Kommentare - MuD09 - Gruppe4 - 16.12.

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Elke Karpf:Petras Was hält die Regierenden davon auf, aufgeklärte, gebildete Menschen zu pflegen? ist eine gute Frage. Ist eine leicht lenkbare Masse erwünscht? Wird Bildung als eine Bedrohung erlebt?

Die VO von Dr. Hrachovec fand ich didaktisch sehr gut. Die Aufhänger nahmen Bezug auf Bekanntes, es war lebendig, abwechslungsreich, humorvoll, es wurden Gefühle angesprochen und zum Nachdenken angeregt. Der Inhalt kreiste um die aktuelle Bildungsdiskussion und war spannend. Der Vortragende zog die Aufmerksamkeit immer wieder mit Überraschungen auf den Vortrag und überzeugte mit fachlicher Kompetenz. Die Sache mit den Seegrundstücken hielt ich jedoch nicht für so gut durchdacht. Dass es - mit Verweis auf Professorenzimmer - nur begrenzte elitäre Positionen geben kann empfinde ich als Mangeldenken und außerdem als hierarchische Denkweise.

Eine Definition von Bildung ist mir entgangen bzw. hat gefehlt. Dass sich Hegel gegen eine ledigliche Reproduktion von Wissen aussprach,war eine gute Information, wenngleich auch unzureichend. Was versteht Dr. Hrachovec unter Bildung? Es wird wohl nicht nur die universitäre Ausbildung und das Philosophiestudium gemeint gewesen sein. Ich kenne einige Leute, die keinen Universitätsabschluß haben und würde sie dennoch nicht mit den im Dunkeln tappenden Höhlenbewohnern gleichsetzen. Dass die Philosophen die Aufgabe haben, die "ungebildeten" Höhlenbewohner ins Licht zu führen und zum Erwachen zu bringen, halte ich auch für etwas anmaßend. Für mich ist Bildung das reflektierte Herstellen von Zusammenhängen aufbauend auf hinreichenden Informationen. Es gibt ein Lied von Funny van Dannen, das (zwar nervig klingt), aber auch einmal die Charakterbildung anspricht. http://www.youtube.com/watch?v=F41KB0S5Knk

Was ich für eigentlich diskussionswürdig halte, ist die Frage, inwieweit die Identifikation als Mensch wirklich mit dem Konsum einhergeht ("Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein"). Das finde ich nämlich viel schlimmer, als dass Inhalte der Bildung "pervertiert" werden, wie der Professor sagte. Ich denke, es gibt wenige Menschen in unserer Gesellschaft, die sich absolut gar nicht über materielle Güter definieren, zumindest über Kleidung, aber auch das Handy, die Wohnung, das Auto... Die Dinge, die einen umgeben, sollen die Persönlichkeit unterstreichen - das ist für die meisten normal und auch in Ordnung. Die Frage, welchen Stellenwert materielle Güter haben, kann jedoch besonders wenn ich an den Klimagipfel denke, nicht schaden, finde ich....



Petra Staduan: Herbert Hrachovecs Vorlesung war eine sehr ausgefallene, unterhaltsame aber auch irritierende. Letzteres, weil mir nicht ganz klar wurde, was seine Aussage der Vorlesung sein sollte. Wir hörten viele Namen,(Sokrates, Platon, Hegel, Adorno..) Begriffe (Höhlengleichnis, Internet,..), sahen die "Trumanshow" und im Grunde stellte sich heraus, das nicht jeder ein Haus am See haben kann.

