Kartographie des Freiheitsbegriffs (FiK): Unterschied zwischen den Versionen

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(Akteurskausalität: Ergänzung Nagel und Strawson)
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In einer späteren Fassung seiner Theorie greift Dennett auf Richard Dawkins’ Theorie der Meme zurück, welche die kulturellen Entsprechungen der Gene sind. Der Großteil unserer Entscheidungen beruht auf kulturell oder sozial vermittelten Werten bzw. Werten, die innerhalb der Kultur, in der das Individuum lebt, weitergegeben werden. Diese Meme unterliegen genau wie die Gene einem ständigen Selektionsprozess und verbreiten sich entsprechend ihrer Nützlichkeit mehr oder weniger schnell oder sterben aus. Das Ich ist somit ein relativ stabiler Komplex von Memen, ganz ähnlich wie in Minskys Konzeption mit den Agenten. Ihren Ursprung haben die Meme, die zusammengenommen unser „Selbst“ bilden in unserer sozialen und intellektuellen Umgebung. Dadurch verliert das Ich seine Eigenständigkeit und ist nur „Durchlaufstation der Meme“.  
 
In einer späteren Fassung seiner Theorie greift Dennett auf Richard Dawkins’ Theorie der Meme zurück, welche die kulturellen Entsprechungen der Gene sind. Der Großteil unserer Entscheidungen beruht auf kulturell oder sozial vermittelten Werten bzw. Werten, die innerhalb der Kultur, in der das Individuum lebt, weitergegeben werden. Diese Meme unterliegen genau wie die Gene einem ständigen Selektionsprozess und verbreiten sich entsprechend ihrer Nützlichkeit mehr oder weniger schnell oder sterben aus. Das Ich ist somit ein relativ stabiler Komplex von Memen, ganz ähnlich wie in Minskys Konzeption mit den Agenten. Ihren Ursprung haben die Meme, die zusammengenommen unser „Selbst“ bilden in unserer sozialen und intellektuellen Umgebung. Dadurch verliert das Ich seine Eigenständigkeit und ist nur „Durchlaufstation der Meme“.  
  
Diese Position erweitert Dennett 2003 in ''Freedom evolves'', wo er zuerst die Debatte um Freien Willen/Determinismus als überzogen ansieht, weiters jedoch zu zeigen versucht, wie diese Debatte durch eine darwinistische Sicht auf die Willensfreiheit gewinnt.  Freier Wille selbst ist adaptiv, und die Fähigkeit, das Verhalten verschiedenen Situation anzupassen, ein selektioniertes Merkmal. Um dies zu erreichen benötigt man eine größere Anzahl Neuronen, als für "automatisches" Verhalten. Die Fähigkeit sich anzupassen, sagt jedoch nichts über die Notwendigkeit aus, dies zu tun. Wir können also wählen auch nichtangepasst, sogar schlechtangepasst zu handeln, dies innerhalb bestimmter Grenzen. Und über diese Handlung können wir dann reflektieren, ob wir auch anders hätten handeln können. Dennett führt auch aus, dass Determination nicht dasselbe, wie die interessierende Verursachung ist, "...knowing that a system is deterministic tells you nothing about the interesting causation - or lack of causation - among the events that transpire within it..." und weiter, "... the various compromise proposals, the suggestions that determinism is compatible with at least some kinds of free will, are resisted as bad bargains, dangerous subversions of our moral foundations.” Dennoch spricht sich Dennett für diesen Kompatibilismus aus. Gerade aus der für den Menschen, als reflektivem, kommunikativem Tier, erweiterten Einsicht erwächst ''Freiheit'' und dadurch Verantwortung für die Handlungen die er setzt.  
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Diese Position erweitert Dennett 2003 in ''Freedom evolves''( Ergänzungen derzeit nach David P. Barash 2003 unter http://human-nature.com/nibbs/03/dcdennett.html), wo er zuerst die Debatte um Freien Willen/Determinismus als überzogen ansieht, weiters jedoch zu zeigen versucht, wie diese Debatte durch eine darwinistische Sicht auf die Willensfreiheit gewinnt.  Freier Wille selbst ist adaptiv, und die Fähigkeit, das Verhalten verschiedenen Situation anzupassen, ein selektioniertes Merkmal. Um dies zu erreichen benötigt man eine größere Anzahl Neuronen, als für "automatisches" Verhalten. Die Fähigkeit sich anzupassen, sagt jedoch nichts über die Notwendigkeit aus, dies zu tun. Wir können also wählen auch nichtangepasst, sogar schlechtangepasst zu handeln, dies innerhalb bestimmter Grenzen. Und über diese Handlung können wir dann reflektieren, ob wir auch anders hätten handeln können. Dennett führt auch aus, dass Determination nicht dasselbe, wie die interessierende Verursachung ist, "...knowing that a system is deterministic tells you nothing about the interesting causation - or lack of causation - among the events that transpire within it..." und weiter, "... the various compromise proposals, the suggestions that determinism is compatible with at least some kinds of free will, are resisted as bad bargains, dangerous subversions of our moral foundations.” Dennoch spricht sich Dennett für diesen Kompatibilismus aus. Gerade aus der für den Menschen, als reflektivem, kommunikativem Tier, erweiterten Einsicht erwächst ''Freiheit'' und dadurch Verantwortung für die Handlungen die er setzt.  
  
 
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Die Theorien von Dennett und Blackmore sind zwar gut fundiert, allerdings ist fraglich, ob wir Menschen tatsächlich so sehr von externen (kulturellen) Entwicklungen abhängen. Dagegen spricht, dass verschiedene Menschen, in der Regel ganz verschieden auf gleiche intellektuelle oder kulturelle Veränderungen reagieren und auch die relativ große psychische Stabilität, die schwer nachzuvollziehen wäre, wenn das Selbst tatsächlich nichts weiter als der Spielball der Meme wäre. <font color="green"> Diesen Vorwurf kann man Dennett nach 2003 so nicht mehr machen, da er das Selbst nicht als Spielball der Meme, sondern als evolutionär, angepasstes "Verhalten zu..."ansieht" Dieser Pararaph, wäre unter Umständen zu streichen. </font>
 
Die Theorien von Dennett und Blackmore sind zwar gut fundiert, allerdings ist fraglich, ob wir Menschen tatsächlich so sehr von externen (kulturellen) Entwicklungen abhängen. Dagegen spricht, dass verschiedene Menschen, in der Regel ganz verschieden auf gleiche intellektuelle oder kulturelle Veränderungen reagieren und auch die relativ große psychische Stabilität, die schwer nachzuvollziehen wäre, wenn das Selbst tatsächlich nichts weiter als der Spielball der Meme wäre. <font color="green"> Diesen Vorwurf kann man Dennett nach 2003 so nicht mehr machen, da er das Selbst nicht als Spielball der Meme, sondern als evolutionär, angepasstes "Verhalten zu..."ansieht" Dieser Pararaph, wäre unter Umständen zu streichen. </font>
 
