Kommentare zum Vortrag Puhl - MuD09 - Gruppe4 - 13.01.: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Frage „Was soll man tun?“ - Zur wichtigsten Aufgabe wurden die Pflichten gegenüber der Gesellschaft und Gott. Der Mensch ist nur seine eigene Freiheit wie von der Gesellschaft vorgegeben bzw. bestimmt. Aus diesem Grund sehe ich, dass es keinen wirklich freien Menschen gibt. Wir sind durch unsere Umgebung beschränkt. Privat, in der Arbeitswelt und auch politisch werden wir Menschen mit gewissen Spielregeln konfrontiert und müssen uns daran orientieren, um ein „glückliches Leben“ führen zu können.
 
Die Frage „Was soll man tun?“ - Zur wichtigsten Aufgabe wurden die Pflichten gegenüber der Gesellschaft und Gott. Der Mensch ist nur seine eigene Freiheit wie von der Gesellschaft vorgegeben bzw. bestimmt. Aus diesem Grund sehe ich, dass es keinen wirklich freien Menschen gibt. Wir sind durch unsere Umgebung beschränkt. Privat, in der Arbeitswelt und auch politisch werden wir Menschen mit gewissen Spielregeln konfrontiert und müssen uns daran orientieren, um ein „glückliches Leben“ führen zu können.
 
Auch Nietzsche setzte sich im „Zarathustra“ mit der Frage „Wie könnte man leben?“ auseinander. Nur eine aktive Kraft schafft Neues. Eine reaktive Kraft begrenzt aktive Kräfte wie z.B. die Religion bezüglich ihrer Einschränkung auf Sexualität. Nietzsche kritisiert die Kirche, die die Sexualität funktionalisiert, kanalisiert, verbietet, bestraft, ein schlechtes Gewissen dem Menschen macht und verhindert. Es wird die Entfaltung der aktiven Kraft behindert. Nietzsche kritisiert jeglichen antiken Transzendenzbezug und postuliert den Tod Gottes.
 
Auch Nietzsche setzte sich im „Zarathustra“ mit der Frage „Wie könnte man leben?“ auseinander. Nur eine aktive Kraft schafft Neues. Eine reaktive Kraft begrenzt aktive Kräfte wie z.B. die Religion bezüglich ihrer Einschränkung auf Sexualität. Nietzsche kritisiert die Kirche, die die Sexualität funktionalisiert, kanalisiert, verbietet, bestraft, ein schlechtes Gewissen dem Menschen macht und verhindert. Es wird die Entfaltung der aktiven Kraft behindert. Nietzsche kritisiert jeglichen antiken Transzendenzbezug und postuliert den Tod Gottes.
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'''Lucas Lang-Muhr:'''Zu aller erst bin ich dankbar, dass in dieser Vorlesung wieder die Brücke zwischen der Philosophie und dem Lebensweg jedes einzelnen Menschen geschlagen wurde. Für mich persönlich hatte die Philosophie schon immer den Wert eines stetigen Begleiters unseres Werdeganges. Die Ziele, die in der Antike angestrebt wurden, wie Seelenfrieden, innere Freiheit und ein kosmisches Bewusstsein besitzen eine zeitlose Gültigkeit und werden immer charakteristisch für den Menschen bleiben. Diese Aspekte erfordern die essentielle „Arbeit an einem selbst“ und eine Selbsterkenntnis. Hier zeigt sich, dass der Mensch seine exklusive Fähigkeit der Reflexion nutzen soll, um sich selbst als Teil eines großen Ganzen zu sehen. So eine kosmische Perspektive ist durchaus erstrebenswert, wenn auch nahezu unmöglich zu erreichen.
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Viele antike Philosophen sahen das Studium der theoretischen Disziplinen und der philosophischen Lehrmeinungen als Arbeit an einem selbst an. Ich würde diese Betrachtungsweise nur als eine Idealform ansehen, welche in der Praxis leider nicht notwendigerweise vorliegt. Hier erinnere ich an eine frühere Vorlesung, in der erwähnt wurde, dass das angeeignete Wissen verarbeitet werden muss, da es sich ansonsten nur um Scheinwissen handelt. Analog dazu ist die Lehre der zb. Ethik oder Philosophie nur dann Arbeit an einem selbst, wenn das gelernte auch verinnerlicht und reflektiert wird.
  
