Kartographie des Freiheitsbegriffs (FiK): Unterschied zwischen den Versionen

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Wesentliche Charakteristika für Freiheit sind  zwei Prinzipien: das Autonomieprinzip und das Urheberprinzip. Autonom zu sein bedeutet für ein Individuum, dass es unabhängig von äußeren (und je nach Fassung auch inneren) Faktoren sein muss. Das Urheberprinzip besagt, dass eine jede Handlung, die als frei gelten kann, auf ein handelndes Individuum mit dessen Charaktereigenschaften zurückführbar sein muss. Durch das Autonomiepostulat wird die Handlung vom Zwang und durch das Urheberprinzip von bloßem Zufall abgegrenzt.
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Wesentlich für Freiheit sind  zwei Prinzipien: das Autonomieprinzip und das Urheberprinzip. Autonom zu sein bedeutet für ein Individuum, dass es unabhängig von äußeren (und je nach Fassung auch inneren) Faktoren sein muss. Das Urheberprinzip besagt, dass eine jede Handlung, die als frei gelten kann, auf ein handelndes Individuum mit dessen Charaktereigenschaften zurückführbar sein muss. Durch das Autonomiepostulat wird die Handlung vom Zwang und durch das Urheberprinzip von bloßem Zufall abgegrenzt.
  
 
Weiters unterscheidet zwischen Handlungs- und Willensfreiheit. Handlungsfreiheit besteht dann, wenn es der Person möglich ist, gemäß ihres Willens zu handeln. Bei der Willensfreiheit dagegen, geht es um die Frage, ob die Person autonom über die eigenen Willensakte entscheiden kann. Dies ist unserem Alltagsverständnis nach bei diversen neurotischen Erkrankungen (z.B. Zwangshandlungen wie Waschzwang, Tourette-Syndrom, Spielsucht, etc.) nicht der Fall. In diesen Fällen wird das Individuum nicht durch äußere, sondern durch innere Faktoren, in seiner Autonomie beschränkt.
 
Weiters unterscheidet zwischen Handlungs- und Willensfreiheit. Handlungsfreiheit besteht dann, wenn es der Person möglich ist, gemäß ihres Willens zu handeln. Bei der Willensfreiheit dagegen, geht es um die Frage, ob die Person autonom über die eigenen Willensakte entscheiden kann. Dies ist unserem Alltagsverständnis nach bei diversen neurotischen Erkrankungen (z.B. Zwangshandlungen wie Waschzwang, Tourette-Syndrom, Spielsucht, etc.) nicht der Fall. In diesen Fällen wird das Individuum nicht durch äußere, sondern durch innere Faktoren, in seiner Autonomie beschränkt.

Version vom 18. Mai 2007, 19:20 Uhr

Dieser Abschnitt soll einen kurzen (und damit notwendigerweise unvollständigen) Aufriss über verschiedene Konstruktionen, Konzeptionen, Einwände und Positionen zum Thema Willensfreiheit geben. Er soll eine erste Orientierung ermöglichen. Es folgt zum Auftakt ein literarisches Beispiel, in dem implizit einige für unser Thema charakteristische Probleme angesprochen werden, ehe die Debatte vertieft und verbreitert wird. Dabei kommen einige typische Vertreter zu Wort.

Da der Begriff Willensfreiheit traditionell und in der Sache mit den Begriffen Selbst, Selbstbewusstsein und Subjektivität verbunden ist, muss zunächst auf diese eingegangen werden.

Den Anfang machen Vertreter skeptischer Positionen, welche die Vorstellung von einem monolithischen, substanziellen Selbst für eine Illusion halten. Ihrer Ansicht nach liegen dem fertigen kohärenten Bild, das unserem Bewusstsein zugänglich ist viele unbewusste vorgeschaltete Prozesse zugrunde. Dennett sieht das Ich zusätzlich sehr stark durch die kulturelle und soziale Situation bedingt, in der wir leben. Metzinger spricht von mentalen Modellen und greift seinerseits auf Arbeiten von Johnson-Laird zurück. Die Einwände dieser Denker sind der Sache nach durchaus berechtigt und stürzen die traditionelle Vorstellung vom Selbst, als selbständiger Entität, in eine tiefe Krise.

