Georg Winckler, FAZ 10.3.2006: Unterschied zwischen den Versionen

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Trotz der "Überlegenheitdes ämerikanischen Universitätssystems" hält Winckler viel von der Tradition des forschungsgeleiteten Lehrens in den europäischen Universitäten. "Ich glaube, daß das langfristig ein großer Vorteil für Europa wird." Ebenso spricht er sich für die Bedeutung der Geisteswissenschaften aus. Die Fächerstrategien der Asiaten, nämlich nur noch auf Naturwissenschaften, Technik und Managementausbildung zu setzen, hält er mittelfristig für problematisch. "Wir brauchen die Reflexion, die die Geisteswissenschaften liefern."
 
Trotz der "Überlegenheitdes ämerikanischen Universitätssystems" hält Winckler viel von der Tradition des forschungsgeleiteten Lehrens in den europäischen Universitäten. "Ich glaube, daß das langfristig ein großer Vorteil für Europa wird." Ebenso spricht er sich für die Bedeutung der Geisteswissenschaften aus. Die Fächerstrategien der Asiaten, nämlich nur noch auf Naturwissenschaften, Technik und Managementausbildung zu setzen, hält er mittelfristig für problematisch. "Wir brauchen die Reflexion, die die Geisteswissenschaften liefern."
  
Hinzu komme noch, daß man in Europa die Vielzahl von Kulturen und Sprachen besser bewältigen könne, wenn man starke Geisteswissenschaften habe. Diese Vielfalt könnte ein Vorteil sein, weil die Europäer dadurch eher in der Lage seieen,
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Hinzu komme noch, daß man in Europa die Vielzahl von Kulturen und Sprachen besser bewältigen könne, wenn man starke Geisteswissenschaften habe. Diese Vielfalt könnte ein Vorteil sein, weil die Europäer dadurch eher in der Lage seien,
 
mit fremde Kulturen umzugehen.
 
mit fremde Kulturen umzugehen.
  

Version vom 12. Oktober 2006, 09:00 Uhr

Exzerpt

Warum Qualifikation heute wichtiger denn je ist, hängt, wie er sagt, mit der Notwendigkeit zur Innovation als Basis für Wirtschaftswachstum zusammen. Um die Durchsetzung von neuen Technologien voranzutreiben, brauche man eine breite Schicht, an die man andocken könne. Als Vorbild nennt Winckler neben den Vereinigten Staaten die skandinavischen Länder, wo der Anteil der Bevölkerung größer ist, der bereit ist, neue Technologien anzunehmen. "Die Erkenntnisentwicklung fällt vielleicht deswegen nicht auf fruchtbaren Boden, weil wir nicht die breite Hochschulbildung haben." In einer Wirtschaft, in der es auf die Fähigkeit, Neues hervorzubringen, ankomme, spiele die Vermittlung allgemeiner, methodischer Kompetenzen eine große Rolle. Universitäten und Fachhohschulen werden so verstärkt Zentren der regionalen Innovation und vermittelten die Bereitschaft, neues Wissen anzunehmen. Auch wenn die Beschäftigungskrise nicht unmittelbar zu bewältigen sei, müsse bedacht werden, daß viele Berufe unternehmerisches, lernbereites Verhalten verlangen. Vor allem die Universitäten würden eine Erziehung vermitteln, die eine Offenheit erzeugt. Wie Winckler meint, ist diese Fähigkeit neben Teamorientiertheit und Interdisziplinarität eine wichtige Voraussetzung zur :Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.

Nicht nur die universitäre Lehre, sondern auch die Erkenntnisse der Grundlagenforschung werden seiner Ansicht nach immer wichtiger. In immer kürzeren Zeitspannen würden diese auch wirtschaftlich bedeutend, was sich im kräftig gewachsenen, über Private erzielten Finanzierungsanteil (Drittmittel) der Universitäten spiegele. Daß mit dem Bedeutungszuwachs der Wettbewerb für die Universität gestiegen ist markiert für Winckler eine Abkehr vom tradierten, selbstgefälligen Verständnis der Universität als abgehobener, verbeamteter Gelehrtenrepublik. Angesichts der steigenden Leistungsansprüche in Lehre und Forschung "muß auch die Universität eine moderne Dienstleisterin werden".

Er beklagt einerseits die fehlende Breite des Universitätssystems und andererseits das Exzellenzdefizit sowie das fehlende Profil. Zumindest die Hälfte eines Jahrgangs sollte seiner Ansicht nach eine über das Abitur hinausgehende Ausbildung bekommen, derzeit liegt der Anteil deutlich darunter. Wie der Spitzenvertreter der europäischen Rektoren meint, leidet das europäische Universitätssystem neben der fehlenden Breite und der zu geringen Spitze aber auch an der Idee der Humboldtsehen Uniformität mit einer Ähnlichkeit des Angebots der Einrichtungen. Im Gegensatz zum amerikanischen System gebe es nicht hinreichend Diversifizierung. Als Folge davon finde zuwenig Mobilität zwischen den einzelnen Institutionen statt. Dadurch könnten die Studierenden unterschiedliche Profile nicht nutzen. Überdies seien die Universitäten noch viel zu sehr Teil eines nationalstaatlichen Systems, obwohl für die Spitzenforschung der europäisehe Wettbewerb an Bedeutung gewinne. Sobald im kommenden Jahr die Finanzierung von Grundlagenforschung auf europäischer Ebene beginnen wird, werden alle Universitäten nach ihrer Fähigkeit bewertet werden, aus dem EU-Rahmenprogramm Forschungsmittel zu bekommen. Um die Mangel auszumerzen, müßten die Mobilität, die Finanzierungen und die Autonomie der Universitäten gestärkt werden. Überdies solle mit der Einrichtung eines EU-Forschungsrates und des geplanten Europäischen Instituts für Technologie (EIT) der Wettbewerb zwischen den europäischen Hochschulen verstärkt werden.

Mit den Plänen der Kommission füreine EU-Elite-Universität ist Winckler aber nicht zufrieden. Die Kommission beabsichtigt, für das EIT Spitzeninstitute oder Departments aus europäischen Universitäten herauszulösen. "Das führt zu einer Fragmentierung der Universitäten", befürchtet Winckler. Ihm ist auch nicht klar, welches Interesse eine Hochschule haben sollte, ihr bestes Institut herauszulösen.

Trotz der "Überlegenheitdes ämerikanischen Universitätssystems" hält Winckler viel von der Tradition des forschungsgeleiteten Lehrens in den europäischen Universitäten. "Ich glaube, daß das langfristig ein großer Vorteil für Europa wird." Ebenso spricht er sich für die Bedeutung der Geisteswissenschaften aus. Die Fächerstrategien der Asiaten, nämlich nur noch auf Naturwissenschaften, Technik und Managementausbildung zu setzen, hält er mittelfristig für problematisch. "Wir brauchen die Reflexion, die die Geisteswissenschaften liefern."

Hinzu komme noch, daß man in Europa die Vielzahl von Kulturen und Sprachen besser bewältigen könne, wenn man starke Geisteswissenschaften habe. Diese Vielfalt könnte ein Vorteil sein, weil die Europäer dadurch eher in der Lage seien, mit fremde Kulturen umzugehen.




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