 
'''Astrid Barcza:''' Auch mich hat der kurze Exkurs zu Nietzsches ''aktiven'' und ''reaktiven Kräften'' in der Gesellschaft neugierig gemacht. Sie liegen (mit qualitativen Unterschieden) in Kombination vor – wie uns an einem Beispiel gezeigt wurde - und würden für Nietzsche die ersten beiden Fragen der Antike bzw. Moderne (Wie soll man leben? Was soll man tun?) dadurch grundlegend in Zweifel ziehen, da sie eine Leugnung des Selbst (des Individuums) seien. Wie oder zu welchem Grad das der Fall ist, lässt sich wahrscheinlich diskutieren. Ich hoffe, im zweiten Vortrag noch etwas mehr darüber zu erfahren, da Nietzsche sich mit seiner Metapher über den Tod Gottes auch zur dritten gestellten Frage (Wie könnte man leben?) nachhaltig positioniert hat.
 
'''Astrid Barcza:''' Auch mich hat der kurze Exkurs zu Nietzsches ''aktiven'' und ''reaktiven Kräften'' in der Gesellschaft neugierig gemacht. Sie liegen (mit qualitativen Unterschieden) in Kombination vor – wie uns an einem Beispiel gezeigt wurde - und würden für Nietzsche die ersten beiden Fragen der Antike bzw. Moderne (Wie soll man leben? Was soll man tun?) dadurch grundlegend in Zweifel ziehen, da sie eine Leugnung des Selbst (des Individuums) seien. Wie oder zu welchem Grad das der Fall ist, lässt sich wahrscheinlich diskutieren. Ich hoffe, im zweiten Vortrag noch etwas mehr darüber zu erfahren, da Nietzsche sich mit seiner Metapher über den Tod Gottes auch zur dritten gestellten Frage (Wie könnte man leben?) nachhaltig positioniert hat.

Version vom 12. Januar 2010, 03:30 Uhr

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Elke Karpf:Ich beziehe mich auf die von Prof Puhl vorgetragenen Überlegungen von Platon:er bindet die Frage der Selbsterkenntnis an die Sorge um sich selbst - Platon hat sich bekanntlich ja nur auf die Seele konzentriert. Die Kenntnis des eigenen Körpers und der Umgang damit ist aber ein wichtiger Punkt der Selbstsorge. Körper-Geist-Seele ist definitiv eine Einheit, speziell auch wenn es um die Selbstsorge geht.Aristoteles hat da wirklich weiter gedacht als Platon. Außerdem kam Platons Gedanke des Strebens nach dem Guten auf. Was ist aber DAS Gute? Gibt es eine Übereinstimmung aller Menschen hinsichtlich des Guten? Ist das ein objektiver Begriff oder unterliegt er nicht so wie alles nicht der Subjektivität?Und wenn das Gute als Wahrheitssuche definiert wird, so wie es Platon gemacht hat, wenn ich in der VO richtig verstanden habe, stellt sich dasselbe Problem... was ist die Wahrheit? Wie kann ich nach etwas streben, oder etwas suchen, wenn ich nicht weiß, was. Außerdem: Ist Selbsterkenntnis überhaupt möglich? Das Selbst unterliegt ja ständigen Wandlungen. Heute ist die eine Charaktereigenschaft stärker ausgeprägt als morgen, jetzt habe ich andere Interessen, Anliegen und Bedürfnisse als später. Ist es nicht einfacher, Selbstbeobachtung anzustreben als Selbsterkenntnis? Oder einfach Selbstliebe?