Der Begriff Subjektivität dient in der wissenschaftlichen Diskussion in der Regel als Oberbegriff für alle jene Begriffe, welche das Selbst und das Selbstbewusstsein betreffen. Es umfasst also einzelne Akte des Selbstbewusstseins ebenso wie ein über einen gewissen Zeitraum stabiles Selbst oder Selbstkonzept. Nimmt ein Individuum Bezug auf seine eigenen geistigen oder körperlichen Vorgänge, so spricht man von einem Akt des Selbstbewusstseins. Die Gesamtheit der zeitlich stabilen Selbstzuschreibungen bezeichnet man als Selbst, Selbstkonzept oder empirisches Ich.

Henrich und Frank, zwei Vertreter der Heidelberger Schule geben einen anderen Einwand gegen die klassische Konzeption. Ihnen zufolge ist die Konstitution des Selbst durch Selbstzuschreibungen logisch widersprüchlich, weil man dazu immer schon eine zumindest rudimentäre Vorstellung des Selbst haben muss. Sie postulieren daher ein präreflexives Bewusstsein, das in der ursprünglichen Einheit des Ich mit sich selbst begründet und nicht durch Wissen vermittelt ist.

Tugendhat wiederum versucht überhaupt vom Begriff des Selbst als einem Substantiv abzusehen. In der Praxis geht es stets darum, Aussagen über sich selbst zu machen. Die Beziehung des Ich zu seinen Zuständen ist dabei immer unmittelbar. Das von den Vertretern der Heidelberger Schule angesprochene Problem tritt daher bei Tugendhat erst gar nicht auf.

Nachdem nun in schnellen Strichen das Wichtigste über das Selbst gesagt worden ist, wollen wir zu unserem eigentlichen Hauptthema kommen: der Willensfreiheit.

Zur Sprache kommen Autonomieprinzip und Urherberprinzip. Sodann ist zwischen Handlungs- und Willensfreiheit zu unterscheiden. Eine wichtige Idee ist auch das Prinzip der alternativen Möglichkeiten. Eine Handlung/ein Wille ist dann frei, wenn sie/er unter sonst identischen Bedingungen auch hätte unterlassen werden können bzw. wenn man sich anders hätte entscheiden können. Dieses Prinzip deckt sich gut mit unserem alltäglichen Verständnis von Freiheit.

Überlegen wir uns nun, wie dieses Prinzip sich mit der Vorstellung eines Determinismus verträgt. Determinismus bedeutet, cum grano salis, dass jedes Ereignis aus einem vorangegangenen Komplex anderer Ereignisse hervorgeht. Wenn aber jede Handlung in diesem Sinne vorausbestimmt ist, wie kann es dann alternative Möglichkeiten geben? Dazu gibt es zwei Positionen. Die Inkompatibilisten sagen, dass in einer determinierten Welt kein Platz für Willensfreiheit bleiben, während die Kompatibilisten meinen, dass das doch möglich ist.

Zwei dieser kompatibilistische Ansätze werden ausfühlicher dargetsellt. Zuerst der Gedankengang G.E. Moore´s und danach, auf diesen in gewisser Weise aufbauend, die Überlegungen Harry Frankfurt´s

Die Frage ist nun, wie stark man Urheberpostulat und Autonomiepostulat fassen soll/kann. Nagel und Strawson haben etwa gezeigt, dass sich eine zu strenge Fassung beider widerspricht. Daher ist es sinnvoll, die Voraussetzungen etwas abzuschwächen und lediglich personale Freiheit zu verlangen.


Determiniert, oder ein Leben hinter dem Spiegel

Lewis Caroll gibt in seiner Nonsense-Satire Through the Looking Glass. And what Alice found there eine eingängige Beschreibung des Phänomens einer streng determinierten Welt, mit Alice als allmächtiger, etwas unbeholfenen und vorschnellen (ersten) Bewegerin.

Volltext

Selbst, Selbstbewusstsein, Subjektivität

nach Michael Pauen: Grundprobleme der Philosophie des Geistes, Eine Einführung,³2002. III. Subjektivität und Willensfreiheit, Seite 236-297

Zusammenfassung

Vertreter skeptischer Positionen halten die Vorstellung von einem monolithischen, substanziellen Selbst für eine Illusion. Ihrer Ansicht nach liegen dem fertigen kohärenten Bild, das unserem Bewusstsein zugänglich ist viele unbewusste vorgeschaltete Prozesse zugrunde. Diese Prozesse stammen in der Regel nicht aus einer einheitlichen Quelle, sondern widersprechen sich oft genug. Das Selbst wäre dann das Ergebnis der widerstreitenden und Koalitionen bildenden unbewussten „Agenten“ – der Ausdruck stammt von Minsky. Dennett sieht das Ich sehr stark durch die kulturelle und soziale Situation bedingt, in der wir leben. Metzinger spricht von mentalen Modellen und greift seinerseits auf Arbeiten von Johnson-Laird zurück. Die Einwände dieser Denker sind in der Sache durchaus berechtigt und stürzen die traditionelle Vorstellung vom Selbst, als selbständiger Entität, in eine tiefe Krise. Das Hauptargument ist, dass es ein Objekt mit den Eigenschaften, die dem Selbst klassischerweise zugesprochen werden, in der Welt nicht geben kann.