Zur Frage „Was ist..?“ Ich habe leider den Eindruck, dass sich daran nichts geändert hat, dass es dem Staat heute nicht recht ist, dass zu viel gefragt wird. Schön zu sehen bei Wahlen. Da stellen sich Politiker hin und nehmen eine Christus, Erlöserposition ein, wie ein populistischer Politiker aus dem österreichischen rechten Lager unlängst, sogar mit dem Kreuz hantierend auf der Rednertribüne stand. Wohl in einem anderen, rassistischen Kontext aber die Inszenierung hat eingeschlagen. Allein, dass solche Redner so viel Raum und Gehör, vor allem in und durch die Medien bekommen, zeigt von einer sehr unreflektierten Gesellschaft. Das Wort Selbstverwirklichung ist auch gefallen. In einer Gesellschaft, in der das Arbeiten hoch angesehen ist, noch immer, und nur derjeniger etwas „wert“ ist, der arbeitet, in welchem Bereich auch immer. Arbeitslos ist darum noch immer sehr negativ konotiert. Wenn man an die altern Römer denkt, bei denen im Allgemeinen Arbeit als abwärtend anerkannt war und das Denken im Zentrum stand gleichzeitig das Sklaventum hervor bringen musste, welches heute auch gar nicht abgeschafft, unsichtbar aber dennoch da ist, verschoben in ferne Länder. Es ist nachvollziehbar, dass nicht jeder ein Haus am See haben kann, aber kann man Bildung damit vergleichen, als ein wunderschönes Haus, quasi als das Paradies. Aber könnte man nicht den See ansich vergrößern und damit die Anlegenstellen vervielfachen? Was hält die Regierenden auf, aufgeklärte gebildete Menschen zu pflegen? Zu Hegel, der die Bildung als entfremdeten Geist sieht kann ich nur sagen, dass ich in der Hoffnung lebe, dass sich Qualtität immer durchsetzen wird und jegliche Art von scheinbarer Bildung, und Attitüde, dem Selbstzweck dienend sich nie bewähren wird und ich appeliere an alle, die das Privileg haben zu studieren, ob jetzt aus einer Bildungelite kommende, oder selbstbefreiende Individuen, glücklich oder unglücklich, Bildung als ein Hab und Gut anzusehen, das untereinander und mit bildungsfernen Mitmenschen kommunizier bar ist, mit viel Witz und Können.

Katharina Baur:Ich weiß nicht wie es euch geht, aber wenn mich die Leute fragen,was ich studiere um als Antwort "Philosophie" zu hören, reagieren die meisten etwas verstört. Die Reaktionen gehen von "aha...interessant..." über "wieso denn das?...." bis zu "das bringt doch nix...". Das Studienfach Philosophie hat anscheinend einen noch schlechteren Ruf als ich vor Studienbeginn angenommen habe. Die Leute von denen ich hier spreche sind teilweise selbst Studenten, gebildete Menschen. Allerdings haben die wenigsten eine Vorstellung von Philosophie, was ja bedeuten würde, dass sie zumindest mit einem Bein in der Höhle stehen. So habe ich einen Teil des Vortrags von Prof. Hrachovec interpretiert. Müssen diese Leute mit Gewalt losgerissen und nach oben gezerrt werden? Wie die Kollegin Elke finde ich das ziemlich anmaßend. Die Hierarchie, von der hier ausgegangen werden muss, gefällt mir überhaupt nicht. Schließlich ist es doch auch so, dass niemand alles wissen kann. In diesem Sinne sitzen wir alle noch in der Höhle. Auch der Vergleich mit den Seegrundstücken hinkt meiner Meinung nach auf beiden Beinen. Es geht eben darum, dass Bildung NICHT einer Elite vorbehalten sein soll. Im Gegensatz zum Seegrundstück, das ja größter Luxus ist, ist die Bildung, wie ich hoffe, kein materielles Gut. Auch ich habe hier eine Definition der Bildung vermisst.

