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Heute in den Nachrichten: Ein Gericht hat entschieden, dass die Flugzeugattacke auf das WTC in New York als ''ein'' Schadensfall anzusehen ist und nicht als ''zwei'' Fälle. Der Unterschied ist für Versicherungen hochwichtig. Der Vorgang macht deutlich, wie mehrschichtige Interpretationsprozesse verlaufen.
  
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Rein ''physikalisch'' ist die Frage nach Schadensfällen nicht zu klären. Die Abläufe sind registriert worden und enthalten für sich genommen keinen juristischen Befund. Sie haben denselben Status, wie der (gefilmte) Einschlag eines Blitzes in einem menschenleeren Wald.
  
== Ein Probefall für Dualismus, Zeit und Kausalität ==
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Gegeben ein Film des Ereignisses. Er verläuft entlang einer Zeitachse. Zuerst prallt ein Flugzeug gegen einen Turm, dann entwickelt sich eine Rauchwolke. Intuitiv wird das als Kausalverhältnis betrachtet. ''Dann'' folgt eine zweite Flugzeug-Kollision. ''Ist sie kausal von der ersten abhängig?'' Das hängt daran, wie weit man den Kausalbegriff fasst.
  
Heute in den Nachrichten: Ein Gericht hat entschieden, dass die Flugzeugattacke auf das WTC in New York als ''ein'' Schadensfall anzusehen ist und nicht als ''zwei'' Fälle. Der Unterschied beziffert sich für die Versicherungen
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Wie findet man heraus, ob es sich um einen oder zwei Schadensfälle handelt? Juridische Kategorien werden -- unter Anwendung diverser Prinzipien vernünftiger Urteilspraxis -- auf einen Sachverhalt angewandt. ''Per se'' gibt er keine Antwort. Das Auftreten von zwei Explosionen ist kein schlagendes Argument dafür, dass es sich um zwei juridisch differente Tatbestände handelt. (Das Aufbrechen zweier Türen ist nicht zwei Einbrüche.) Stattdessen wird der Tatbestand nach den Regelvorgaben möglichst plausibel interpretiert. Dabei lassen sich unterschiedliche Einteilungen vertreten.

Version vom 19. Oktober 2006, 09:55 Uhr

Die Problemsituation

Eine Fingerübung zu Dualismus, Zeit und Kausalität

Heute in den Nachrichten: Ein Gericht hat entschieden, dass die Flugzeugattacke auf das WTC in New York als ein Schadensfall anzusehen ist und nicht als zwei Fälle. Der Unterschied ist für Versicherungen hochwichtig. Der Vorgang macht deutlich, wie mehrschichtige Interpretationsprozesse verlaufen.

Rein physikalisch ist die Frage nach Schadensfällen nicht zu klären. Die Abläufe sind registriert worden und enthalten für sich genommen keinen juristischen Befund. Sie haben denselben Status, wie der (gefilmte) Einschlag eines Blitzes in einem menschenleeren Wald.

Gegeben ein Film des Ereignisses. Er verläuft entlang einer Zeitachse. Zuerst prallt ein Flugzeug gegen einen Turm, dann entwickelt sich eine Rauchwolke. Intuitiv wird das als Kausalverhältnis betrachtet. Dann folgt eine zweite Flugzeug-Kollision. Ist sie kausal von der ersten abhängig? Das hängt daran, wie weit man den Kausalbegriff fasst.

Wie findet man heraus, ob es sich um einen oder zwei Schadensfälle handelt? Juridische Kategorien werden -- unter Anwendung diverser Prinzipien vernünftiger Urteilspraxis -- auf einen Sachverhalt angewandt. Per se gibt er keine Antwort. Das Auftreten von zwei Explosionen ist kein schlagendes Argument dafür, dass es sich um zwei juridisch differente Tatbestände handelt. (Das Aufbrechen zweier Türen ist nicht zwei Einbrüche.) Stattdessen wird der Tatbestand nach den Regelvorgaben möglichst plausibel interpretiert. Dabei lassen sich unterschiedliche Einteilungen vertreten.