Henrich und Frank, zwei Vertreter der Heidelberger Schule widersprechen dieser Konzeption. Ihnen zufolge ist die Konstitution des Selbst durch Selbstzuschreibungen logisch widersprüchlich, weil man dazu immer schon eine zumindest rudimentäre Vorstellung des Selbst haben muss. Sie postulieren daher ein präreflexives Bewusstsein, das in der ursprünglichen Einheit des Ich mit sich selbst begründet und nicht durch Wissen vermittelt ist.

Tugendhat wiederum versucht überhaupt vom Begriff des Selbst als einem Substantiv abzusehen. In der Praxis geht es stets darum, Aussagen über sich selbst zu machen. Die Beziehung des Ich zu seinen Zuständen ist dabei immer unmittelbar. Das von den Vertretern der Heidelberger Schule angesprochene Problem tritt daher bei Tugendhat erst gar nicht auf.

Volltext

Willensfreiheit

Noch schwieriger als das Problem der Subjektivität scheint das Problem der Willensfreiheit zu sein.

Zusammenfassung

Wesentlich für Freiheit sind zwei Prinzipien: das Autonomieprinzip und das Urheberprinzip. Autonom zu sein bedeutet für ein Individuum, dass es unabhängig von äußeren (und je nach Fassung auch inneren) Faktoren sein muss. Das Urheberprinzip besagt, dass eine jede Handlung, die als frei gelten kann, auf ein handelndes Individuum mit dessen Charaktereigenschaften zurückführbar sein muss. Durch das Autonomiepostulat wird die Handlung vom Zwang und durch das Urheberprinzip von bloßem Zufall abgegrenzt.

Weiters unterscheidet zwischen Handlungs- und Willensfreiheit. Handlungsfreiheit besteht dann, wenn es der Person möglich ist, gemäß ihres Willens zu handeln. Bei der Willensfreiheit dagegen, geht es um die Frage, ob die Person autonom über die eigenen Willensakte entscheiden kann. Dies ist unserem Alltagsverständnis nach bei diversen neurotischen Erkrankungen (z.B. Zwangshandlungen wie Waschzwang, Tourette-Syndrom, Spielsucht, etc.) nicht der Fall. In diesen Fällen wird das Individuum nicht durch äußere, sondern durch innere Faktoren, in seiner Autonomie beschränkt.

Für den Deterministen sind seine Handlungen und Gedanken an sein Gehirn und damit an Naturgesetze geknüpft. Diese determinieren dann sein Verhalten vollständig, bzw. wenn man wie die moderne Physik annimmt, dass die Naturgesetze nur innerhalb gewisser Wahrscheinlichkeiten gelten, so bleibt ein Spielraum für Zufälle. Unter diesen Umständen kann es keine freien, intentionalen Handlungen geben. Genau dies wird jedoch von den Kombatibilsten gefordert und teilweise eindrucksvoll dargelegt.

Kompatibilistische Ansätze verfolgen etwa G.E. Moore, Harry Frankfurt und Ernst Tugendhat. Die beiden ersteren werden im Überblick dargestellt, Tugendhat ist eine eigene Seite gewidmet. Moores Idee besteht kurz gesagt darin, zu sagen: "Ich hätte mich anders verhalten können, wenn ich mich anders entschieden hätte." Zwar konnte ich mich möglicherweise nicht anders entscheiden, weil meine Entscheidung ein Produkt einer Unzahl vorangegangener Faktoren war, aber wenn ich mich anders entscheiden hätte können, dann... Frankfurt argumentiert mit seiner Theorie von Volitionen höherer Ordnung auf ähnliche Weise. Er meint, es gäbe so etwas wie höherrangige Wünsche. Das bedeutet, ich kann wollen, dass ich etwas will.

Volltext


<root><br /> <h level="2" i="1">== Kontext ==</h>

Freiheit im Kopf (Seminar Hrachovec, 2006/07)

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