Hier bitte nur die Kommentare zum Vortrag von Klaus Puhl einfügen!

Für Überlegungen zum Vortrag von Esther Ramharter finden Sie einen eigenen Link in der Übersicht zum Übungstermin am 13.01.--Roland Lukesch 12:58, 16. Dez. 2009 (UTC)

Paula Unterwurzacher: Laut Spinoza gibt es überhaupt keine Sünde und keine Tugend bis auf die bürgerliche Ausformulierung einer Moral, die Taten als gut oder schlecht einstuft, die überhaupt nicht gut oder schlecht sein können. Nach Spinoza wäre die Philosophie der Antike also hauptsächlich unnütz bzw. schlecht. Dahingegen behauptete Platon, dass Normen sogar unabhängig von der Gesellschaft existieren würden. Ich finde Spinozas Gedankengang da schon eher einleuchtend denn von Natur aus gibt es Sünde gar nicht. Vergewaltigung kann es in der Natur nicht geben, da jedes Tier Fortpflanzung anstrebt, Mord geschieht nur, wenn man Hunger hat oder sein Leben verteidigen will, was nicht böse, sondern notwendig ist, damit man weiterhin besteht, etc. Erst als der Mensch Eigentum, Ehe usw. erfand, musste er die Moral miterfinden, denn sonst hätte ein System wie die Menschheit es sich stetig aufgebaut hat nie funktionieren können. Und je komplexer das Ganze wurde, desto mehr Tugenden und Sünden tauchten auf. Hielt man lügen und stehlen schon sehr früh für schlecht, so kamen Sünden wie Rassismus oder Sexismus erst viel später auf. Anfangs hielt man sich an die Bibel, bis heute sind noch unzählige (mitunter auch ungeschriebene) Gesetze dazu gekommen, die uns sagen, was gut und was böse ist. Doch da die Natur dem Menschen mit einem komplexeren Gehirn, Sprachwerkzeugen, usw. die Möglichkeit gegeben hat, uns so zu entfalten und entwickeln, hat Spinoza womöglich doch wieder Unrecht, denn so gesehen ist die Entwicklung des Menschens ein natürlicher Vorgang, der so auch notwendig die Entstehung einer Moral mit sich zog. Allerdings muss man dann auch Platon Unrecht geben, der behauptet, dass Normen ohne Menschen existieren können.

Koepp Laurent: Ich stimme Sartre in so weit zu, wenn er behauptet dass der Mensch seine eigene Freiheit ist. Allerdings ist der Mensch nur solange seine eigene Freiheit, wie es die Gesellschaft zulässt. Allein schon durch unsere Sprache und die Vokablen die wir benutzen sind wir eingeschränkt. Man kann nicht einfach ein neues Wort in die Runde schmeissen wenn es niemand versteht oder jemand es je gesehen hat. Auch unser Denken ist so gegliedert. Wir bekommen verschiedene Normen eingetrichtert die wir in jungen Jahren gar nicht fähig sind zu hinterfragen. Die Gesellschaft drückt uns durch die Sozialisierung ganz klar ein Art Leben auf. Wer sich in diese kausale Kette von Erziehung, Schule, Arbeit und so weiter nicht einfügen kann, bleibt auf der Strecke. Unsere Gesellschaft, damit meine ich die abendländische (aber in jeder Gesellschaft ist es gleich) verlangt von jedem Individuum sich anzupassen. Gewisse Freiheiten sind erlaubt, allerdings gibt es ausreichend Gesetze und allgemeine Reglungen, Normen, Sanktionen etc die uns davon abhalten zu tun was wir wollen. Dies ist natürlich nötig um eine Gemeinschaft von 6 Milliarden Menschen zusammen zu halten. Allerdings, durch unser demokratisches System, ist es immer die Mehrheit die bestimmt was man befolgen soll (auch wenn es im nachhinein die gewählten Repräsentanten sind, allerdings wurden auch die von einer Mehrheit gewählt). Dadurch entstehen Randgruppen, Minderheiten, die nicht weiter beachtet werden bis sie zum Problemfall werden. So ist der Mensch nur seine eigene Freiheit wie sie durch die Gesellschaft definiert wird. Ich schliesse mich Spinoza an wenn er behauptet dass man sich keine religiöser oder politischen Richtung verschreiben soll. Das was und woran man glaubt sollte nur durch den Verstand begründet werden. Schliesst man sich z.B einer politisch links oder rechts orientierten Partei an, akzeptiert man gewisse Grundwerte dieser Parteien die man nicht hinterfragt. Auch wenn man zu jeder Zeit jede Norm und Regel hinterfragen sollte. Dadurch gibt es keinen "freien" Menschen. Wir sind durch unser Umfeld begrenzt. Politisch, privat, auf der Arbeit. Überall muss man sich einfügen um die Harmonie zu wahren. Sollte nun jemand einen besseren Lebensstil finden als unser kapitalistisch ausgerichteter, dann wird er es schwer haben ihn durchzusetzen. Denn auch wenn es wünschenswert wäre dass jeder Mensch sich selbst als frei genug bezeichnen könnte, um seine Mitmenschen zu respektieren und niemanden anders zu behandeln als sich selbst, so ist dies nicht der Fall.

