Institutionen (Jugend und Behinderung)

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Organisationen im Bereich der Behindertenvertretung

Organisationen können als Teil unseres gesellschaftlichen Systems gesehen werden. Jede Organisation verfolgt bestimmte Ziele, die wandelbar sind und abhängig von der Gruppe bzw. Sache für welche die Organisation eintritt. Da behinderte Menschen einen großen Teil unserer Gesellschaft ausmachen, haben sie wie alle anderen das Recht ihre Interessen zu vertreten und für ihre Rechte ein zustehen. Auf nationaler sowie auf internationaler Ebene. (vgl. Katharina Gröning, 2007, S. 66- 71)

Zusammensetzung

"Sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene können 'Organisationen für Menschen mit Behinderung' von 'Organisationen von Menschen mit Behinderung' unterschieden werden." (Günther Cloerkes, 2003, S. 148)

Obwohl "Organisationen für Menschen mit Behinderung" sich mit deren Problemen beschäftigen, werden sie großteils von nicht behinderten Personen geleitet. Sie arbeiten in Partnerschaft mit anderen Organisationen, werden oftmals mit öffentlichen Geldern finanziert und stehen in Beziehung mit anderen Institutionen und Organisationen. Probleme bei Organisationen die von nicht behinderten Menschen geführt werden bestehen darin, dass es oft zu einer Abhängigkeit der behinderten Menschen kommt. Sie sind von der ihnen angebotenen Hilfe abhängig, da sie nicht selbst Teil der Organisation sind. In weiterer Folge kommt es zu einem sozialen Ungleichgewicht. (vgl. Günther Cloerkes, 2003, S. 148 ff)

Als zweite Gruppe werden „Organisationen von Menschen mit Behinderung“ gesehen.

Sie lassen sich grob in drei Gruppen gliedern (Oliver 1990):

  • Selbsthilfe-Organisationen

Hier werden durch Behinderte selbst definierte Bedürfnisse befriedigt.

  • Aktivisten-Organisationen

Die Teilnehmer dieser Organisationen setzten sich vor allem für politische Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit ein.

  • Dachorganisationen

Durch Mitarbeiter dieser Dachorganisationen werden verschiedene andere Organisationen koordiniert. Sie sind aber oft auch international tätig. (vgl. Günther Cloerkes, 2003, S. 148)

Die Arbeit, die von „Organisationen von Menschen mit Behinderung“ geleistet wir, sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Hier setzt sich nämlich der Vorstand aus behinderten Menschen zusammen. So wurde zum Beispiel 1995 in Großbritannien der „Disability Discrimination Act“ dessen Ziel es ist, die Gleichstellung von behinderten Menschen zu ermöglichen. (vgl. http://www.egalite-handicap.ch/deutsch/gleichstellungsrecht/usa.html) Auch in Österreich haben Behindertenorganisationen deren Vorstand aus behinderten Menschen zusammengesetzt ist Veränderungen bewirkt. So gibt es seit dem 1. Jänner 2006 das so genannte Behindertengleichstellungspaket. Dieses Paket beinhaltet Diskriminierungsschutzrechte sowie Schutzbestimmungen für Beschäftigung und Beruf. (vgl. http://www.egalite-handicap.ch/deutsch/gleichstellungsrecht/oesterreich.html) (vgl. http://www.gleichstellung.at/rechte/) Weiters kam es durch Bemühungen dieser Organisation zu Verbesserungen im öffentlichen Raum, welche die Architektur diverser Einrichtungen (Lifte, Rolltreppen, Rampen,…etc.) sowie den Bereich der Dienstleistungen, aber auch die Medien betrifft. Doch auch bei Organisationen die von Menschen mit Behinderung teilweise oder ganzheitlich geleitet werden, können Probleme auftreten. Oft sind Personen mit körperlicher Behinderung oder einer Sinnesbehinderung stark überpräsentiert und somit kommt es zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Organisationen. In weiterer Folge kann es zu einer so genannten Zweiklassengesellschaft unter Behinderten kommen. Man spricht auch oft von einem gewissen Phantombild: Das Privileg sich in der Öffentlichkeit stark zu machen und zu Wort kommen zu dürfen, steht sehr oft weißen, heterosexuellen Männern mit einer Körperbehinderung oder einer Sinnesschädigung zu. Diese Tatsache trifft zum Beispiel auf den Sonderbeauftragten der UN für Behindertenfragen zu, Bengt Linqvist. Aber auch auf Bert Massie, Vorsitzender der „Disability Rights Commission“. Diese Männer gelten auch trotz ihrer Behinderung als emanzipiert und finanziell unabhängig. (vgl. Günther Cloerkes, 2003, S. 149) Um dieser gewissen Art der Vorherrschaft einer Gruppe entgegen zu wirken, kam es zur Schließung der „Standard Rules“ („Rahmenbedingungen zur Herstellung der Chancengleichheit Behinderter“) der Vereinten Nationen. Die „Standard Rules“ nennen Maßnahmen für bestimmte Lebensbereiche um eine Art Gleichgewicht unter den Behinderten zu schaffen. Diese Maßnahmen können von der Regierung eingeleitet und unterstützt werden. „Sie geben allerdings keine Hinweise zur Gestaltung der Beziehung, welche diese Prozesse ermöglichen sollen.“ (Günther Cloerkes, 2003, S. 149)

