Kommentare - MuD09 - Gruppe4 - 27.01.

Aus Philo Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche

Zurück


Julia Schindlbauer: Das erste was mir während des Vortrags sofort aufgefallen ist , ist dass das Nicht vorhanden Sein der Striche durch die sich der zweite Kopf, also der im Profil, meiner Meinung nicht als Leere gedeutet werden sollte, sondern viel eher als Klarheit gegenüber der Verwirrung und Dunkelheit der Striche. Der Begriff negative Individualität deutet ja nicht eindeutig Leere an, so wie Klarheit als Negation von Verwirrung dargestellt werden kann. Natürlich ist es bei Kunst immer schwierig eine einheitliche Interpretation zu finden, doch wenn man das Bild so interpretiert, was meiner Meinung nach durchaus legitim ist, fällt die Argumentationsführung der ganzen Vorlesung zusammen. Es kommt mir daher so vor, als habe sich Dr. Heinrich die Interpretation des Bildes so „hergerichtet“ um eine Verbindung zu Wittgenstein und dem Kopfrechnen herstellen zu können. Diese Verbindung zwischen einer Radierung aus dem Bauhausstil und der Sprachphilosophie Wittgensteins war für mich also eher konstruiert. Ausserdem möchte ich kurz auf das Thema Kopfrechnen eingehen. Diesen Teil der Vorlesung fand ich nämlich sehr interessant. Den Unterschied zwischen Kopfrechnen und mit den Fingern rechnen. Tatsächlich ist meiner Meinung nach das Rechnen mit den Fingern allein unmöglich. Der Geist steuert ja das Rechnen, die Finger werden nur als Hilfsmittel zur Erinnerung eingesetzt. Das man als Kind noch nicht so abstrakt Denken kann, gebraucht man die Finger einerseits um sich an die Zahlen die man beispielsweise addieren möchte erinnern zu können und andererseits als Bild, als Vorstellung der Rechnung. Meiner Meinung nach ist es nichts anderes wenn ich heute die zahlen 2 und 5 addiere, im Grunde denke ich trotzdem noch an die Fingern, oder meinetwegen an Äpfel. Natürlich nicht bewusst und vielleicht denke ich auch an das Schriftbild“2+5“ während ich addiere, aber im Grunde ist es die selbe Handlung nur dass heute mein Gehirn geübt genug ist ohne das bildliche Hilfsmittel der Finger auszukommen. In der Vorlesung wurden aber Kopfrechnen und Mit-den-Fingern-Rechnen als 2 getrennte voneinander unabhängige Phänomene untersucht. Das ist meiner Meinung nach nicht möglich, oder legitim.

Martin Sellner: Die Interpretation der Radierung, basierte, so glaube ich auf einer Legaldefinition Klees selbst. (der Prof. erwähnte ja ein theoretisches Buch, dass er über seine Arbeit geschrieben hat) Auf jeden Fall will er aber mit diesen Linien Bereich betonen, ob positiv oder negativ sei dahingestellt. Klarheit kann aber durchaus ein Eumphemismus sein, wie Ruhe für Grabesruhe. AUch auf mich wirkte die Interpretation, teilweise etwas ausufernd, v.a. da viele Aspekte, sehr kurz gestreift wurden. Was aber glaube ich zentral war war die Unterscheidung zwischen Innen und Außen Wittgensteins übertragen auf den Greis- Grunsätzlich kann man zwischen einer solchen abstrakten Aussage und fast ALLEN Bildern einen Konnex herstellen. Prof Heinrich wollte warhscheinlich nur zeigen, dass in der Intrepration von Kunst, Philosophie durchaus eine Rolle spielt. Mir persönlich hätte dazu aber besser das berühmte Gemälde: "Die Schule von Athen", von Raffael (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/31/La_scuola_di_Atene.jpg - Versucht mal zu erraten wer welcher Philosoph ist) gefallen, aber das ist wohl Gemschmacksache ;).