Simon Pötschko: Obzwar ich den gegenwärtigen deutschen Philosophen Peter Sloterdijk mehr oder weniger nur vom Namen her kenne und nichts Genaueres über sein Denken Bescheid weiß, wage ich es trotzdem zu behaupten, dass auch er in seinem Werk „Du musst dein Leben ändern“ die Übung des jeweiligen Individuums an sich selbst hervorhebt und ihr eine gewichtige Bedeutung verleiht. Wie wir im Vortrag des Prof. Klaus Puhl gehört haben, stand in der Antike die Übung des Individuums an sich selbst im Zentrum, sodass Platon sogar den Philosophen mit einem Athleten verglich. Ein Vergleich, welcher heute eher seltsam anmuten würde (?). Ein Begriff der mit der Übung des Einzelnen an sich in Verbindung steht und mir, nicht nur im Zusammenhang mit dieser Vorlesung sondern mit der gesamten Philosophie durchaus wichtig erscheint, ist der der Selbstsorge. Die Sorge um einen selbst. Man darf diesen Begriff jetzt aber nicht als einen kollektiven philosophischen Aufruf zum Egoismus sehen und meinen dadurch würde jede Art von barbarischem Verhalten gerechtfertigt. Ich meine der zentrale Punkt ist der, dass sich die Sorge an etwas orientieren muss, dass das Individuum erlangen will bzw. es zu erlangen versucht. In diesem Zusammenhang überzeugt mich die Einstellung aus der Antike mehr, wo es noch galt sein Leben einem höheren Zweck, wie bei Platon ein Leben auf der Suche nach dem Guten oder bei Aristoteles ein Leben nach dem Geiste, zu richten und eine dementsprechende Linie zu verfolgen. Was mir persönlich in der Philosophie Nietzsches, die ebenfalls kurz genannt wurde, besonders gut gefällt, ist die Tatsache, dass der Einzelne nach dem Tod Gottes, der unteranderem den Verfall jeglicher Werte symbolisiert, darauf angewiesen ist seine eigenen Werte neu zu kreieren oder zumindest den Versuch zu wagen. Dies verlangt von einem mehr ab als es klingen mag. Überhaupt glaube ich, hat der Versuch eine wichtige Rolle in diesem Ganzen, das wir Leben nennen, die aber oftmals unterschätzt bzw. nicht eingesehen wird. Wenn Sartre sagt, der Mensch definiert sich durch seine Handlungen, so gilt auch der Versuch einer Handlung, ob er nun gelingen mag oder nicht, durchaus zu selbstdefinierenden Handlungen.