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Metzinger sieht mentale Modelle als die Basis unserer Repräsentation der Wirklichkeit an. Er knüpft dabei an die Theorien von Craik und Johnson-Laird (1983) an. Besonders bedeutend sind die Wahrnehmungsmodelle. Sie integrieren Informationen der verschiedenen Sinnesorgane zu einem einheitlichen ganzen Bild und schaffen eine mentale Repräsentation im dreidimensionalen Raum. Mentale Modelle dienen unter anderem dazu, Ereignisse vorauszusehen, d.h. die Wirklichkeit zu simulieren. Dabei werden mitunter verschiedene mentale Modelle hierarchisch ineinander eingebettet. Dadurch entstehen kompliziertere Repräsentationen, die neben den Sinnesmodalitäten auch Vorerfahrungen beinhalten. Das umfassendste Modell ist das Realitätsmodell, das so wichtige Modelle wie das Körpermodell umfasst. Besonders wichtig sind aber auch die Metamodelle, das sind Modelle über Modelle, die zu Bewusstsein gelangen können. Ein Spezialfall davon ist das Selbstmodell, das ein Subjekt von sich selbst entwirft. Dieses ist wie alle anderen auch in das Realitätsmodell eingebettet und sorgt für die Ausrichtung des Individuums in der Realität. Eine generelle Eigenschaft der mentalen Modelle ist, dass sie zwar gewisse Inhalte, nicht aber die Mechanismen ihrer eigenen Entstehung beinhalten. Das hat auf das Selbstmodell bezogen die Folge, dass aus der Perspektive der ersten Person nicht ersichtlich ist, dass es sich lediglich um ein Modell handelt und somit wird das Selbstmodell für das Selbst gehalten. Metzinger bezeichnet das Selbst demgemäß als repräsentationale Fiktion.
 
Metzinger sieht mentale Modelle als die Basis unserer Repräsentation der Wirklichkeit an. Er knüpft dabei an die Theorien von Craik und Johnson-Laird (1983) an. Besonders bedeutend sind die Wahrnehmungsmodelle. Sie integrieren Informationen der verschiedenen Sinnesorgane zu einem einheitlichen ganzen Bild und schaffen eine mentale Repräsentation im dreidimensionalen Raum. Mentale Modelle dienen unter anderem dazu, Ereignisse vorauszusehen, d.h. die Wirklichkeit zu simulieren. Dabei werden mitunter verschiedene mentale Modelle hierarchisch ineinander eingebettet. Dadurch entstehen kompliziertere Repräsentationen, die neben den Sinnesmodalitäten auch Vorerfahrungen beinhalten. Das umfassendste Modell ist das Realitätsmodell, das so wichtige Modelle wie das Körpermodell umfasst. Besonders wichtig sind aber auch die Metamodelle, das sind Modelle über Modelle, die zu Bewusstsein gelangen können. Ein Spezialfall davon ist das Selbstmodell, das ein Subjekt von sich selbst entwirft. Dieses ist wie alle anderen auch in das Realitätsmodell eingebettet und sorgt für die Ausrichtung des Individuums in der Realität. Eine generelle Eigenschaft der mentalen Modelle ist, dass sie zwar gewisse Inhalte, nicht aber die Mechanismen ihrer eigenen Entstehung beinhalten. Das hat auf das Selbstmodell bezogen die Folge, dass aus der Perspektive der ersten Person nicht ersichtlich ist, dass es sich lediglich um ein Modell handelt und somit wird das Selbstmodell für das Selbst gehalten. Metzinger bezeichnet das Selbst demgemäß als repräsentationale Fiktion.

Version vom 9. Mai 2007, 14:07 Uhr

Determiniert, oder ein Leben hinter dem Spiegel

Sind wir in der Hand der Naturgesetze?

Wenn man den Vertretern eines strengen Determinismus glauben schenkt, sind es nicht wir die handeln, sondern es handelt in uns. Daher ist das Gefühl der Willensfreiheit, ein solches wird meistens doch zugestanden, eine Chimäre und was wir als freie Willensentscheidung betrachten, ist bloß eine Illusion. Demnach wären wir Spielfiguren in einem für uns nicht erkennbaren Spiel. Gezogen von Naturgesetzen, die im 20. Jahrhundert an Stelle eines lenkenden Gottes getreten sind, jedoch mit vergleichbaren Attributen. Lewis Carroll setzt in folgender Szene, aus seinem

Buch "Trough the Looking Glass. And What Alice found there", Alice als diese allumfassende und allmächtige Entität. Die "aufgeklärten" Spielfiguren geben erstaunlich naturwissenschaftlich plausible Antworten auf "unerklärliche" Ergeignisse.

Zur Handlung: Alice ist durch den Spiegel in den Raum dahinter gestiegen und sieht sich mit lebenden Schachfiguren konfrontiert. Auf einem Tisch schreit Lily, die Tochter der Weißen Königin, und Alice versucht zu helfen. Wie sich im Verlauf der Szene herausstellt, ist Alice unsichtbar, überdimensional gross und damit "allmächtig", allerdings ist sie für die Spielfiguren nicht wahrnehmbar. Attribute, die man gewöhnlich Gott zuspricht und den Naturgesetzten. Hier die Originalstelle:

"Alice was very anxious to be of use, and, as the poor little Lily was nearly screaming herself into a fit, she hastily picked up the Queen and set her on the table by the side of her noisy little daughter.

The Queen gasped, and sat down: the rapid journey through the air had quite taken away her breath and for a minute or two she could do nothing but hug the little Lily in silence. As soon as she had recovered her breath a little, she called out to the White King, who was sitting sulkily among the ashes, 'Mind the volcano!'

'What volcano?' said the King, looking up anxiously into the fire, as if he thought that was the most likely place to find one.

'Blew--me--up,' panted the Queen, who was still a little out of breath. 'Mind you come up--the regular way--don't get blown up!'

Alice watched the White King as he slowly struggled up from bar to bar, till at last she said, 'Why, you'll be hours and hours getting to the table, at that rate. I'd far better help you, hadn't I?' But the King took no notice of the question: it was quite clear that he could neither hear her nor see her.

So Alice picked him up very gently, and lifted him across more slowly than she had lifted the Queen, that she mightn't take his breath away: but, before she put him on the table, she thought she might as well dust him a little, he was so covered with ashes.

The King was saying, 'I assure, you my dear, I turned cold to the very ends of my whiskers!'

To which the Queen replied, 'You haven't got any whiskers.'

'The horror of that moment,' the King went on, 'I shall never, NEVER forget!'

'You will, though,' the Queen said, 'if you don't make a memorandum of it.'

Alice looked on with great interest as the King took an enormous memorandum-book out of his pocket, and began writing. A sudden thought struck her, and she took hold of the end of the pencil, which came some way over his shoulder, and began writing for him.

The poor King looked puzzled and unhappy, and struggled with the pencil for some time without saying anything; but Alice was too strong for him, and at last he panted out, 'My dear! I really MUST get a thinner pencil. I can't manage this one a bit; it writes all manner of things that I don't intend--'

'What manner of things?' said the Queen, looking over the book (in which Alice had put 'THE WHITE KNIGHT IS SLIDING DOWN THE POKER. HE BALANCES VERY BADLY') 'That's not a memorandum of YOUR feelings!'"

Der kategoriale Denkfehler liegt in der Annahme, dass der "Determinist" die Position außerhalb des Spiegel einnehmen und auf die "Indeterminierten" hinter dem Spiegel blicken könnte. Der scheinbar wissenschaftliche Skeptiszismus dem "Freien Willen" gegenüber entpuppt sich daher als strenger Fatalismus mit einer gehörigen Portion Metaphysik. Der Illusion eines "Freien Willens" begegnen sie mit der Illusion, das derjenige, der zuerst "Illusion" behauptet recht behält.

Für die weitere Erörterung folgen verschiedenen Position zur Willensfreiheit, sowie eine Erläuterung häufiger Begriffe in der Debatte.