Wie man sieht, lassen sich bei beiden Arten der Zusammensetzung von Organisationen Probleme erkennen. Doch jeder Mensch kann selbst wählen, welcher Organisation er beitreten möchte und von welcher er sich am besten vertreten fühlt.

Aufgaben

Vorwiegend ist es Aufgabe alle Organisationen, obgleich „für“ Menschen mit Behinderung oder „von“ Menschen mit Behinderung, sich stark zu machen für die Interessen und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung. Es gilt Rahmenbedingungen herzustellen unter denen behinderte Menschen Chancengleichheit erfahren. (vgl. Günther Cloerkes, 2003, S. 147 ff)

Ziele

Als Ziele aller Organisationen gelten „Gleichheit“ und „Empowerment“. In Anbetracht der bereits angeführten Problematik im Bezug auf die Zusammensetzung von Organisationen, der Abhängigkeit von Behinderten und der Zweiklassengesellschaft unter Behinderten, lässt sich erkennen, dass es durchaus


Probleme und Differenzen bei der Erreichung der Ziele „Gleichheit“ und „Empowerment“ gibt. Denn es wirft einige Probleme auf mehr Gleichheit und Freiheit für Alle zu schaffen vor dem Hintergrund einer Zweiklassengesellschaft und einem Abhängigkeitsverhältnis. (vgl. Günther Cloerkes, 2003, S. 150)


Organisationen in Österreich

Lebenshilfe Oberösterreich

Mit fortlaufender Schulzeit stellen sich manche Eltern die Frage: „Was geschieht mit meinem Kind, wenn es die Schule verlassen muss?“ Das Wissen um diese Thematik sowie die Probleme des Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung und dessen Familie führte am 21. Oktober 1969 zur Gründung der Lebenshilfe Oberösterreich (OÖ).

  • Die erste Tagesheimstätte mit Beschäftigungstherapie für geistig und mehrfach behinderte Menschen konnte im November 1971 in Betrieb gehen.
  • Derzeit führt die Lebenshilfe OÖ zwei Frühförderstellen, sechs heilpädagogische Kindergärten, 22 Tagesheimstätten mit Beschäftigung und 21 Wohneinrichtungen.
  • Etwa 1220 Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung erhalten in diesen Einrichtungen eine entsprechende Begleitung und Förderung.

(vgl. Informationen d. Lebenshilfe OÖ, 2006, S. 2)

Schwerpunkte der Interessensvertretung

  • Gegenseitige Ermutigung und Hilfe
  • Eintreten für die Rechte von Menschen mit geistiger Behinderung
  • Eintreten für die Schaffung und Führung von ausreichenden Förderdiensten
  • Weckung von besserem Verständnis für Menschen mit geistiger Behinderung und ihren Familien in Gesellschaft, Politik und Wissenschaft
  • Verankerung der Rechte von Menschen mit geistiger Behinderung und ihren Angehörigen
  • Öffentlichkeitsarbeit

(vgl. Informationen d. Lebenshilfe OÖ, 2006, S. 4)

Lebensqualität und Normalisierungsprinzip

Lebensqualität für Menschen mit geistiger Behinderung bedeutet, dass sie sich möglichst in Mit- und Selbstbestimmung entsprechend ihren persönlichen Neigungen, Wünschen und Fähigkeit entwickeln können. Das Ziel, das Menschen mit geistiger Behinderung erreichen wollen, ist die Entfaltung ihrer Persönlichkeit als Mann oder Frau.