Katharina Baur:ich denke ein ganz wesentlicher Punkt in der Vorlesung von Prof.Heinrich war der Aspekt der Interpretation von Kunst als philosophische Tätigkeit. Es wurde wieder einmal deutlich, zumindest für mich, dass man bildende Kunst lesen kann wie ein geschriebenes Werk. Faszinierend ist das besonders an dem verwendeten Beispiel, das auf den ersten Blick simpel und einfach aussieht. Was ich interessant fand, war dass Klee offenbar überzeugt war, man könne eine Rechnung nicht bildlich darstellen. Das kann man, denke ich, so nicht sagen. Ich würde zwar eine Kurvendiskussion nicht als Kunstwerk bezeichnen, aber entsprechend dargestellt könnte man auch dies als bildende Kunst betrachten. Der Begriff 'Interpretation' kann ja eine subjektive Sichtweise nicht ausschließen. Im Bezug auf das Kopfrechnen möchte ich sagen: man kann mit den Fingern rechnen oder ohne, aber immer braucht man dazu seinen Kopf. Deswegen würde ich ein entweder - oder hier ausschließen. Der Mensch denkt assoziativ; die Mathematik wird hier keine Ausnahme sein, allein schon deshalb, weil sie im Grunde abstrakt ist. Ich kann also während meiner Denktätigkeit gar nicht anders, als mir etwas bildlich vorzustellen. Das ist bei Begriffen wie 'Zitrone' selbstverständlich leichter, als bei einer Zahl. Wenn ich das Wort höre oder lese habe ich das Bild einer Zitrone im Kopf. Wie genau das bei einer Rechenaufgabe ist wird wohl individuell verschieden sein. Ich persönlich muss mir eine Rechnung bildlich vorstellen, sonst komme ich nicht zu einem Ergebnis.


Gertrude Dvornikovich: Prof. Heinrich hat in der Vorlesung den Vergleich zwischen Kunst und Philosophie anhand eines Beispiels, und zwar einer Radierung mit dem Titel „Rechnender Greis“ von Paul Klee aus dem Jahr 1929 dargelegt. Auf diesem Druck sind drei verschiedene Köpfe zu sehen. Über den zweiten Kopf, der als leer gesehen werden kann, eben der innere Kopf, stellt sich die Frage, ob ein leerer Kopf überhaupt wirklich rechnen kann. Ebenso die Hände und Finger sind verkümmert. Auf dem Bild wird weder mit dem Kopf, da er leer ist, noch mit den Fingern, da sie verkrümmt und verknotet sind, gerechnet. Warum hat dann das Bild den Titel „Rechnender Greis“? Es zeigt die Problematik des Rechnens, denn es führt nicht zum Erfolg, sondern ist lediglich ein Versuch des Rechnens. Wittgenstein hat sich mit dieser Frage intensiv beschäftigt, ob es denkbar wäre mit dem Kopf zu rechnen ohne es jemals schriftlich oder mündlich getan zu haben. Er ist der Meinung, dass man ohne Vorstellung etwas Wahrnehmbares im Kopf nichts vollziehen kann. Es wird auf alle Fälle fürs Rechnen ein Erinnerungsvermögen benötigt. Diese Leere deutet Paul Klee als Erinnerungslosigkeit. Dieses Bild zeigt die Problematik des Rechnens auf, da das Rechnen die Erinnerung voraussetzt. Wenn ich mir eine Rechnung nicht bildlich vorstellen kann, komme ich auf gar keinen Fall auf ein Ergebnis, mit oder ohne Finger kann ich sehr wohl rechnen, jedoch nicht ohne Kopf. Ohne bildlicher Vorstellung kann ich nichts denken. Es ergibt sich die philosophische Überlegung, ob das Kopfrechnen nicht als Innen- und Außenvorgang zu sehen ist. Eine Rechenmaschine oder ein PC greift auch auf eine Erinnerungsfunktion. Prof. Heinrich hat zum Schluß ein Resultat gebracht, dass die Philosophie für die Probleme und Fragen zuständig ist, aber nicht für die Antworten. Die Philosophie soll eine Kritik und Anregung zum Nachdenken geben.


Paula Unterwurzacher: Ich habe in der dieswöchigen Vorlesung eine für mich völlige neue Ebene des Philosophierens kennengelernt. Die Kunstphilosophie war mir völlig unbekannt obwohl es eigentlich sehr plausibel ist, Philosophie und Kunst in dieser Art und Weise miteinander zu verbinden. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist Philosophieren immer das Nachdenken und Bereden eines „Untersuchungsgegenstandes“, man hört oft „wir philosophieren“ wenn einfach etwas ausführlich besprochen und überdacht wird. So würden wissenschaftliche Arbeiten wie Abhandlungen über die Affekte des Menschen von Spinoza, über Idealsprachen und Kalküle bei Frege oder Wittgenstein, über den Urstoff des Seins von diversen Vorsokratikern wohl kaum als Philosophie sondern eher als Mathematik, Physik, Psychologie etc. bezeichnet werden. Das Sinnieren über Inhalte eines Bildes würden viele bestimmt als typisches Philosophieren bezeichnen und ich finde, dass der Charakter der Philosophie sehr schön in der Vorlesung zum Vorschein kam, in einer Art und Weise die ich noch nie erlebt habe, die Verbindung von Malerei und Philosophie ist äußerst interessant. Jeder Akt des Malens erfordert Kreativität, die dem Kopf entspringt und eine Interpretation eines so entstandenen Werkes erfordert Philosophie, denn welche Kunst wäre besser dazu geeignet?