Selbst, Selbstbewusstsein, Subjektivität

nach Michael Pauen: Grundprobleme der Philosophie des Geistes, Eine Einführung,³2002. III. Subjektivität und Willensfreiheit, Seite 236-297

Selbst in der einschlägigen wissenschaftlichen Diskussion werden Kernbegriffe oft unterschiedlich gebraucht, daher vorweg eine kurze Vorklärung der mit dem Begriff Subjektivität im Zusammenhang stehender Begriffe. Fürderhin soll der Begriff Subjektivität als Oberbegriff für alle jene Begriffe dienen, welche das Selbst und das Selbstbewusstsein betreffen. Es „umfasst also einzelne Akte des Selbstbewusstseins ebenso wie ein über einen gewissen Zeitraum stabiles Selbst oder Selbstkonzept.“ Ein Akt des Selbstbewusstseins ist zu verstehen als eine Bezugnahme eines Individuums auf seine eigenen geistigen oder körperlichen Vorgänge. Dabei ist das Bewusstsein des Individuums, sich auf sich selbst und nicht etwa auf etwas anderes zu beziehen wesentlich. Eine diffuse Vorstellung von Empfindungen ist also nicht ausreichend; der eigene Zustand muss vielmehr auch als eigener erkannt werden. Beispiele für Akte des Selbstbewusstseins sind die Erinnerung an einen eigenen Schmerz, die Irritation über die eigene Ungeduld oder auch die Selbstvergewisserung bezüglich einer eigenen Überzeugung. Wird bei einer solchen reflexiven Bezugnahme Wissen über sich selbst erworben, so spricht man von Selbsterkenntnis. „Die Gesamtheit von zeitlich stabilen Selbstzuschreibungen, die von solchen momentanen Akten des Selbstbewusstseins oder der Selbsterkenntnis herrühren“ bezeichnet Pauen als Selbst, Selbstkonzept oder empirisches Ich. So kann beispielsweise Nervosität, wenn sie in verschiedenen Situationen immer wieder (und in Abgrenzung zu anderen) erlebt wird, ein Bestandteil des Selbstkonzeptes sein. Beim Selbstkonzept handelt es sich also um einen ganzen Komplex von Merkmalen, den sich die betreffende Person selbst zuschreibt. Soviel zur begrifflichen Konvention – damit ist noch keine Aussage getroffen, ob ein solches Objekt wie das Selbst überhaupt existiert.

Selbstbewusstsein

  • basiert auf dem direkten Zugang eines intelligenten, bewusstseinsfähigen Wesens oder Systems zu seinen eigenen mentalen Zuständen (1)
  • setzt voraus (2)
    • a) die Fähigkeit, die eigenen Zuständen de facto von fremden zu unterscheiden und die eigenen als eigene zu erkennen
    • b) langfristige stabile Selbstzuschreibungen bestimmter Eigenschaften (Selbstkonzept)

Historisch hat die Ansicht vom Ich als einem kohärenten Gebilde im Leben der Menschen eine große Rolle gespielt. Gefördert wurde diese Vorstellung von den meisten Weltreligionen, jedenfalls von der Mehrheit der westlichen. Dabei wurde das Selbst oder die Seele zunächst als etwas Materielles gesehen, das etwa beim Austritt aus dem Körper als „besonders feine Materie“ beobachtet werden könnte. Diese Auffassung wurde später zugunsten einer dualistischen aufgegeben, wobei das Selbst nunmehr als lediglich dem Denken, nicht aber der physischen Welt zugänglich gedacht wurde. In beiden Fällen handelt es sich um eine Vorstellung und zwar um eine Vorstellung, die sich selbst zum Gegenstand hat. Diese Vorstellung kommt erst durch die reflexive Selbstzuschreibung zustande. Das Selbstbewusstsein ist hierbei ein Spezialfall des Bewusstseins von etwas anderem. Soweit die Tradition. Moderne Auffassungen sind diesem Standpunkt gegenüber in der Regel sehr skeptisch eingestellt. Kritisiert wurden (und werden) nicht nur einzelne Aspekte der Konzeption, sondern auch und vor allem die Konzeption von einem Ich selbst. Namhafte moderne Wissenschafter und Philosophen weisen darauf hin, dass das Konzept vom Ich eine bloße Fiktion sei und dass es ein Objekt mit den oben umrissenen Eigenschaften in der objektiven Realität nicht geben kann bzw. muss. Im Lichte dieser durchaus berechtigten Kritik an der traditionellen Auffassung kann das Ich entweder ganz verworfen werden oder es kann eine Neukonzeption versucht werden. Die Unterscheidung der verschiedenen Standpunkte ist allerdings nicht so einfach und geht insbesondere weit über die Diskussion von Grundpositionen in der Gehirn-Bewusstseins-Debatte hinaus. „Tatsächlich stellt das Verhältnis von psychischen und physischen Prozessen nur einen Aspekt des Problems der Subjektivität dar. Hinzu kommen noch Fragen nach Status und Voraussetzungen von Selbsterkenntnis und Selbstzuschreibung sowie empirische Erkenntnisse über die Entstehung des Selbstbewusstseins und der ihm zugrunde liegenden Eigenschaften und Fähigkeiten.“ Diese Erklärung wird nicht von allen geteilt.

Skeptische Positionen

skeptische Positionen

Bedeutende Vertreter: Kenny (1988), Marvin Minsky (1988/1990), Daniel Dennett (1991; neuere Beiträge aus 2003, welche gesondert erläutert werden). Sie meinen, das Ich, als selbständige Entität, sei eine bloße Fiktion, die zwar denkökonomische Vorteile bringt und daher unter pragmatischen Gesichtspunkten berechtigt ist, aber dem strengen Auge des Wissenschafters nicht standzuhalten vermag. Die vermeintliche Einheit des Ich gliedere sich auf in „eine nicht mehr integrierbare Vielfalt unterschiedlicher Motive, Handlungstendenzen und Charakterzüge […]“

Minsky

Minsky kritisiert wie schon angedeutet die Vorstellung eines einheitlichen (monolithischen) Ichs und spricht stattdessen von einer SOCIETY OF MIND. Damit meint er eine Vielzahl unterschiedlicher und weitgehend unabhängiger Agenten, die auch unterschiedliche Erfahrungen machen können und obwohl sie mehr oder minder gut zusammenarbeiten meist nicht mehr von einander wissen, als „Leute, die Wand an Wand wohnen“. Auch bestreitet Minsky, wir hätten einen direkten Zugang zu unseren eigenen mentalen Zuständen. Dieser Zugang ist vielmehr vermittelt durch eine Reihe vorgeschalteter Prozesse, derer wir uns meist nicht bewusst sind. Wir entwickeln Theorien über uns selbst in ähnlicher Weise wie wir Theorien über die Welt entwickeln und versuchen uns diese sogar durch „Experimente“ zu bestätigen. Das Bewusstsein, welches dem Ich zugänglich ist, bildet nur die Spitze des Eisberges und nach Minsky ist das auch gut so, weil wir nur dadurch unsere Aufmerksamkeit der äußeren Welt zuwenden können ohne uns selbst zu blockieren. Unser subjektives Gefühl von der Einheit des Ichs rührt lediglich von unserer Unkenntnisse der im Verborgenen ablaufenden Prozesse her. Es gibt kein Ich, sondern nur die Vielfalt der unterschiedlichen Agenten, die miteinander im Widerstreit liegen und Koalitionen bilden können. Die Gesamtheit dieser Agenten bildet ein einigermaßen kohärentes Bild, das wir Ich nennen.