Fabian M. Kos: Stein des Anstoßes: Während Herr Wagi jeden Abend, nachdem er aus seinem schwarzen Firmenwagen entstiegen ist, mit pedanter Miene jene Steine wieder einsammelt, die sein Einfamilienhaus vom Spielplatz trennen, beim freudigen Treiben der Kinder allerdings täglich entrückt werden, sitzt Mareike am Flügel, um die letzten Töne von Chopins Marche funèbre zu interpretieren. Will sie doch den großen Konzertsaal unter Applaus verlassen. Gelegentlich blickt sie aus dem Fenster und erkennt wie sich Franz, mit Koffer und Rucksack bepackt, am Kieselklauber vorbeischlängelt. Letzte Woche, als sie gemeinsam bei ihr Tee tranken, meinte er noch: „Diesmal gen Osten“.

Die Kinder der Moderne im Hinblick auf den Gehalt eines guten Lebens determinieren zu wollen, scheint somit wahrhaftig obsolet und die Glückseligkeit bei Aristoteles, also das Gute für den Menschen, welche sich nur durch die Teilhabe am staatlichen Verband verwirkliche, fragwürdig. Dies ist exemplarisch für weitere Konzepte. Wenn wir etwa mit Platon davon ausgehen, dass die zentrale Aufgabe der Philosophie jene sei, die Frage nach dem Guten zu beantworten, sehen wir uns mit derselben fatalen Unvollständigkeit konfrontiert. Das gesuchte Glück solle sich durch Beständigkeit auszeichnen und allumfassend auftreten, wogegen das Leben, für sich, gerade durch das Auf und Ab, das Hin und Her und überdies noch durch die Endlichkeit gekennzeichnet ist. Es ergibt sich also offensichtlich ein, wohl eher unbefriedigendes, Spannungsverhältnis.

Wenn uns alles im Leben zuflöge, würde ich abschließend meinen, könnten Herr Wagi und Konsorten auch die Vorstellung des Epikur, also das Freisein des Einzelnen von jeglichen Leidenschaften, noch etwas ernster nehmen.

Camilo Del Valle Lattanzio:Der Vortrag von Dr. Puhl am Donnerstag war für grosse Interesse für mich, da ich die Philosophie nicht nur als eine Wissenschaft sehe, sondern auch als eine Art Lebensweg oder Lebenskunst. Ich finde es wirklich interessant, wie er die Auffassung Nietzsches vom Tod des Gottes erklärt hat. Ich hab gemerkt, dass die Philosophie in diesem Fall als eine Religion ist, in dem man sich sein eigenes Schema oder Struktur des Lebens machen muss, da es kein Gott mehr gibt. Ich glaube, dass viele von uns nach dieser Weisheit streben, um unseres Leben nach einem besseren Weg führen zu können, und, wie bei Platon, nach den Ideen und dem Licht zu streben. Ich denke, dass wir als Menschen immer eine Art Schwindel (oder „der Ekel“ bei Sartre) erfähren, wenn man sich ohne Weg in seinem Leben befindet, oder, wenn man der Tod seines Gottes erfährt. Man muss eine neue Struktur finden, mit dem man dieser Ekel löschen kann, um sich sicherer in der Welt zu fühlen. Man muss ein Zweck finden, deswegen denke ich, dass der Philosoph dieser Zweck im Leben selbst findet, in dem er das Erkenntnis und die Weltanschauung als Lebensführung wählt. Der Philosoph will immer von den Ereignisen vom Leben aufmerksam bleiben, um seine Rolle und sein Individuum zu erkennen. Ich finde diese Auffassung und diese Behandlung der Philosophie als sehr optimistisch, und denke, dass wenn man seine Beschäfftigung als etwas tranzsendentales erlebt, kann man sich (wie Platon sagt) zu dem Guten nähern, und deses Gute ist das, was uns diese Sicherheit gibt, wie eine Religion. Wir erreichen die Wahrheit in dem Guten (oder wir denken, dass wir es erreichen haben) und so fühlen wir uns sicher, weil wir an diesem Guten glauben, wie ein Gläubiger an Gott glaubt.