Die Grundvoraussetzung dazu ist, unter Vermeidung von Aussonderung das Leben so normal wie möglich zu gestalten. Das bedeutet für Kinder: frühe und gute Förderung (Frühförderung, Kindergarten…), für Jugendliche und Erwachsene: ein Anrecht auf Arbeit bzw. Beschäftigung, Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung sowie Bildung, und schließlich spezielle Hilfen überall dort, wo sie aufgrund der Behinderung des Einzelnen notwendig sind. (vgl. Informationen d. Lebenshilfe OÖ, 2006, S. 8)

Caritas

Die Caritas hilft den Menschen mit Behinderungen, ein aktives und selbstbestimmtes Leben zu gestalten.

  • Die Caritas bietet 69 Einrichtungen für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung in Österreich.
  • Die Hälfte der KlientInnen ist zwischen 21 und 40 Jahren, 23 % sind 41 Jahre und älter und 31 % sind jünger als 21 Jahre.

(http://www.caritas.at/oesterreich/beratung.html)

  • Rund 2.500 hauptberufliche MitarbeiterInnen begleiten Menschen mit Behinderungen und psychisch kranke Personen.
  • 2006 betreuten diese MitarbeiterInnen 3.400 Menschen. Zusätzlich wurden 2.969 Personen sozialpsychiatrisch unterstützt (meist Beratungsdienste).
  • Die Caritas bietet Menschen mit Behinderungen verschiedenste Wohnformen sowie Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten aber auch umfangreiche Freizeitangebote.

(http://www.caritas.at/oesterreich/menschen_204.html)

Wohnen

Das Bedürfnis nach eigenem Wohnraum haben alle Menschen. Das Prinzip der „Normalisierung“ in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen meint unter anderem, dass Menschen mit Behinderungen einen ganz normalen Tagesrhythmus erleben (Wohnen an einem Ort, zur Arbeit fahren, Freizeit an einem anderen Ort ...). Alle Menschen sollen daher unabhängig vom Ausmaß ihrer Behinderung so alltagsnahe und so normal wie möglich wohnen können.

Caritas-Projekt „Am Himmel“ in Wien:

Dies ist eine Wohngruppe im 19. Wiener Gemeindebezirk, die für 50 Kinder und Jugendliche mit Behinderungen zwischen sechs und 15 Jahren einen Wohnplatz bietet. Hier wird versucht, auch wenn die Kinder teils verstoßen oder elternlos sind, das Leben so alltagsähnlich als nur möglich zu gestalten. Dazu zählen Weihnachts- und Osterfeiern, Faschingspartys und Grillfeste im Sommer. Aber auch Schulplätze, Therapien und Ausbildungsmöglichkeiten werden vom Team organisiert. (http://www.caritas.at/oesterreich/wohnen.html)

Arbeit

Ein selbst bestimmtes Leben ist für Menschen mit Behinderungen enorm wichtig. Aus einem geregelten Berufsleben beziehen sie Selbstbewusstsein und Anerkennung – zwei wichtige Voraussetzungen für ein selbst bestimmtes Leben.

Caritas-Projekte, die Menschen mit Behinderungen in die Berufswelt einbinden:

  • Selbstbedienungsrestaurant „guat und gnuag“ (Vorarlberg):

Seit 1997 führt die Werkstätte „Montafon“ dieses öffentliche Selbstbedienungsrestaurant. Dieses Arbeitsprojekt ermöglicht sechs Menschen mit Behinderungen eine Ausbildung im Gastronomiebereich. Hier werden Tag für Tag Gerichte für bis zu 150 Personen gekocht.

  • Arbeits- und Dienstleistungsprojekt „gschickt und gschwind (Vorarlberg)“

Hier leisten 11 Menschen mit Behinderungen für renommierte Wirtschaftsunternehmen Dienstleistungsaufträge. Die MitarbeiterInnen stellen für diese Firmen Stahlteile für Kräne und Baumaschinen her (60.000/Jahr), konfektionieren Bohrmaschinenteile oder übernehmen Verpackungs- und Versandaufgaben.

Durch ihre Arbeit erleben die Menschen mit Behinderungen, dass sie für andere Menschen wichtig sind und gebraucht werden. Die tägliche Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderungen entspricht dem Leitbild der Caritas und bringt gesellschaftliche Wertschöpfung. (http://www.caritas.at/oesterreich/arbeit.html)

Jugend am Werk

Die Organisation „Jugend am Werk“ wurde erstmals 1945 unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg tätig. Ende der 50er Jahre wurden die ersten Werkstätten gegründet und 1965 war erstmals die Möglichkeit von Wohnplätzen vorhanden.