Dennett

Dennett greift Minskys Argumentation auf und führt sie weiter. Auch er nimmt an, dass scheinbar direkte Wahrnehmungen auf komplexen internen Verarbeitungsmechanismen und Hypothesenbildungen beruhen, die auch keineswegs fehlerfrei sind. Dabei kann ein und dieselbe Situation mit verschiedenen Interpretationen versehen werden, ohne dass dem Ich dies bewusst würde. Stets wird die jeweils letzte Interpretation an Stelle der vorangegangenen gesetzt und diese vergessen. Damit, folgert Dennett, ist die Richtigkeit unserer Selbstzuschreibungen schwer in Zweifel gezogen und es kann sicherlich nicht mehr von dem in der Tradition postulierten privilegierten Zugang zu unseren eigenen mentalen Zuständen gesprochen werden. In Dennetts Theorie ist für ein Selbst kein Platz mehr. Es handelt sich um eine Fiktion zweiter Ordnung, denn das Selbst ist das fiktive Zentrum jener Interpretationen, die ihrerseits wieder auf der Fiktion der Unmittelbarkeit beruhen. Das Selbst ist nichts anderes als ein Modell jenes Komplexes, der uns ausmacht (Körper, Wahrnehmungen, Selbstzuschreibungen, usw.), ein Modell allerdings, das großen praktischen Wert hat, weil es auf alle anderen Modelle Einfluss ausübt. Nach Dennetts Interpretation von Libets Experimenten kommt dem Ich nicht die letzte Entscheidungsinstanz zu, sondern es schaltet sich erst ein, wenn die Entscheidung durch vorbewusste Prozesse schon längst gefallen ist. In einer späteren Fassung seiner Theorie greift Dennett auf Richard Dawkins’ Theorie der Meme zurück, welche die kulturellen Entsprechungen der Gene sind. Der Großteil unserer Entscheidungen beruht auf kulturell oder sozial vermittelten Werten bzw. Werten, die innerhalb der Kultur, in der das Individuum lebt, weitergegeben werden. Diese Meme unterliegen genau wie die Gene einem ständigen Selektionsprozess und verbreiten sich entsprechend ihrer Nützlichkeit mehr oder weniger schnell oder sterben aus. Das Ich ist somit ein relativ stabiler Komplex von Memen, ganz ähnlich wie in Minskys Konzeption mit den Agenten. Ihren Ursprung haben die Meme, die zusammengenommen unser „Selbst“ bilden in unserer sozialen und intellektuellen Umgebung. Dadurch verliert das Ich seine Eigenständigkeit und ist nur „Durchlaufstation der Meme“.

Diese Position erweitert Dennett 2003 in Freedom evolves( Ergänzungen derzeit nach David P. Barash 2003 unter http://human-nature.com/nibbs/03/dcdennett.html), wo er zuerst die Debatte um Freien Willen/Determinismus als überzogen ansieht, weiters jedoch zu zeigen versucht, wie diese Debatte durch eine darwinistische Sicht auf die Willensfreiheit gewinnt. Freier Wille selbst ist adaptiv, und die Fähigkeit, das Verhalten verschiedenen Situation anzupassen, ein selektioniertes Merkmal. Um dies zu erreichen benötigt man eine größere Anzahl Neuronen, als für "automatisches" Verhalten. Die Fähigkeit sich anzupassen, sagt jedoch nichts über die Notwendigkeit aus, dies zu tun. Wir können also wählen auch nichtangepasst, sogar schlechtangepasst zu handeln, dies innerhalb bestimmter Grenzen. Und über diese Handlung können wir dann reflektieren, ob wir auch anders hätten handeln können. Dennett führt auch aus, dass Determination nicht dasselbe, wie die interessierende Verursachung ist, "...knowing that a system is deterministic tells you nothing about the interesting causation - or lack of causation - among the events that transpire within it..." und weiter, "... the various compromise proposals, the suggestions that determinism is compatible with at least some kinds of free will, are resisted as bad bargains, dangerous subversions of our moral foundations.” Dennoch spricht sich Dennett für diesen Kompatibilismus aus. Gerade aus der für den Menschen, als reflektivem, kommunikativem Tier, erweiterten Einsicht erwächst Freiheit und dadurch Verantwortung für die Handlungen die er setzt.


Metzinger

Metzinger sieht mentale Modelle als die Basis unserer Repräsentation der Wirklichkeit an. Er knüpft dabei an die Theorien von Craik und Johnson-Laird (1983) an. Besonders bedeutend sind die Wahrnehmungsmodelle. Sie integrieren Informationen der verschiedenen Sinnesorgane zu einem einheitlichen ganzen Bild und schaffen eine mentale Repräsentation im dreidimensionalen Raum. Mentale Modelle dienen unter anderem dazu, Ereignisse vorauszusehen, d.h. die Wirklichkeit zu simulieren. Dabei werden mitunter verschiedene mentale Modelle hierarchisch ineinander eingebettet. Dadurch entstehen kompliziertere Repräsentationen, die neben den Sinnesmodalitäten auch Vorerfahrungen beinhalten. Das umfassendste Modell ist das Realitätsmodell, das so wichtige Modelle wie das Körpermodell umfasst. Besonders wichtig sind aber auch die Metamodelle, das sind Modelle über Modelle, die zu Bewusstsein gelangen können. Ein Spezialfall davon ist das Selbstmodell, das ein Subjekt von sich selbst entwirft. Dieses ist wie alle anderen auch in das Realitätsmodell eingebettet und sorgt für die Ausrichtung des Individuums in der Realität. Eine generelle Eigenschaft der mentalen Modelle ist, dass sie zwar gewisse Inhalte, nicht aber die Mechanismen ihrer eigenen Entstehung beinhalten. Das hat auf das Selbstmodell bezogen die Folge, dass aus der Perspektive der ersten Person nicht ersichtlich ist, dass es sich lediglich um ein Modell handelt und somit wird das Selbstmodell für das Selbst gehalten. Metzinger bezeichnet das Selbst demgemäß als repräsentationale Fiktion.

Zusammenfassung

Vertreter skeptischer Positionen halten die Vorstellung von einem monolithischen, substanziellen Selbst für eine Illusion.Ihrer Ansicht nach liegen dem fertigen kohärenten Bild, das unserem Bewusstsein zugänglich ist viele unbewusste vorgeschaltete Prozesse zugrunde. Diese Prozesse stammen in der Regel nicht aus einer einheitlichen Quelle, sondern widersprechen sich oft genug. Das Selbst wäre dann das Ergebnis der widerstreitenden und Koalitionen bildenden unbewussten „Agenten“ – der Ausdruck stammt von Minsky. Dennett sieht das Ich sehr stark durch die kulturelle und soziale Situation bedingt, in der wir leben. Metzinger spricht von mentalen Modellen und greift seinerseits auf Arbeiten von Johnson-Laird zurück. Die Einwände die diese Denker bringen sind der Sache nach durchaus berechtigt und stürzen die traditionelle Vorstellung vom Selbst, als selbständige Entität, in eine tiefe Krise. Die Kritik richtet dagegen, dass es ein Objekt mit den Eigenschaften, die dem Selbst klassischerweise zugesprochen werden, in der Welt nicht geben kann.