Gertrude Dvornikovich:Prof. Puhl hat in der VO vom 7.1.2010 über das Thema Selbstkunst und Selbstsorge, Philosophie als Lebenskunst von der Antike bis zur Neuzeit u.a. folgende Fragen aufgeworfen, und zwar die Fragen nach dem guten Leben. Wie soll man leben? Was soll man tun? Wie könnte man leben? Die Frage „Wie soll man leben?“ - Durch die Demokratisierung der Gesellschaft wird jeder als Einzelsubjekt vor Gott gesehen. Die Frage „Was soll man tun?“ - Zur wichtigsten Aufgabe wurden die Pflichten gegenüber der Gesellschaft und Gott. Der Mensch ist nur seine eigene Freiheit wie von der Gesellschaft vorgegeben bzw. bestimmt. Aus diesem Grund sehe ich, dass es keinen wirklich freien Menschen gibt. Wir sind durch unsere Umgebung beschränkt. Privat, in der Arbeitswelt und auch politisch werden wir Menschen mit gewissen Spielregeln konfrontiert und müssen uns daran orientieren, um ein „glückliches Leben“ führen zu können. Auch Nietzsche setzte sich im „Zarathustra“ mit der Frage „Wie könnte man leben?“ auseinander. Nur eine aktive Kraft schafft Neues. Eine reaktive Kraft begrenzt aktive Kräfte wie z.B. die Religion bezüglich ihrer Einschränkung auf Sexualität. Nietzsche kritisiert die Kirche, die die Sexualität funktionalisiert, kanalisiert, verbietet, bestraft, ein schlechtes Gewissen dem Menschen macht und verhindert. Es wird die Entfaltung der aktiven Kraft behindert. Nietzsche kritisiert jeglichen antiken Transzendenzbezug und postuliert den Tod Gottes.

Lucas Lang-Muhr:Zu aller erst bin ich dankbar, dass in dieser Vorlesung wieder die Brücke zwischen der Philosophie und dem Lebensweg jedes einzelnen Menschen geschlagen wurde. Für mich persönlich hatte die Philosophie schon immer den Wert eines stetigen Begleiters unseres Werdeganges. Die Ziele, die in der Antike angestrebt wurden, wie Seelenfrieden, innere Freiheit und ein kosmisches Bewusstsein besitzen eine zeitlose Gültigkeit und werden immer charakteristisch für den Menschen bleiben. Diese Aspekte erfordern die essentielle „Arbeit an einem selbst“ und eine Selbsterkenntnis. Hier zeigt sich, dass der Mensch seine exklusive Fähigkeit der Reflexion nutzen soll, um sich selbst als Teil eines großen Ganzen zu sehen. So eine kosmische Perspektive ist durchaus erstrebenswert, wenn auch nahezu unmöglich zu erreichen. Viele antike Philosophen sahen das Studium der theoretischen Disziplinen und der philosophischen Lehrmeinungen als Arbeit an einem selbst an. Ich würde diese Betrachtungsweise nur als eine Idealform ansehen, welche in der Praxis leider nicht notwendigerweise vorliegt. Hier erinnere ich an eine frühere Vorlesung, in der erwähnt wurde, dass das angeeignete Wissen verarbeitet werden muss, da es sich ansonsten nur um Scheinwissen handelt. Analog dazu ist die Lehre der zb. Ethik oder Philosophie nur dann Arbeit an einem selbst, wenn das gelernte auch verinnerlicht und reflektiert wird.