Camilo Del Valle-Lattanzio: Ich finde, wie Julia auch, dass diese Interpretation vom Bild mit der Auffassung Wittgensteins "konstruiert" war. Es ist mir die Frage eingefallen: "Wie wäre dann eine Interpretation von einem Bild von Jackson Pollock?" Das Bild war ein figurales Bild, deswegen kann man sich über solche Meinungen und Gedanken fragen und davon problematisieren, weil es sich um etwas bestimmtes handelt, Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie eine Interpretation von prof. Heinrich wäre, wenn er ein abstraktes Bild betrachtet hätte. Ich denke, dass man mit diesem Bild sich philosophische Fragen machen kann, aber ich glaube nicht, dass es eine Interpretation des Bildes gibt. Es ist wahrscheinlich, dass Klee sich sowas auch gedacht hat, aber es ist mir schwierig zu glauben, dass die Absicht so war, wie Prof. Heinrich es gesagt hat. Ich glaube nicht an diese Interpretationen, die nur eine Bedeutung des Bildes hervorheben. Ich glaube an die Mehrdeutigkeit der Kunstwerke, wie es laut Roland Barthes mit der Literaturinterpretation auch ist. (vgl. Roland Barthes: Der Tod des Autors. Stuttgart 2000, 185ff.) Ich fand es aber interessant, dass er dieses Thema gewählt hat, obwohl mir die Argumenten von den Deutungen von den Teilen des Werkes überhaupt nicht überzeugt haben. Ich habe am Ende gesehen, dass sein Diskurs dazu gepasst hat, aber, dass dieser Diskurs das Werk getötet hat. Wenn wir dieses Bild als "ein Zeichnen für die Unmöglichkeit des rechnerischen Zeichnens" sehen, dann müssen wir das Werk nicht mehr analysieren, da das Mysterium des Werkes dadurch verschwindet. Ich glaube auch nicht an ein absichtliches Werk, ich glaube eher an ein schöpferisches Werk, das mehr Existenz als Bedeutung hat. Es ändert sich natürlich, wenn man die Konzeptkunst betrachtet, in der schon (wie der Name schon sagt) ein Konzept enhalten ist. Was bringt es uns dann, wenn wir eine philosophische Analyse eines Bildes machen? Wollen wir dann die Kunst systematisieren, und sein Wesen zerstören? Oder ist das Werk nur ein Anstoss für den Anfang eines philosophischen Problems?


Fabian M. Kos: Zunächst sehe ich Professor Heinrichs Thematisierung für sich schon als bereicherndes Moment. Wenn wir seine gewählte Art der Heranführung an die schlussendliche Fragestellung bedenken, so ist bereits hiermit eine wesentliche Erweiterung des philosophischen Verständnisses gegeben. Geschickt pointiert er scheinbar unsagbare Dinge und verknüpft diese am Ende zu einer Aporie. Beziehen wir uns auf den Titel der gesamten Lehrveranstaltung, der „Methoden und Disziplinen der Philosophie“ lautet, so denke ich, animiert uns Heinrich die Vielfältigkeit dieses Spektrums zu fassen, Ansätze und Anstöße in verschiedensten Bereichen wahrzunehmen, die Scheuklappen nur abzulegen. Der Beitrag schließt die Vorlesungsreihe also dem Titel gemäß ab und gibt einen Vorschlag möglicher Betrachtungsweisen. So ist der physikalische Quantensprung eben auch ein philosophischer Progress.