Neuere Konzeptionen

Heidelberger Schule

Henrich und Frank, zwei Vertreter der Heidelberger Schule stoßen in ein anderes Horn. Ihnen zufolge ist die Konzeption des Selbst durch Selbstzuschreibungen in sich widersprüchlich. Um zu erkennen, dass ein Betrachtetes mit dem Betrachteten übereinstimmt bedarf es immer schon eines zumindest rudimentären Selbstbildes, welches aber über die Selbstzuschreibung erst hergestellt gedacht wird. Um das Problem aus dem Weg zu räumen führen Henrich und Frank den Begriff eines präreflexiven Selbst ein. Dieses besteht erstens in der ursprünglichen und unmittelbaren Vertrautheit eines Ich mit sich selbst. Es ist zweitens nicht durch Wissen vermittelt und basiert drittens weder auf Kriterien noch auf einer Beziehung zu etwas anderem.

Präreflexives Bewusstsein

  • (1) besteht in der ursprünglichen und unmittelbaren Vertrautheit eines Ich mit sich selbst
  • (2)a) ist nicht durch Wissen vermittelt
    • b) basiert nicht auf Kriterien
    • c) beruht nicht auf einer Beziehung von etwas zu etwas anderem

Tugendhat

Tugendhat etwa versucht überhaupt vom Begriff des Selbst als einem Substantiv abzusehen. Er weist darauf hin, dass es sich, wenn immer im Alltag vom Selbst oder vom Ich die Rede ist, in Wirklichkeit um ein Personalpronomen handelt. Es geht darum, Aussagen über sich selbst zu machen und diese der Umwelt mitzuteilen. Nun ist aber die Beziehung des handelnden Subjekts zu seinen eigenen Zuständen stets eine unmittelbare. Da das Selbst bei Tugendhat nicht explizit als eigenständiger psychischer Komplex auftritt, gerät er nicht in die Verlegenheit ein präreflexives Selbst postulieren zu müssen.

Darüber, dass das empfindende Individuum die eigenen Zustände de facto als eigene erkennt, besteht zumindest bei nicht-pathologischen Fällen kein Zweifel. Gleichwohl gibt es bestimmte Erkrankung des Gehirns, wo diese automatische Selbstzuschreibung der Zustände nicht funktioniert was wiederum auf die Komplexität der das Selbst konstituierenden inneren Zustände hinweist und damit ein weiteres Indiz gegen die klassische Auffassung liefert. Eine solche automatische Selbstzuschreibung ist ihrem Wesen nach allerdings höchst undifferenziert. Um eine klare (sprachliche) Vorstellung der eigenen Zustände zu finden, reicht das ursprüngliche Gefühl bei komplexeren psychischen Phänomenen nicht aus. Es bedarf einer Grenze, einer Unterscheidung zu den Zuständen anderer. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Fähigkeit zu erlangen, die Zustände anderer Individuen zu verstehen, um sie von den eigenen abzugrenzen. Erst durch diese Abgrenzung kann ein kohärentes Selbstbild entstehen. Auf welche Weise lernen wir Menschen nun Fremdzuschreibungen zu machen und wie steht es tatsächlich mit deren Einfluss auf die Entstehung des Selbstbewusstseins?

Alternativkonzeption

Eine Idee einer Alternativkonzeption, die Pauen vorschlägt bedarf dreier Bedingungen. Zunächst muss das Individuum lernen, diejenigen Lebewesen auszumachen, denen in sinnvoller Weise mentale Zustände zugeordnet werden können. Danach muss die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel erworben werden, d.h. das Kind muss lernen, dass andere Menschen andere Erfahrungen und Wahrnehmungen machen können als es selbst (, selbst wenn sie sich im selben Raum befinden). Dazu bedarf es implizit immer eine Theorie über die mentalen Zustände anderer Personen, also einer regelrechten THEORY OF MIND. Der Erwerb dieser Fähigkeit setzt einen komplizierten Lernprozess voraus. Dieser Lernprozess setzt ganz automatisch ein, da wir im Alltag einer Fülle von Situationen begegnen, in denen wir ohne die Möglichkeit zum Perspektivenwechsel gar nicht adäquat reagieren könnten. Zum Selbstbewusstsein im oben dargestellten engeren Sinn gehört ferner das Bestehen eines längerfristigen stabilen Selbstkonzeptes, das die Selbstzuschreibung dauerhaft wirksamer Dispositionen und Eigenschaften einschließt. Für die Entstehung eines derartigen Selbstbewusstseins ist die Unterscheidung von Selbst- und Fremdperspektive höchst bedeutsam. Erst durch den Vergleich mit anderen erkennt man ja bestimmte Eigenschaften als für einen selbst charakteristisch. Erlebt man sich etwa ständig als ungeduldiger als die Personen seiner Umwelt, so liegt es nahe, die Ungeduld als ein charakteristisches Merkmal der eigenen Person aufzufassen und somit in sein Selbstkonzept aufzunehmen. Demnach korreliert die Vielfalt der Beziehungssysteme mit der Differenziertheit des Selbstkonzeptes, denn so kann nach vielen Dimensionen hin Selbst- und Fremdperspektive verglichen werden. Durch die vorgestellte, hier nur grob skizzierte Idee, wird der Ansatz Tugendhats vertieft, indem die Rolle der Fremdperspektive gebührend berücksichtigt wird. In diesem Modell ist weiters das von der Heidelberger Schule postulierte präreflexive Selbst keine unabdingbare Voraussetzung, da die Unterscheidung zwischen Fremd- und Selbstperspektive ohne weiteres auch ohne eine Bezugnahme auf ein solches möglich ist, wenngleich damit nicht gesagt ist, dass es nicht so eine Art „präreflexives Selbst“ gibt. Darüber hinaus beruht das Modell auf einer Reihe relativ einfacher, aufeinander aufbauender Fähigkeiten. Diese Einfachheit der Bestandteile macht eine empirische Kontrolle der vom Modell gemachten Prognosen möglich. Der obigen Argumentation folgend postuliert die Theorie also: Menschliche Individuen müssen zunächst lernen, zwischen Lebewesen und unbelebten Objekten zu unterscheiden. Danach müssen sie ihre Fähigkeit zur Übernahme der Perspektive anderer ausbilden. Erst wenn dies vollzogen ist dürfen Indizien dafür vorhanden sein, dass sie über Selbstbewusstsein verfügen. Vergleichen wir diese Voraussagen also mit den tatsächlichen Gegebenheiten.

Empirische Erkenntnis

Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Daten, die diese Erwartungen bestätigen. Kinder lernen bereits im Alter von zwei bis drei Monaten Lebewesen und insbesondere Menschen von leblosen Objekten zu unterscheiden. Damit erfüllen sie die erste Bedingung. Schon im Alter von etwa fünf Monaten erweitert sich diese Fähigkeiten und der Säugling entwickelt eine Reihe von Fähigkeiten, die für die Übernahme der Fremdperspektive bedeutsam sind. Kinder dieses Alters erwarten, dass sich Personen im Gegensatz zu Maschinen auf Bewegungen einstellen und reagieren mit Verwunderung, wenn eine Person wiederholt diese Bewegung ignoriert, welche nicht auftritt, wenn es sich beispielsweise um einen mechanischen Greifarm handelt.