Astrid Barcza: Auch mich hat der kurze Exkurs zu Nietzsches aktiven und reaktiven Kräften in der Gesellschaft neugierig gemacht. Sie liegen (mit qualitativen Unterschieden) in Kombination vor – wie uns an einem Beispiel gezeigt wurde - und würden für Nietzsche die ersten beiden Fragen der Antike bzw. Moderne (Wie soll man leben? Was soll man tun?) dadurch grundlegend in Zweifel ziehen, da sie eine Leugnung des Selbst (des Individuums) seien. Wie oder zu welchem Grad das der Fall ist, lässt sich wahrscheinlich diskutieren. Ich hoffe, im zweiten Vortrag noch etwas mehr darüber zu erfahren, da Nietzsche sich mit seiner Metapher über den Tod Gottes auch zur dritten gestellten Frage (Wie könnte man leben?) nachhaltig positioniert hat.

Interessant an der antiken Auffassung fand ich die Ausrichtung an den Kontext des Handelns bzw. die Frage nach der Anpassung des Lebens an Strukturen. Ein Hinweis darauf ist für mich bereits in diesem SOLL impliziert. Die Änderung der Fragestellung in der Moderne stand wiederum mit der Fokussierung auf das Individuum in Zusammenhang, weshalb sich für mich schließen lässt, dass die Beantwortung dieser Fragen, wie die Formulierung selbst, eng mit den vorherrschenden Gegebenheiten (wie z.B. die Statusgesellschaft in der Antike) bzw. gesellschaftlichen Vorstellungen einhergeht. Insofern bin ich auch gespannt zu hören, ob und wie wir uns Aspekte der antiken Konzeption heute noch vorstellen können/dürfen.

Markus Werner: Ganz allgemein kann auch ich, so wie dies schon in den Kommentaren meiner KollegInnen herauszulesen war, mich mit der Idee der Philosophie als „Lebenskunst“ bzw. „Lebensweg“ sehr gut anfreunden. Allerdings muss gesagt werden, dass die Philosophie, als eigenständige Disziplin, diese „Kunst des guten, glücklichen Lebens“ nicht für sich alleine beanspruchen kann. Ein Mensch sollte, unabhängig von jeglicher Disziplin, Ideologie oder Doktrin zum „glücklichen und guten Leben“ bestrebt sein. Was natürlich nicht heißt, dass die Philosophie nicht als Anregung zu solch einem „Lebensziel“ sehr dienlich sein kann und sollte. Ich würde sogar so weit gehen, auch wenn nicht alle diese Meinung teilen werden, zu sagen, dass es als das primäre Ziel eines jeden Menschen und demnach auch des Philosophen gelten sollte, einen solchen Zustand des „glücklichen und guten Lebens“ anzustreben. Das einzige Problem, und deshalb wurde bei meiner bisherigen Ausführung auch mit so vielen Anführungsstrichen gearbeitet, ist die Definition solch schwammiger Begriffe wie eben z.B. „glücklich“ oder „gut“. Es gibt mit Gewissheit kaum solch schwer zu beschreibende Begriffe, wie z.B. die eben genannten. Und was ist nun tatsächlich so problematisch an der Definitionsfindung für solche Begriffe? Es kann einfach keine allgemein gültige Begriffserklärung gefunden werden, weil es sich hierbei um individuell unterschiedlich verstandene Eigenschaften, nach denen es sich im Leben zu streben lohnt, handelt. Deshalb halte ich auch den Versuch der Definitionsfindung, z.B. von „Glück“, für unvergleichlich unsinnig und hat, folgerichtig, meiner Meinung nach, auch nichts in der Philosophie, geschweige denn irgendeiner anderen wissenschaftlichen Disziplin, verloren. Aber von dieser ist auch gar nicht die Rede, die Rede ist von dem Erreichen des Zustandes eines Lebens dem diese Eigenschaften (glücklich und gut) zugeschrieben werden können. Und zum Erreichen eines Solchen… und dies kann nicht oft genug gesagt werden… sollte gerade die Philosophie anleitenden Charakter an den Tag legen.


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