GUNSAM, Aylin (Arbeit1)

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Die Schwierigkeit am „Mensch“ sein

Meine Arbeit lehnt sich an die Vorlesung vom 16.12.2008, von Prof. Rhemann. Die äußere Struktur der Arbeit wird sie zum Teil an eine Inhaltsangabe der Vorlesung erinnern, jedoch ist ihr eigentlicher Zweck die Vorlesung in ihre einzelnen, von Herrn Rhemann durchdachten Teile, zu gliedern und diese „zur Rede zu stellen“. An dieser Stelle wäre es wohl wünschenswert ein Inhaltsverzeichnis anzuführen, allerdings würde dies nicht nur den Aufbau der Arbeit zerstören, sondern gleichermaßen meinen Gedankenfluss, der mir gerade in diesem schöpferischen Moment nicht genommen werden sollte.

Zu Anfang möchte ich ihnen die Gründe für das Thema und die Auswahl der Vorlesung erläutern. Die Auswahl des Themas ist nicht schwer zu verstehen, da ich einfach das Nächstliegende genommen habe: MENSCH – SEIN bzw. womit sich jeder, jeden Tag beschäftigt, sei es nun bewusst oder intuitiv. Die Auswahl der Vorlesung hingegen, ist schwer zu erklären. Ich fand alle Ring- Vorlesungen beachtlich, die eine war vielleicht besser als die andere, aber im Grunde wollten sie uns alle einen Aspekt der Philosophie näher bringen. Meiner Meinung nach ist dies Herrn Rhemann am besten gelungen. Durch sein sympathisches Auftreten fand ein Ortswechsel statt und ich fühlte mich wie in einer Erzählstunde. Die Philosophie war keine trockene Wissenschaft mehr, sondern eine Geschichte, die mein, dein, ihr Leben erzählt. Und weil mir diese Geschichte so gut gefallen hat, möchte ich sie an dieser Stelle noch einmal erzählen, um sie an jene weiterzugeben, die diesen Augenblick nicht miterleben konnten.

Es gibt auf der Welt ca. 7 Milliarden Menschen, von denen sicher eine Menge nicht weiß was es heißt Mensch zu sein. Der Homo sapiens mag innerhalb der biologischen Systematik ein höheres Säugetier aus der Ordnung der Primaten sein, jedoch sollte – vielmehr darf – die Frage nach dem Menschen nicht allein mit diesem Aufschluss beantwortet werden. Die Frage nach dem Menschen – nach seinen Bestandteilen beinhaltet weitere Fragen. → Die Frage nach seiner Welt – nach seinem Sein. → Die Frage nach seiner Stellung im Leben. → Die Frage nach der begrifflichen Bearbeitung seiner Gedanken. → Die Frage nach den Bedingungen seines Sollens - seiner sozialen Bedingungen.