Ungefähr zwischen sechs Wochen und vier Monaten beginnen Babys, einen fröhlichen von einem neutralen oder ärgerlichen Geschichtsausdruck zu unterscheiden. Sie achten bevorzugt auf fröhliche Gesichter, differenzieren aber vorerst nicht weiter. Vom vierten Monat an erkennen sie Zusammenhänge zwischen Stimme und Gesichtsausdruck hinsichtlich der emotionalen Färbung und reagieren dementsprechend (EMOTIONALE RESONANZ). Mit neun Monaten berücksichtigen sie den Gesichtsausdruck eines Erwachsenen im Urteil, ob eine Situation gefährlich ist oder nicht (SOCIAL REFERENCING). In genau diesem Alter, also mit neun Monaten, beginnen Kinder nach Tomasello andere Personen als intentionale Wesen mit eigenen Gefühlen und Gedanken zu erkennen. Auf diese Weise entwickeln sie ein grundlegendes Verständnis für den Unterschied zwischen eigener Perspektive und der Perspektive anderer. Mit zwölf Monaten beginnen Kinder dann, sich selbst als aktiv Handelnde von anderen zu unterscheiden und begreifen damit, dass sie selbst nach gewissen Grenzen Bewegungen im Raum bewirken können. Damit ist auch die zweite Bedingung erfüllt. Für eine empirische Bekräftigung der Theorie ist es nötig, dass Kinder zu diesem Zeitpunkt noch über kein entwickeltes Selbstbewusstsein verfügen und wirklich sind Indizien dafür erst im Alter von etwa 15 Monaten erkennbar, so zum Beispiel beim ROUGE-TEST, den Kinder i.A. erst mit diesem Alter bestehen. Dabei wird den Kindern ein auffälliger roter Punkt auf die Nase gemalt und sie werden vor einen Spiegel gesetzt. Greift das Kind auf die eigene Nase anstatt auf den roten Punkt im Spiegel so wird das als Hinweis darauf gesehen, dass das Kind das „andere“ Kind im Spiegel als sich selbst erkennt und somit über ein Selbstkonzept verfügt. Im Alter von 18 bis 20 Monaten lernen Kinder dann den Gebrauch des Ausdrucks "Ich".

Im Alter von zwei Jahren häufen sich schließlich die Hinweise, dass Kinder ein längerfristig stabiles Selbstkonzept auszubilden beginnen und damit die dritte Bedingung erfüllen. Sie können sich ein Geschlecht zuordnen, auch wenn die Zuordnung vorerst nur auf äußere Merkmale wie Kleidung beschränkt bleibt. Mit drei Jahren können sie sich dann in der Regel mit weiteren Eigenschaften wie Größe, Alter, Haarfarbe, Augenfarbe, usw. charakterisieren und können ihre Gefühle korrekt mitteilen. Außerdem können sie sich auf zukünftige oder vergangene Gefühlszustände beziehen. Sie kennen Ursache und Wirkung solcher Gefühlszustände und reagieren explizit auf die emotionalen Zustände anderer. Die starke Erweiterung, die die THEORY OF MIND der Kinder in diesem Alter bereits erreicht hat, zeigt sich auch daran, dass sie ihre Stimme verändern, wenn sie mit Babys sprechen oder auch beim Lügen, wobei das Kind versucht, offensichtliche Überlegungen der angelogenen Person vorwegzunehmen, um rechtzeitig darauf gefasst zu sein. Das kritische Alter für diese Art von Leistungen ist drei Jahre. Davor haben Kinder noch massive Probleme mit der Unterscheidung von Fremd- und Selbstzuschreibungen, insbesondere mit der Zuschreibung von Überzeugungen und Glaubenszuständen (vgl. WIMMER, PERNER und GOPNIK). Sie haben offenbar noch keine klare Konzeption des Unterschieds zwischen eigenen Überzeugungen und den Meinungen Dritter bzw. der objektiven Realität. Ist die Fähigkeit dazu aber einmal vorhanden, so gewinnen die Kinder Zugang zu einem weiteren wichtigen Aspekt des Selbstbewusstseins, nämlich der Fähigkeit, sich selbst und anderen Meinungen zuzuschreiben. Es zeigt sich, dass sich die Merkmale der eigenen Person umso klarer herauskristallisieren, je genauer die Kenntnis über die Besonderheiten anderer sind. Dies alles entspricht den Kernthesen obigen Modells: Selbstbewusstsein und Selbstkonzept entstehen über verschiedene Stufen hinweg in der Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt. Besondere Bedeutung besitzt dabei die Unterscheidung zwischen eigenen und fremden Perspektiven, Intentionen und Charaktermerkmalen. Dazu passt, dass Kleinkinder mit einem weit entwickelten Sozialverhalten nicht nur ein besseres Verständnis über die Rolle Dritter zeigen, sondern auch ein weiter entwickeltes Selbstkonzept. Festzuhalten bleibt: Die Befürchtung, die Erforschung der neuronalen Grundlagen des Bewusstseins MÜSSE früher oder später zu der Erkenntnis führen, dass Selbstbewusstsein eine bloße Illusion ist, ist zumindest nach diesem Modell unbegründet.

Willensfreiheit

Noch schwieriger als das Problem der Subjektivität scheint das Problem der Willensfreiheit zu sein. Für den Monisten? sind seine Handlungen und Gedanken an sein Gehirn und damit an Naturgesetze geknüpft. Diese determinieren dann sein Verhalten vollständig, bzw. wenn man wie die moderne Physik annimmt, dass die Naturgesetze nur innerhalb gewisser Wahrscheinlichkeiten gelten, so bleibt ein Spielraum für Zufälle. Jedenfalls kann es unter diesen Umständen keine freien intentionalen Handlungen geben, denn das würde bedeuten, dass man selbst auch anders hätte handeln können und nicht bloß, dass die Ereignisse zufällig auch anders hätten ausfallen können.

Begriffliches

Was ist überhaupt gemeint, wenn man von Freiheit spricht? Eine einheitliche Antwort gibt es nicht, daher sollen zunächst einmal einige wichtige Begriffe festgelegt werden.

Nach genauerer Überlegung stellt sich heraus, dass für den Freiheitsbegriff vor Allem zwei Grundsätze bedeutsam sind. Dies sind das Autonomieprinzip und das Urheberprinzip. Unter dem Autonomieprinzip versteht man grob (wird an späterer Stelle noch genauer diskutiert) die Autonomie des handelnden Individuums, also dass die Handlung nicht von externen Determinanten bestimmt ist. Das Urheberprinzip besagt, dass es möglich sein muss, die Handlung auf ein handelndes Subjekt zurückzuführen. Das Autonomieprinzip grenzt Freiheit gegen äußeren Zwang ab, während das Urheberprinzip sie gegen bloßen Zufall abgrenzt. Beiden Prinzipien gerecht wird die Konzeption von Freiheit als SELBSTBESTIMMUNG DES HANDELNDEN INDIVIDUUMS.

Handlungsfreiheit und Willensfreiheit

MAn unterscheidet zwischen Handlungs- und Willensfreiheit, wobei die Willensfreiheit weiterreichend ist und einen anderen logischen Typ einnimmt. Die Handlungsfreiheit ist (vgl. Philosophen wie Locke, Hobbes, Hume, Schlick) dann gegeben, wenn es der Person möglich ist, so zu handeln, wie es ihrem Willen entspricht. Dabei ist der Urheber das wollende Subjekt und die Autonomie ist durch die Unabhängigkeit von äußeren Determinanten gewährleistet. Eine bereits ausgeführte Handlung war dann frei, wenn sie auch hätte unterlassen werden können, wenn ein anderer Wille bestanden hätte.