Neue Vorsitzende ist Erika Stubenvoll. 1.Stellvertreter: Alexander Prischl 2.Stellvertreter: Fritz Strobel 3.Stellvertreterin: Sonja Ramskogler

Daten und Fakten

MitarbeiterInnenstand: 31.12.2006 Begleitung von Menschen mit Behinderung: 821 Berufsausbildung für Jugendliche: 136 Zentrale: 37 Insgesamt: 994 (Quelle: „Jugend am Werk“, Jahresbericht 2006, S.35)

Mai 2006: „Jugend am Werk“ wird offiziell als Mitglied des europäischen Anbieternetzes EASPD (European Association of Service providers for Persons with Disabilities) anerkannt.

Oktober 2006: Gemeinsam mit 27 anderen Anbietern im Bereich der Wiener Behindertenhilfe tritt „Jugend am Werk“ der Dachorganisation Wiener Sozialeinrichtungen bei.

Zur Organisation an sich

„Jugend am Werk“ ist in zwei große Bereiche gegliedert:

  • Berufsausbildung für Jugendliche
  • Begleitung für Menschen mit Behinderung

Die verschiedenen Einrichtungen werden von mehr als 1.500 Männern und Frauen besucht.

Berufsausbildung für Jugendliche

Die Ausbildung behinderter Jugendlicher findet innerhalb der 23 Werkstätten in ganz Wien statt. Hier können sie zwischen verschiedenen Handwerksausbildungen wählen. Angeboten werden Holz-, Metall-, Dienstleistungs-, Industriegruppen und vieles mehr. Das Angebot ist von Werkstatt zu Werkstatt unterschiedlich. Die Gruppen umfassen in der Regel zwischen 10 bis 15 Personen. Innerhalb dieser Gruppen ist es den Jugendlichen möglich verschiedene Handwerke kennen zu lernen und sich bei Planung und Herstellung von Produkten zu beteiligen. Bei vielen Dingen die in den Werkstätten hergestellt werden, wird das Ziel verfolgt sie anschließend zu verkaufen. Die Arbeit in den einzelnen Werkstätten ist so gut wie möglich an eine ganz gewöhnliche Arbeitssituation angepasst. Es gibt fixe Arbeitszeiten, Krankenstände, freie Tage und Mitarbeiterbeurteilungen. Dadurch wird versucht einen ganz gewöhnlichen Arbeitsplatz zu rekonstruieren. Natürlich ist auch klar, dass ein Projekt, wie z.B.: die Herstellung eines Regals dann doch immer länger dauern wird, als wenn es eine Person ohne jegliche Behinderungen anfertigt. Wichtig für die persönliche Entwicklung und für das berufliche Vorankommen ist es, dass den Jugendlichen die Möglichkeit eines Wechsels innerhalb der Gruppen aber auch innerhalb der Werkstätten offen steht.

Begleitung von Menschen mit Behinderung

Bei Jugend am Werk erhalten behinderte Jugendliche aber auch Erwachsene eine bestmögliche Förderung um ihre Selbstständigkeit zu erlangen und sich in der Gesellschaft und im alltäglichen Leben zu Recht zu finden. Jugend am Werk versucht die dafür benötigten Rahmenbedingungen zu stellen. Je mehr Fortschritte diese Entwicklung hat, desto mehr wird Betreuung durch Begleitung ersetzt.

Die Möglichkeit des Wohnens

Ein weiterer wichtiger Bereich von Jugend am Werk ist die Möglichkeit der Wohnungsvermittlung. Menschen mit Behinderung haben wie alle anderen auch das Recht auf ein individuell und privat gestaltetes Wohnen. Die Mitarbeiter von „Jugend am Werk“ versuchen so gut wie möglich auf die Bedürfnisse und Wünsche von Menschen mit Behinderung einzugehen und ihnen dabei zu helfen zwischen den Möglichkeiten von begleitendem Wohnen, Wohnheimen und Wohngemeinschaften zu wählen.


Neue Projekte

Im April 2006 startete ein neues Projekt mit der Bezeichnung „ZOBA- zukunftsorientierte Berufsausbildung“. Innerhalb dieses Projekts wird versucht, Jugendliche durch konzentrierte Unterstützung in Lehrstellen unter zu bringen.

Anfang November 2006 startete ein weiteres neues Projekt unter dem Namen „mofa“ (motivieren- orientieren- fördern- ausbilden). Dieses Projekt soll die berufliche Integration von Menschen mit Behinderung am freien Arbeitsmarkt ermöglichen.

Partnerschaften und Kooperation

In Kooperation und Unterstützung steht „Jugend am Werk“ mit der Stadt Wien, dem Bundessozialamt, der Arbeiterkammer, der österreichische Gewerkschaft und der Fachgewerkschaft für Metall- Textil und Bau- Holz.


Weitere Organisationen für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung

Literatur