auszugehen? Es ist entgegen dem, was im vermeintlich aufgeklärtem Denken, das sich als säkularisiert und von religiösen Strukturen befreit meint, auch heute nicht völlig irrational, die Möglichkeit eines solchen Wesens einzuräumen. Dazu passt eine Überliefung von Kurt Gödel, der in einem Briefwechsel mit seiner Mutter schreibt: "Man ist natürlich heute weit davon entfernt, das theologische Weltbild wissenschaftlich begründen zu können, aber ich glaube, schon heute dürfte es möglich sein, rein verstandesmäßig (ohne sich auf den Glauben an irgend eine Religion zu stützen) einzusehen, daß die theologische Weltanschauung, mit allen bekannten Tatsachen [...] durchaus vereinbar ist. Das hat schon vor 250 Jahren der berühmte Philosoph und Mathematiker Leibniz versucht." Fuhrmann, Andre: Existenz und Notwendigkeit - Kurt Gödels axiomatische Theologie. In: Spohn, W. (Hrsg.) ; Schroeder-Heister, P. (Hrsg.) ; Olsson, E. (Hrsg.): Logik in der Philosophie Bd. 6. Synchron, 2005, S.369 Ich gehe davon aus, dass eine wissenschaftliche Begründung des theologischen Weltbildes niemals möglich sein wird (einfach, weil die Logik dafür nicht geeignet ist), trotzdem gibt es interessante logische Approximatioen an den Gottesbegriff, der Glaubenden helfen kann, sich zu erklären; außerdem (was philosophisch relevant ist) kann es helfen, in einer säkularisierten Gesellschaft theologische Strukturen zu entdecken (nur weil es anders heißt, bedeutet das nicht immer, dass andere Voraussetzungen und Mechanismen dahinter stecken). --Andyk 00:06, 21. Dez. 2009 (UTC)


Astrid Barcza: Ist ein logischer Schluss auch ein wahrer? Bei einer richtig durchgeführten Schlussfolgerung würde sich diese Frage nicht mehr stellen, da die Inhalte ja beliebig tauschbar sein würden. Logik als die „Lehre vom (deduktiven) Schließen“ oder – wie in einem Skriptum zur Prädikatenlogik steht – die „Gültigkeit von Argumenten“ scheint gerade in diesem Spannungsfeld von methodisch nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Verfahren und deren Übersetzung in allgemein gültige Prinzipien zu stehen. Vielleicht führen gerade deshalb Diskussionen um die allgemeine Beweisführung von Phänomenen zu fast emotionalen Berührungspunkten. Ich denke, dass gerade das Beispiel des Gottesbeweises sich dafür eignet „die Logik“ dieser Denksätze zu hinterfragen, denn die Anwendung eines Schlussverfahrens muss noch nicht für die Gültigkeit der Aussage sprechen, wie wir in der VO gesehen haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Gebrauch logischer Notationsweisen (wie sie uns exemplarisch veranschaulicht wurden) oder der Versuch Denkgesetze aufzustellen, leicht im Sinne einer naturwissenschaftlichen Auffassung von Gesetzen und Allgemeingültigkeit missverstanden werden kann.

Eigentlich sollten gerade solche Notationen die Voraussetzungen der Schlussfolgerung offenlegen (und damit überprüfbar machen) und nicht "Ehrfurcht vor dem Denkgesetz" wecken. Ich kann aber nachvollziehen, was du meinst. Mir ist dabei eine bösartige und amüsante Bemerkung eines polnischen Soziologens eingefallen, der in den 70er Jahren die Tendenz seiner Kollegen bemerkte, verschiedenste Begriffe und Konzepte mit dem (Variablen-)Namen "n" zu bezeichnen, offenbar weil "n" in der Mathematik oft vorkommt und wichtig aussieht.--Paul Wedrich 22:41, 21. Dez. 2009 (UTC)

Spannend fand ich das angesprochene Problem der logischen Beweisführung als „ars inveniendi“, das bei den methodischen Gesichtspunkten genannt und auch als Vorwurf an die aristotelische Logik formuliert wurde, wenn ich das richtig notiert habe. Bis heute könnte dieser Vorwurf gegenüber streng deduktiven Schlussverfahren und Erhebungen gelten, die im Grunde nur jene Fragen stellen können, die vorab bereits bekannt bzw. „gedacht“ wurden. Ein interessanter Gesichtspunkt, der für die Entwicklung sozialwissenschaftlicher Methoden zumindest weitreichende Nachwirkungen hatte.

Gertrude Dvornikovich:Der Mensch braucht für seine Lebensführung, um zu überleben, eine gewisse Orientierung – dies ist durch den Glauben gegeben. Diese Thematik der Gottesbeweise hat viele Philosophen in der Vergangenheit und auch heute noch beschäftigt. Wie sinnvoll ist es, Gottesbeweise zu liefern? In der Vorlesung von Frau Prof. Ramharter haben wir gehört, dass Anselm von Canterbury folgendes in seinem Gottesbeweis sagte: Gott ist das, worüber nichts Größeres gedacht werden kann und daraus soll folgen, dass er in Wirklichkeit existiert. Wie ist das „Größer“ zu verstehen? Ist es irgendeine Art von Eigenschaft, die zwei Individuen ins Verhältnis zueinander setzt? Frau Prof. Ramharter bringt das Beispiel „Lieben“, einer liebt den anderen. Hier ist die Verwendung„etwas ist größer, wie etwas anderes“ gegeben. Anselm gibt uns eine einzige Information, wodurch etwas größer wird, nämlich indem wir ihm Existenz in Wirklichkeit hinzufügen. Er sagt aber nicht, dass man gewisse Eigenschaften nicht hinzufügen könnte. Anselm zeigt in seinem „Gott ist das, worüber nichts Größeres gedacht werden kann“ einfach folgendes: Es gibt keine Eigenschaft, es ist nicht der Fall, dass es eine Eigenschaft gibt, die Gott nicht hat. Ich kann nichts mehr hinzufügen, weil es Nichts gibt, was ich hinzufügen könnte. Daraus folgt tatsächlich, dass Gott existiert. Dies ist nichts Anderes als eine andere Sprechweise für „Gott hat alle Eigenschaften“, dann hat er auch die eine Eigenschaft in Wirklichkeit zu existieren. Egal ob man es für richtig oder falsch hält, es gibt das was Anselm sagt besser wieder. In der ersten Rekonstruktion in der Prädikatenlogik hat uns Frau Prof. Ramharter „Größe“ als eine Relation zwischen zwei Individuen als verstanden gezeigt. Dann ist es so, dass die Existenz Gottes in Wirklichkeit nur folgt, wenn man zusätzliche Annahmen macht, die aber bei Anselm einfach nicht stehen. In der Prädikatenlogik zweiter Stufe hat sie zu rekonstruieren versucht, größer heißt einfach, dass es eine Eigenschaft hat, die das andere Ding nicht hat. Dann folgt logisch die Existenz Gottes aus der Definition Gottes. Wenn man einen Beweis haben will, handelt man sich immer eine bestimmte Theorie mit ein. Frau Prof. Ramharter lieferte uns eine von ihr unüberprüfte These, und zwar, dass ein Interesse an Beweisen gegeben ist, man von vornherein weiß, dass dies falsch ist, trotzdem interessiert man sich für den Beweis. Ihre Hypothese – es ist ein sehr junges Phänomen, ist 20. Jahrhundert. Könnte mir gut vorstellen, dass das Interesse der Aufdeckung von falschen Beweisen eine Weiterentwicklung der Logik wäre.


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