Ein typisches Beispiel für eine eingeschränkte Handlungsfreiheit wäre der Gefangene, der seinen Willen die Zelle zu verlassen auf Grund von physischen Zwängen (den Gitterstäben) nicht realisieren kann. Für die Handlungsfreiheit ist nicht essentiell, ob überhaupt ein entsprechender Willensakt stattgefunden hat. Der Gefangene ist auch dann in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt, wenn er gar nicht den Wunsch hat, das Gefängnis zu verlassen, weil er es eben nicht könnte, selbst wenn er wollte. Unerheblich für das Konzept der Handlungsfreiheit ist, ob die Willensentscheidung selbst frei war, denn die Übereinstimmung von Wille und Handlung liefert ja gerade erst das Kriterium für (Handlungs-)Freiheit. Die Frage, ob der Willensentscheid frei war ist daher innerhalb dieses Paradigmas unerheblich.

Außerhalb der engen Grenzen dieses Paradigmas kann die Frage nach der Willensfreiheit aber durchaus Sinn machen. Dann ist die Autonomie des Handelnden eben nicht nur durch äußere Determinanten gefährdet, sondern auch durch innere psychische Zwänge. Es geht also nicht primär um die Übereinstimmung von Wille und Handlung wie bei der Handlungsfreiheit. Man denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an die verschiedenen Formen von neurotischen Zwangshandlungen als ein extremes Beispiel dafür, wie das Individuum durch innerpsychische Zwänge in seiner Handlungsautonomie eingeschränkt sein kann. Willensfreiheit ist dann gegeben, wenn die Person autonom über die eigenen Willensakte entscheiden kann. Eine bereits vollzogene Handlung ist mit der Willensfreiheit vereinbar, wenn man auch anders gewollt haben könnte..

Innere Zwänge können zufällig entstehen oder durch beabsichtigte Manipulation von außen herbeigeführt sein. Ersichtlich ist das Konzept der Willensfreiheit ein anderes, als das der Handlungsfreiheit. Damit ist gemeint, dass das Autonomiepostulat strenger gefasst ist, weil nicht nur äußere Determinanten berücksichtigt werden. Die Idee dahinter ist, dass die Verantwortung für ein Ereignis nicht am Ende sondern am Anfang der Kausalkette steht. Verantwortlich für den Mord ist etwa nicht die Kugel, sondern die bewusste Entscheidung des Mörders abzudrücken. Für seine Strafmündigkeit entscheidend ist dabei klarerweise, ob er auch anders hätte wollen können, was uns zum Prinzip der alternativen Möglichkeiten führt.

Das Prinzip der alternativen Möglichkeiten

Das Konzept stammt von Harry Frankfurt aus dem Jahre 1969 und beruht auf Überlegungen von G.E. Moore. Frei ist eine Handlung dann, wenn unter sonst identischen inneren und äußeren Umständen auch eine alternative Wahl getroffen werden konnte. Diese Möglichkeit muss zumindest an einer Stelle des Entscheidungsprozesses bestanden haben. Behindert wird diese Fähigkeit zu alternativen Möglichkeiten nicht nur durch innere, psychische Zwänge, sondern auch durch erlernte Verhaltensweisen, Überzeugungen und Charaktermerkmale. Jeder dieser Umstände ist für sich allein genommen möglicherweise nicht stark genug, um keine andere Alternative zuzulassen, zusammengenommen können sie das aber sehr wohl sein. Treibt man diesen Gedanken auf die Spitze, wie etwa Schopenhauer es getan hat, dann sieht es für die Freiheit in der Tat schlecht aus. Die Handlung darf nur regellos aus den Bedingungen hervorgegangen sein und die Wahl zwischen zwei diametral entgegengesetzten Optionen muss gleich (un-)möglich sein.

Einstein über Willensfreiheit. Audio einfügen?

Determinismus

Unter (strengem) Determinismus versteht man die Vorstellung, dass alle Ereignisse auf Komplexe von Ursachen zurückführbar sind, aus denen nach den Naturgesetzen notwendig das jeweilige Ereignis folgt. Es handelt sich also gerade um den Laplaceschen Dämon: Aus der Kenntnis aller Zustände im Universum zu einem bestimmten Zeitpunkt und der vollständigen Kenntnis der Naturgesetze lassen sich alle Zustände zu allen Zeiten extrapolieren – zumindest theoretisch. Sollte das zutreffen, so ist es sehr fraglich ob dann noch Platz für Willensfreiheit ist.

Kompatibilismus und Inkompatibilismus

Verfechter des Inkompatibilismus behaupten genau das, nämlich dass in einer determinierten Welt kein Platz für Willensfreiheit sei. Ihrer Ansicht nach sind Determinismus und Willensfreiheit inkompatibel während sie für die Verfechter des Kompatibilismus durchaus vereinbar (kompatibel) sind. Für Kompatibilisten sind also freie Handlungen auch in einer durchgängig bestimmten Welt denkbar. Schauen wir uns dazu einige kompatibilistische Positionen an:

Kompatibilistische Ansätze

Konditionalanalyse: G. E. Moore

Moore weist auf die Mehrdeutigkeit des Wortes „können“ hin. Diese Mehrdeutigkeit kommt etwa zum Ausdruck, wenn man die beiden Sätze „Ich hätte heute zwei Kilometer in einer halben Stunde gehen können.“ und „Ich hätte heute zwei Kilometer in drei Minuten laufen können.“ Der erste Satz drückt eine Alternative zu dem aus, was tatsächlich an diesem Tag getan worden ist. Wenn man gewollt hätte, hätte man das tun können. Beim zweiten Satz verhält es sich anders. Dieses „können“ übersteigt die Leistungsfähigkeit des menschlichen Körpers und ist daher auf Grund der Unmöglichkeit der Aussage keine wirkliche Alternative. Moore übersetzt das „Ich hätte anders handeln können“ aus dem Prinzip der alternativen Möglichkeiten mit „Ich hätte anders handeln können, wenn ich mich anders entschieden hätte“. Das ist genau die Struktur die auch im ersten Satz auftritt. Moore glaubt damit, die tiefe Kluft zwischen Determinismus und Willensfreiheit überwunden zu haben. Zwar hätte ich nicht anders handeln können, es war durch vorangegangenen Ereignisse bestimmt, aber ich HÄTTE anders handeln können, HÄTTE ich mich anders entschieden. Dies klingt zunächst einmal recht vernünftig und es scheint, als wäre Moore das Kunststück gelungen, den Determinismus in einer zudem sehr strengen Variante mit der Willensfreiheit zu versöhnen. Bei näherer Betrachtung ergeben sich jedoch Probleme. Die Möglichkeit, die das „Ich hätte anders handeln können“ zu bringen scheint, wird durch die darauf folgende Einschränkung „wenn ich mich anders entschieden hätte sofort wieder relativiert. Schließlich ist keineswegs klar, ob man sich anders hätte entscheiden können. Vielmehr spricht manches dafür, dass zumindest bei bestimmten psychischen Erkrankungen eine solche alternative Entscheidung eben nicht möglich ist. Moore versucht dieses Problem zu lösen, indem er seine Idee nicht nur auf die Handlungsebene, sondern auch auf die Willensebene anwendet und gerät so zu Entscheidungen zweiter Ordnung: „Ich hätte mich anders entschieden, wenn ich den Entschluss gefasst hätte mich anders zu entscheiden.“ Da die Anzahl der Ordnungen beschränkt ist, und nach Bateson mehr als drei Ordnungen (0-2) für den Menschen nicht sinnvoll denkbar sind, erweist sich der Ansatz als sehr hilfreich.