Bevor sich da ein demokratischer Konsens einschleicht:
Zwei Perspektiven sind übereinandergeblendet. Eine ist sich selbst genug, die andere ist in sich gedoppelt. Sie enthält die selbstgenügsame Perspektive in einem Verhältnis zu der zusätzlichen Aussicht.
Die selbstgenügsame Perspektive ist nicht dieselbe, wie jene, die in der Doppelperspektive eingebunden ist. Das kann Ärger geben. Es wirft die Frage auf, wie jemand von der einfachen zur zwiefachen Betrachtungsweise kommt.
Manche Tätigkeiten sind zweigliedrig. Die Schaltung in einem herkömmlichen PWK verlangt: auskuppeln und den Gang ändern. So etwas ähnliches gilt auch für Lernprozesse. Bildung ist eine Doppelbewegung aus Distanzierung und Stufenwechsel. Die sokratische Frage durchkreuzt die Konventionen; sie definiert das Gebräuchliche als suboptimal und dazu noch konfus. Sie wendet sich jedoch nicht gänzlich davon ab. Die Polemik macht den Anfang einer Sublimation.
--anna 16:15, 13. Dez. 2009 (UTC)

Thomas Karner: Die Vorlesung von Professor Herbert Hrachovec war sehr gut gelungen! Platons Höhlengleichnis hinter der verklärenden Maske des Christentums und zweitausend Jahre später verwoben mit den cineastischen Mitteln Hollywoods präsentiert, hat uns Professor Hrachovec wirklich anschaulich vor Augen geführt. Es zeigt sich uns ja quer durch die Geschichte, dass Menschen, welche geltende und etablierte Weltanschauungen kritisierten und öffentlich in Frage stellten, nicht nur Anfeindungen ausgeliefert waren und sind, sondern in vielen Fällen mit ihrem Leben dafür bezahlten. Etablierte Gesellschaftsformen, vor allem in totalitären Regimen, aber auch die sogenannten zivilisierten westlichen Gesellschaften, funktionieren anscheinend dann am besten, wenn die einzelnen Individuen nicht zu viel über ihre gesellschaftlichen Rollen nachdenken oder diese hinterfragen. Auf der einen Seite wird Weiterbildung auch von führenden Institutionen propagiert, doch zumeist nur Bildung, welche lediglich ökonomischen Interessen dienlich ist. Inwieweit ein aufgeklärter moderner Bürger erwünscht ist, wage ich zu bezweifeln. Dies ist nicht nur in Diktaturen der Fall, sondern auch, wenn auch etwas subtiler, in den westlichen Industrienationen. Die Nostalgiker, kann ich nicht wirklich verstehen. Noch nie in der Geschichte, hatte eine derart breite Masse Zugang zu Universitäten. In früheren Jahrhunderten war dies doch nur das Privileg einer bescheidenen Minderheit und nur wenige die niederen Schichten entstammten, hatte Bildungszugang auf auch nur niedrigem Niveau. Die Problematik ist insofern, wie wir in der Vorlesung gehört haben, dass viele Menschen einfach nicht den Nutzen sehen, sich mit ihrer eigenen persönlichen Entwicklung oder mit der geschichtlich – kulturellen Komponente, welche hinter jedem Einzelnen von uns steht, zu beschäftigen. Vielleicht ist es gar nicht unangebracht den physikalischen Begriff der „Masseträgheit“ zu bemühen, wonach ein ruhender Gegenstand in Ruhe verharren möchte, und es eines beträchtlichen Kraftaufwandes bedarf ihn in Bewegung zu setzen. Ein solcher, sich in Bewegung befindender Gegenstand allerdings, ist es auch, der dann in Bewegung bleiben möchte. Zuletzt möchte ich noch auf die Seegrundstücke eingehen. Ich bin auch der Meinung, dass es in einem Sozialstaat nicht möglich ist dies jedem zu ermöglichen. Bildung, nur ihrer selbst willen, ist nicht für eine breite Masse möglich. Ökonomische Interessen werden immer damit verwoben sein. Es gilt allerdings die weitere Entwicklung genau zu beobachten, dass kommerziell am besten verwertbare Studienrichtungen nicht allein Legitimität besitzen, sondern die wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben wie die Weitergabe von kulturellem und geschichtlichem Wissen einer breiten Masse gegenüber darzulegen.



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