Form des Wissens (ThsG)

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Die Wendung Hegels gegen das Kantische Szenario, in dem das menschliche "Erkenntnisvermögen" gleichsam im Trockendock seziert wird, ist oft kommentiert worden. Wichtiger ist die positive Seite dieser Kritik. Hegel beginnt mit einer dialogischen Situation. Er inszeniert die Begegnung zweier Wissensformen, die ich Sophie und Otto nennen werde. Die Philosophie befasst sich von allem Anfang an mit Otto Normalverbraucher.

Es stehen einander zwei komplette Entwürfe zur Auslegung des kognitiven Mensch-Welt-Verhältnisses gegenüber. Damit werden skeptische Zweifel von vornherein unterlaufen. Die beiden Seiten sprechen miteinander, sie befassen sich nicht mir der Frage, ob sie jeweils für sich berechtigt sind, von der Welt zu sprechen. Das Thema ist die Welterschließung durch Wissen, speziell die Begründungsstrategien, die dazu geeignet sind.

Das gibt eine mehrschichtige Konstellation

  • die Wissensform Otto Normalverbrauchers
  • die Wissensform Sophies
  • die Wissensformen in wechselseitiger Betrachtung: was weiss Otto von Sophie und umgekehrt

Im dritten Punkt herrscht Asymmetrie: Hegel hat den Gedankengang so angelegt, dass Sophie Otto reden (und sich in Widersprüche verstricken) läßt. Das sei einmal dahingestellt. Vor der Erörterung von Details muss man sich klar darüber werden, um welche Wissensformen es sich in diesem Kontext überhaupt handeln kann.

Denkbar, und in verschiedener Weise involviert, sind vier Strukturvarianten von Wissen. Sie ergeben sich aus sprachlichen Vorgaben:

  • gegenständliches Wissen: "Sie weiss den Weg", "Er weiss die Lösung".
  • propositionales Wissen: "Sie weiss, dass der Weg asphaltiert ist", "Er weiss, dass die Lösung noch auf sich warten läßt".
  • habituelles Wissen: "Sie kennt den Weg", "Er arbeitet an der Lösung".
  • zugeschriebenes Wissen: "Mir scheint, sie kennt den Weg", "Nach diesen Aufzeichnungen zu schließen, nähert er sich einer Lösung".

Die Vielfalt sprachlicher Ausdrucksformen deutet in unterschiedliche Richtungen. Im Folgenden wird argumentiert, dass wir uns am propositionalen Wissen orientieren müssen. Das "gegenständliche Wissen" ist eine ungeschickte Verzerrung dieses Phänomens. Zweitens geht es um zugeschriebenes Wissen. Es schlägt eine Brücke zwischen Wissensformen und hat eine komplexere Struktur, als die anderen Varianten.

Gegenständliches Wissen (ThsG) ist Hegels Leitmodell. Vor der Diskussion der einschlägigen Passagen sollte die Bedenklichkeit dieses Ansatzes klar sein. Ebenfalls vorher ist deutlich zu machen, dass zugeschriebenes Wissen (ThsG) in dieser Sache der richtige Ausgangspunkt ist. Es wird sich zeigen, dass Hegel das falsche Leitmodell einer adäquaten Vorgangsweise unterzieht. In einer Hinsicht ist das genau sein Anspruch, in einer anderen kann das nicht zu sinnvollen Ergebnissen führen.




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