Volitionen zweiter Ordnung: Harry Frankfurt

Dieser Ansatz von Harry Frankfurt aus dem Jahr 1993 ist wohl der wichtigste dieser Art für die neuere Diskussion. Frankfurt versteht unter Willensakten bewusste, handlungswirksame Wünsche. Mein Wunsch etwa, heute dieses Exzerpt fertig zu schreiben, ist dann ein Willensakt, wenn er dazu beiträgt, dass ich die Handlung auch wirklich vollbringe. Unbewusste Wünsche sind für Frankfurt keine Willensakte. Willensakte dienen der Realisierung allgemeiner Sachverhalte. Diese Sachverhalte können sich auf äußere Dinge beziehen oder es tritt der Spezialfall ein, dass sich Willensakte auf andere Willensakte beziehen. In diesem Fall spricht Frankfurt von Volitionen zweiter Ordnung. Eine Volition zweiter Ordnung ist etwa der Wunsch, kein weiteres Glas Wein zu wünschen, weil man seinen Alkoholkonsum verringern will. Volitionen erster Ordnung sind eher situationsspezifisch und beziehen sich mehr auf die primären Bedürfnisse. Dagegen spielen bei Volitionen zweiter Ordnung Überzeugungen und Dispositionen eine wichtige Rolle. Die Fähigkeit zu Volitonen zweiter Ordnung ist daher den Menschen vorbehalten. Frankfurt hat nun folgenden Gedanken: ist die Handlungsfreiheit definiert als die Freiheit so zu handeln, wie man es möchte (also eine Stufe höher), so liegt es nahe, Willensfreiheit zu definieren als die Fähigkeit das zu wollen, was man auf höherer Ebene für gut befindet. Diese höhere Ebene bilden die Volitionen zweiter Ordnung. Dabei ergibt sich allerdings ein ganz ähnliches Problem wie bei Moores Ansatz. Schließlich ist nicht gesagt, dass die Volitionen zweiter Ordnung nicht von äußeren Umständen herrühren und so ist es nicht ausgeschlossen, dass man wiederum auf Volitionen dritter Stufe zurückgreifen muss. Frankfurt gesteht ein, dass der Willensbildungsprozess nicht mit Volitionen der zweiten Stufe beendet sein muss, ist aber der Meinung, dass sich Personen ihrer Volitionen zweiter Ordnung vollkommen bewusst sein können. Durch die Zulassung von Volitionen höherer Ordnung ist streng genommen kein eindeutiges Kriterium mehr für die Freiheit gegeben, aber es ist auch nicht angängig auf die höheren Volitionen zu verzichten, denn dann käme wieder obiges Argument zu tragen, dass die Volitionen zweiter Ordnung von außen induziert sein könnten. Dem widerspricht allerdings die Vorgabe, dass ich mir meine Volitionen zweiter Ordnung vollständig bewusst machen kann. Auf das Beispiel mit dem Glas Wein bezogen hieße das, dass mein Wunsch keinen Wein mehr zu wollen wohl ein Ergebnis meiner rigiden Erziehung sein kann, ich mir dessen jedoch bewußt werden kann und damit die Möglichkeit zur freien Entscheidung gewonnen habe. Daher ist diese Theorie höchst einflussreich, insbesondere bei den Autoren, die dem Kompatibilismus anhängen.

Inkompatibilistische Ansätze

Den Glauben an den Kompatitibilismus kann etwa Peter van Inwagen nicht teilen. Für ihn ist in einer deterministischen Welt im oben skizzierten Sinn kein Platz für Freiheit. Ihm zufolge stehen unsere Handlungen bereits vor unserer Geburt fest, was seiner Ansicht nach klar das Prinzip der alternativen Möglichkeiten verletzt.

Dieser Auffassung gemäß kann in einer deterministischen Welt kein Platz für Willensfreiheit sein. Anders sieht es hingegen aus, wenn der Determinismus Lücken hat. Dann wäre es denkbar, dass diese Lücken dem subjektiven Willen ermöglichen, in den physischen Geschehensablauf einzugreifen. Diese Vorstellung liegt den ansonsten sehr verschiedenen Auffassungen von Karl Popper und John C. Eccles (1989), Roderick Chisholm (1982), Ulrich Pothast (1987), Eduard Dreher (1987) oder Gottfried Seebaß (1993) zugrunde. Diese alle stimmen Inwagen zu und halten die Kompatibilität von Determinismus und Willensfreiheit für gescheitert, glauben jedoch wie Popper sagt, an die „Offenheit der physischen Welt“.

Akteurskausalität

Exemplarisch für diese Auffassung nehmen wir den Ansatz von Chisholm heraus. Soll von Freiheit die Rede sein, so muss das Subjekt der Ausgangspunkt von Kausalketten sein, ohne selbst von solchen abzuhängen. Die Position als erstes autonomes Glied einer Kette solcher kausaler Zusammenhänge vergleicht Chisholm mit der Rolle Gottes: der Mensch tritt auf als unbewegter Beweger. Hier tritt das Autonomiepostulat in besonders strenger Weise auf. Zusätzlich zu den bereits weiter oben beschriebenen Bedrohungen der Autonomie sind hier auch die eigenen Wünsche, Überzeugungen und Bedürfnisse eine potentielle Gefahr für die Autonomie. Zusammengefasst versteht man unter Akteurskausalität, die Fähigkeit eines Urhebers (Akteurs), aus sich selbst heraus eine völlig neue Kausalkette zu beginnen. Dabei ist der Akteur autonom gegenüber sämtlichen Einflussfaktoren, einschließlich seiner eigenen Wünsche und Überzeugungen. Eine bereits vollzogene Handlung ist frei gemäß der Akteurskausalität, wenn der Handelnde sie unter identischen inneren und äußeren Bedingungen hätte unterlassen können.


Nagel und Strawson

Chisholm scheint davon auszugehen, dass freie Handlungen im Sinne der Akteurskausalität, wenn vielleicht auch nicht in unserer Welt mit den entsprechenden Naturgesetzen, doch zumindest prinzipiell möglich sind. Nagel und Strawson gehen nicht auf die empirische Seite des Problems ein, sondern fragen sich vielmehr, ob eine so streng gefasste Freiheit nicht schon in theoretischer Hinsicht unmöglich ist. Sie orten eine prinzipielle Unverträglichkeit zwischen dem strengen Autonomieprinzip und dem Urheberschaftsprinzip. Das Autonomiepostulat, wie es von den Vertretern der Akteurskausalität gefasst wird, besagt wie oben ausgeführt, dass die Handlung weder von äußeren noch inneren Zwängen determiniert sein darf. Dagegen besagt das Urheberprinzip, dass sich die Handlung auf einen Urheber zurückführen lassen muss. Das bedeutet aber, dass Einstellungen und Charaktereigenschaften des Handelnden in die Entscheidung eingehen müssen, wenn es sich nicht um bloßen Zufall handeln soll. Einerseits muss die Entscheidung also vollkommen autonom sein, also auch unabhängig von den eigenen Einstellungen, Charaktermerkmalen, etc., andererseits darf sie es eben nicht sein, weil sonst das Urheberprinzip verletzt ist. In den Augen von Nagel und Strawson schließen sich diese beiden Forderungen aus.