Ehrlich gesagt bzw. geschrieben, kann doch kein Mensch all diese Fragen für sich oder für uns alle beantworten. Allein die Frage nach dem Sein wirft genug Kontroversen auf, um sich ein Leben lang mit der Beantwortung zu beschäftigen. Sie mögen jetzt denken, dass kein Erwachsener so infantil wäre sein ganzes Leben der Beantwortung einer Frage zu widmen, dessen Mangel einer objektiven Antwort, ihm bewusst ist. Ist dies ihr Gedanke, so haben sie soeben die Vorfahren der Griechen beleidigt und somit einen neuen Feind gewonnen. Genau diese Frage nahmen sich nämlich PARMENIDES, DEMOKRIT, HERAKLIT und ARISTOTELES zu Herzen. Die Beschäftigung mit dem Sein war aber auch das Einzige was sie gemeinsam hatten, denn in ihren Augen war das Seins stets etwas anderes. In PARMINEDES Augen war es fortdauernd ein ungewordenes Eines, in DEMOKRITS hingegen ein in einem leeren Raum des Nichts flottierendes Vieles. HERAKLIT wiederum verstand das Sein, als ein im Widerstreit der Gegensätze werdendes Eins und ARISTOTELES als ein Eins, welches sich als Prinzip eines unbewegten Bewegers in der Bewegung beibehält, ohne sich darin zu verändern. Wobei zu der Annahme ARISTOTELES anzumerken ist, dass bei dieser Vermutung dem Sein das Negative als Negatives einer selbst zugeschrieben werden muss. Für all jene die an diesem Punkt den Höhepunkt der Verwirrung erreicht haben, einen kurzen Exkurs in die HEGEL’sche Logik, die genau diese Problematik wiedergibt. Der deutsche Philosoph und Vertreter des deutschen Idealismus ist der Meinung, dass der Anfang einer philosophischen Allgemeinwissenschaft nicht mit einer axiomatischen Bestimmung gemacht werden kann. Dies würde laut HEGEL dem grundwissenschaftlichen Anspruch widersprechen. Um den Ambitionen der Wissenschaft gerecht zu werden, muss mit etwas Unbestimmtem begonnen werden. Beginnt man indessen mit der absoluten Unbestimmtheit, führt das Ziel ins absolute Negative des Seins, also umgangssprachlich: ins NICHTS! Nun werden sie sich fragen was ich, aber im Grunde HEGEL mit seiner Logik erreichen will, bei der am Ende ja doch NICHTS rauskommt. Ich werde es ihnen verraten. Am Anfang von HEGELS Logik, die ihnen nicht zwangsläufig logisch erscheinen muss, steht ein Begriff, der sich durch „reine Unmittelbarkeit“ auszeichnet. Es handelt sich hierbei um den Begriff des Seins, der seinerseits keinerlei Bestimmung aufweist. Ohne Bestimmungen, kein Inhalt und ohne Inhalt keine Antwort auf unsere Frage nach dem Sein. Allerdings ergibt sich aus dem leeren Gebäude des Seins die Bestimmung des NICHTS. Denn indem wir über das NICHTS nachdenken beweisen wir seine Existenz. Die „reine Unmittelbarkeit“ lässt sich nun in diesen konträren Bestimmungen, nämlich „Sein“ und „Nichts“ zum Ausdruck bringen. An dieser Stelle könnte man nun den Ausspruch Shakespeares „Sein oder nicht Sein, das ist hier die Frage“ falsch verstehen, denn wie zuvor erkundet gibt es kein „nicht Sein“. Folglich müsste es heißen: „Sein oder Sein, das ist hier die Frage“ und diese Tatsache wäre zum einen keiner Frage Wert und andererseits würde man einen der größten Dichter Großbritanniens in Frage stellen. Aber genug der Ablenkung. Die beiden Begriffe „gehen“ ineinander „über“. Aus diesem „Übergehen“ entsteht erneut eine Kategorie, die man „Werden“ nennt. Werden alias „Bewegung“ ist demgemäß dem Sein eingeschrieben und lässt sich quantenphysikalisch, indem man die Bewegung als absolut sieht, nachvollziehen. Um die Seinslehre einfacher und somit für normalsterbliche - nicht – noch nicht - Philosophen verständlich, darzustellen, werden auf die bisher erzählte „Geschichte“ aufbauend 10 Punkte angeführt, die die Grobstuktur einer Seinsforschung des Selbstunterschieds des Seins andeuten.