Neben dieser Beobachtung kristallisiert sich im Laufe der Vorlesung die Quintessenz der Sache deutlich heraus: Das Rechnen wird problematisiert („Der rechnende Greis“). Dies gipfelt in der kafkaesk anmutenden Überlegung, ob ein Rechenprozess ohne empirische Hilfsmethoden gedacht, weiterführend gezeichnet werden kann. Also: „Was geht da beim Rechnen eigentlich vor sich?“ Zur Annäherung an die Thematik möchte ich Überlegungen beisteuern, ohne die Frage in ihrer Ganzheit zu beantworten. Während die empirischen Wissenschaften von ihren überprüften und überprüfbaren Tatsächlichkeiten abhängig sind, kommt der Mathematik eine Sonderstellung zu. Im Gegensatz zur Chemie beispielsweise (wir klammern in dieser Betrachtung die Theoretische Chemie aus), die ohne Beobachtungen nicht vorzustellen ist, kann die Mathematik davon unabhängig gedacht werden. Sehr wohl kann ich die empirischen Tatsachen berechnend erfassen, doch bedarf es dann einer Einheit, der eine gewisse Entsprechung in der empirischen Welt zukommt. Sie wird dann, je nach Ermessen des Rechnenden lediglich als praktikable Hilfswissenschaft oder aber als „Mutter der Naturwissenschaften“ bezeichnet. Nun kann die Mathematik aber auch völlig unabhängig von diesen empirischen Tatsächlichkeiten vorgehen. Dies meinen wir zumindest: Losgelöst von der Einheit wird sie zum Gehirntraining, zur Gedankenspielerei oder zur Selbstgefälligkeit der Zahlen. Hier setzt die Fragestellung des Professor Heinrich ein. Was passiert jetzt eigentlich auf dieser Ebene mit den Zahlen? -Dies, wo doch bereits grobe Probleme in der empirischen Weise auftauchen, etwa wenn negative Zahlen nicht durch Antimaterie erfasst werden können- Einen diskutierbaren Vergleich möchte ich mit der Konjugation eines Wortes geben. Wenn ich ebendieses Wort nach den korrekten Regeln beuge, jedoch einen Begriff verwende, der uns nichts mitteilt, so würde ich meinen, befinden wir uns mit „sie zuschtackt“ im selben Dilemma wie die Mathematik mit ihren undefinierten Zahlen. Das Ergebnis ist seiner Form nach korrekt, jedoch ist es für die empirische Welt nicht von Belang. Da eine Provokation keine Frechheit ist, schreibe ich: Die Mathematik setzt sich auf dieser einheitsbefreiten Ebene mit Scheinproblemen auseinander!

Simon Pötschko: Einen interessanteren Abschluss für diese, in meinen Augen größtenteils gelungene aber durchaus noch verbesserungsfähige, Lehrveranstaltung hätte man sich nicht wünschen können. Mit seinen interessanten, ansprechenden, nachvollziehbaren, oftmals auch ein wenig zum schmunzeln anregenden und wie er selbst am Beginn auch verlauten ließ, für Erstsemestrige erstmaligen Denkanstößen aus der Ästhetik ist Prof. Heinrich ein guter Vortrag gelungen. Was in meinen Augen besonders gut zum Vorschein gekommen ist, dass in der Kunst meist etwas größeres bzw. tieferes hinter dem Kunstwerk steht, als man im ersten Moment wahrzunehmen scheint. Ist es ja doch gerade der Vorwurf der Sinnlosigkeit und Banalität, der der Kunst in heutigen Tagen entgegengebracht wird (auch wenn in vielen Fällen genau das die Absicht des Schaffenden war, so war es doch zumindest diese eine, kleine Absicht und nicht bloße Sinnlosigkeit und Primitivität). Diese Tatsache der tieferen Gedanken hinter einem Werk hat Prof. Heinrich mit seiner Schrittweisen Analyse sehr gut zum Vorschein gebracht, verleitet das Bild doch auch im ersten Moment dazu es als primitiv ab zu stempeln. Da diese Veranstaltung offiziell auch dazu dienen soll, dass wir uns ein Bild der verschiedenen Denkmöglichkeiten in der Philosophie machen sollen und diese dann auch miteinander vergleichen sollen, möchte ich genau dies nun tun. Ab einem gewissen Punkt viel mir die Vorlesung des Dr. Flatscher ein, welcher uns in einprägender Weise erklärte, dass wir, phänomenologische Gesehen, Dinge immer in Abschattungen wahrnehmen und das in dieser Wahrnehmung immer schon ein Mehr- und ein Mitmeinen mit eingebunden ist. Ich bin mir jetzt nicht sicher ob es legitim ist einen phänomenologischen Ansatz auf die Analyse eines Bildes, in unserem Fall der Radierung Klees, anzuwenden. Jedoch erschien es mir, ab dem Moment wo uns Prof. Heinrich darauf aufmerksam machte, dass es eigentlich drei Köpfe seien die dargestellt werden, so als ob ich nur mehr im Stande währe jeweils einen der drei Kopf ins Bild zu nehmen und sich der Rest der Radierung wie zu einem Hintergrund vereinen. Interessant fand ich dies auch aufgrund der Tatsache, dass sich dieser Zustand erst einstellte, als Prof. Heinrich explizit auf dies aufmerksam machte und in darauffolgenden Ausführungen immer wieder darauf hin wies. Es schien fast so als sei meine eigene Wahrnehmung, von den Worten und der Schwerpunksetzung des Professors in Hinblick auf die Radierung, abhängig.


Zurück