1. Wie können wir das Sein fassen? Als Hilfestellung zur Beantwortung dieser Frage wurde bereits die Ansicht von Hege, das Sein als bestimmte Negation, die Ansicht Aristoteles, das Sein als Bewegung, und die Ansicht Heraklits, das Sein als Widerstreit der Gegensätze angeführt. Falls sie sich an diesem Punkt nicht auskennen, rate ich ihnen die Zeit um 5 Minuten zurückzudrehen und mit dem dritten Absatz erneut zu beginnen. 2. Hege: Veränderung – Werden – Entwicklung. Auch der zweite Punkt wurde bereits im Text behandelt und bedarf bei Miss(nicht)verstehen einem erneuten Leseversuch des dritten Absatzes. 3. Aristoteles: kosmisch – physikalisch – lebendig. Der Grieche ist der Meinung, dass die Entwicklung des Lebewesens in ihm selbst beginnt, er quasi die Ursache seiner selbst ist. Aristoteles sah in der Welt nur zwei Arten von Dingen. Jene die von etwas hervorgebracht werden, die Ursache außer sich haben und jene die die Ursache ihrer selbst in sich tragen. Beim letzteren handelt es sich um lebende Organismen: um UNS. 4. Leben: Das Leben besitzt laut Plessner 3 Kategorien. Die Eigenaktivität oder Eigenbewegung, die sowohl in uns, aber auch in unserer Umgebung stattfinden kann und ohne die kein Leben möglich wäre, die Doppelaspektivität oder auch zentrische Aktivität und Informationsverarbeitung, bei der es darum geht etwas zu lernen oder durch das Lernen Autonomie zu gewinnen. 5. Des Weiteren sieht Plessner das Leben: Zum einen positional, bei der es für jedes Lebewesen in seinem Leben eine Position gibt, bei des erreichen sich sein Leben erst erfüllt, dann zentrisch und dann wieder exzentrisch, bei der unser Inneres zum Vorschein kommt. Diese Reflexion gelingt nur Menschen, denn nur wir können uns im Zentrum betrachten und sind exzentrisch positioniert. 6. Mensch: das exzentrische Lebewesen. Zu ihrer Enttäuschung wird ein Lebewesen mit dieser, in Punkt 5 besprochenen Fähigkeit nicht ins Leben gerufen. Sie entsteht durch mentales Lernen zwischen Individualität und Sozietät. Unter Individualität wird an dieser Stelle der Einstieg in die Kultur über einen bestimmten Bildungsprozess verstanden. Die Sozietät hingegen beschreibt den Bildungsprozess der Humankultur. Demnach handelt es sich beim mentalen Lernen, um die Spannung zwischen diesen beiden Bildungsprozessen. Ohne diese Bildungsprozesse und das mentale Lernen, könnten wir laut Piaget nichts aus uns hervorholen, nichts reflektieren. Um nicht zu wissenschaftlich zu klingen, führe ich an dieser Stelle ein Beispiel an. Würde sich beispielsweise ein Kleinkind durch Lernen nicht weiterentwickeln, so könnte es sich von seiner Umgebung nicht unterscheiden und würde demnach in ihr untergehen. Für das Lernen braucht der Mensch einen anderen. Aus diesem Grund lebt der Mensch in Kollektiven. 7. Biologisch – evolutionsgeschichtlicher Hintergrund der anthropogenetischen Exzentrierung: Für die anthropologische Exzentrierung ist es wichtig zu wissen, wie wir zu dieser humanspezifischen Differenz gekommen sind, die doch das eigentliche ist, dass uns vom Tier unterscheidet. Die Lösung besteht aus zwei Teilen deren erste Etappe in Punkt 7 und zweite in Punkt 8 erläutert wird. Der erste Teil stellt die biologische Entwicklung dar. Ab der 12 Schwangerschaftswoche ist das Gehirn eines Babys vollständig ausgebildet und übernimmt sämtliche Aufgaben. Die Gene haben quasi ab diesem Zeitpunkt kein Mitspracherecht mehr. Somit ist das Gehirn bei seiner Entwicklung auf äußere Reize angewiesen und reagiert nunmehr auf diese. Die gleichzeitig stattfindende Kommunikation und Interaktion zwischen Mutter und Baby, fördert das Ganze. Das Kind beginnt nun, um seine Umwelt kognitiv zu strukturieren, Kategorien für Objekte und Ereignisse zu bilden. Die Bildung von RAUM + SUBSTANZ geschieht am Körper des jeweils Anderen, das Zeitgefühl, bei der Interaktion mit Anderen. Ontogenetisch betrachtet werden Lernprozesse durch Körperkontakt vollbracht. 8. Soziopsychischer Hintergrund der Anthropogenese: Unser genetisches Programm ist vorerst phylogenetisch angelegt. Erst mit der Aktivierung des Gehirns beginnt der Dominanzwechsel von der Phylogenese zur Ontogenese. Die Phylogenese ist somit Grundlage für Ontogenese, denn ohne die Bildung des Gehirns ist eine Reaktion auf unsere Umwelt undenkbar.


9. Ontogenese des Geistes: Allein die Ausbildung des Gehirns setzt nicht die Existenz unseres Geistes voraus. Ein Gehirn allein, ohne soziale Interaktion könnte niemals humanistisch interaktiv werden. Wie schon erwähnt, kann ein Kleinkind erst durch den Kontakt mit der Außenwelt lernen, sich selber zu reflektieren. 10. Ontogenese der mit Geist ausgestatteten Humanverfassung: Einerseits durch Förderung der Autonomie und Handlungskompetenz und andererseits durch soziale Sicherheit kann sich der Geist des Menschen befreien, also Identität finden. Wobei die Entdeckung der Identität nichts anderes als die Entdeckung der Freiheit darstellt.

Ich hoffe ich konnte in meinem schöpferischen Moment ihnen ein Stück Freiheit vermitteln. Denn „alle Welt sehnt sich nach Freiheit, und doch ist jedes Geschöpf in seine Ketten verliebt; das ist der Unwiderspruch, der unentwirrbare Knoten der Natur“(Sri Aurobindo, Kaskaden des Lichts).



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